Wahlprüfsteine InformationsfreiheitBaden-Württemberg und Rheinland-Pfalz

Im Super-Wahljahr 2021 stellen wir die Parteien auf den Prüfstein. Wer setzt sich für Transparenz ein und wer hinkt hinterher? Den Anfang machen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

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2021 ist Super-Wahljahr. Nicht nur der Bundestag wird neu gewählt, sondern auch sechs Landesparlamente. Das nehmen wir zum Anlass, um die Parteien auf den Prüfstand zu stellen. Wie stehen sie zum Thema Informationsfreiheit? Wer setzt sich für proaktive Transparenz ein, wer besteht auf Gebühren? Die erste Edition unserer Wahlprüfsteine nimmt die demokratischen Parteien in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in den Blick.

Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg gibt es erst seit 2015 ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das zu den schlechtesten in Deutschland gehört. Bei Anfragen an Kommunalbehörden, die den Großteil aller IFG-Anfragen ausmachen, gibt es keine Gebührenobergrenze; nur wenige Informationen müssen aktiv veröffentlicht werden. Ein Entwurf für ein Transparenzgesetz wurde im Februar von Transparency International Deutschland und Mehr Demokratie vorgestellt.

CDU und SPD sehen keinen Bedarf für ein Transparenzgesetz. Vielmehr soll das IFG zunächst evaluiert werden und auf dieser Grundlage eine potenzielle Nachbesserung geprüft werden. Grüne, Linke und FDP befürworten ein Transparenzgesetz. Dabei hebt die Linke hervor, dass „Ausnahmetatbestände auf ein absolutes Minimum begrenzt“ werden müssen und eine Abwägung mit öffentlichem Interesse vorgenommen werden müsse. Die FDP spricht sich für eine Veröffentlichungspflicht leistungsbezogener Daten von Schulen aus.

CDU: Gebührenfreiheit sei „unsolidarisch“

Die CDU besteht auf Gebühren mit Ausnahme von einfachen Anfragen, da es „unsolidarisch“ sei, wenn „das Informationsinteresse Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit“ gehe. SPD, Grüne und FDP sehen zwar die Gefahr, dass Gebühren eine Hürde darstellen, halten aber daran fest, sofern der Aufwand sehr hoch ist, es eine Deckelung gibt bzw. in missbräuchlichen Fällen. Lediglich die Linke spricht sich für eine vollständige Gebührenfreiheit aus.

Grüne und FDP befürworten eine Weisungsbefugnis für die:den Informationsfreiheitsbeauftragte:n (LfDI) gegenüber anderen Behörden. Alle Parteien gaben jedoch an, dass zunächst eine rechtliche Prüfung bzw. Evaluierung des IFG notwendig sei. Grüne, Linke und FDP befürworten ausdrücklich die umfangreiche Bereitstellung von Offenen Verwaltungsdaten, die SPD tut dies „nicht uneingeschränkt“. Die CDU möchte das Thema nur angehen, weil es die nationale und europäische Rechtsetzung vorschreibt, und legt besonderen Wert auf Datenschutz.

Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz hat 2015 als erstes Flächenland ein Transparenzgesetz beschlossen. Im Januar wurde mit der Transparenzplattform die letzte Stufe des Gesetzes umgesetzt, wobei Kommunen nur Umweltinformationen aktiv veröffentlichen müssen. 

Die CDU möchte, dass Gesetzblätter, Ministerialblätter und Staatsanzeiger kostenfrei online verfügbar und nachnutzbar sind, sieht aber darüber hinaus keinen Änderungsbedarf, da „durch zu viel Informationen eine neue Intransparenz geschaffen“ würde. Die SPD wartet die anstehende Evaluierung des Gesetzes ab, bevor sie Änderungsvorschläge macht. Die Grünen möchten Kommunen und Hochschulen mit in die Veröffentlichungspflicht aufnehmen, die Linke ist noch ambitionierter und nennt Verträge, Sicherheitsbehörden, Gutachten und Lobbytätigkeiten. Die FDP Rheinland-Pfalz hat auf unsere Fragen keine Antwort gegeben.

Open Data und Open Source

Alle Parteien begrüßen die Gebührenfreiheit von einfachen Anfragen. Die CDU hält an Gebühren für aufwändige Anfragen fest, die Grünen sehen dies „kritisch“. Die SPD ist „offen“ gegenüber einer Reduzierung von Gebühren, nur die Linke spricht sich explizit für eine vollständige Gebührenfreiheit aus. SPD und Grüne betonen die Wichtigkeit der Arbeit der:des LfDI, sehen aber genauso wie die CDU keinen konkreten Bedarf, ihre:seine Kompetenzen auszuweiten. Die Linke befürwortet ein Weisungsbefugnis.

Was das Thema Offene Verwaltungsdaten angeht, sieht die CDU keinen Änderungsbedarf. Die SPD unterstützt eine stetige Erweiterung der bereitgestellten Daten auch von Kommunen. Die Grünen setzen sich für eine Open Data Strategie ein und betonen die Notwendigkeit, in Verwaltungen Open Source Software einzusetzen. Auch die Linke befürwortet Offene Verwaltungsdaten und nennt darüber hinaus Open Access in der Wissenschaft, Offene Bildungsmaterialien, Digitalisierung von Archiven und Kulturgütern, freie Lizenzen im öffentlich finanzierten Bereich und weniger restriktives Urheberrecht als Ziel.

Update, 18.02.2021: Die FDP Rheinland-Pfalz hat ihre Antworten heute zugeschickt. Sie hält größtenteils die aktuellen Regelungen für ausreichend, befürwortet aber deutlich ein Open Data Prinzip.

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