Jetzt auch Berlin-MitteUntätigkeitsklage wegen hunderter "Topf Secret"-Anfragen

Hunderte „Topf Secret“-Anfragen sind in Berlin inzwischen mehr als ein Jahr überfällig. Die Berlinerinnen und Berliner warten vergeblich auf beantragte Lebensmittelkontrollergebnisse – kein einziger Bezirk gibt die beantragten Kontrollberichte heraus. Gemeinsam mit foodwatch haben wir deshalb jetzt Untätigkeitsklage gegen das Land Berlin beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht.

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Salatbar in einer Kantine –

Photo by Jonathan Borba on Unsplash

Wir arbeiten uns schrittweise vor: Nachdem wir in Spandau gegen einen Ablehnungsbescheid geklagt haben und in Neukölln mit unserem Widerspruch Erfolg hatten, geht es jetzt darum, Berlin-Mitte aufzuwecken. Viele Kampagnenteilnehmer:innen warten bereits seit über einem Jahr auf eine Reaktion. Grundlage für die Untätigkeitsklage ist nun ein Antrag beim Bezirksamt Berlin-Mitte aus Februar 2019, der bis heute unbeantwortet ist.

Die Menschen haben ein Recht auf Transparenz, ob es den Berliner Behörden gefällt oder nicht. Mehrere Oberverwaltungsgerichte haben den Informationsanspruch eindeutig bestätigt. Auch die Berliner Bezirke sind an die Gesetze gebunden und dürfen die Rechtsprechung nicht weiter ignorieren“, forderte Rauna Bindewald, Volljuristin und Campaignerin bei foodwatch. „Auch die aktuelle Corona-Krise kann die Untätigkeit der Behörden nicht erklären – hunderte Anfragen hätten laut Gesetz schon vor einem Jahr beantwortet werden müssen.“

14 Monate keine Antwort

Derzeit wird in Deutschland nur ein Bruchteil der Ergebnisse der amtlichen Hygiene-Kontrollen von Bäckereien, Supermärkten und anderen Lebensmittelbetrieben aktiv durch die Behörden veröffentlicht. Auf „Topf Secret“ ist es für Bürgerinnen und Bürger jedoch seit Anfang des vergangenen Jahres möglich, auf Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) amtliche Kontrollergebnisse abzufragen – auch solche, die die Behörden bislang geheim halten. Zudem können Verbraucherinnen und Verbraucher die Ergebnisse auf der Plattform veröffentlichen. Bundesweit wurden über „Topf Secret“ bislang mehr als 47.000 Anträge gestellt.

Im konkreten Fall hatte foodwatch im Februar 2019 die Ergebnisse der letzten beiden Lebensmittelkontrollen bei der Kantine des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz angefragt. Das zuständige Bezirksamt Berlin-Mitte hat die Anfrage auch 14 Monate später noch immer nicht beantwortet, obwohl die gesetzliche Frist gerade einmal zwei Monate beträgt.

Akteineinsicht vor Ort nicht nur während Corona-Krise fragwürdig

So ähnlich ergeht es den meisten der mehr als 500 Bürgerinnen und Bürger, die im vergangenen Jahr einen Antrag an das Bezirksamt Mitte gestellt hatten. In einigen Fällen hat das Amt mittlerweile reagiert, will die angefragten Kontrollberichte jedoch nicht übersenden. Die Menschen sollen stattdessen persönlich in der Behörde erscheinen. „Das Vorgehen ist selbst unter normalen Umständen rechtswidrig, aber gerade jetzt in der Corona-Krise vollkommen deplatziert: Einerseits sollen die Menschen möglichst daheim bleiben und soziale Kontakte vermeiden, andererseits bittet die Behörde um persönliches Erscheinen. Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel hat seinen Laden offenbar nicht im Griff“, sagte Arne Semsrott, Projektleiter bei FragDenStaat.

Auch die anderen Berliner Bezirke verweigern die Übersendung von Kontrollberichten bisher. Berlin-Pankow lehnt entsprechende Anträge ab, andere Bezirke antworten gar nicht oder geben nur unverständliche oder geschwärzte Informationen heraus. Auch Friedrichshain-Kreuzberg gewährt lediglich vor Ort in der Behörde Einsicht in die Dokumente, nach entsprechender Terminvereinbarung.

Während sich in Berlin die Bezirke querstellen, gibt der Großteil der bundesweit rund 400 zuständigen Behörden die Kontrollergebnisse heraus. Bereits im vergangenen Jahr hatten foodwatch und FragDenStaat in einem Fall gegen die Verwaltungspraxis von Berlin-Spandau geklagt. Das dortige Bezirksamt hatte Anträge über „Topf Secret“ kategorisch abgelehnt. Eine Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts steht aus.

Kampagnen wie „Topf Secret“ sind nur mit der Unterstützung vieler umsetzbar. Spenden Sie jetzt und machen Sie so mit uns Druck für mehr Transparenz.

zur Anfrage

zur Klage

Übersicht Rechtssprechung zu „Topf Secret“

Online-Plattform „Topf Secret“

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An das Verwaltungsgericht Berlin Kirchstraße 7 10557 Berlin Vorab per Fax: (030) 9014-8790 17. April 2020 KLAGE - Kläger zu 1 - foodwatch e.V. Brunnenstraße 181 10119 Be rlin Vertreten durch den Vorstand Martin Rücker Kläger zu 2 - gegen Land Berlin Vertreten durch das Bezirksamt Mitte von Berlin Abt. Ordnung , Personal und Finanzen Ordnungsamt - Veterinär- und Lebensmittelaufsicht 13341 Berlin - Beklagter - wegen : Anspruch auf Information nach dem VIG vorläufiger Gegenstandswe rt: 5.000 ,00 € wir erheben Klage
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2 und beantrage n, 1. den Bekl agte n zu verpflichten, den Kläge rn eine Kopie der Kontroll berichte zu den zum Ze itpunkt des Antrags vom 27. Februar 20 19 beiden letzten lebensm itte lrechtlich en Überprüfunge n der Ka ntine im Bundesm inisterium der Justiz und für Verbraucherschutz , Mohrenstraße 37, 10117 Berlin , herauszugeben , 2. hilfsweise zu 1), den Beklagten zu verpfl ichten , den Klägern Auskunft darüber zu erteil en, welche konkreten ni cht zul äss igen Abweichun gen von Anforderungen des Lebensmittel- Produkts iche rheitsgesetzes , und der Futtermittelgesetzbuches auf Grund dieser und des erlassenen Gesetze Rech tsve rordn ungen ode r unmittelba r geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europä ischen Un ion im Anwendu ngsbereich der genannten Gesetze be i den zum Ze itpunkt des An trags vo m 27. Febru ar 20 19 letzten beid en lebens mittelrechtlich en Übe rprüfungen der Kantine im Bundesmin isterium der Justiz und für Verbraucherschutz , Mohrenstraße 37 , 10117 Berli n, festgestellt wurden , 3. we iter hi lfswei se, den Beklagte n zu verpflic hten. den Kläge rn Auskunft darü be r zu erte ilen, ob bei den zum Zeitpunkt des Antrags vom 27. Februar 20 19 letzten be iden lebensm itte lrechtlichen Überprüfungen der Kantine im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Mohrenstraße 37 , 10117 Berli n, nicht zu lässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futterm ittelgesetzbuches und de s Produkts icherh eitsgesetzes , der auf Grund diese r Gesetze erl asse nen Rechts verordnu ngen oder unm ittelba r geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinsch aft ode r der Europä ischen Union im Anwendun gsbereich der genannten Gesetze festgeste llt wu rden . Gegen eine Übertrag ung des Rechtsstreits auf den Einzelrich ter und die Entsche idung durch den Berichterstatter haben wir keine Einwände . Zur Klagebeg ründung tragen wir Folgendes vor: A. Sachverhalt Der Kläge r zu 2), foo dwa tch eV ., ist ein anerkan nter Verbra uchers chutzve rb and.
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3 Ich , der Kläger zu 1), bin Mitarbe iter des foodwatch eV Wir begehren Auskunft über lebensmittel rechtl iche Beanstandungen in dem Im Antrag bezeichneten Betrieb. Am 27 . Februar 2019 ste llte ich be i der Veterinär- und Lebensmittelaufsicht Bezirksamt Mitte von Berlin einen Informationsantrag über das Portal "Topf Secret" . "Topf Secret" ist ein e geme in sa me Onl ine-Plattform des Kläge rs zu 2) und der Initiative "FragDenStaat" Die Plattform ermöglicht es Verbrauchern , einfach und schnell vorformu lierte Information sanfrage n nach dem Verbrauch erin for mation sgesetz (VIG ) an die zustä ndigen Behörde n zu verschicken . Beantragt wurde die Herausgabe folgender Informationen 1. Welche Restaurants, Ka ntin en , Cafeterien oder Cafes sind am folgenden . Standort vorhanden : Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz , Mohrenstraße 37 , 10117 Berlin 2 Wann haben die be iden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebs überprüfungen in diesen Betrieben sta ttg efunden? 3 Kam es hierbei zu Beanstand ungen? Fa ll s ja , beantrage ich hiermit die Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte an mich . Im Antrag wurde klargestellt , dass unter "Bea nstand ung en" unzuläss ige Abweichungen von den Anforderungen des Lebensmitte l- und Futterm ittelgesetzbuches (LFGB ) oder anderen geltenden Hygienevorschriften verstanden werden . Kopie des Inform at ionsantrags vom 27. Februar 2019 (Anlage K 1) - Mit Schreiben vom 4. März 2019 bestätigte mir das Bezirksamt Mitte den Eingang meines Inform at ionsa ntrags und teilte mir mit , dass der betroffene Betrieb angehört werde . Aufgrund einer Vielzahl weiterer Anträge wurde mir in Auss icht gestellt, dass mit einer längeren Bearbe itungszeit meines Antrags zu rechnen se i.
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4 Kopie des Schre ibens vom 4. März 2019 (Anlage K 2) - Ich antwortete auf dieses Schreiben und erinnerte das Bezirksamt Mitte am 19. August 2019 erneut an die Bearbe itu ng meines Antrags Kopie me iner Schreiben vom 4. März und 19. August 2019 (Anlagen konvolut K 3) - Mit Schre iben vom 27 . Novembe r 20 19 meldete sich das Bez irksam t Mitte erneut und teilte mit, dass weiterh in mit einer Bearbeitungszeit von mindestens 12 bis 15 Wochen zu rechnen sei . Kopie des Schreibens vom 27. November 2019 (Anlage K 4) - Nach Ablauf der angekündigten Wartezeit , erreichte mich ein Schreiben des Bezirksamts Mitte vom 25. März 2020 , mit welchem mit mitgete ilt wurde , dass sich die Bearbeitung meines Antrags nochmals mindestens 12-15 Wochen hinziehen wird . Nun ist übe r ein Jahr nach Antragste Il ung Klage geboten. B. Rechtliche Würdigung Die Klage ist zuläss ig und beg rün det. I. Zulässigkeit Dass neben mir, dem Kläger zu 1), als diejenige natürliche Person , die den Antrag gestellt hat, auch der Kläger zu 2) als Verein Klage erh ebt , erklärt sich damit , dass der Informationsantrag auch so aufgefasst werden könnte , dass ich die Au skunft für den foodwatch e.V. begehre. Für den Fa ll , dass das Geri cht zu der Auffassung ge langt , dass der Antrag im Auftrag des foodwatch e.V. gestellt wurde, wird daher in Kenntn is der entstehenden zusätzlichen Kosten auch für diesen Klage erhoben . Erteilt das Gericht in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden Hinweis , werden wir eine der be iden Klagen zurücknehmen und den Klageantrag entsprechen reduz ieren Bei dem Hauptantrag handelt es sich um eine Verpflichtungsklage auf Herausgabe einer Kopie der Kontrollberichte , die gemäß § 42 Abs . 1 Var. 2 VwGO statthaft ist. Lebensmittelrechtliche
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5 Beanstandungen werden von den Behörden üblicherwe ise in den Kontrollberichten dokumentiert Daher haben wir einen Anspruch auf Herausgabe einer Kopie dieses Dokuments . Mit dem ersten Hilfsantrag wird hilfsweise für den Fall , dass das Gericht einen Anspruch auf Übersendung einer Kopie der voll ständ igen Kontrol lberichte selbst verneint , Auskunft über festgestellte Beanstandungen durch eine vollständige Auflistung der konkreten nicht zulässigen Abweichungen begehrt Der zwe ite Hilfsa ntrag bezieht sich auf den Fa ll , dass das Ge richt das Bestehen ein en Informationsanspruchs bezüglich fe stgeste llter Bea nstandungen deshalb verneint , weil tatsächlich keine nicht zuläss igen Abweichungen festgestellt wurden . Für diesen Fa ll wird hilfsweise die Verpflichtung des Beklagten zur Erte ilung der unter 3. des Informationsantrags beantragten Aus kunft, ob im Rahmen der beiden letzten lebensmittelrechtlichen Informationen Beanstandungen festgeste llt wurde n. beant ragt. Die Klage ist gem. § 75 VwGO abweichend von § 68 VwGO zulässig , da über meinen Antrag auf Vornahme eines Verwa ltungsa kt s ohne zure ich enden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden wurde . Auch die aktuelle Lage durch das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2 ) kann die ze itliche Verzögerung nicht erklären , da die Antragsteilung nach dem VIG bereits mehr als ein Jahr vor dem Ausbruchsgeschehen erfolgte . 11. Begründetheit Die Nichtherausgabe der Inform at ionen ist rechtswidri g und verletzt uns in unseren Rechte , § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO . W ir haben Anspruch auf den noch nicht gewährten Informationszugang gemäß den Nummern 2 und 3 des Antrags vom 27 . Februar 2019 . 1. Bestehen des Informationsanspruchs a. Anspruch aus § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VIG Nach § 2 Abs . 1 S. 1 Nr. 1 VIG hat jeder Zugang "zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen fest gestellte nicht zulässige Ab weichungen von Anforderungen
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6 a) des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des · Produktsicherheitsgesetzes, b) der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, c) unmittelbar geltender Rech tsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im An wendungsbereich der genannten Ge setze sowie Maßnahmen und Entscheidungen . die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben abis c genannten Abweichungen getroffen worden sind." Da der Informationsanspruch als voraussetzungsloses Jedermannsrecht geWährleistet ist, sind die diesbezüglichen Informationen herauszugeben . Bei der begehrten Information , ob bei den letzten beiden lebensmittelrechtlichen Kontrollen Beanstandungen festgestel lt wu rden , handelt es sich um eine Information in diesem Sinne Ebenso sind die begehrten Kontrollbe richte , in denen die Beanstandungen dokumentiert sind , Daten im Sinne des § 2 Abs . 1 S. 1 Nr. 1 VIG (VG München , Besch luss vom 8. Juli 20 19 - M 32 SN 19.1346, juris Rn . 52 ; VG Dresden , Beschlüsse vom 3. September 2019 und 13. September 2019, 6 L 545/ 19 - 6 L 62 2/ 19) Der umfassend gewährte Informationsanspruch nach § 2 Abs . 1 S. 1 VIG wurde im Sommer 2019 mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29 . August 2019 (BVerwG , 7 C 29.17) gestärkt. Das Verbraucherinformationsgesetz bezwecke einen weiten Informationszugang , um Einze lperso nen zu Sa chw altern des All gemeinintere sses zu mache n. Gemäß dem gesetzgeberischen Leitbild des mündigen Verbrauchers sollen die bei der Behörde vorhandenen Informationen grundsätzli ch ungefiltert zugänglich gemacht werden (BVerwG a.a.O., mit Verweis auf: BVerwG , Besch luss vom 15. Juni 2015 - BVERWG Aktenzeichen 7B22147 B 22 .14 - Buchholz 404 .1 VIG Nr. 1 Rn . 10 sowie BT-Drs . 16/5404 S. 7; vgl. auch Heinicke , in Zipfel/Ra thke ,· Lebensmitt elrecht , Stand Novembe r 2018 , § 2 VIG Rn . ZIPRATHKOLMR 20 18 VIG § 2 Randnummer 7: Ross i, in: Gersdorf/Paal , BeckOK, Informations- und Med ienrecht, Stand Mai 2019 , § VIG § 2 VIG Rn . 5). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil auch klargestellt , dass der Anspruch auf Zugang zu Verbraucheri nform ationen nach produktbezoge ne Informatione n beschränkt ist . § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG nicht auf
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7 Auf diese folgten Grundsatzentscheidung mehrere Entscheidungen von Oberverwaltungsgerichten , die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren fe stgestellt haben , dass die Entscheidung der Behörde , dem Antragsteller die beantragten Informationen herauszugeben , auch bei über "Topf Secret" gestellten Anträgen offens ichtlich rechtmäßig ist (vgl. VGH Baden-Württemberg , 10 S 1891 /19, 10 S 2077 /19, 10 S 2078/19 , 10 S 2614/19 , 10 S 2647/19, 10 S 2685/19 und 10 S 2687/1 9; OVG NRW, 15 B 1000/19 und 15 B 814/1 9; Niedersächs isches OVG , 2 ME 707/19) b. Anspruch aus § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 VIG Darüber hinaus erg ibt sich der Informationsanspruch aus § 2 Abs . 1 S. 1 Nr. 7 VIG . Hiernach hat jeder Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über " Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, einschließlich der Auswertung dieser Tätigke iten und Maßnahmen " Hierzu zähle n auch so lche Daten , die die ro utinem äßigen Betriebskontrollen oder Probe nahmen , ein sch ließlich der Analysen und Untersuchungen der Proben , betreffen , insbesondere deren Ergebn isse (OVG Münster, Urteile vom 1. April 2014 - 8 A 654/12 und 8 A 655/12 , juris Rn 127 bzw . 157 ; OVG Münster, Urteil vom 12. Dezember 2016 - 13 A 846/1 5, juris Rn . 109). Da es vorl iegend um Ergebn isse von Betriebskontrollen geht, bei denen es sich um Überwachungsmaßnahmen im Sinne der oben genannten Vorschrift handelt, stützt sich der Anspruch auf Herau sgabe der Ko ntroll berich te auch auf di ese Vorschrift 2. Kein Ausschluss des Informationsanspruchs De r Anspruch ist auch nicht ausgeschlossen . Insbesondere ist der Antrag weder rechtsmissbräuchlich noch stellt die Inform ati onsherausgabe nach dem VIG eine unzulässige Umgehung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestel lten Anforderungen an die staatl iche Publikum sinform ation nach § 40 Abs . 1 lit a LFGB oder eine Ve rletzun g von Grundrechten dar.
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8 a. Kein missbräuc hlich gestellter Antrag Es liegt kein missbräuchl ich gestellter Antrag im Sinne von § 4 Abs . 4 VIG vor. Um diesem Ar gument wegen einer angeblichen nicht dem Zweck des VIG entsprechenden Motivation zuv orzukomm en, wird unter Verwe is auf di e oben genannte Re chtsprech ung Folgendes ausgeführt: . Dass der Antrag nicht missbräuch lich gestellt war, fo lgt schon daraus , dass der Ausschluss rechtsm issbräuchlicher Anfragen in § 4 Abs . 4 S. 1 VIG der auskunftspflichtigen Stelle ledigl ich eine "ange messe ne Rea ktion auf überflü ssi ge Anfragen sowie querul atorische Begehren" ermöglichen soll Die Vo rsch rift vermi tte lt den betroffenen Unternehmen hi ngegen kein subjektives Abwehrrecht gegen die Au skunftse rt eilu ng , was sich eindeutig aus der Gesetzesbegründ un g zu m VIG (BT-Drucksache 16/1408 S. 12) und dem in § 4 Abs . 1 S. 2 VIG genannten Beispiel überflüssige r Informationsant räge ergibt. Die Regelung in § 4 Abs. 4 VIG so ll som it ledig li ch den behö rden bezogenen Missbrauch aussch ließen (VGH München , Beschluss vom 6. Juli 2015 - 20 ZB 14.977 , juris Rn . 8; VGH München , Urteil vom 16. Februar 2017 - 20 BV 152 208, ju ri s Rn. 32 ; so auch VG Cottbu s, Bes ch lüsse vom 4. April 2019 und 15. Mai 2019 - VG 1 L 97/ 19 und VG 1 L 156/19; VG Augsburg , Urteil vom 30. April 2019 - Au 1 K 19244 , juris ; VG Düsse ldorf, Beschl uss vom 7. Juni 20 19 - 29 L 1226/19, juris Rn . 61 ff.; VG Sigma rin gen, Besch luss vom 8. Juli 201 9 - 5 K 3162/1 9, Juris Rn . 18; VG Dresden , Besch lüsse vom 3. September 2019 und 13. September 2019 , 6 L 545/1 9 - 6 L 622/ 19). Das Bundesverwaltungsgericht hat in se inem oben genannten Grundsatzurteil klargestellt , dass selbst dann kein missbräuchl ich er Antrag angenommen werd en kan n, wenn der Antragsteller mit den beantragten Inform ationen di e Unterstützung einer pol itischen Kampagne beabsichtigt. Das Gericht führte wörtlich aus : " Vielmehr ist eine solche Öffentlichkeitsarbeit, solange sie mit Mitteln des geistigen Meinungskampfes erfolgt und nicht auf der Grundlage fa lscher, verfälschter oder sonst wie manipulierter Informationen geführt wird, mit Rücksich t auf die Meinungsfreiheit nach Art 5 Abs. 1 S. 1 GG grundsätzlich zulässig" (vg l. BVerwG , aa .O.) Ebe nso deutlich lehnt der VGH Baden-Württemberg die Ann ahm e von Re chtsm issbrauch ab
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9 "Oie Bestimmung da rf nicht dazu genutzt werden , die Voraussetzungslosigkeit des VIG-Anspruch s (d.h. gesetzlich er Verzicht auf das Vorliegen eines besonderen Interesses oder einer Betroffenheit, Unbeachtlichkeit der vom Antragsteller mit dem Informationszugang verfolgten Ziele) zu konterkarieren. Deshalb kann von der fehlenden Erkennbarke it sachlicher Motive für das Begehren auf In formationszugang nicht kurze rhand auf einen missbrä uchlich ge stellten Antrag geschlossen werden (Rossi in Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, 2014, VIG § 4 Rn. 17) (. .. ) Ein verwendungsbezogener Missbrauch kann nicht etwa deshalb angenommen werden, weil der den Beigeladenen unterstützende Plattformbetreiber die Informationen erlangen und seiners eits im Internet veröffentlichen kö nnte ( .. ) Schließlich läge eine derartige Internetveröffentlich ung keines wegs außerhalb der Zwecke des VIG . Im Gegenteil, es entspricht der ausdrücklichen Zwecksetzung des § 1 VIG, den Markt transparenter zu gestalten, sodass in einer Internetpublikation eine Stärkung des Verbra ucherschutzes gesehen werden kan n ( VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.06.20 19. Ar 29 L 1226/ 19 Rn . 64). Der VIG- Anspruchsteller ist sogar als ,. Sachwalter der Allgemeinheit" bezeichnet worden (BayVGH, Beschluss vom 06.0 7. 20 15 - 20 ZB 14.977 - juris Rn. 11 ). Auch bei einer Zurückhaltun g in der Verwendung derart zugespitzter Begrifflichkeiten kan n hier vo n einem im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 1 VIG missbräuchlich gestellten Antrag seitens des Beigeladenen keine Rede sein. Dem Beigeladenen lässt sich nicht entgegenhalten, dass sein Informationszugangsbegehren erkennbar nicht den Zwecken des VIG - Herstellung von Transparenz , Aufdeckung etwaiger Missstände - dient. Deshalb kann von einem ..Rechtsmissbrauch ", der zur Ablehnung des VIG- Antrags führen müsste, nicht gesprochen werden. " Ebenso hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 16.01 .2020 - Az . 2 ME 707 / 19) entsch ieden , dass es mit der Zielsetzung des VIG - eine umfängliche Information der M arktteil nehmer zu gewährl eisten - vere inbar ist , dass Verbraucher die Informationen im Internet veröffentl ichen . Das Interesse des betroffenen Betriebes , dass den Verbrauchern Hyg ienemänge l und andere Rechtsverstöße demgegenüber weniger schutzwürdig. b. Keine Umgehung von § 40 Abs. 1 lit. a LFGB verborgen bleiben , sei
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10 Der voraussetzungslos gewährleistete Informationsanspruch w ird auch nicht durch die im Besch luss des Bundesverfass ungsgerichts vom 21 . März 2018 (Az . 1 BvF 1/13) gestel lten Anfo rd eru ngen an die Vere inbarkeit von § 40 Abs . 1a LFGB mit Art . 12 Abs . 1 GG (Informat ion über Behebung des Verstoßes , Erhebl ichkeit , zeitliche Befristung ) eingeschränkt. Auch das hat die o.g. Rechtsprechung klargestellt. Denn zwischen der an tragsgeb und enen Inform ati on nach dem VIG einerseits und de r aktiven staatlichen Inform ation der Öffentli chke it nach § 40 Abs . 1a LFGB andererseits bestehen - auch im Falle einer Publ ikation der Informationen durch die privaten Antragsteller - grund legende Unterschiede . In seinem Urteil vom 29 . August 2019 hat das Bu ndesverwaltungsge richt in Kenntnis des in der mündl ichen Verhandlung meh rfach zur Sprache gekommenen Verbraucherporta ls "Topf Secret" seine diesbezügl iche Rechtsprechung bestätigt und ausgeführt: "Zwischen beiden Arten der Information bestehen allerdings große Unterschiede, die es ausschließen, die dargestellte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ohne Weiteres auf die antragsgebundene Informationsge währung zu übertragen . Wie der Senat in seinem Beschluss vom 15. Juni 2015 - Aktenzeichen 7B2214 7 B 22.14 - (Buchholz 404.1 VI G Nr 1 Rn . 12) ausgeführt hat, verschafft das aktive Informations verhalten des Staates an alle Marktteilnehmer den übermittelten Informationen breite Beachtung und gesteigerte Wirkkraft auf das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer Oie Auswirkungen einer antragsgebundenen Informationsge währung auf das Wettbe werbsgeschehen bleiben dahinter qualitativ und quantitativ weit zurück. " Dem hat sich auch der VGH Baden-Württemberg angeschlossen . "Umgehung " setze im Rechtss inne einen (zumin dest teilweise) identischen Regelungsgeha lt zweier Tatbestände mit diverg ierenden Anforderungen (u nd gegebenenfalls abweichenden Rechtsfo lgen ) voraus . Das treffe bei einer aktiven staat li chen Inform ationsmaßnahme (nach dem LFGB) einerseits und dem individue ll en Informationszugangsanspruch (nach dem VIG ) andererseits nicht zu , selbst wenn der (VGH Baden-Württemberg , a.aO . unter Verweis auf BVerwG , Beschluss vom 15.06 .2015 - 7 B 22/14 - NVwZ 2015 , 1297). Von einer fehlenden Ve rgleichbarke it der beiden Informationsformen geht im Übrigen auch der Bundesgesetzgeber aus Er hat zur Umsetzung der durch das BVerfG formulierten
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