Die E-Mails des MinistersWir verklagen Innenminister Seehofer

Wenn der Innenminister einen Artikel im Internet liest und als einen Beweggrund für Regierungsentscheidungen nennt, hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf zu erfahren, was er liest. Mit einer Klage wollen wir Horst Seehofer dazu zwingen, E-Mails aus einem bestimmten Zeitraum herauszugeben.

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Was für E-Mails schreiben Ministerinnen eigentlich? Während es in anderen Staaten durchaus üblich ist, E-Mails von Ministern nach dem Informationsfreiheitsgesetz herauszugeben, gibt es in Deutschland auffallend wenig Transparenz rund um Schriftstücke, die von Ministerinnen selbst verfasst werden. Ob nun die SMS von Diensthandys der Verteidigungsministerin oder Protokolle des Bundeskabinetts: Schreiben von Staatssekretären kommen an die Öffentlichkeit, von Abteilungsleiterinnen sowieso – aber von Ministerinnen gibt es kaum Dokumente zu sehen.

Das wollen wir mit einer Klage gegen Innenminister Seehofer ändern. Wir haben sämtliche E-Mails des Ministers aus einem Zeitraum von zwei Wochen angefordert. Weil das Ministerium sie nicht herausgeben will, ziehen wir vors Verwaltungsgericht Berlin.

„Ironische Hinrichtung Deutschlands“

Anlass der Anfrage ist eine Pressekonferenz im Juni 2018. Dort sprach der Minister von einem Artikel, den er im Internet gelesen habe, in dem „die Bundesrepublik Deutschland so richtig ironisch eine Hinrichtung erfährt.“ Wir wollen darüber mehr erfahren. Weil eine Anfrage nach dem Browser-Verlauf von Horst Seehofer erfolglos blieb – die Daten lagen angeblich nicht mehr vor – versuchen wir durch seine E-Mails herauszufinden, ob Seehofer vielleicht in seiner Korrespondenz einen Link des Artikels verteilte.

Zusätzlich soll die Klage auch die Grundsatzfrage klären, ob E-Mails von Ministern herausgegeben werden müssen. Das Innenministerium argumentiert, mit der Anfrage sei der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betroffen, eine etwas obskure Ausnahme von der Informationsfreiheit, die nicht im Informationsfreiheitsgesetz gelistet ist und auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus den1980er-Jahren zurückgeht.

Grundsatzfrage E-Mails

Außerdem gehe es uns laut Ministerium um die Ausforschung des Ministers – dabei sind die Interessen von Antragstellerinnen für Anfragen nicht von Belang. Von Belang ist vor allem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die wir in diesem Jahr erwarten.

Die Klage kostet rund 2.000 Euro in der ersten Instanz – helfen Sie uns mit Ihrer Spende, das Geld dafür zusammenzulegen! Spenden an FragDenStaat sind steuerlich absetzbar, unser Trägerverein ist gemeinnützig. Herzlichen Dank!

→ zur Anfrage

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Katja Pink Rechtsanwältin _________________________________________________________________________________ Anwaltsbüro Pink.• Rechtsanwältin • Hohenzollerndamm 7 • 10717 Berlin Hohenzollerndamm 7 10717 Berlin Verwaltungsgericht Berlin Kirchstr. 7 10557 Berlin Telefon 030 – 88 62 48 59 Telefax 030 – 88 62 48 67 E-Mail kanzlei@rechtsanwaeltin-pink.de www.rechtsanwaeltin-pink.de Berlin,21. Dezember 2018 Mein Az: P214K183 pi d1/d12610 In der Verwaltungsstreitsache Stammen ./. Bundesrepublik Deutschland Klage der Frau Nadine Stammen, c/o Open Knowledge Foundation Deutschland e.V., Singerstr. 109, 10179 Berlin - Klägerin - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin Katja Pink, Hohenzollerndamm 7, 10717 Berlin, gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, Alt-Moabit 140, 10557 Berlin, - Beklagte - wegen Antrag zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG), dem Umweltinformationsgesetz (UIG) und dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) Gegenstandswert (vorläufig) 5.000,- € Namens und in Vollmacht der Klägerin erhebe ich Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin mit dem Antrag,
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I. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat vom 9. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 16. November 2018 zu verpflichten, der Klägerin - gemäß ihrer am 10. Juli 2018 versendeten und am 11. Juli 2018 der Beklagten zugestellten E-Mail - den Zugang zu den vorhandenen E-Mails zu gewähren, die der Bundesinnenminister Horst Seehofer in der Zeit vom 15. Juni bis zum 09. Juli 2018 empfangen oder versendet hat. II. der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Eine entsprechende Prozessvollmacht wird als Anlage K 1 nachgereicht. Begründung Tatbestand Die Klägerin begehrt vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (im Folgendem: BMI) Zugang zu den E-Mails des Bundesinnenministers Horst Seehofer (im Folgenden: Minister), die dieser in der Zeit vom 15. Juni bis zum 9. Juli 2018 versendet oder empfangen hat. Die Klägerin setzt sich im Bereich digitaler Technologien und Medien durch ihre Tätigkeit in verschiedenen Nichtregierungsorganisationen als Informations- und Interfacedesignerin für Transparenz in der Politik und Verwaltung im Interesse der freien politischen Meinungsbildung ein. Sie ist Mitarbeiterin der von der Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. zur Förderung der Informationsfreiheit betriebenen Internetplattform FragdenStaat und unter anderem Initiatorin des Projekts „Volksentscheid Transparenz Berlin“, das eine Fortentwicklung des Berliner Informationsfreiheitsgesetz zum Ziel hat. Mit der am 10. Juli 2018 versendeten und am 11. Juli 2018 der Beklagten zugestellten E-Mail beantragte die Klägerin beim BMI gestützt auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG), das Umweltinformationsgesetz (UIG) und das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) Informationszugang durch Übersendung Folgendes : - alle erhaltenen wie versendeten E-Mails des Ministers Seehofer zwischen dem 15.6. und 9.7.2018 2
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Mit der Schwärzung personenbezogener Daten erklärte sich die Klägerin ausdrücklich einverstanden. Es wird insoweit auf den als Anlage K 2 beigefügten Antrag vom 11. Juli 2018 Bezug genommen. Mit Bescheid vom 9. August 2018 (Anl. K 3) hat das BMI den Antrag mit der folgenden Begründung abgelehnt: Dem Antrag könne nicht stattgegeben werden, da ohne Sachbezug offenbar der gesamte E- Mail-Verkehr des Ministers in dem betreffenden Zeitraum ausgeforscht werden soll. Ein Informationszugang auf eine nicht aktenrelevante Kommunikation sei nach dem IFG nicht geboten, da ein Informationsanspruch nach § 2 Nr. 1 IFG nicht gegeben sei. Dies wurde wie folgt erläutert: Der E-Mail-Verkehr des Ministers werde erst dann aktenrelevant, wenn die darin enthaltene Information Bestandteil eines Vorgangs werde bzw. ein weiteres Verwaltungshandeln auslöse. Dies sei beim persönlichen E-Mail-Verkehr des Ministers als solchen in der Regel nicht der Fall. Lediglich in bestimmten einzelnen Fällen informiere der Minister das Ministerbüro über die Inhalte eingegangener oder versendeter E-Mails. Sofern in diesen Fällen erforderlich, informiere das Ministerbüro den zuständigen Bereich telefonisch oder es werde durch das Ministerbüro ein entsprechender Arbeitsauftrag oder Kurzvermerk verfasst und dem zuständigen Bereich mitgeteilt, wo er dann bearbeitet und veraktet werde. Sofern es sich bei den eingehenden E-Mails um solche Dritter handelt, sei der Informationsanspruch darüber hinaus nach § 5 IFG und ggf. § 3 Nr. 7 IFG eingeschränkt. Es wäre daher zu prüfen, ob entsprechende Drittbeteiligungsverfahren nach § 8 IFG durchzuführen seien, wenn es sich hier um Verwaltungsinformationen handelt, die nach dem vorstehenden Verfahren zu verakten sind. Die reine Schwärzung der Absenderdaten seien hierfür nicht ausreichend. Das BMI könne nicht ohne Einverständnis der Absender offenlegen, zu welchen Themen und mit welcher Tendenz die Öffentlichkeit mithilfe eines bewusst gewählten vertraulichen Kommunikationsweges den Kontakt zum Minister gesucht habe. Da mit dem Antrag ein Interesse an einem konkreten amtlichen Vorgang nicht vorgetragen wurde, überwiege das Vertraulichkeitsinteresse Dritter das Informations- interesse der Klägerin. Darüber hinaus stehe dem Informationsbegehren der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung der Regierung entgegen, sofern der betreffende E-Mail-Verkehr der 3
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Vorbereitung und der Diskussion von Regierungsentscheidungen diene. Es wird insoweit auf den als Anlage K 3 beigefügten Bescheid des BMI vom 9. August 2018 Bezug genommen. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 6. September 2018 (Anl. K 4) Widerspruch beim BMI. Der Widerspruch wurde damit begründet, dass ein Informationszugang nach dem IFG auch bei einer nicht aktenrelevanten Kommunikation gegeben sei, die in Ausübung einer amtlichen Tätigkeit erfolge. Mit der Durchführung eines Drittbeteiligungsverfahren erklärte sich die Klägerin einverstanden. Es wird insoweit auf den als Anlage K 4 beigefügten Widerspruch vom 6. September 2018 Bezug genommen. Mit Bescheid vom 16. November 2018 (Anl. K 5) wurde der Widerspruch durch das BMI mit der erneuten Begründung zurückgewiesen, dass der E-Mail-Verkehr des Ministers erst dann aktenrelevant werde, wenn die darin enthaltenen Informationen Bestandteil eines Vorgangs werden bzw. ein weiteres Verwaltungshandelns auslösen. Der E-Mail-Verkehr des Ministers mit Inhalten über nicht aktenrelevante Informationen werde dagegen nicht Bestandteil eines Vorgangs und sei daher auch keine amtliche Information im Sinne des IFG. Es wird insoweit auf den als Anlage K 5 beigefügten Widerspruchsbescheid des BMI vom 16. November 2018 Bezug genommen. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 20. November 2018 zugestellt. Mit der hier erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Informationsbegehren weiter. Rechtliche Begründung Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des BMI vom 9. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). 1. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes – IFG. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG). Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor: 4
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Die Klägerin ist als natürliche Person „jeder“ im Sinne des Gesetzes und damit anspruchsberechtigt. Das BMI ist ein Behörde des Bundes. Die Klägerin erstrebt auch Zugang zu den beim BMI vorhandenen amtlichen Informationen. Die von der Klägerin begehrten E-Mails des Ministers sind amtliche Aufzeichnungen gemäß § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG, da sie der behördlichen Aufgabenerfüllung und damit amtlichen Zwecken dienen. 2. E-Mails des Ministers sind amtliche Informationen i.S.d. § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Informationsrecht nach dem IFG des Bundes nicht auf einen aktenbezogen Vorgang beschränkt. Nach gefestigter Rechtsprechung hat der Gesetzgeber nicht lediglich den Informationszugang zu „Akten“ und damit auf konkrete Verwaltungsvorgänge eingeschränkt, sondern in einem weiteren Begriffsverständnis zu amtliche Informationen eröffnet (vgl. VG Berlin, Urteil vom 10. Oktober 2007 - 2 A 102.06, 2 A 101.06 -, juris Rn. 25; Urteil vom 26. Juni 2009 - 2 A 62/08 -, juris, Rn. 24). Nur Informationen, die ausschließlich und eindeutig privaten Zwecken dienen, sind vom Begriff „amtliche Informationen“ ausgeschlossen (Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 2 Rn.55). Nach der Gesetzesbegründung soll sichergestellt werden, dass die Begriffsbestimmung weder private Informationen noch solche, die nicht mit amtlichen Tätigkeiten zusammenhängen, erfasst (Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 2 Rn. 47; BT- Drs 15 4493 S.9). Bei den E-Mails des Ministers handelt es sich um amtliche Informationen im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG. Für die „Amtlichkeit“ ist nicht erforderlich, dass die Aufzeichnung Bestandteil von Vorgängen ist oder bei der Aufgabenwahrnehmung nach „außen“ erstellt worden ist (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. August 2015 - OVG 12 B 21.14 -, juris Rn. 16). Maßgeblich ist allein, dass die Aufzeichnung in Erfüllung und im Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit der Behörde angefallen ist (OVG Berlin- Brandenburg, a.a.O; BT-Drucks. 15/4493, S. 9). Diese Reichweite der Begriffsbestimmung wird bestätigt durch die Begründung des Gesetzentwurfs zu der Vorschrift über die Veröffentlichungspflichten (§ 11 Abs. 2 IFG), nach der Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnummern und Aufgabenbereiche des einzelnen Mitarbeiters enthalten, nicht der Offenlegungspflicht unterliegen, sondern als „sonstige amtliche Informationen“ – vorbehaltlich etwaiger Ausnahmetatbestande – nur auf Antrag mitzuteilen sind (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; BT-Drucks. 15/4493, S. 16). 5
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Für die Amtlichkeit einer Information im Sinne des § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG ist allein ihre Zweckbestimmung nach funktionaler Betrachtungsweise maßgeblich. Die Vergabe der dienstlichen E-Mail-Adresse an Herrn Seehofer erfolgt unmittelbar und ausschließlich zur Wahrnehmung der ihm zugewiesenen amtlichen Aufgaben in seiner Funktion als Minister. Dem Minister wird damit seine dienstliche E-Mail-Adresse beim BMI zur Erfüllung seiner amtlichen bzw. ministeriellen Aufgaben und nicht zur Erledigung privater oder nichtamtlicher Nebentätigkeiten zur Verfügung gestellt. Sie soll die Außenkontakte ermöglichen, soweit der Minister dies zur Erfüllung der Aufgabenstellung in seinem Amt für notwendig hält. Die eröffnete Kontaktmöglichkeit weist damit einen unmittelbaren Bezug zur materiellen Verwaltungs- bzw. Regierungstätigkeit auf, die als solche dem Informationszugang unterliegt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 2016 - OVG 12 B 24.15 -, juris Rn. 16). Die Wahrnehmung dieser Kontaktmöglichkeit durch die Versendung von E-Mails unter Verwendung der dienstlichen E-Mail-Adresse des Ministers lässt sich nicht von der Ausübung einer Amtstätigkeit trennen und einem nicht aufgabenbezogenen Tätigkeitsbereich zuordnen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O). Die eingegangenen oder versendeten E-Mails können als Aufzeichnungen elektronisch übermittelter und bei der Behörde gespeicherten Textnachrichten nicht isoliert betrachtet werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten wird eine E-Mail nicht erst durch die Veraktung einer amtlichen Zweckbestimmung zugeführt. Durch die Bereitstellung einer dienstlichen E-Mail-Adresse soll der Behörde bzw. dem betreffenden Adressaten in seiner amtlichen Funktion die Kenntnisnahme jeder E-Mail ermöglicht werden, die über das entsprechende E-Mail-Konto empfangen wird. Ebenso soll die Versendung einer E-Mail unter Verwendung der dienstlichen E-Mail-Adresse in der amtlichen Funktion des Versenders und in Erfüllung der ihm zugewiesenen staatlichen Aufgaben erfolgen. Diese amtliche Zweckbestimmung kann nach hiesiger Auffassung auch nicht dadurch entfallen, dass die E-Mail-Adresse ggf. zu privaten, parteipolitischen, geschäftlichen oder nebentätigkeitsbezogenen Zwecken von dem betreffenden Versender verwendet wird, da der für die Regelung des § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG maßgebliche Zusammenhang mit einer amtlichen Tätigkeit erhalten bleibt. Dies kann jedoch dahin stehen, da die Beklagte bisher nicht vorgetragen hat, dass die E-Mail-Adresse des Ministers von diesem oder Dritten auch für rein private Zwecke oder Tätigkeiten ohne Bezug zu einer Amtstätigkeit verwendet wird. Auf den von Dritten bei der Versendung einer E-Mail verfolgten Zweck kann es wegen der behördlichen Bereitstellung eines dienstlichen E-Mail-Kontos und der damit vorgegebenen amtlichen Zweckbestimmung nicht ankommen. Die für das IFG maßgebliche amtliche 6
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Zweckbestimmung kann auch nicht durch die Zweckerreichung in dem Sinne wieder aufgehoben werden, dass die Behörde bzw. die adressierte Amtsperson diese in ihrer amtlichen Funktion zur Kenntnis nimmt und anschließend keine weiterführende amtliche Zweckbestimmung mehr vornimmt. Dies wäre mit Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes einer Kontrolle des staatlichen Verwaltungshandelns nicht vereinbar. Entscheidend für den Informationszugang nach § 1 Abs. 1 IFG ist nach gefestigter Rechtsprechung, ob bei der Behörde Aufzeichnungen vorhanden sind, die diese zu amtlichen Zwecken erlangt hat oder die im Zusammenhang mit einer amtlichen Tätigkeit angefallen sind. Dies ist vorliegend der Fall. 3. Keine Ausschlussgründe nach dem IFG Dem Informationsanspruch stehen auch keine Ausschlussgründe nach dem IFG entgegen. 3.1. Schutz der personenbezogene Daten nach § 5 Abs. 1 IFG Der Informationszugang kann nicht unter Berufung auf den Schutz personenbezogener Daten Dritter nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG ausgeschlossen werden. Danach darf der Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Die Klägerin hat sich mit der Unkenntlichmachung personenbezogener Daten gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 IFG einverstanden erklärt. Danach steht einem Informationsbegehren der geltend gemachte Schutz personenbezogener Daten Dritter jedenfalls nicht entgegen, wenn der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Die Voraussetzungen liegen hier vor: Absenderdaten sowie sonstige Daten, deren Informationsgehalt sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person i.S.d. Art. 4 Nr. 1 DSGVO beziehen und bei einem Papierausdruck der E-Mail im abgedruckten Nachrichtentext sichtbar sind, können durch einfache Schwärzung unkenntlich gemacht werden. Die nach einer entsprechenden Schwärzung gegebenenfalls noch verbleibende Information zu welchen Themen oder Anlässen und mit welcher Tendenz die Öffentlichkeit per E-Mail den Kontakt zum Minister gesucht hat, wird wegen des fehlenden Personenbezugs vom Geheimhaltungsschutz des 7
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§ 5 Abs. 1 IFG hingegen nicht mehr erfasst. Damit ist ein Informationszugang ohne Offenlegung der personenbezogener Daten durch Schwärzung möglich. Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, dass eine entsprechende Informationsgewährung mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich hierauf mit Erfolg berufen könnte. 3.2. Schutz der Vertraulichkeitsinteressen nach § 3 Nr. 7 IFG Entgegen der Auffassung der Beklagten kann allein der gewählte Kommunikationsweg eine Ablehnung des Informationsbegehrens unter Berufung auf den Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 7 IFG nicht rechtfertigen. Nach § 3 Nr. 7 IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht. Vertraulich sind solche Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Dies setzt eine Übereinkunft über die Vertraulichkeit zwischen der informationspflichtigen Stelle und dem Dritten voraus. Zutreffend ist, dass die elektronische Übermittlung einer Textnachricht unter Verwendung einer behördlichen E-Mail-Adresse in der Regel nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist und damit vertraulich übermittelt wurde. Dies reicht nach der Rechtsprechung jedoch nicht aus, da es eines objektiv schutzwürdigen Vertraulichkeitsinteresses bedarf (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Juni 2013 - OVG 12 B 9.12 - juris Rn. 34; Schirmer, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online- Kommentar Informations- und Medienrecht, IFG, Stand 1. Februar 2017, § 3 Rn. 190; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 323 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu in seinem Urteil vom 30. März 2017 - BVerwG 7 C 19.15 - , juris Rn. 24 f. - folgendes aus: Die Gesetzessystematik und der Zweck der Vorschrift gebieten eine in diesem Sinne einschränkende Auslegung. § 3 IFG schützt ausweislich der amtlichen Überschrift besondere öffentliche Belange. Die in den Nummern 1 bis 8 geregelten Ausschlusstatbestände sind nach der Vorstellung des Gesetzgebers eng zu verstehen (BT-Drs. 15/4493 S. 9). Damit wäre nicht vereinbar, wenn bereits der Umstand, dass eine Information vertraulich erhoben oder übermittelt wird, für sich genommen ohne Hinzutreten eines objektiv anzuerkennenden Schutzbedürfnisses zum Ausschluss des Informationszugangs 8
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führte. Der Anspruch auf Informationszugang wäre zur Disposition der am Informationsaustausch Beteiligten gestellt. Einen derart weitreichenden Versagungsgrund wollte der Gesetzgeber mit § 3 Nr. 7 IFG nicht schaffen. Für ein einschränkendes Verständnis spricht auch, dass das "Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung" im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang fortbestehen muss. Dieses Erfordernis weist darauf hin, dass die Vertraulichkeit nur bei einem berechtigten Interesse geschützt sein soll. Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass die vertraulich übermittelte Information nicht als solche, sondern im öffentlichen Interesse der Aufgabenerfüllung der Behörden geschützt werden soll, die in besonderem Maße auf Informationen der Bürger angewiesen sind, die regelmäßig nur unter der Bedingung der Verschwiegenheit zu erlangen sind (BT-Drs. 15/4493 S. 11). Die Zielsetzung des § 3 Nr. 7 IFG ist daher doppelter Natur. Die Regelung bezweckt den Schutz des Informanten im Interesse der behördlichen Aufgabenerfüllung. Ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit einer Information liegt vor, wenn bei ihrer Offenbarung dem Informanten Nachteile drohen und deshalb (zukünftig) die ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen Aufgabe, welche auf die vertrauliche Übermittlung von Informationen angewiesen ist, gefährdet ist (vgl. Scherzberg/Solka, in: Fluck/Fischer/Fetzer, Informationsfreiheitsrecht, § 3 IFG Rn. 156; vgl. auch Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 324). Es besteht folglich ein funktionaler Zusammenhang zwischen behördlicher Aufgabenerfüllung und dem Informantenschutz. Der Dritte genießt nur insoweit Schutz vor Nachteilen, als die Behörde auf eine vertrauliche Informationsübermittlung angewiesen ist. Die Beklagte hat ein objektiv schutzwürdiges und damit berechtigtes Vertraulichkeitsinteresse von etwaigen Informanten nicht einmal im Ansatz darlegt. 3.4. Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung der Regierung Auch der von der Beklagten geltend gemachte Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung der Regierung kann eine Ablehnung des Informationsbegehrens unter Berufung auf den Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG nicht rechtfertigen. Die Beklagte behauptet lediglich abstrakt, dem Informationsbegehren stehe der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung der Regierung entgegen, sofern der betreffende E-Mail-Verkehr der Vorbereitung und der Diskussion von 9
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Regierungsentscheidungen diene. Die Darlegungslast für das Vorliegen des Ausschlussgrundes des § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG liegt bei der informationspflichtigen Behörde. Sie muss Tatsachen vorbringen, aus denen sich nachvollziehbar eine Beeinträchtigung des Schutzgutes ergeben kann, und demnach darlegen, dass die nachteiligen Auswirkungen auf den (künftigen) behördlichen Entscheidungsprozess zu erwarten sind (BVerwG, Urteile vom 30. März 2017 - BVerwG 7 C 19.15 – juris Rn. 12 f.; vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 - BVerwGE 141, 122 Rn. 31 und vom 27. November 2014 - 7 C 18.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 13 Rn. 19.) Entsprechendes gilt für den Einwand, der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung stehe einer Offenlegung von amtlichen Informationen entgegen (BVerwG, Urteile vom 30. März 2017, a.a.O; vgl. zum Darlegungserfordernis BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 - BVerfGE 137,185 Rn. 156; Beschlüsse vom 30. März 2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 110, 199 <218 f.> und vom 17. Juni 2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78 <122>). Angesichts des Informationszugang gesetzlichen und Regel-Ausnahme-Verhältnisses Versagungsgründen obliegt es zwischen der freiem Beklagten als anspruchsverpflichtete Behörde, das Vorliegen von Ausnahmen vom Informationszugang darzulegen (VG Berlin, Urteil vom 19. Juni 2014 – 2 K 212.13, juris Rn.55; BT-Drs. 15/4493 S. 6). Erforderlich ist eine einzelfallbezogene, hinreichend substantiierte und konkrete Darlegung, aus welchen Gründen öffentliche oder private Schutzbelange gemäß §§ 3 bis 6 IFG dem geltend gemachten Anspruch auf Informationsgewährung entgegenstehen (VG Berlin, a.a.O.; vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Oktober 2010 - OVG 12 B 6.10 -, juris Rdnr. 31). Ausschlussgrundes Diesen Anforderungen genügt die an Beklagte die nicht, Darlegung wenn eines das gesetzlichen Vorliegen eines Geheimhaltungsgrundes ohne Bezug zu den streitgegenständlichen Informationen lediglich abstrakt behauptet wird. Rein vorsorglich wird bestritten, dass eine dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zuzuordnende Kommunikation per E-Mail in dem streitgegenständlichen Zeitraum übermittelt wurde. Die Behörde hat nicht erkennen lassen, dass in den streitgegenständlichen E-Mails auch Umweltinformationen im Sinne des § 3 Abs. 3 UIG, Verbraucherinformationen gemäß § 1 Nr. 1 und 2 UIG oder sonstige Informationen enthalten sind, die Gegenstand subjektiv- rechtlicher Informationsansprüche nach anderen Rechtsvorschriften sind. Die Beklagte hat hier ausschließlich Einwände gestützt auf das IFG geltend gemacht, so dass der von der Klägerin begehrte Informationszugang jedenfalls zu gewähren ist, auch soweit etwaige Informationsansprüche nach anderen Rechtsvorschriften zur Anwendung kommen könnten. 10
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