Transparenzgesetz – ein zahnloses Kompromisswerk?

Die Opposition fordert sie und der Regierung reicht sie: Transparenz. Gibt es eigentlich eine Partei, die für Transparenz steht?

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Mal dafür, mal dagegen: Fraktionen im Bundestag –

Kaum ein Thema führt über Parteigrenzen hinweg zu so viel Einigkeit in Bezug auf mehr Transparenz in der Politik: Die Arbeit der Regierung ist schon ausreichend transparent, sagen Vertreter:innen von links bis rechts in ganz Deutschland – sofern ihre Parteien in den Landesregierungen sitzen. Sind ihre Parteien in der Opposition, fordern sie in der Regel ein Transparenzgesetz und verbesserte Auskunftsregeln für die Öffentlichkeit.

Keine klare Linie

So verhindert die SPD beispielsweise in der niedersächsischen Regierung seit Jahrzehnten, dass es dort überhaupt nur ein Informationsfreiheitsgesetz gibt, nach dem der Staat Infos gegenüber Bürger:innen freigeben müsste. In Hamburg hat sie kürzlich das Transparenzgesetz so beschneiden lassen, dass die Hansestadt kaum mehr als Vorreiter in Sachen Transparenz gelten kann. Die bayerische SPD hingegen fordert aus der Opposition heraus seit Ewigkeiten ein progressives Informationsfreiheitsgesetz für den Freistaat.

Auch die Grünen haben keine klare Linie: Während die sächsischen Grünen in der Regierung für ein Transparenzgesetz kämpfen, sind die von Grünen mitverfassten Informationsfreiheitsgesetze in Hessen und Baden-Württemberg die schlechtesten bundesweit. Die CDU zumindest tritt recht einheitlich auf, sie ist bisher nirgendwo als ernsthafte Verfechterin staatlicher Transparenz aufgetreten. Linke und FDP haben hingegen das Glück, kaum in Landesregierungen vertreten zu sein, sodass ihre Landesverbände einander kaum widersprechen können.

Transparenz-Elan

Eine große echte Transparenzpartei scheint es also bisher nicht zu geben. Viel entscheidender als die Parteifarbe ist für das Gelingen von Transparenzgesetzen aber ohnehin die Motivation hinter mehr Transparenz: Will eine Partei Transparenz, weil sie die Demokratie besser machen will? Oder fordert sie mehr Offenheit, weil ihre Vertreter:innen selbst bisher vom Informationsfluss abgeschlossen sind?

Der Transparenz-Elan von neuen Regierungsparteien erlahmt erfahrungsgemäß, wenn sie es sich in ihren neuen Positionen bequem gemacht haben. Sollen Transparenzgesetze also effektiv sein, müssen sie möglichst zu Beginn einer Legislaturperiode eingeführt werden. Den britischen Freedom of Information Act beispielsweise gibt es seit Anfang des Jahrtausends nur deswegen, weil die Labour-Regierung unter Tony Blair sie zu einem ihrer ersten politische Projekte nach der Regierungsübernahme erklärt hatte – später fluchte Blair über sein vorbildliches Gesetz.

Zahnloses Kompromisswerk

Werden Vorhaben auf die lange Bank geschoben, wie etwa von den rot-rot-grünen Regierungen in Thüringen und derzeit in Berlin, kommt am Schluss nur ein zahnloses Kompromisswerk heraus, das niemanden stört, aber auch niemandem hilft.

Das wirksamste Mittel für mehr Transparenz ist deswegen sowieso Druck von außen: Das einstmals vorbildliche Hamburger Transparenzgesetz gibt es nur wegen eines Volksentscheids und auch in Berlin hätte die Regierung ohne das dortige Volksbegehren für ein Transparenzgesetz die Hände in den Schoß gelegt.

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