Urheberrechte für GesetzeWir verklagen Bundesjustizministerium

Das Bundesgesetzblatt der Bundesregierung wird von einem privaten Verlag vertrieben. Details dazu wollen die Beteiligten geheimhalten. Ein Fall fürs Verwaltungsgericht!

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Es sind die zentralen Dokumente der Demokratie – und trotzdem sind sie seit Jahren nur eingeschränkt durch die Öffentlichkeit einsehbar. Die Bundesgesetzblätter, in denen alle Gesetze der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht werden, vertreibt der private Bundesanzeiger Verlag. Damit entscheidet der Dumont-Verlag, zu dem der Bundesanzeiger gehört, über die Art der Veröffentlichung. Wer Gesetzesblätter des Bundes durchsuchen, kopieren oder ausdrucken will, wird vom Verlag zur Kasse gebeten.

Der Grund dafür: Der Verlag erhebt das Urheberrecht nicht auf die Gesetze, sondern auf die Datenbank der Gesetzblätter. Diese sind zwar online einzeln einsehbar, können aber nicht gedruckt, durchsucht oder kopiert werden. Der Bundesanzeiger Verlag verbietet die Weiterverwendung. Wer die Gesetzblätter des Staates nutzen will, muss dem privaten Verlag Abo-Gebühren zahlen (oder das Angebot offenegesetze.de von der Open Knowledge Foundation nutzen).

Wie viel Geld erhält der Bundesanzeiger Verlag?

Dem zugrunde liegt ein Vertrag des Bundesanzeiger Verlags mit dem Bundesjustizministerium, der im Jahr 2006 geschlossen wurde. Darin werden die Bedingungen für den Vertrieb durch den Verlag geklärt – die zentralen Details darin, etwa die finanziellen Vergütungen für den Verlag und die Frage der Urheberrechte, bleiben geheim:

Die Argumentation des Bundesjustizministeriums: Die vertraglichen Details könnten aufgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Bundesanzeiger Verlags nicht herausgegeben werden. Das halten wir für falsch. Denn zum einen ist der Vertrag von 2006 und damit schon 14 Jahre alt. Die Geschäftsgeheimnisse dürften inzwischen also nicht mehr bestehen, wenn sie denn überhaupt jemals bestanden haben.

Zum anderen gibt es keinen Wettbewerb, der die Notwendigkeit von Geheimnissen voraussetzen würde: Der Bundesanzeiger Verlag erhielt den Zuschlag zum Vertrieb der Gesetzblätter nämlich – unter etwas dubiosen Umständen – ohne Ausschreibung. Wo kein Wettbewerb mit anderen Unternehmen besteht, gibt es auch keinen Grund für Geheimhaltung.

Was für die Bundesgesetzblätter gilt, sollte auch für Details zu ihrem Vertrieb gelten: Zentrale Dokumente der Demokratie müssen offen und kostenfrei für alle bereitstehen. Wenn das Justizministerium die Informationen hierzu nicht von sich aus preisgibt, müssen eben die Gerichte darüber entscheiden.

Um diese und weitere Klagen zu finanzieren, sind wir auf Spenden angewiesen. Am meisten helfen uns Dauerspenden. Bitte unterstütze uns mit monatlich 5 oder 10 oder 20 Euro. Herzlichen Dank!

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raphael thomas - Rechtsanwälte - THOMAS RECHTSANWÄLTE - ORANIENBURGER STR. 23 - 10178 BERLIN Verwaltungsgericht Berlin Kirchstraße 7 10557 Berlin Raphael Thomas Rechtsanwalt Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Kay Witte Rechtsanwalt* Vittorio de Vecchi Lajolo Avvocato Rechtsanwalt** Datenschutzbeauftragter (TÜV) Rauna Bindewald, LL.M. Rechtsanwältin* Dr. Sebastian Creutz Vorab per Fax: 030 – 9014 8790 Rechtsanwalt** Jan Busemann Rechtsanwalt** Oranienburger Str. 23 10178 Berlin Tel: +49 30 220 6616 70 fax: +49 30 220 6616 77 Zweigstelle Chiemsee: Markstatt 6 83339 Chieming Tel: +49 8051 664 664 - 0 fax: +49 8051 664 664 - 6 Info@thomas-law-office.com www.thomas-law-office.com * Angestellte(r) RA(in) ** Of Counsel/Freier Mitarbeiter Ihr Zeichen: Unser Zeichen: Datum: 19-19 RB/JR 26.02.2019 KLAGE des Herrn Arne Semsrott, Open Knowledge Foundation, Singerstraße 109, 10179 Berlin - Klägers - Prozessbevollmächtigte: Thomas Rechtsanwälte, Oranienburger Straße 23, 10178 Berlin gegen Bankverbindung: Kontoinhaber: Raphael Thomas; Bank: Deutsche Kreditbank AG, 10919 Berlin, Germany IBAN: DE71 1203 0000 1008 3448 95 BIC: BYLADEM 1001 Steuernummer: 34/559/00064 USt.-ID.: DE233979049
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2 die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Mohrenstraße 37, 10117 Berlin - Beklagte - wegen: Informationszugang Wir bestellen uns zu Prozessbevollmächtigten des Klägers und beantragen wie folgt zu erkennen: I. die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger unter Aufhebung der Ziffern 1 und 2 des Bescheides des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 01.11.2018, in Gestalt des Widerspruchsbe- scheides vom 11.02.2019, sämtliche Vereinbarungen des BMJV mit dem Bundesanzeiger-Verlag in Bezug auf die Herausgabe des Bun- desgesetzblatts, insbesondere den „Bundesgesetzblatt-Vertrag“ zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundes- ministerium der Justiz und der Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH ungeschwärzt zur Verfügung zu stellen. II. Den Bescheid der Beklagten vom 01.11.2018 in Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 11.02.2019 aufzuheben, soweit eine Gebühr in Höhe von 450,00 EUR festgesetzt wurde. III. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Begründung A. Sachverhalt Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Informationszugang geltend und wendet sich gegen die für den teilweisen Informationszugang festgesetzte Gebühr in Höhe von 450,00 EUR. Er ist Journalist und Projektleiter bei FragDenStaat.de, einem Portal der Open Knowledge Foundation e.V., das es Jedermann ermöglicht, Informationsanfragen bei Behörden zu stellen.
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3 Der Bund, vertreten durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, übertrug der Bundesanzeiger Verlag GmbH (im Folgenden: Verlag) im Jahr 2006 vertraglich die Herstellung und den Vertrieb des Bundesgesetzblatts. Mit E-Mail vom 01.03.2018 (beigefügt als Anlage K 1) bat der Kläger die Beklagte über FragDen- Staat.de um die Zusendung sämtlicher Vereinbarungen (u.a. Verträge mit Anhängen, Ausschrei- bungsunterlagen, formelle Regelungen) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucher- schutz (BMJV) mit dem Bundesanzeiger-Verlag in Bezug auf die Herausgabe des Bundesgesetz- blatts. Mit Schreiben vom 09.03.2018 (beigefügt als Anlage K 2) teilte das BMJV dem Kläger mit, dass die von ihm erbetenen Unterlagen neben personenbezogenen Daten auch Betriebs- und Geschäftsge- heimnisse des Verlags enthielten und deshalb ein Drittbeteiligungsverfahren nach § 8 IFG durchge- führt werden müsse. Darüber hinaus wurde dem Kläger Gelegenheit gegeben, seinen Antrag gem. § 7 Abs. 1 S. 3 IFG zu begründen. Mit E-Mail vom 09.03.2018 (beigefügt als Anlage K 3) erklärte sich der Kläger mit der Schwärzung personenbezogener Daten einverstanden. Er erklärte jedoch, dass in den Dokumenten keine Be- triebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten sein dürften, da der Bundesanzeiger als Monopolist agiere. In Bezug auf sein besonderes Interesse erklärte der Kläger, dass das BGBl eine der wichtigs- ten Publikationen der Demokratie sei und über die Bedingungen der Herausgabe Transparenz be- stehen solle. Mit Schreiben vom 02.05.2018 (beigefügt als Anlage K 4) teilte das BMJV dem Kläger mit, dass ein Drittbeteiligungsverfahren durchgeführt worden sei und dem Kläger der Bundesgesetzblatt-Vertrag mit Schwärzung der Stellen, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Verlags betreffen, herausgegeben werde. Da der Verlag gegen die Entscheidung über den beabsichtigten Informationszugang Widerspruch erhoben hat, wurde ein Widerspruchsverfahren durchgeführt. Mit Bescheid vom 01.11.2018 (beigefügt als Anlage K 5) gab das BMJV dem Antrag des Klägers teilweise statt und erhob für den Informationszugang eine Gebühr in Höhe von 450,00 EUR. Das BMJV stellte dem Kläger eine an etlichen Stellen geschwärzte Kopie des Vertrags mit dem Verlag (beigefügt als Anlage K 6) zur Verfügung. Die geschwärzten Passagen beinhalten nach dem Vortrag
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4 des BMJV Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Verlags. Diese habe ihren Geheimhaltungswillen ausdrücklich erklärt. Daher sei der Informationszugang ausgeschlossen, soweit Informationen in dem Vertrag nicht offenkundig seien und ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse des Verlags bestehe. Die Kostenentscheidung begründete das BMJV damit, das gem. § 10 Abs. 1 IFG für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen nach dem IFG Gebühren erhoben werden und im vorliegenden Fall ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand entstanden sei. Für die Identifizierung, Zusammenstellung und inhaltliche Prüfung des Vertrags auf mögliche Ausschlussgründe nach § 6 IFG, die durchgeführte Drittbeteiligung des Verlags einschließlich der Erstellung des Drittbescheids seien durch Beschäftigte des höheren Dienstes 43 Arbeitsstunden aufgewendet worden. Der Kläger erhob mit vorab versandter E-Mail vom 12.11.2018 Widerspruch gegen die Gebührenhöhe und die Teilablehnung seines Antrags (beigefügt als Anlage K 7). Er machte geltend, dass nicht erkennbar sei, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorliegen. Darüber hinaus könne ihm nicht der Aufwand in Rechnung gestellt werden, der dem BMJV im Verwaltungsverfahren mit dem Bundesanzeiger-Verlag entstanden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2019 (beigefügt als Anlage K 8) wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. B. Rechtliche Würdigung I. Zulässigkeit Die Klage ist zulässig. Sie ist in Bezug auf den Antrag zu I. als Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO statthaft. In Bezug auf Antrag zu II. ist die Anfechtungsklage statthaft. Das erforderliche Vorverfahren wurde durchgeführt und die Klagefrist des § 74 VwGO eingehalten. II. Begründetheit Die Klage ist auch begründet.
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5 1. Antrag zu I. Die teilweise ablehnende Entscheidung der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat gem. § 1 Abs. 1 S. 1 IFG einen vorausset- zungslosen Anspruch auf Zugang zu den beantragten Informationen. Das Vorliegen der Vorausset- zungen von § 6 S. 2 IFG ist nicht ausreichend dargetan. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den geschwärzten Passagen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handeln kann. Bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen handelt es sich um technisches bzw. kaufmännisches Wissen. Ein Interesse an der Nichtverbreitung ist jedoch nur dann anzuerkennen, wenn die Offenle- gung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Konkur- renten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu be- einflussen (BVerwG, Beschluss vom 25.07.2013 – 7 B 45.12, Rn. 10). Für das Vorliegen eines Be- triebs- und Geschäftsgeheimnisses genügt danach weder ein bloß subjektiv empfundener Nachteil noch ein irgendwie gearteter Nachteil, der keinen Bezug auf die grundrechtlich geschützte Teilnah- me des Unternehmens am Wettbewerb hat. Vielmehr ist das Erfordernis einer Wettbewerbsrelevanz der betreffenden Information dem Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses immanent (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.01.2014 – OVG 12 B 50.09). Gemessen an diesen Voraussetzungen ist das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht erkennbar. Bei den geschwärzten Passagen handelt es sich nicht um wettbewerbsrelevante Informationen. Der Verlag hat eine Monopolstellung in Bezug auf die Herstellung und den Vertrieb des Bundesgesetzblatts inne. Ein Wettbewerb existiert nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es für die Frage, ob die Informationen im streitgegen- ständlichen Vertrag die Wettbewerbsposition des Verlags nachteilig beeinflussen können, irrelevant, ob der Verlag auch in anderen Bereichen tätig ist. Unabhängig davon besteht auch in Bezug auf die anderen Tätigkeiten des Verlags, wie z.B. die Veröffentlichung des (elektronischen) Bundesanzeigers und die Führung des Unternehmensregisters und des Transparenzregisters, eine Monopolstellung. So wurde dem Verlag die Führung des Unternehmens – und Transparenzregisters als Beliehener übertragen. In Bezug auf die Herstellung und den Vertrieb des Bundesgesetzblattes steht dem Verlag ein ver- tragliches Ausschließlichkeitsrecht zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist allgemein aner- kannt, dass Daten von Monopolisten grundsätzlich nicht schutzwürdig sein können, wenn und weil dem Geheimnisträger durch die Veröffentlichung der Informationen üblicherweise auch kein Wett-
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6 bewerbsnachteil entstehen kann (Kloepfer/Greve: Das Informationsfreiheitsgesetz und der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, NVwZ 2011, 577 m.w.N.; Schoch, IFG, § 6 Rn. 94). Daran ändert auch die in § 9 Abs. 1 des Vertrages enthaltene Kündigungsmöglichkeit nichts. Eine Kündigungsmöglichkeit mit der Folge, dass die Möglichkeit einer Beauftragung anderer Unterneh- men besteht, dürfte allen Verträgen gemein sein, die eine Monopolstellung begründen. Eine Mono- polstellung kann nicht von einem vertraglichen „Bestandsschutz“ abhängig sein. Entgegen der Ansicht der Beklagten spielt es für die Frage, ob Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse schützenswert sind, durchaus eine Rolle, wie lange der Vertragsschluss bereits zurückliegt. Auch wenn die von der Beklagten zitierte Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg (OVG 12 B 50.09) Vorgänge betraf, die über zwanzig Jahre in der Vergangenheit lagen, ist damit nicht ausgeschlossen, dass auch Vorgänge die 12 Jahre zurückliegen eine spezifische Darlegungslast der informations- pflichtigen Stelle begründen können. Die Beklagte hat nicht dargelegt, warum die geschwärzten Passagen im streitgegenständlichen Vertrag noch heute, eine 2006 bestehende Wettbewerbsrele- vanz unterstellt, geschützt sein sollen. Es ist dabei entgegen der Auffassung der Beklagten unerheb- lich, ob der Vertrag noch heute gültig ist, da nicht ersichtlich ist, wie durch die Offenbarung der In- formationen Rückschlüsse auf die heutige wirtschaftliche Situation des Verlags möglich sein sollen. In Bezug auf die Darlegung, warum die „Bedingung der Wahrnehmung der urheberrechtlichen Posi- tionen des Verlages“ ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis darstellen soll, führt die Beklagte auch im Widerspruchsbescheid nicht weiter aus. Dass es sich bei den Bedingungen nicht um die allge- meinen gesetzlichen Bestimmungen nach dem Urheberrechtsgesetz, sondern um individuelle ver- tragliche Abmachungen zwischen dem Bund und dem Verlag handelt, macht diese nicht zu einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis. Inwiefern sich zukünftige Mitbewerber diese Bedingungen ge- zielt zu Nutze machen sollen, ist nicht ersichtlich. Auch die Laufzeit eines Vertrages kann nicht wettbewerbsrelevant sein. Wie der Kläger bereits in seinem Widerspruch ausgeführt hat, würde durch ein solches Verständnis der Gesetzeszweck des IFG, nämlich die grundsätzliche Öffentlichkeit staatlichen Handelns, gefährdet. Essentielle Bestand- teile von Verträgen der öffentlichen Hand dürften nicht mehr veröffentlicht werden. Darüber hinaus sind – entgegen der Behauptung der Beklagten - im konkreten Fall keine Rück- schlüsse auf die wirtschaftliche Situation des Verlages möglich, wenn die Regelung zur Laufzeit und Kündigung des Vertrages in § 9 Abs. 1 öffentlich würde. Diese Vorschrift sieht lediglich einen Kündi- gungsgrund vor, nämlich die geplante Übertragung der Funktion des Bundesgesetzblattes in elekt-
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7 ronischer Form auf einen noch zu beauftragenden Dritten. Es kommt für die Kündigungsmöglichkeit somit auf den Entschluss des Bundes an, Gesetze künftig digital zu verkünden. Die wirtschaftliche Situation des Verlages spielt in dieser Regelung keine Rolle. Soweit auf S. 5 des Vertrages die Unterschriften unkenntlich gemacht wurden, hat der Kläger dem zugestimmt. Darauf bezieht sich die Klage nicht. 2. Antrag zu II. Der angegriffene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Zum einen ist bereits der Informationsausschluss rechtswidrig, sodass die Gebührenentscheidung dieses Schicksal teilt. Eines angeblich so umfangreichen Verfahrens hätte es nicht bedurft, da keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorliegen. Zum anderen ist der Gebührentatbestand von Teil A Nr. 2.2. des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses des IFGGebV nicht erfüllt. Jedenfalls hat die Beklagte ihr Ermessen bei der Gebührenfestsetzung fehlerhaft ausgeübt. Im Einzelnen: a. Selbst bei Rechtmäßigkeit der Schwärzungen, wäre der Gebührentatbestand von Teil A Nr. 2.2. des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses des IFGGebV nicht erfüllt. Der dem Kläger gewährte Informationszugang hat keinen „deutlich höheren Verwaltungsaufwand“ verursacht. Die Beklagte hat dem Kläger einen 3-seitigen Vertrag (exklusive Deckblatt und Unterschriften) mit einer komplett geschwärzten 2-seitigen Anlage zur Verfügung gestellt. Nach Angaben der Beklagten sind für die Identifizierung des Vertrages und die Durchsicht hinsichtlich möglicher zu schwärzender Passagen sowie die Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens 43 Arbeitsstunden angefallen. Dies soll den zweithöchsten registrierten Verwaltungsaufwand aller im BMJV bearbeiteten IFG- Anträge seit 2015 verursacht haben. Die Ausführungen sind unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar, selbst dann nicht, wenn in rechtswidriger Weise auch das Widerspruchsverfahren mit dem Verlag berücksichtigt wird. Darüber hinaus ist dem Kläger das Widerspruchsverfahren mit dem Verlag nicht zuzurechnen. Es handelt sich nicht um eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 1 IFG. Die kostenpflichtigen Handlungen der informationspflichtigen Stelle mögen den gesamten Verwaltungsaufwand über die Aussonderung und Schwärzung von Unterlagen bis hin zur tatsächlichen Durchführung des Informationszugangs umfassen. Das Drittbeteiligungsverfahren gem.
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8 § 8 IFG kann jedoch nur insoweit Berücksichtigung finden, als es dem Kläger noch zurechenbar ist. Die Erhebung des Widerspruchs gegen die Entscheidung der auskunftspflichtigen Stelle, den beantragten Informationszugang zu gewähren, setzt ein neues Verwaltungsverfahren in Gang, welches durch den Dritten ausgelöst ist und ihn zum Kostenschuldner i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 1 IFG macht. Jedes andere Verständnis würde der Grundkonzeption des Kostenrechts widersprechen und dazu führen, dass Dritte die Kosten des Antragstellers willkürlich in ungeahnte Höhen treiben könnten. Durch diese Unsicherheit über die zu erwartenden Kosten, besteht die Gefahr, dass potentielle Antragsteller von der Geltendmachung eines Anspruchs auf Informationszugang abgehalten werden. b. Selbst wenn man annimmt, dass der Gebührentatbestand von Teil A Nr. 2.2. des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses des IFGGebV erfüllt ist, ist die Gebührenfestsetzung in Höhe von 450,00 EUR rechtswidrig. Die Beklagte hat ihr diesbezügliches Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Sie hat ausschließlich auf die entstandene Stundenanzahl abgestellt und in Kenntnis der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 14.09.2017 – 12 B 11.16) eine Kappungsgrenze nicht bei 500,00 EUR, sondern bei 450,00 EUR festgelegt. Weitere Betrachtungen spielen bei der Gebührenfestsetzung keine Rolle. Unterstellt, der durch den Widerspruch des Verlags verursachte Verwaltungsaufwand sei dem Kläger zuzurechnen, hätte die Beklagte gem. § 2 IFGGebV aus Gründen der Billigkeit von der Erhebung der Gebühr absehen oder diese ermäßigen müssen. Ein Absehen von der Erhebung der Gebühr bzw. eine Ermäßigung hätte darüber hinaus aus Gründen des öffentlichen Interesses erfolgen müssen. Der Kläger hat ein solches öffentliche Interesse dargelegt. Die öffentliche Verfügbarkeit von Gesetzen ist essentieller Bestandteil einer Demokratie. Dasselbe gilt für die vertraglich geregelten Bedingungen der Herausgabe des Bundesgesetzblatts. 3. Ergebnis Nach alldem ist die Klage vollumfänglich begründet. Beglaubigte und einfache Abschrift anbei. Bindewald Rechtsanwältin
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