Klage gewonnenFinanzministerium muss Beiratsprotokolle herausgeben (Update)

Es reicht nicht, sich per eigener Satzung für geheim zu erklären. Das Verwaltungsgericht Berlin hat nach unserer Klage entschieden, dass das Finanzministerium die Protokolle seines Beirats herausgeben muss. Die Beamten sehen jetzt die öffentliche Sicherheit gefährdet.

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Unsere Anwältin Rauna Bindewald und Kläger Moritz Neujeffski

Update, 23.07.2019: Hier ist das Urteil im Volltext.

Erfolg für die Informationsfreiheit! Das Verwaltungsgericht Berlin hat unserer Klage gegen das Bundesfinanzministerium stattgegeben. Damit ist die Behörde verpflichtet, die Protokolle seines wissenschaftlichen Beirats zwischen 1998 und 2018 herauszugeben. Eine Satzungsänderung des Beirats, mit der das für Transparenz zuständige Referat vorher die Geheimhaltung sicherstellen wollte, ist damit unwirksam.

Der wissenschaftliche Beirat wird durch Steuergelder finanziert und berät das Finanzministerium regelmäßig zu unterschiedlichen Themen wie der Einkommens- oder Unternehmensbesteuerung. Somit hat das Gremium einen erheblichen Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse und wird vom Finanzministerium auch als dessen „wissenschaftliches Gewissen“ beschrieben. Dank des Urteils können wir bald nachvollziehen, wie die Beratungen aussehen, welche Themen vom Beirat diskutiert werden und wie sich das Ministerium dazu positioniert.

Drittbeteiligungsverfahren für Teilnehmerlisten

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts ist das Ministerium außerdem dazu verpflichtet, per Drittbeteiligungsverfahren zu klären, welche Namen in den Teilnehmerlisten geschwärzt werden muss. Teilnehmerinnen werden also gefragt, ob ihre Daten herausgegeben werden. Namen in den Protokollen selbst werden geschwärzt.

Das Finanzministerium trat in der Verhandlung vergangene Woche mit gleich vier Beamten beim Verwaltungsgericht Berlin an. Dabei brachte es nicht nur den Datenschutz der Beiratsmitglieder, sondern auch den Schutz behördlicher Beratungen und die öffentliche Sicherheit gegen die Herausgabe der Protokolle in Stellung. Die Behördenvertreter argumentierten, es reiche zur Geheimhaltung aus, wenn Beiratsmitglieder per Handschlag auf ihre Verschwiegenheit hingewiesen werden. In diesem Fälle könne das Informationsfreiheitsgesetz nicht gelten. Zudem würden die Persönlichkeitsrechte der Beiratsmitglieder durch eine Veröffentlichung beschnitten. Zuvor hatten ausgerechnet die für Transparenz zuständigen Beamten im Ministerium mit einer Satzungsänderung des Beirats versucht, die Geheimhaltung der Inhalte sicherzustellen.

Muss jetzt das Oberverwaltungsgericht entscheiden?

Das Verwaltungsgericht Berlin erteilte dem Finanzministerium jetzt eine Absage und gab uns in allen Punkten recht. Damit dürften nicht nur die Protokolle des Beirats beim Finanzministerium, sondern auch die Sitzungsprotokolle aus den über 100 weiteren Beiräten der Bundesregierung ab sofort anfragbar sein.

Allerdings hat das Finanzministerium bereits in der Verhandlung durchblicken lassen, dass es gegen das Urteil in Berufung gehen könnte.

Ein großer Dank gebührt der Gesellschaft für Freiheitsrechte, die die Klage finanziert hat, sowie unserer Anwältin Rauna Bindewald für ihre Arbeit!

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