ZensurheberrechtBundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf

Trotz Einschränkungen für die Informationsfreiheit will die Bundesregierung ihr Vorgehen im Umgang mit dem Zensurheberrecht nicht ändern.

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Abmahnungen und Klagen wegen der Veröffentlichung steuerfinanzierter Gutachten? Kein Problem für die Bundesregierung. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen gab sie an, dass die Entscheidung, gegen angebliche Urheberrechtsverletzungen vorzugehen, jedem Ministerium selbst überlassen sei.

„Die Antwort offenbart aus unserer Sicht das Chaos innerhalb der Bundesregierung. Bis auf das Umweltbundesamt hat keine Bundesbehörde verbindliche Leitlinien wenn es darum geht, sich in Bezug auf offizielle Dokumente auf das Urheberrecht zu berufen“, sagte die netzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Tabea Rössner, gegenüber FragDenStaat. Mit der Antwort der Bundesregierung werde deutlich, „dass eine grundsätzliche gesetzliche Änderung vonnöten ist, da ansonsten aufgrund des Ressortprinzips die einzelnen Ministerien und Behörden weiterhin verfahren können, wie sie wollen.“

Das Bundesamt für Risikobewertung treibt seine Urheberrechtsklage gegen uns weiter voran. In den vergangenen Jahren hat es für dieses und ähnliche Verfahren mehr als 100.000 Euro ausgegeben, wie aus der Antwort auf die kleine Anfrage hervorgeht.

zur Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage zum Zensurheberrecht

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Deutscher Bundestag Drucksache 19/18039 19. Wahlperiode 18.03.2020 der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Tabea Rößner, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 19/16638 – Beschränkung des Zugangs zu staatlichen Dokumenten durch das Berufen der Bundesregierung auf das Urheberrecht Vorbemerkung der Fragesteller In mehreren Fällen hat die Bundesregierung laut Presseberichten in der Ver- gangenheit gegen die Veröffentlichung von staatlichen Dokumenten geklagt und sich hierbei auf das Urheberrecht berufen. Kritiker sprechen hier von ei- nem „Zensururheberrecht“ (vgl. www.heise.de/newsticker/meldung/Urheberre cht-Bund-mahnt-FragDenStaat-wegen-Glyphosat-Gutachten-ab-434127 6.html). Im November 2012 veröffentlichte beispielsweise die Funke Mediengruppe die ihr zugespielten Einsatz- und Lageberichte über die Auslandseinsätze der Bundeswehr an den Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages auf dem Rechercheblog der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Im Ap- ril 2013 mahnte das Bundesministerium der Verteidigung die WAZ ab und for- derte die Entfernung aller Dokumente von deren Website. Nachdem die WAZ dieser Aufforderung nicht nachkam, reichte das Bundesministerium im Juli 2013 Klage gegen die Funke Mediengruppe ein und berief sich laut Pressebe- richten auf das Urheberrecht, um die Löschung der Dokumente zu erreichen (https://netzpolitik.org/tag/afghanistan-papiere/). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) befand, dass der Bundesgerichtshof (BGH) im Einzelfall prüfen müs- se, ob es sich bei militärischen Lageberichten überhaupt um ein nach dem Ur- heberrecht schutzfähiges Werk handelt. Der Generalanwalt am EuGH zweifel- te dies in seinem Schlussantrag an, da es sich bei Lageberichten lediglich um reine Informationsdokumente handele. Laut Generalanwalt Maciej Szpunar werde das Urheberrecht „für die Verfolgung von Zielen instrumentalisiert, die ihm völlig fremd seien“, nämlich um die Veröffentlichung sensibler Informati- onen zu verhindern. Würden die Dokumente durch das Urheberrecht geschützt werden, käme dies „einer Beschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung“ gleich, dies wiederum sei „äußerst schädlich“ für die demokratische Gesell- schaft (https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-10/cp18 0161de.pdf). In einem früheren Fall veröffentlichte „FragDenStaat“ eine interne Stellung- nahme des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zum Urteil Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucher­ schutz vom 16. März 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Antwort
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Drucksache 19/18039 –2– Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode In einem weiteren Fall im Februar 2019 veröffentlichte „FragDenStaat“ ein Gutachten des Bundesinstituts für Risikobewertung zur krebserzeugenden Wirkung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. Die Entscheidung, ob es sich bei dem Gutachten um ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk handelt, steht noch aus (https://fragdenstaat.de/aktionen/zensurheberrecht-2019/# mehr). In der rechtswissenschaftlichen Literatur herrscht nach Ansicht der Fragestel- ler – soweit ersichtlich –weitestgehend ein Konsens (vgl. Bullinger/Stanley, GRUR-Prax 2015, 395, 397; Hauck/Fink, GRUR-Prax 2019, 406, 408; Raue, JZ 2013, 280, 288; Wandke/Hauck, NJW 2017, 3422, 3425), dass es sich bei den beschriebenen Fällen um eine missbräuchliche Nutzung des Urheberrechts (UrhG) durch den Staat handelt. Das Urheberrecht dient gemäß § 11 UrhG dem Schutz der „geistigen und persönlichen Beziehungen“ des Urhebers zum Werk und seiner Nutzung als auch der Sicherung einer angemessenen Vergü- tung. Urheber ist gemäß § 7 UrhG der „Schöpfer des Werkes“. Da Werke im Sinne des Urhebergesetzes nach § 2 Absatz 2 UrhG nur persönliche, geistige Schöpfungen sind, kann Urheber auch nur eine natürliche Person sein. Diese Zweckbestimmung des Urheberrechts findet ihren verfassungsrechtlichen Schutz in den Grundrechten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes – GG) und der Eigen- tumsgarantie (Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG). Dabei betont das Bundesver- fassungsgericht (BVerfG) stets: „Artikel 14 GG als Grundrecht schützt nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater“ (BVerfGE 143, 246, [195]) – der Staat kann sich nicht auf Grundrechte berufen, folglich auch nicht auf die aus ihnen abgeleiteten Schutzbestimmungen – in diesem Falle des Ur- heberrechts. Die Bundesregierung hat sich vielfach, auch im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, dazu bekannt, die Informationsfreiheit und den Zugang zu offenen Daten verbessern zu wollen. Auf die zentrale Bedeu- tung von Informationsfreiheitsrechten für eine bessere und transparentere Nachvollziehbarkeit von Regierungs- und Verwaltungshandeln, für Beteili- gung und letztlich für die Demokratie wurde immer wieder hingewiesen (vgl. Antrag von Bündnis 90/DIE GRÜNEN „Transparenz bei Regierung und Be- hörden stärken, Informationsfreiheitsgesetz des Bundes zu einem Transpa- renzgesetz weiterentwickeln“ auf Bundestagsdrucksache 19/14596. Vor diesem Hintergrund sind die geschilderten Fälle, in denen die Bundes- regierung oder ihr nachgeordnete Behörden die Veröffentlichung oder Verbrei- tung von staatlichen Dokumenten mit Verweis auf das Urheberrecht zu verhin- dern versuchen, nach Ansicht der Fragesteller nicht nur besorgniserregend. Sie stehen nach Ansicht der Fragesteller zudem auch im klaren Widerspruch zu von der Bundesregierung wiederholt formulierten Zielen, die Informations- freiheit zu stärken, beispielsweise im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD oder sonstiger eingegangener Verpflichtungen, beispiels- weise im Rahmen der Open Government Partnership (OGP). Es stellt sich die Frage, wie groß das Ausmaß der geschilderten missbräuchli- chen Zweckentfremdung des Urheberrechts durch die Bundesregierung ist und welche Folgen sich daraus ergeben, beispielsweise für die Akzeptanz des Ur- heberrechts. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. zur Zulässigkeit der Prozenthürde bei Wahlen zum Europäischen Parlament. Auch hier mahnte das Bundesministerium die Plattform ab und berief sich auf das Urheberrecht, scheiterte aber mit einer einstweiligen Verfügung in beiden Instanzen (https://fragdenstaat.de/aktionen/zensurheberrecht-2014/). Das Gut- achten sei kein urheberrechtlich schutzfähiges Werk, „die Anforderungen, die an eine persönliche geistige Schöpfung zu stellen sind“ – Kammergericht (KG) Berlin 24 W 21/14 –, seien nicht erfüllt.
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Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode –3– [Vorbemerkung der Bundesregierung zu den Fragen 1 bis 9 und 12:] Die Bundesregierung ist sich der Bedeutung des parlamentarischen Fragerechts bewusst und erteilt trotz des hohen Aufkommens insbesondere an Kleinen An- fragen regelmäßig ausführliche Antworten. Trotz seiner hohen Bedeutung steht das parlamentarische Fragerecht jedoch unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit. Parlamentarische Kontrolle kann die Regierungsfunktion auch stören und be- darf daher der Begrenzung auf ein funktionsverträgliches Maß (vgl. BVerfGE 110, 119 [219]; 124, 78 [122]; 137, 185 [250]). Dies vorausgeschickt ist klarzu- stellen, dass eine vollständige Beantwortung der Fragen 1 bis 9 sowie der Frage 12, mit denen die Fragestellenden die Auflistung von Einzelfällen ab dem Jahr 1965 begehren, der Bundesregierung mit zumutbarem Aufwand leider nicht möglich ist. Denn die Aktenführung der Obersten Bundesbehörden und ihrer Geschäftsbereiche erfolgt weit überwiegend (noch) in Papierform; umfassende elektronische Fachdatenbanken bestehen derzeit noch nicht. Die fraglichen Da- ten sind auch nicht statistisch erfasst. Zur Beantwortung der Fragen müssten folglich in allen Obersten Bundesbehörden und ihren Geschäftsbereichen alle Akten manuell gesichtet werden, die sich anhand der vorhandenen Recherche- mittel als potentiell einschlägig identifizieren lassen. Um ein Beispiel zu geben: Aktuell sind beispielsweise allein im BMJV 2.245 Gerichtsverfahren regist- riert. Der Zeit- und Personalaufwand für ihre Sichtung hinge vom äußerst un- terschiedlichen Inhalt und Umfang dieser Verfahren ab. Dies gilt erst Recht für etwaige außerprozessual erfolgte Abmahnungen oder die sonstige außerprozes- suale Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen; insoweit müsste allein im BMJV eine noch höhere Anzahl von Vorgängen gesichtet werden. Vergleichba- res gilt auch für die anderen Ressorts. Überdies handelt es sich bei einem erheblichen Teil dieses Aktenbestandes be- reits um Archivgut (§ 1 Nr. 2, § 3 Abs. 2 Nr. 1 Bundesarchivgesetz, BArchG) im Bestand des Bundesarchivs, zu dem die ehemals aktenführenden Stellen nur noch nach Maßgabe von § 15 BArchG bzw. nach Maßgabe der Benutzungsver- ordnung des Bundesarchivs überhaupt Zugang haben. Unterstellt werden kann insoweit, dass ein Teil der potentiell einschlägigen Unterlagen mangels blei- bendem Wert (vgl. § 1 Nr. 10, § 5 Abs. BArchG) bereits vernichtet wurde, wäh- rend sich ein weiterer Teil zwar noch in der Verfügungsgewalt der obersten Bundesbehörden bzw. ihrer Geschäftsbereiche befinden dürfte, jedoch faktisch bereits im Zwischenarchiv des Bundesarchivs lagert (vgl. § 1 Nr. 11, § 8 BArchG). In Anbetracht dieser Umstände ist der Bundesregierung eine voll- ständige Beantwortung der Fragen 1 bis 9 und 12 – trotz der großen Bedeutung des parlamentarischen Fragerechts – leider nicht möglich. Die nachfolgenden Antworten müssen sich dementsprechend auf Fälle beschränken, die mit den vorhandenen Recherchemitteln im jeweils noch in der Behörde aufbewahrten Aktenbestand recherchierbar oder einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch in Erinnerung waren. 1. In wie vielen gerichtlichen Verfahren haben die Bundesregierung und/ oder eine ihr nachgeordnete Behörde sich seit dem Jahr 1965 auf das Ur- heberrecht berufen (bitte nach Jahr und Bundesministerium bzw. Behör- de aufschlüsseln)? Die Bundesregierung versteht diese Frage dahingehend, dass es den Fragestel- lenden ausschließlich um die Auflistung von Fällen geht, in denen der Bund die Verletzung einer eigenen urheberrechtlich geschützten Rechtsposition geltend gemacht bzw. sich zur Abwehr von Informationsbegehren Dritter auf eine sol- Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorbemerkung der Bundesregierung Drucksache 19/18039
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Drucksache 19/18039 –4– Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ressort BK BMF BMI AA BMWi BMJV BMAS BMVg BMEL - - 2014: 1 - - - - 2013: 1 - BMFSFJ BMG BMVI BMU BMBF BMZ BKM - - - - - - - Geschäftsbereich des Ressorts (GB) - - - - - - - - BfR 2015: 1 2018: 1 2019: 3 - RKI 2008: 2 - - - - BArch 2007: 1 BStU 2009: 1 2. Wie viele Abmahnungen haben die Bundesregierung und/oder eine ihr nachgeordnete Behörde seit dem Jahr 1965 mit Berufung auf das Urhe- berrecht ausgesprochen (bitte nach Jahr und Bundesministerium bzw. Behörde aufschlüsseln)? Die Bundesregierung kann entsprechend der Erläuterung in der Vorbemerkung auch die Vollständigkeit der nachfolgenden Liste nicht garantieren: Ressort BK BMF BMI AA BMWi BMJV BMAS BMVg BMEL - - 2014: 1 - - - - 2013:1 - GB - - - - - - - - BfR BMFSFJ BMG - - - RKI BMVI BMU - - - - 2015: 1 2019: 1 2006: 1 2009: 1 2010: 1 2012: 1 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. che berufen hat. Dementsprechend wurden bei der Beantwortung Fälle ausge- klammert, in denen Informationsbegehren zum Schutz von Urheberrechten Dritter (z. B. auf der Basis von § 6 Satz 1 des Informationsfreiheitsgesetzes oder von § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Umweltinformationsgesetzes) abgelehnt wurden. Wie in der Vorbemerkung erläutert, besteht überdies keine Gewähr für die Voll- ständigkeit der nachfolgenden Liste:
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Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode GB - - BArch - - - 2011: 1 2019: 1 3. Wie oft haben die Bundesregierung und/oder eine ihr nachgeordnete Be- hörde seit dem Jahr 1965 ein gerichtliches Verfahren (Klage und Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz) wegen vermeintlicher Urheberrechtsver- letzungen angestrengt (bitte nach Jahr und Bundesministerium bzw. Be- hörde aufschlüsseln)? Die Bundesregierung sieht sich auch insoweit nicht zu einer vollständigen Ant- wort in der Lage. Es handelt sich mindestens um folgende Fälle: Ressort BK BMF BMI AA BMWi BMJV BMAS BMVg BMEL - - 2014: 1 - - - - 2013: 1 - GB - - - - - - - - BfR BMFSFJ BMG BMVI BMU BMBF BMZ BKM - - - - - - - - - - - - - - 2015: 1 2018: 1 2019: 2 4. Wie oft haben die Bundesregierung und/oder eine ihr nachgeordnete Be- hörde ein gerichtliches Verfahren (Klage und Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz) seit dem Jahr 1965 wegen vermeintlicher Urheberrechts- verletzung ganz oder teilweise gewonnen, und wurden ihre Anträge ganz oder teilweise abgelehnt (bitte nach Jahr und Bundesministerium bzw. Behörde aufschlüsseln)? Die Bundesregierung versteht auch diese Frage dahingehend, dass es den Fra- gestellenden ausschließlich um die Auflistung von Fällen geht, in denen der Bund die Verletzung einer eigenen urheberrechtlichen geschützten Rechtsposi- tion geltend gemacht bzw. sich zur Abwehr von Informationsbegehren Dritter auf eine solche berufen hat. Die Bundesregierung kann – wie in der Vorbemer- kung dargelegt – auch keine Gewähr für die Vollständigkeit der nachfolgenden Liste geben: Ressort BK BMF BMI - - 2014: 1 (verloren) GB - - - Drucksache 19/18039 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Ressort BMBF BMZ BKM –5–
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Drucksache 19/18039 - - - - 2013: 1 (noch laufend) - BMFSFJ BMG BMVI BMU BMBF BMZ BKM - - - - - - - Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode GB - - - - BfR 2018: 2 (1 gewonnen, 1 noch laufend) 2019: 2 (1 verloren, 1 noch laufend) - - - - - - BArch 2001: 1 (gewonnen) 5. Wie oft haben die Bundesregierung und/oder eine ihr nachgeordnete Be- hörde in solchen in den Fragen 1, 3 und 4 genannten Verfahren Rechts- mittel (Beschwerde, Berufung oder Revision) gegen eine Entscheidung eines Gerichts (Beschluss oder Urteil) eingelegt (bitte nach Jahr und Bundesministerium bzw. Behörde aufschlüsseln)? Die Bundesregierung sieht sich – entsprechend der Vorbemerkung – auch inso- weit leider nicht zu einer vollständigen Antwort in der Lage. Es handelt sich mindestens um einen Fall des BMl aus dem Jahr 2014. 6. Wie viel Geld haben die Bundesregierung und/oder eine ihre nachgeord- nete Behörde seit 1965 für die Verfolgung von etwaigen Urheberrechts- verletzungen an externe Rechtsdienstleister (z. B. Anwaltskanzleien oder Beratungsfirmen) gezahlt (bitte nach Jahr und Bundesministerium bzw. Behörde aufschlüsseln)? Die Bundesregierung sieht sich – entsprechend ihrer Erläuterung in der Vorbe- merkung – nicht zu einer abschließenden Antwort in der Lage. Folgende Auf- wendungen (in EUR) konnten ermittelt werden: Ressort BK BMF BMI AA BMWi BMJV BMAS BMJV BMVg BMEL - - 2014: 6.137,25 - - - - - - - GB - - - - - - - - - BfR BMFSFJ BMG - - - - 2015: 28.079,29 2016: 18.831,75 2017: 12.071,51 2018: 19.860,90 2019: 36.870,04 2020: 20.301,85 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Ressort AA BMWi BMJV BMAS BMVg BMEL –6–
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Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode - - - - - GB - - - - - 7. Wie oft haben die Bundesregierung und/oder eine ihr nachgeordnete Be- hörde seit 1965 einen Informationsfreiheitsantrag gemäß Informations- freiheitsgesetz oder fachspezifischer Informationsansprüche aufgrund von urheberrechtlichen Rechtspositionen abgelehnt (bitte nach Jahr und Bundesministerium bzw. Behörde aufschlüsseln)? Die Bundesregierung versteht die Frage dahingehend, dass es den Fragestellen- den nicht um Fälle geht, in denen Informationsbegehren zum Schutz von Urhe- berrechten Dritter (z. B. auf der Basis von § 6 Satz 1 des Informationsfreiheits- gesetzes oder von § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Umweltinformationsgesetzes) abgelehnt wurden. Unter Berufung auf eigene urheberrechtliche Rechtspositionen des Bundes wurden jedenfalls die folgenden Informationsbegehren abgelehnt: Ressort BK BMF BMI AA BMWi BMJV BMAS BMVg BMEL BMFSFJ BMG - 2014: 1 2019: 1 (nicht bestandskräf- tig) 2014: 1 2017: 2 - - - - - - - - GB - BZSt - - - - - - - - RKI BfArM BMVI BMU BMBF BMZ BKM - - - - - 2015: 1 2006: 1 2007: 2 2009: 2 2012: 1 - - - - - 8. Wie oft haben die Bundesregierung und/oder eine ihr nachgeordnete Be- hörde seit 1965 presserechtliche Auskunftsansprüche aufgrund von eige- nen urheberrechtlichen Rechtspositionen abgelehnt (bitte nach Jahr und Bundesministerium bzw. Behörde aufschlüsseln)? Die Bundesregierung hat – auf Basis des in der Vorbemerkung geschilderten Prüfmaßstabes – keine Kenntnis von derartigen Fällen. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Ressort BMVI BMU BMBF BMZ BKM Drucksache 19/18039 –7–
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Drucksache 19/18039 –8– Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Bundesregierung sieht sich – entsprechend ihrer Erläuterung in der Vorbe- merkung – nicht zu einer abschließenden Antwort in der Lage. Es handelt sich mindestens um folgende Fälle: Ressort BK BMF BMI AA BMWi BMJV BMAS BMVg BMEL BMFSFJ BMG BMVI BMU BMBF BMZ BKM - - 2014: 1 2013: 4 - - - - - - - - - - - - GB - - BAMF - - - - - - - - - - - - - 2018: 2 10. Gibt es innerhalb der Bundesregierung, der Bundesministerien und/oder der nachgeordneten Behörden verbindliche Leitlinien zum Umgang mit eigenen urheberrechtlichen Rechtspositionen, insbesondere im Umgang mit der Presse und etwaigen Informationsfreiheitsansprüchen? Falls ja, welche konkret? Falls nein, wieso nicht? In den Bundesministerien und ihren nachgeordneten Behörden gibt es mit Aus- nahme des Umweltbundesamtes insoweit keine verbindlichen Leitlinien. 11. Wer entscheidet innerhalb der Bundesregierung, der Bundesministerien und/oder der nachgeordneten Behörden, ob sie urheberrechtlich ge- schützte Nutzungsrechte einräumen oder verweigern bzw. gegenüber Dritten wegen etwaigen Verstößen vorgehen, und auf welcher Grundlage geschieht dies? Nach Artikel 65 Satz 2 Grundgesetz leitet jede Bundesministerin und jeder Bundesminister ihren bzw. seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eige- ner Verantwortung (Ressortprinzip). Die Einräumung urheberrechtlich ge- schützter Nutzungsrechte oder die Geltendmachung von Ansprüchen bei Rechtsverletzungen richtet sich nach dem Urheberrechtsgesetz, dort insbeson- dere nach den §§ 31 ff. und §§ 97 ff. Hierbei sind die befassten Stellen wie bei sämtlichem Verwaltungshandeln an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) und den Gleichheitsgrund- satz (Artikel 3 des Grundgesetzes) gebunden. Entscheidungen werden nach den Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 9. Wie oft haben die Bundesregierung und/oder eine ihr nachgeordnete Be- hörde für ein Dokument, welches z. B. auf Grundlage von Informations- ansprüchen (Informationsfreiheitsgesetz – IFG, fachspezifischer Infor- mationsanspruch, presserechtlicher Auskunftsanspruch) herausgegeben wurde, dessen weitere Veröffentlichung mit Hinweis auf das Urheber- recht untersagt (bitte nach Jahr und Bundesministerium bzw. Behörde aufschlüsseln)?
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Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode –9– 12. In wie vielen Fällen haben die Bundesregierung und/oder eine ihr nach- geordnete Behörde sich neben dem arbeitsrechtlich entstandenen still- schweigenden einfachen Nutzungsrecht, weitere Nutzungsrechte von Mi- tarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Beamtinnen und Beamten für die von ihnen geschaffenen Werke einräumen lassen? Die Bundesregierung sieht sich – entsprechend ihrer Erläuterung in der Vorbe- merkung – auch insoweit nicht zu einer vollständigen Auflistung in der Lage. Jedenfalls das Bundesarchiv hat sich für diverse Veröffentlichungen, die von ihm herausgegeben werden, im Rahmen von Autorenverträgen Nutzungsrechte einräumen lassen. In Einzelfällen hat sich zudem auch das Deutsche Archäolo- gische Institut (DAI) in Publikationsverträgen von eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Nutzungsrechte einräumen lassen. 13. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die in Frage 11 erfragten Ent- scheidungen nicht willkürlich und entgegen geltender Rechtsprechung getroffen werden? Siehe die Antwort zu Frage 11. 14. Welchen Zweck hat nach Ansicht der Bundesregierung das Urheber- recht? § 11 des Urheberrechtsgesetzes bestimmt hierzu: „Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemesse- nen Vergütung für die Nutzung des Werkes.“ 15. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der fragestellenden Fraktion, die sich mit der Einschätzung von weiten Teilen der rechtswissenschaftli- chen Literatur (Bullinger/Stanley, GRUR-Prax 2015, 395, 397; Hauck/ Fink, GRUR-Prax 2019, 406, 408; Raue, JZ 2013, 280, 288; Wandke/ Hauck, NJW 2017, 3422, 3425) deckt, welche das Berufen des Staates auf das Urheberrecht mit dem Ziel, die Informationsfreiheit einzuschrän- ken, als eine Zweckentfremdung des solchen ansehen? Falls ja, warum geht sie dennoch immer wieder entsprechend vor? Falls nein, mit welcher Begründung tut sie dies nicht? Die Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Es sind durchaus Fälle denk- bar, in denen Informationsbegehren legitimerweise mit urheberrechtlichen Ar- gumenten entgegengetreten werden kann, so dass ein Berufen des Staates auf das Urheberrecht keine Zweckentfremdung desselben darstellt. Es kommt auf den Einzelfall an. Hierbei obliegt die Entscheidung dem jeweils zuständigen Ressort. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. allgemeinen Grundsätzen der Vorgangsbearbeitung getroffen, insbesondere der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien und der Geschäftsver- teilungspläne. Hierbei sind regelmäßig die Justiziariate eingebunden. Drucksache 19/18039
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Drucksache 19/18039 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Falls ja, warum geht sie dennoch immer wieder entsprechend vor? Falls nein, mit welcher Begründung tut sie dies nicht? Nein, denn die geschilderte Einschätzung ist jedenfalls in dieser Pauschalisie- rung unzutreffend. Siehe i. Ü. die Antwort zu Frage 15. 17. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der fragestellenden Fraktion, dass das Berufen auf das Urheberrecht durch den Staat wie in den ge- schilderten Fällen eine ungerechtfertigte Einschränkung der Informati- onsfreiheitsrechte von Bürgerinnen und Bürgern sowie der Presse dar- stellt, und falls nein, warum nicht? Das Informationsfreiheitsrecht gewährt Rechte in dem gesetzlich vorgegebenen Rahmen, zu dem auch das Urheberrecht gehört. Die Wahrnehmung gesetzlich normierter Rechtspositionen ist in der Rechtsordnung allgemein anerkannt. 18. Wie passt aus Sicht der Bundesregierung das Berufen auf das Urheber- recht durch den Staat mit dem Ziel, die Informationsfreiheit einzuschrän- ken, zu dem im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD formulierten Ziel, die Informationsfreiheit und den Zugang zu offe- nen Daten verbessern zu wollen, zusammen? Die Richtlinien der Regierungspolitik sehen weder vor, das bestehende Infor- mationsfreiheitsrecht zu erweitern, noch dieses zu beschränken. Vereinbart wurde das Ziel „im Rahmen eines zweiten Open-Data-Gesetzes die Bereitstel- lung von Open Data aus(zu)weiten“, um „die Chancen und den Nutzen behörd- licher Verwaltungsdaten für Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger noch wei- ter zu verbessern“ [Rn. 2068-2070]. Gegenwärtig wird an der Erstellung des Gesetzentwurfs gearbeitet. 19. Wie passt aus Sicht der Bundesregierung das Berufen auf das Urheber- recht durch den Staat mit dem Ziel, die Informationsfreiheit einzuschrän- ken, zu den im Rahmen internationaler Kooperationen eingegangenen Verpflichtungen, beispielweise im Rahmen der Open Government Part- nership (OGP), die Informationsfreiheit und den Zugang zu offenen Da- ten verbessern zu wollen, zusammen? Der Einsatz für ein offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln (bspw. im Rahmen der Teilnahme an der OGP), zu dem auch – aber nicht nur – die Infor- mationsfreiheit und offene Daten gehören, steht nicht im Widerspruch zu Ein- zelabwägungen bei der Gewährung von Auskünften nach dem Informations- freiheitsgesetz ober bei anderen Zugangsrechten oder Veröffentlichungspflich- ten. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 16. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der fragestellenden Fraktion, dass das Berufen auf das Urheberrecht durch den Staat, um die Informa- tionsfreiheit einzuschränken, zu einem schlechten Ruf des Urheberrechts, z. B. als „Zensururheberrecht“, beiträgt und dadurch die allgemeine Posi- tion von Urheberinnen und Urhebern in der Gesellschaft geschädigt wird?
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