Zweite RundeFinanzministerium will Beiratsprotokolle weiterhin geheim halten

Im September 2019 hatte das Verwaltungsgericht Berlin unserer Klage nach den Protokollen des wissenschaftlichen Beirats des Finanzministeriums stattgegeben. Nachdem das Ministerium in Berufung gegangen hat, geht es am kommenden Donnerstag vor dem Oberverwaltungsgericht in die nächste mündliche Verhandlung.

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20 Männer, 2 Frauen, 0 Transparenz: Der Beirat des Finanzministeriums –

Foto: BMF

„Die Ideen der Nationalökonomen und der politischen Philosophen, gleichgültig, ob sie nun richtig oder falsch sind, sind von weit größerem Einfluss, als man gemeinhin annimmt. In Wirklichkeit wird die Welt von fast nichts anderem regiert.“

Der britische Ökonom John Maynard Keynes hatte ein klares Bild des Einflusses seiner Kolleg:innen auf die Politik. Um zumindest für Deutschland besser nachvollziehen zu können, welche Rolle wirtschaftspolitische Beratungen hierzulande in der Politik spielen, haben wir vor einigen Jahren die Protokolle des wissenschaftlichen Beirats des Finanzministeriums angefragt, geklagt und in erster Instanz gewonnen.

Das Verwaltungsgericht Berlin verpflichtete die Behörde, Sitzungsprotokolle seiner Beiratssitzungen unter Schwärzung von personenbezogenen Daten herauszugeben. Nach der Berufung des Finanzministeriums wird nun am kommenden Donnerstag erneut darüber entschieden, ob die Protokolle des wissenschaftlichen Beirats des Finanzministeriums herausgegeben werden müssen.

Über 100 Beiräte

Dabei geht es grundsätzlich auch um die über 100 weiteren Beratungsgremien der Bundesregierung, die nach unserer Einschätzung ebenfalls nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) anfragbar sein müssten. Neben externen Gutachten – beispielsweise durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften – werden viele Bundesministerien auch durch eigene wissenschaftliche Beiräte beraten.

Der Beirat des Finanzministeriums – auch als dessen „wissenschaftliches Gewissen“ bekannt – nimmt regelmäßig Stellung zu unterschiedlichen steuer- und finanzpolitischen Fragen und ist daher auch von politischer Relevanz. Kürzlich warb das Gremium beispielsweise für eine Zurückhaltung bei den Corona-Finanzhilfen. Mit unserer Anfrage wollen wir besser nachvollziehen, wie der Beirat arbeitet, welche externen Gäste an den Sitzungen teilnehmen und welche wirtschaftspolitischen Ideen in dem Gremium vorherrschen.

Obgleich öffentlich finanziert, finden die Beratungen nach wie vor hinter verschlossenen Türen statt. Dies gilt im Übrigen auch für den Arbeitskreis Steuerschätzung, bei dem wir ebenfalls geklagt haben. Nach dem Wunsch des Finanzministeriums soll dies auch weiterhin so bleiben. Dafür hatte ausgerechnet die Abteilung des Finanzministeriums, die für Informationsfreiheitsfragen zuständig ist, 2018 eine Anpassung der Beiratssatzung vorgenommen, um das Gremium vor unliebsamen IFG-Anfragen zu schützen. Dieser Praxis hatte das Verwaltungsgericht Berlin jedoch im vergangenen Jahr eine Absage erteilt und uns in allen Punkten recht gegeben.

Update: Auch vor dem Oberverwaltungsgericht haben wir gewonnen.

→ zur ursprünglichen Anfrage

→ zur Klage

→ zu unseren weiteren Klagen

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