BundesverwaltungsgerichtGebührenerhebung nicht rechtswidrig

Nach unserer Klage hat das Bundesverwaltungsgericht heute überraschenderweise entschieden, dass das Innenministerium auch weiterhin in Einzelfällen erhöhte Gebühren für Auskünfte erheben darf. Damit deutet sich ein Richtungswechsel am obersten Gerichtshof an.

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FragDenStaat vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig –

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Anfragen an Bundesbehörden bleiben in manchen Fällen teuer. Das hat das Bundesverwaltungsgericht heute sehr überraschend nach unserer Klage gegen das Bundesinnenministerium entschieden. Danach dürfen Behörden bei Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) einen Teil ihres Aufwands Antragsteller:innen in Rechnung stellen.

Damit legt das Bundesverwaltungsgericht eine Kehrtwende in der Gebührenpraxis für Bundesbehörden ein. Es erlaubte dem Bundesinnenministerium nach unserer Klage, für einen Aufwand von vier Stunden 235 Euro Gebühren in Rechnung zu stellen. Behörden dürften zwar auch niedrigere Gebühren verlangen. Abschreckend hoch sei diese Gebühr laut Gericht angeblich nicht.

Richtungswechsel am Bundesverwaltungsgericht

Damit urteilt das Bundesverwaltungsgericht bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr gegen klare, übereinstimmende Urteile des Verwaltungsgerichts und Oberverwaltungsgerichts. Nachdem der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts Klaus Rennert in diesem Jahr plötzlich den Vorsitz der Kammer übernommen hat, die für Informationsfreiheit zuständig ist, deutet sich im Themenbereich ein Richtungswechsel an. Auch in einem IFG-Verfahren von abgeordnetenwatch.de hatte die Kammer unerwarteterweise geurteilt, dass Dokumente zur Kontrolle von Parteienfinanzen geheim bleiben dürfen.

Weder im bisherigen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht noch im Verlauf der Verhandlung im Bundesverwaltungsgericht hatte sich angedeutet, dass das Gericht die Gebührenpraxis des Innenministeriums befürworten würde. Dementsprechend überraschend kommt das Urteil, dessen ausführliche Begründung in sechs Wochen erscheinen wird. Wir werden prüfen, ob wir dagegen Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen können.

Gebühren müssen abgeschafft werden

Anlass für unsere Klage gegen die Gebührenpraxis des Innenministeriums war beispielhaft eine Gebühr, die uns die Behörde für die Herausgabe von Unterlagen eines Facebook-Besuchs des damaligen Innenministers de Maizière in Rechnung stellte. Für die Prüfung und Herausgabe von insgesamt 20 Seiten – Ministervorlagen, Vermerk und Gesprächsführungsvorschlag – wollte das Ministerium 235 Euro. Dass dies nach der Auffassung des Gerichts überzeugend ist, können wir nicht nachvollziehen.

Das Urteil bekräftigt unsere Forderung nach einem bundesweiten Transparenzgesetz und einer Abschaffung von Gebühren für Auskünfte. Bürger:innen sollten nicht erneut für Informationen zahlen müssen, die mit Steuergeldern finanziert wurden.

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