Löschung von HandydatenErst von der Leyen, jetzt Scheuer, bald andere

Nicht nur Handydaten der ehemaligen Verteidigungsministerin von der Leyen wurden gelöscht, auch Skandalminister Andreas Scheuer ließ im Zusammenhang mit der PKW-Maut Daten auf seinen digitalen Geräte löschen. Eine Kontrolle der Bundesregierung ist so kaum möglich – und die Bundesregierung überlässt die Archivierung digitaler Daten dem Zufall.

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Löschen Beamt*innen in einer Bundesbehörde eigenmächtig die Daten ihres Diensthandys, bekommen sie wahrscheinlich ein rechtliches Problem. Anders sieht es bei den Chef*innen der Beamt*innen aus: Nicht nur die ehemalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, auch der aktuelle Skandalminister Andreas Scheuer haben Daten auf ihren Diensthandys gelöscht. Beide entgingen damit einer Kontrolle durch Untersuchungsausschüsse im Bundestag.

Eine ernsthafte Konsequenz haben beide kaum zu befürchten, auch wenn im Fall von der Leyen jetzt die Staatsanwaltschaft ermittelt. Denn während es für Handydaten von Beamt*innen klare Regelungen gibt, hat die Bundesregierung kein Interesse daran, ihre Mitglieder kontrollieren zu lassen. Sie ist sich auch nicht zu schade, dafür den Datenschutz gegen die Informationsfreiheit in Stellung zu bringen.

Kein Konzept für Sicherung digitaler Daten

Dass sowohl Scheuer als auch von der Leyen möglicherweise inkriminierende Handydaten löschen konnten, begründet die Bundesregierung damit, dass sie ihre Diensthandys auch privat genutzt hätten. Tatsächlich dürfen nach einer Richtlinie der Regierung nur die Leitungen der obersten Bundesbehörden ihre Mobilfunkgeräte auch privat nutzen. Praktisch für die Bundesregierung, die in diesem Fall plötzlich zur größten Befürworterin des Schutzes privater Daten wird.

Aber selbst, wenn Handydaten von Regierungsmitgliedern nicht mutwillig gelöscht werden, heißt das noch lange nicht, dass sie der Nachwelt erhalten bleiben. Ein Konzept für die Sicherung ihrer digitalen Daten hat die Bundesregierung nämlich nicht. Fragt man heutzutage Bundesbehörden auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) nach ihnen vorliegenden Informationen, schauen diese lediglich in ihren (Papier-)Akten nach.

Sind Daten von Smartphones, aus Whatsapp, Twitter-Direktnachrichten und Signal-Chats nicht veraktet, existieren sie nach dieser Logik schlichtweg nicht. Dass „relevante Daten“ von verschiedenen mobilen Dienstgeräten in den Akten landen, ist zwar in der Registraturrichtlinie vorgeschrieben, erfolgt aber in der Praxis so gut wie nie. So ist bislang beispielsweise keine einzige SMS von Angela Merkel im Kanzleramt veraktet worden.

Klage von FragDenStaat

Der Bundesregierung kommt dieses Prinzip entgegen. Vertrauen ist gut, Kontrolle brauchen wir nicht. Und Daten, die nicht in den Akten aufzufinden sind, können eben auch nicht angefragt werden.

Ob dieses Prinzip aufrechterhalten wird, hängt auch von den Gerichten ab. Das Verwaltungsgericht Berlin muss derzeit über eine Klage von FragDenStaat zu Twitter-Direktnachrichten des Bundesinnenministeriums entscheiden. Das Ministerium behauptet, die Informationen im Twitter-Account @bmi_bund seien nicht veraktet und müssten nicht herausgegeben werden. Fielen auch diese unter das IFG, könne man den Twitter-Account nicht weiterbetreiben, so das Ministerium.

Dass andere Staaten der Welt in diesem Bereich schon etwas weiter sind, zeigen etwa die USA, wo regelmäßig Whatsapp-Chats von Bürgermeister*innen auf Anfragen nach US-amerikanischem IFG herausgegeben werden. Zwar geschieht dies teilweise auch nur, indem die Smartphones auf einen Kopierer gelegt werden – aber immerhin ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

No paper und Non-Paper

Dabei hängt die fehlende Veraktung mit einem Grundsatzproblem zusammen, das das IFG schon seit vielen Jahren begleitet. Gerade Behörden wie das Bundeskanzleramt und das Verkehrsministerium haben auf die gesetzliche Pflicht zur Transparenz reagiert, indem teilweise interne Papiere als sogenannte Non-Paper zwar existieren, aber nicht mehr veraktet werden. Journalist*innen berichten zudem, dass bestimmte Staatssekretäre im Verkehrsministerium ihre Notizen gerne als Post-Its in Akten kleben, damit sie bei einer Herausgabe von Akten bequem wieder entfernt werden können.

Damit sich dies ändert, müssen Politiker*innen und Beamt*innen echte Konsequenzen fürchten, wenn sie die Herausgabe von Informationen vereiteln. In den USA müssen Beamt*innen inzwischen tatsächlich vereinzelt strafrechtliche Ermittlungen fürchten, wenn sie Auskünfte systematisch herauszögern. In Deutschland wäre es ein guter erster Schritt, wenn Andreas Scheuer zurücktreten würde.

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