Corona-KriseWir veröffentlichen Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Mit einem weitreichenden Gesetz will der Bund zusätzliche Befugnisse in der Corona-Krise erhalten. Wir dokumentieren den ersten Gesetzentwurf, der auch die Möglichkeit zur Handy-Ortung vorsah.

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Jens Spahn wollte per Gesetz eine umfassende Handy-Ortung ermöglichen –

Behörden sollen Ärzte zwangsverpflichten können, Personen aus Risikogebieten können zur Auskunft über ihren Reiseweg gezwungen werden und der Bund kann Medikamente beschlagnahmen. Ein neues Gesetzespaket aus dem Haus von Gesundheitsminister Jens Spahn soll in den kommenden Tagen im Schnelldurchgang neue Befugnisse für Bundesbehörden festschreiben.

Am 23. März trifft sich das Bundeskabinett, um eine neue Version des Gesetzentwurfs zu verabschieden, den wir veröffentlichen. Gestrichen wurde nach großer interner Diskussion offenbar ein Passus, der es Behörden ermöglicht hätte, die Handys von Privatpersonen zu orten. Dies wurde als unverhältnismäßiger Eingriff in Grundrechte angesehen.

→ zum Gesetzentwurf

Möglicherweise sind Nummerierungen von Absätzen in dem Dokument falsch. Dies bitten wir zu entschuldigen.

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Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr Formulierungshilfe Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite A. Problem und Ziel Das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) enthält weitreichende Befugnisse zur Verhütung (§§ 16 ff. IfSG) sowie zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (§§ 24 ff. IfSG). Das Infektionsschutzgesetz wird im Wesentlichen von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Die Anordnung von Maßnahmen der Verhütung sowie der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Eine ergänzende Zuständigkeit des Bundes für Maßnahmen der Verhütung und insbesondere der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ist bislang, abgesehen von den Zuständigkeiten des Robert Koch-Instituts, auch für den Krisenfall nicht vorgesehen. In der Normallage reicht diese Kompetenzverteilung aus, um die Ausbreitung eines Krankheitserregers zu verhindern. Das aktuelle Ausbruchsgeschehen der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit COVID-19 zeigt, dass im seuchenrechtlichen Notfall das Funktionieren des Gemeinwesens erheblich gefährdet sein kann. In einer sich dynamisch entwickelnden Ausbruchssituation kann für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik durch eine sich grenzüberschreitend ausbreitende übertragbare Krankheit eine erhebliche Gefährdung eintreten, der nur begrenzt auf Landesebene begegnet werden kann. Um einer Destabilisierung des gesamten Gesundheitssystems vorzubeugen, muss die Bundesregierung in die Lage versetzt werden, schnell mit schützenden Maßnahmen einzugreifen. Die Bundesregierung wird zur Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ermächtigt. In der Folge der Feststellung wird das Bundesministerium für Gesundheit u. a. ermächtigt, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur Grundversorgung mit Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln sowie zur Stärkung der personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu treffen. Die Bundesregierung hat die epidemische Lage von nationaler Tragweite unverzüglich für beendet zu erklären, wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind. In diesem Fall verlieren sämtliche Maßnahmen, die getroffen worden sind, ihre Gültigkeit. B. Lösung Regelung, die für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, dem Bundesministerium für Gesundheit die entsprechenden Krisenreaktionsmaßnahmen ermöglicht. Für länderübergreifende Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung an denen öffentliche und nichtöffentliche Stellen des Bundes und der Länder beteiligt sind, werden Regelungen vorgesehen, die eine Klarstellung der Zuständigkeiten der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörden bei Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung im Sinne eines „One-Stop-Shop“ ermöglichen, länderübergreifende Versorgungs- und Gesundheitsforschung unter Wahrung des Datenschutzes beschleunigen und eine einheitliche Rechtsauslegung zum Wohle aller Betroffenen gewährleisten. C. Alternativen Keine. D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand Keine.
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E. Erfüllungsaufwand E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger Das Gesetz selbst schafft nur Befugnisgrundlagen und hat daher keine unmittelbaren Kostenfolgen. Soweit im Fall einer von der Bundesregierung festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite auf seiner Basis Anordnungen ergehen oder Rechtsverordnungen erlassen werden, könnten für Bürgerinnen und Bürger Kosten entstehen, die lagespezifisch und daher nicht allgemein bezifferbar sind. E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft Das Gesetz selbst schafft nur Befugnisgrundlagen und hat daher keine unmittelbaren Kostenfolgen. Soweit im Fall einer von der Bundesregierung festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite auf seiner Basis Anordnungen ergehen oder Rechtsverordnungen erlassen werden, könnten für die Wirtschaft Kosten entstehen, die lagespezifisch und daher nicht allgemein bezifferbar sind. Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten Keine. E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung Das Gesetz selbst schafft nur Befugnisgrundlagen und hat daher keine unmittelbaren Kostenfolgen. Soweit im Fall einer von der Bundesregierung festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite auf seiner Basis Anordnungen ergehen oder Rechtsverordnungen erlassen werden, könnten für die Verwaltung Kosten entstehen, die lagespezifisch und daher nicht allgemein bezifferbar sind. Durch die Einführung der federführenden datenschutzrechtlichen Zuständigkeit bei der Aufsicht über länderübergreifende Vorhaben der Gesundheits- und Versorgungsforschung entstehen bei den zuständigen Datenschutzbehörden der Länder geringe, nicht quantifizierbare Einsparungen durch das Entfallen des Tätigwerdens der Datenschutzbehörden aller von dem Forschungsvorhaben betroffenen Länder. Den öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen des Bundes und der Länder entstehen durch die Einführung der federführenden datenschutzrechtlichen Zuständigkeit bei der Aufsicht über länderübergreifende Vorhaben der Gesundheits- und Versorgungsforschung geringe, nicht quantifizierbare Einsparungen bei der Konzeption und Durchführung von Forschungsvorhaben. F. Weitere Kosten Keine.
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- 3 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr Formulierungshilfe Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite Vom ... Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Änderung des Infektionsschutzgesetzes Das Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Februar 2020 (BGBl. I S. 148) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: Die Inhaltsübersicht wird wie folgt gefasst: Die Angabe zur Überschrift des 2. Abschnitts wird wie folgt gefasst: „Koordinierung und Epidemische Lage von nationaler Tragweite“. Die Angabe zur Überschrift des § 5 wie folgt gefasst: „Epidemische Lage von nationaler Tragweite“. Die Überschrift des 2. Abschnitts wird wie folgt gefasst: „Koordinierung und Epidemische Lage von nationaler Tragweite“. § 4 wird wie folgt geändert: Absatz 1 wird wie folgt gefasst: (1) „Das Robert Koch-Institut ist die nationale Behörde zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen. Dies schließt die Entwicklung und Durchführung epidemiologischer und laborgestützter Analysen sowie Forschung zu Ursache, Diagnostik und Prävention übertragbarer Krankheiten ein. Es arbeitet mit den jeweils zuständigen Bundesbehörden, den zuständigen Landesbehörden, den nationalen Referenzzentren, weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen und Fachgesellschaften zusammen. Auf dem Gebiet der Zoonosen und mikrobiell bedingten Lebensmittelvergiftungen sind das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Friedrich-Loeffler-Institut zu beteiligen. Auf Ersuchen der zuständigen obersten Landesgesundheitsbehörde kann das Robert Koch- Institut den zuständigen Stellen bei Maßnahmen zur Überwachung, Verhütung und Bekämpfung von schwerwiegenden übertragbaren Krankheiten, auf Ersuchen mehrerer zuständiger oberster Landesgesundheitsbehörden auch länderübergreifend, Amtshilfe leisten. Soweit es zur Erfüllung dieser Amtshilfe erforderlich ist, darf es personenbezogene Daten verarbeiten.“ Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt: „(1a) Das Bundesministerium für Gesundheit legt dem Deutschen Bundestag bis spätestens zum 31. März 2021 einen Bericht zu den Erkenntnissen aus der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie vor. Der Bericht beinhaltet Vorschläge zur gesetzlichen, infrastrukturellen und personellen
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Stärkung des Robert Koch-Instituts sowie gegebenenfalls zusätzlicher Behörden zur Umsetzung der Zwecke dieses Gesetz.“ § 5 wird wie folgt gefasst: „§ 5 Epidemische Lage von nationaler Tragweite (1) Eine epidemische Lage von nationaler Tragweite liegt vor, wenn die Bundesregierung eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland festgestellt hat, weil 1. die Weltgesundheitsorganisation eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen hat und eine Einschleppung schwerwiegender übertragbarer Krankheiten in die Bundesrepublik Deutschland droht oder 2. eine bundesländerübergreifende Ausbreitung schwerwiegender übertragbarer Krankheiten droht. Die Feststellung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. (2) Die Bundesregierung hat die epidemische Lage von nationaler Tragweite unverzüglich für beendet zu erklären, wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind. In diesem Fall verlieren sämtliche Maßnahmen, die nach Absatz 3 getroffen worden sind, ihre Gültigkeit. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (3) Für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wird das Bundesministerium für Gesundheit unbeschadet der Befugnisse der Länder ermächtigt: 1. durch Anordnung Personen zu verpflichten, die in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen oder eingereist sind und die wahrscheinlich einem erhöhten Infektionsrisiko für bestimmte schwerwiegende übertragbare Krankheiten ausgesetzt waren, insbesondere weil sie aus Gebiete einreisen, die das Robert Koch-Institut als gefährdet eingestuft hat: a) ihre Identität, Reiseroute und Kontaktdaten bekannt zu geben, b) eine Impf- oder Prophylaxebescheinigung vorzulegen, c) Auskunft über ihren Gesundheitszustand zu geben, d) einen Nachweis einer ärztlichen Untersuchung vorzulegen, e) sich ärztlich untersuchen zu lassen; 2. durch Anordnung Unternehmen, die im Eisenbahn-, Bus-, Schiffs- oder Flugverkehr grenzüberschreitend Reisende befördern, Flughafenunternehmer, Betreiber von Häfen, Personenbahnhöfen und Omnibusbahnhöfen sowie Reiseveranstalter zu verpflichten, bei der Durchführung der Maßnahmen nach Nummer 1 mitzuwirken, außerdem können sie im Rahmen ihrer betrieblichen und technischen Möglichkeiten verpflichtet werden: a) Beförderungen aus bestimmten Ländern mit dem Ziel der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen, b) Reisende über die Gefahren übertragbarer Krankheiten und die Möglichkeiten zu deren Verhütung und Bekämpfung zu informieren, c) die zur Identifizierung einer Person oder zur Früherkennung von kranken, krankheitsverdächtigen, ansteckungsverdächtigen und Krankheitserreger
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- 5 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr ausscheidenden Personen notwendigen verarbeiten und zu speichern, Angaben zu erheben, zu d) Meldungen über kranke, krankheitsverdächtige, ansteckungsverdächtige und Krankheitserreger ausscheidende Personen gegenüber den zuständigen Behörden abzugeben, e) Passagierlisten und Sitzpläne den zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen, f) ärztliche Untersuchungen von Reisenden zu ermöglichen, g) den Transport einer Person, die krank, krankheitsverdächtig, ansteckungsverdächtig ist oder Krankheitserreger ausscheidet, in ein Krankenhaus oder in eine andere geeignete Institution zu ermöglichen; 3. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen von den Vorschriften dieses Gesetz zuzulassen und weitere Entschädigungen neben § 56 des Infektionsschutzgesetzes vorzusehen, soweit der Bund die Kosten trägt; 4. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln einschließlich Betäubungsmitteln, der Wirkstoffe, Ausgangs- sowie Hilfsstoffe hierfür, mit Medizinprodukten, Hilfsmitteln sowie mit Gegenständen der persönlichen Schutzausrüstung vorzusehen, insbesondere: a) Ausnahmen von den Vorschriften des Arzneimittel-, des Betäubungsmittel- , sowie des Apothekengesetzes und der jeweils hierauf gestützten Rechtsverordnungen, der medizinprodukterechtlichen Vorschriften und der Vorschriften zum Arbeitsschutz in Bezug auf die Verwendung von Gegenständen der persönlichen Schutzausrüstung zuzulassen, insbesondere der Vorschriften zur Herstellung, Anwendung, Verschreibung und Abgabe, zur Ein- und Ausfuhr und zum Verbringen, sowie zum Betrieb von Apotheken einschließlich Leitung und Personaleinsatz, b) die zuständigen Behörden der Länder zu ermächtigen, im Einzelfall Ausnahmen von den in Buchstabe a) genannten Vorschriften zu gestatten, insbesondere den Vorschriften zur Herstellung, Anwendung, Verschreibung und Abgabe, zur Ein- und Ausfuhr und zum Verbringen sowie zum Betrieb von Apotheken einschließlich Leitung und Personaleinsatz, c) zum Bezug, zur Beschaffung, Bevorratung, Verteilung und Abgabe durch den Bund, d) die Sicherstellung und Beschlagnahme der genannten Produkte sowie bei enteignender Wirkung eine Regelung zur Entschädigung hierfür, e) ein Verbot, diese Produkte zu verkaufen, sich anderweitig zu ihrer schuldrechtlichen Überlassung zu verpflichten oder bereits eingegangene schuldrechtliche Verpflichtungen zu bedienen sowie bei enteignender Wirkung eine Regelung zur Entschädigung hierfür, f) zu deren Preisbildung, Erstattung sowie Vergütung, g) zur Aufrechterhaltung, Umstellung, Eröffnung oder Schließung von Produktionsstätten oder einzelnen Betriebsstätten von produzierenden Unternehmen für die genannten Produkte, sowie eine Regelung zur Entschädigung hierfür, h) nach § 13 Absatz 1 des Patentgesetzes anzuordnen, dass eine Erfindung in Bezug auf eines der in Nummer 4 genannten Produkte im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt oder im Interesse der Sicherheit des Bundes benutzt werden soll. Das BMG oder eine dem BMG nachgeordnete Behörde können
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ermächtigt werden, diese Anordnung im Wege eines Verwaltungsakts oder einer Allgemeinverfügung zu treffen, i) Stellen des Bundes zu ermächtigen, die notwendigen Anordnungen zur Durchführung der Maßnahmen nach den Buchstaben a) und c bis h) zu treffen; 5. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der gesundheitlichen Versorgung in ambulanten Praxen, Apotheken, Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und in sonstigen Gesundheitseinrichtungen in Abweichung von bestehenden gesetzlichen Vorgaben vorzusehen, insbesondere a) Ärztinnen, Ärzte, Angehörige von Gesundheitsfachberufen und Medizinstudierende zu verpflichten, bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten mitzuwirken, b) Gesundheitseinrichtungen zu verpflichten, bestimmte Kapazitäten vorzuhalten und diese und deren Auslastung an eine festzulegende Stelle zu melden, c) alle untergesetzlichen Richtlinien, Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse der Selbstverwaltungspartner nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch und nach Gesetzen, auf die im Fünften Buch Sozialgesetzbuch Bezug genommen wird, befristet anzupassen, zu ergänzen oder auszusetzen, d) durch Änderungen in der Approbationsordnung für Ärzte die Einsatzmöglichkeiten von Medizinstudierenden ohne Nachteile für den Studienfortschritt zu erweitern; 6. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen in Abweichung von bestehenden gesetzlichen Vorgaben vorzusehen, insbesondere a) Pflegeeinrichtungen zu verpflichten, bestimmte Kapazitäten vorzuhalten und diese und deren Auslastung an eine festzulegende Stelle zu melden, b) gesetzliche oder vertraglichen Anforderungen an Pflegeeinrichtungen auszusetzen oder zu ändern, c) alle untergesetzlichen Richtlinien, Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse der Selbstverwaltungspartner nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch und nach Gesetzen, auf die im Elften Buch Sozialgesetzbuch Bezug genommen wird, befristet anzupassen, zu ergänzen oder auszusetzen, d) Aufgaben, die über die unmittelbare Pflege und Betreuung von Pflegebedürftigen hinaus regelmäßig von Pflegeeinrichtungen, Pflegekassen und Medizinischen Diensten zu erbringen sind, auszusetzen oder einzuschränken, e) Pflegefachpersonen und weitere in der Pflege tätigen Personen zu verpflichten, bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten mitzuwirken, f) Reorganisation und Stärkung von personellen Ressourcen durch Ermöglichung der Einbeziehung von Pflegekräften und anderen geeigneten medizinisch, pflegerisch oder therapeutisch geschulten Kräften und Verpflichtung von geeigneten Organisationen und Einrichtungen zur Abstellung solcher Kräfte. Soweit eine solche Maßnahme enteignende Wirkung hat, kann der hiervon Betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
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- 7 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr (4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen nach Absatz 3 haben keine aufschiebende Wirkung. Eine auf der Grundlage des Absatzes 3 erlassene Verordnung tritt spätestens ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft; ihre Geltungsdauer kann mit Zustimmung des Bundesrates verlängert werden. (5) Das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) kann im Rahmen des Absatz 3 eingeschränkt werden. (6) Die Bundesregierung kann für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite zur Ausführung dieses Gesetzes sowie des Arzneimittel-, des Apothekengesetzes und der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen und der medizinprodukterechtlichen Vorschriften in Ausnahmefällen gegenüber den Ländern Einzelweisungen erteilen, wenn dies zur Sicherung der öffentlichen Gesundheit in der Bundesrepublik Deutschland dringend geboten ist. (7) Das Bundesministerium für Gesundheit kann für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite unter Heranziehung der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts Empfehlungen abgeben, um ein koordiniertes Vorgehen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. (8) Das Robert Koch-Institut koordiniert während einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und zwischen den Ländern und dem Bund sowie weiteren beteiligten Behörden und Stellen und tauscht Informationen aus. Die Bundesregierung kann durch allgemeine Verwaltungsvorschrift mit Zustimmung des Bundesrates Näheres bestimmen. (9) Für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wird die Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten folgenden Personen im Rahmen der von ihnen in der Berufsausbildung erlangten Kompetenzen vorübergehend gestattet: 1. Altenpflegerinnen und Altenpflegern, 2. Gesundheits- und Kinderkrankenpflegern, 3. Gesundheits- Krankenpflegern, und Kinderkrankenpflegerinnen Krankenpflegerinnen und und Gesundheits- Gesundheits- und und 4. Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern und 5. Pflegefachfrauen und Pflegefachmännern. (10) Die Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten ist vorübergehend gestattet, wenn 1. die Person auf der Grundlage der in der jeweiligen Ausbildung erworbenen Kompetenzen und ihrer persönlichen Fähigkeiten in der Lage ist, die jeweils erforderliche Maßnahme eigenverantwortlich durchzuführen und 2. die Durchführung der heilkundlichen Tätigkeit das Patientenwohl unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes der Patientin oder des Patienten gewährleistet. (11) Die durchgeführte Maßnahme soll in angemessener Weise dokumentiert werden. Sie soll unverzüglich der verantwortlichen Ärztin oder dem verantwortlichen Arzt oder einer sonstigen die Patientin oder den Patienten behandelnden Ärztin oder behandelnden Arzt mitgeteilt werden. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates weiteren Personen die Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten im Rahmen von Satz 2 vorübergehend zu gestatten. (12) Für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite kann die zuständige Behörde zum Zwecke der Nachverfolgung von Kontaktpersonen technische Mittel einsetzen, um Kontaktpersonen von erkrankten Personen zu
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ermitteln, sofern aufgrund epidemiologischer Erkenntnisse gesichert ist, dass dies zum Schutz der Bevölkerung vor einer Gefährdung durch schwerwiegende übertragbare Krankheiten erforderlich ist. Unter den Voraussetzungen nach Satz 1 kann die zuständige Behörde von jedem, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt (Diensteanbieter) die Herausgabe der vorhandenen Telekommunikationsverkehrsdaten, der für die Ermittlung des Standortes eines Mobilfunkgerätes erforderlichen spezifischen Kennungen und die zur Durchführung von Maßnahmen nach Satz 4 erforderlichen Daten der möglichen Kontaktpersonen von erkrankten Personen verlangen. Erforderlichkeit und Zweck der Maßnahme sind durch die zuständige Behörde zu dokumentieren. Die zuständige Behörde kann die nach Satz 1 und 2 ermittelten Kontaktpersonen von dem Verdacht einer Erkrankung informieren. Die zuständige Behörde darf zu diesem Zweck personenbezogene Daten verarbeiten. Nach Beendigung der Maßnahmen ist die Löschung der Daten zu dokumentieren.“ In § 73 Absatz 1a Nummer 6 werden vor der Angabe „§ 17 Abs. 1“ die Wörter „§ 5 Absatz 3, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 5 Absatz 3“ und ein Komma eingefügt. § 75 Absatz 1 Nummer 1 wird wie folgt gefasst: „1. als Veranstalter oder Leiter einer in § 28 Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Veranstaltung, Ansammlung oder einer dort bezeichneten Einrichtung einer vollziehbaren Anordnung nach § 28 Absatz 1 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1 zuwiderhandelt,“ Änderung des IGV-Durchführungsgesetzes Nach § 12 Absatz 5 des IGV-Durchführungsgesetzes vom 21. März 2013 (BGBl. I S. 566), das zuletzt durch Artikel 31 des Gesetzes vom 20.November 2019 (BGBl. I S. 1626) geändert worden ist, wird folgender Absatz 5a eingefügt: „(5a) Sofern ein Luftfahrtunternehmen auf ein Auskunftsverlangen nach Absatz 5 die verlangten Daten nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig übermittelt, kann das zuständige Gesundheitsamt [in den Fällen des § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes ] die Fluggastdatenzentralstelle nach § 1 Absatz 1 des Fluggastdatengesetzes oder die in § 1 Absatz 3 des Fluggastdatengesetzes genannte Stelle ersuchen, ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Daten zur Erreichbarkeit von verdächtigen oder betroffenen Reisenden und zu ihren möglichen Kontaktpersonen zu übermitteln. Enthält das Fluggastdaten-Informationssystem entsprechende Daten, übermittelt die ersuchte Stelle diese unverzüglich dem ersuchenden Gesundheitsamt; nach § 5 des Fluggastdatengesetzes depersonalisierte Daten sind von der Übermittlung ausgeschlossen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Flüge, für die keine Anordnung nach Absatz 4 getroffen wurde, sofern die Daten für die Aufgabenerfüllung des Gesundheitsamtes erforderlich sind.“ Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. März 2020 (BGBl. I S. 497) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
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- 9 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr In § 4a wird das Wort „und“ durch ein Komma ersetzt und nach der Angabe „269“ die Angabe „269 und 287a“ eingefügt. Nach § 287 wird folgender § 287a eingefügt: „§ 287a Federführende Datenschutzaufsicht in der Versorgungs- und Gesundheitsforschung Bei Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung an denen nicht- öffentliche Stellen oder öffentliche Stellen des Bundes oder der Länder aus zwei oder mehr Bundesländern als Verantwortliche beteiligt sind (länderübergreifende Forschungsvorhaben) findet § 27 des Bundesdatenschutzgesetzes Anwendung. Die beteiligten Verantwortlichen benennen einen Hauptverantwortlichen und melden diesen der für die Hauptniederlassung des Hauptverantwortlichen zuständigen Aufsichtsbehörde (federführende Aufsichtsbehörde). Artikel 56 und Artikel 60 der Verordnung (EU) 2016/679 sind entsprechend anzuwenden.“ Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
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Begründung A. Allgemeiner Teil Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen Das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) enthält weitreichende Befugnisse zur Verhütung (§§ 16 ff. IfSG) sowie zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (§§ 24 ff. IfSG). Das Infektions- schutzgesetz wird im Wesentlichen von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Die Anordnung von Maßnahmen der Verhütung sowie der Bekämpfung über- tragbarer Krankheiten obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Eine ergänzende Zuständigkeit des Bundes für Maßnahmen der Verhütung und insbesondere der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ist bislang, abgesehen von den Zuständigkeiten des Robert Koch-Instituts, auch für den Krisenfall nicht vorgesehen. In der Normallage reicht diese Kompetenzverteilung aus, um die Ausbreitung eines Krankheitserregers zu verhindern. Das aktuelle Ausbruchsgeschehen der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit COVID-19 zeigt, dass im seuchenrechtlichen Notfall das Funktionieren des Gemeinwesens erheblich gefährdet sein kann. In einer sich dynamisch entwickelnden Ausbruchssituation kann für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik durch eine sich grenzüberschreitend ausbreitende übertragbare Krankheit eine erhebliche Gefährdung eintreten, der nur begrenzt auf Landesebene begegnet werden kann. Um einer Destabilisierung des gesamten Gesundheitssystems vorzubeugen, muss die Bundesregierung in die Lage versetzt werden, schnell mit schützenden Maßnahmen einzugreifen. Die Bundesregierung wird zur Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ermächtigt. In der Folge der Feststellung wird das Bundesministerium für Gesundheit u. a. ermächtigt, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur Grundversorgung mit Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln sowie zur Stärkung der personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu treffen. Die Bundesregierung hat die epidemische Lage von nationaler Tragweite unverzüglich für beendet zu erklären, wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind. In diesem Fall verlieren sämtliche Maßnahmen, die getroffen worden sind, ihre Gültigkeit. Die Heterogenität der Landesdatenschutz- und Krankenhausgesetze und die Zuständigkeit verschiedener Landesdatenschutzbehörden erschweren und verlangsamen in Folge derzeit länderübergreifende Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung. Der rasche und zugleich rechtskonforme Zugang zu versorgungsrelevanten Daten ist dabei nicht zuletzt im Kontext aktueller Forschungsvorhaben angesichts der zunehmenden Zahl von Covid-19-Erkrankungen von großer Bedeutung. Die Regelungen sind allerdings auch für die Versorgungs- und Gesundheitsforschung erforderlich, da wissenschaftliche Erkenntnisse, die potenziell Leben retten können, einer klaren und eindeutigen datenschutzrechtlichen Zuständigkeit bedürfen. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs Die Bundesregierung wird zur Feststellung ermächtigt, dass eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland vorliegt. Voraussetzung hierfür ist, dass entweder die Weltgesundheitsorganisation ihrerseits eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite festgestellt hat und die Einschleppung schwerwiegender übertragbarer Krankheiten in die Bundesrepublik Deutschland droht, oder dass, unabhängig von einer Feststellung durch die Weltgesundheitsorganisation, eine Ausbreitung solcher Krankheiten über das Gebiet mehr als eines Landes hinaus droht.
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