AusgeprepptKlage zur Prepper-Kommission gewonnen

Im Zusammenhang mit den Feindelisten, die rechtsextreme Prepper in Mecklenburg-Vorpommern erstellt haben, gibt es weiterhin viele Fragen. Eine Kommission sollte sie eigentlich aufklären, aber ihr Bericht blieb bisher geheim. Nach unserer Klage muss er offengelegt werden.

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Bundeswehr-Soldaten marschieren
Der lange Marsch zur Transparenz –

Update, 22.4.2021: Das Ministerium hat den Bericht herausgegeben.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern muss uns einen vorläufigen Bericht seiner sogenannten Prepper-Kommission herausgeben. Das hat das Verwaltungsgericht Schwerin nach unserer Klage gegen das Innenministerium entschieden. Der ehemalige Skandal-Minister Lorenz Caffier setzte 2017 nach Terrorermittlungen gegen Bundeswehrsoldaten eine Kommission ein, um die Prepperszene zu durchleuchten.

Die allerdings brachte kaum etwas hervor. Seit 2019 tagte die Kommission nicht mehr, ihren vorläufigen Abschlussbericht rückte das Ministerium nicht heraus – offiziell, weil der Arbeitskreis noch auf Dokumente des Generalbundesanwalts wartete.

Aus Unterlagen, die im Zuge unserer Klage bekannt wurden, geht jedoch hervor, dass eine Veröffentlichung des Berichtes offenbar politisch nicht gewollt war, weil der Bericht die Prepperszene verharmlosen soll. Die Ergebnisse passen anscheinend nicht zu den schweren Anschuldigungen gegen sogenannte Prepper, die Verbindungen zum Terrorverdächtigen Franco A. haben.

Rechtsextreme Soldaten, rechtsextreme Polizisten

Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Schwerin muss das Innenministerium den 30-seitigen Bericht nun offenlegen. Die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Das Land kann noch Berufung einlegen.

Die Behörde führte vor Gericht in der mündlichen Verhandlung aus, dass es als Reaktion auf FragDenStaat-Anfragen und im Zuge der Einführung der elektronischen Akte neu definiere, welche Inhalte es veraktet. In Zukunft werde es Handakten geben, in denen Entwürfe für Dokumente wie der Bericht der Prepper-Kommission gesammelt werden. Diese sollen dann offenbar gar nicht mehr herausgegeben werden.

Zweite Kommission, zweite Klage

Neben der Prepper-Kommission beauftrage das Innenministerium außerdem die sogenannte SEK-Kommission, die sich mit rechtsextremen Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern befasst. Die Arbeit der SEK-Kommission ist abgeschlossen, sie hat einen internen Bericht mit Verbesserungsvorschlägen erstellt. Eine Kurzfassung des SEK-Berichts hat das Innenministerium veröffentlicht, allerdings will sie die Langfassung nicht offenlegen. Daher verklagen wir das Innenministerium auch in diesem Fall auf Einsicht in den vollständigen Bericht.

Eine dritte Kommission, die sogenannte „Expertenkommission für den Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern“, nahm im Januar diesen Jahres ihre Arbeit auf. Merkwürdige Vorgänge rund um den Breitscheidplatz-Anschlag sollen aufgeklärt werden. Mit Spannung erwarten wir auch hier den Bericht – der hoffentlich auch ohne unsere Nachhilfe an die Öffentlichkeit kommt.

→ zur Anfrage

→ zum Prepper-Bericht

→ zum Urteil

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Beglaubigte Abschrift VERWAL TUNGSGERICHT SCHWERIN Aktenzeichen:                                                EINGEGANGEN 1 A 1480/19 SN 25, MRZ. 2021 , IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Verwaltungsstreitverfahren Johannes Filter, - Kläger~ Proz.-Bev.: gegen Ministerium für Inneres und Europa Mecklenburg-Vorpommern, Alexandrinenstraße 1, 19055 Schwerin - Beklagter - wegen Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz
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-2-                         1 A 1480/19 SN \ hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Schwerin aufgrund der mündlichen Verhand- lung vom 16. März 2021 dur~h den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Voetlause, den Richter am Verwaltungsgericht Grotelüschen und den Richter Thielicke sowie den ehrenamtlichen Richter Schwanbeck und die ehrenamtliche Richterin Simon für Recht erkannt: Der Beklagten wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Juli 2019 und des Wi- derspruchsbescheides vom 25. Juli 2019 verpflichtet, dem Kläger-gegebenenfalls unter Schwärzung von darin enthaltenen personenbezogenen Daten -den vorläufigen Abschlussbericht der Kommission zur Beleuchtung der Prepper-Szene in Mecklen- burg-Vorpommern mit Stand gemäß Deckblatt vom 16. November 2018 zuzusenden. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist w-egen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Voll- streckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 11 0 % des voll- streckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des . jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Tatbestand: Der Kläger begehrt Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg- Vorpommern (IFG M-V). Mit Email vom 6. Juli 2019 bat er um Zusendung eines Ab- schlussberichts der sog. Prepper-Kommission. Ziel der Arbeit dieser vom Beklagten ein- gesetzten Kommission war die Erhebung und Bewertung von Informationen, die Erstel- lung eines Lagebildes und die Entwicklung gesamtgesellschaftlicher Handlungsoptionen · und -empfehlungen über die sog. Prepper-Szene in Mecklenburg-Vorpommern. Zur Be- gründung seines Antrages nahm der Kläger Bezug auf eine Berichterstattung der Zeitung taz (vgl. https ://taz. de/Rechter-Terror-in-Deutschland/!5608261 /). Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. Juli 2019 ab und führte zur Be- gründung aus, dass der Bericht derzeit lediglich in einer Entwurfsfassung vorliege und
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-3-                              1 A 1480/19 SN Entwürfe gemäߧ 2 Satz 2 IFG M-V nicht den Regelungen des Informationsfreiheitsge- setzes Mecklenburg-Vorpommern unterfallen würden. Der Kläger legte hiergegen Wider- spruch ein und führte aus, dass nach einem Bericht der Schweriner Volkszeitung für Ende Juni 2018 ein Zwischenbericht erwartet worden sei. Der Umstand, dass der Bericht noch nicht in einer finalen Fassung veröffentlicht worden sei, rechtfertige nicht die Geheimhal- tung. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2019 zurück. · Die Arbeit an dein Bericht sei - trotz abweichender medialer Ankündigung - noch nicht abgeschlossen. Es liege lediglich eine Entwurfsfassung vor, die durch einen Endstand ersetzt und damit nicht Bestandteil eines Vorgangs werden solle. Derartige Fassungen seien keine Informationen im Sinne des IFG M-V, so dass kein Informationsanspruch be"" stehe. Der Kläger hat am 22. August 2019 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, es sei angesichts des bisherigen Zeitab- · laufs bereits fraglich, ob ein Entwurf im Sinne des § 2 Satz 2 IFG M-V vorliege. Eine Be- hörde dürfe den Abschluss eines Vorgangs nicht auf den „Sankt-Nimmerlein-Tag" ver- schieben und hierdurch das Informationsbegehren ins leere laufen lassen. Darüber hin- aus handele es sich offenkundig nicht um einen Entwurf, der nicht Bestandteil eines Vor- gangs werden solle. Diese Frage bemesse sich nach den Regeln der ordnungsgemäßen Aktenführung, also insbesondere nach den Grundsätzen der Wahrheit, Klarheit und Voll- ständigkeit der Aufzeichnungen, so dass Stand und Entwicklung des Verwaltungsvor- gangs jederzeit nachvollziehbar sein müssten. Nach diesen Vorgaben könne der Entwurf des Abschlussberichtes nur unter Missachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Akten- führung nicht Gegenstand der Akte werden. Darüber hinaus sei der Entwurf bereits Be- standteil des Verwaltungsvorgangs geworden und diesem vor dessen Übersendung an das Gericht lediglich entnommen worden. Hierfür würden zahlreiche Bezugnahmen im Verwaltungsvorgang auf den vorläufigen Abschlussbericht sprechen. Soweit der Beklagte im Klageverfahren den Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 1 IFG M-V anführe, seien auch diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Von dem Schutz dieser Vorschrift seien nur Arbeiten und Beschlüsse zur unmittelbaren Vorbereitung konkreter Entscheidungen umfasst. Hier sei weder eine Unmittelbarkeit der Vorbereitung gegeben noch eine Konkretheit hinsicht- lich einer zu treffenden Entscheidung. Nach einer Veröffentlichung des vorläufigen Ab-
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-4-                           1 A 1480/19 SN schlussberichtes sei der Beklagte auch nicht daran gehindert, einen endgültigen Bericht anzufertigen, der dann Grundlage einer Entscheidung werden könne. Der Beklagte müsse schließlich plausibel darlegen, dass zwischen der Preisgabe der Information und der Ver- eitelung des Erfolges eine Kausalität bestehe. Ein befürchtetes Unverständnis in der Öf- fentlichkeit oder interne Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Behörde seien nicht geeignet, den Ausnahmetatbestand des§ 6 Abs. 1 IFG M-V zu erfüllen. Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Juli 2019 und des Wider- spruchsbescheides vom 25. Juli 2019 zu verpflichten, ihm - gegebenenfalls unter Schwärzung von darin enthaltenen personenbezogenen Daten - den vorläufigen Ab- . schlyssbericht der Kommission zur Beleuchtung der Prepper-Szene in Mecklenburg- Vorpommern mit Stand gemäß Deckblatt vom 16. November 2018 zuzusenden. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er bleibe. weiterhin bei seiner Auffassung, dass es sich um einen Entwurf im Sinne des § 2 Satz 2 IFG M-V handele. Es seien lediglich Arbeitsnotizen der Kommission in Vorar- beitzu einem noch zu finalisierenden Bericht zusammengefasst worden, deren Heraus- gabe ausdrücklich nicht vorgesehen sei. Der Vorschlag der Kommission zur Veröffentli- chung sei bereits auf Arbeitsebene wegen schwerwiegender Mängel zurückgewiesen worden. Hilfsweise berufe er sich auf den Ausschlussgrund nach§ 6 Abs. 1 IFG M-V. Die Untersuchungsergebnisse würden - je nach weiterem Unters~chungsverlauf - der Ent- scheidung darüber dienen, welche konkreten Maßnahmen ~urch die Sicherheitsbehörden des Landes in Bezug auf die sog. Prepper-Szene ergriffen werden sollten. Die vorzeitige Herausgabe unvollständiger Arbeitsnotizen würde den Entscheidungsprozess behindern, da lediglich ein Zerrbild über die Notwendigkeit konkreter Maßnahmen entstehen würde. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und .                                                                               . auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
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-5-                             1 A 1480/19 SN Entscheidungsgründe: Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2019 in Ge- stalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Klä- ger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf die Gewährung der begehrten Infor- mationen durch Zusendung des vorläufigen Berichts, gegebenenfalls unter Schwärzung von darin enthaltenen personenbezogenen Daten,. vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Grundlage dieses Anspruchs ist § 1 Abs. 2 IFG M-V. Demnach hat jede natürliche und · juristische Person des Privatrechts Anspruch auf Zugang zu den bei einer Behörde vor- handenen Informationen. Der Kläger hat einen entsprechenden Antrag· auf Erteilung der begehrten Informationen gemäß §       to Abs. 1 IFG M-V beim Beklagten gestellt. Der Kläger •ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 IFG M-V grundsätzlich anspruchsberechtigt. Der Beklagte ist grundsätzlich auch anspruchsverpflichtet, vgl. § 3 Abs. 1 IFG M-V. Die vom Kläger begehrten Informationen sind Informationen, die dem IFG M-V unterfallen. Information im Sinne des IFG M-V ist gemäߧ 2 Satz 1 Nr. 1 IFG M-V jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung in Form von Schrift, Bild, Ton oder in sonstigen Daten. Maßgebend ist damit die Zweckbestimmung der Information. Amtlichen Zwecken dient eine Aufzeichnung, wenn sie die Behörde bzw. eine sonstige informationspflichtige Stelle betrifft oder in Erfüllung einer amtlichen Tätigkeit angefallen ist oder in anderer Weise im Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit steht. Dies ist hier der Fall. Ausscheiden sol- len lediglich Informationen, die ausschließlich und eindeutig privaten Zwecken dienen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10. September 2019-1 LB 402/17 -, Rn. 27, juris). Unzutreffend ist der Einwand des Beklagten, es handele sich bei dem streitgegenständli- chen vorläufigen Bericht um einen Entwurf um Sinne des § 2 Satz 2 IFG M-V und damit um keine amtliche Information im Sinne des IFG M-V. Zutreffend ist, dass Entwürfe und Notizen, die .nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen und spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden, nach dieser Vorschrift keine amtlichen Informationen im Sinne des §    i Satz 1 Nr. 1 IFG M-V darstellen. Zweck der Regelung ist es, einen innerbe- hördlichen Freiraum für die Erarbeitung von Konzepten zu erhalten (vgl. OVG Nordrhein- Westfalen, Beschluss vom 7. Januar 2015-1 B 1260/14 -, Rn. 26, juris; VG Berlin, Urteil vom 26. Juni 2019 - 2 K 179.18 -, Rn. 19, juris). Entwürfe im Sinne des § 2 Satz 2 IFG M-V sind vorläufige Gedankenskizzen, die nach der
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-6-                          1 A 1480/19 SN Vorstellung des Verfassers noch weiter bearbeitet werden sollen und deshalb noch nicht als Beleg für seine Auffassung oder eine von ihm angestrebte Entscheidung verstanden werden können (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 26, juris). Ausgenommen vom Informationszugang werden damit nur Entwürfe, die so vorläufig und unverbindlich sind, · dass sie für das Verständnis des Verwaltungsvorgangs unerheblich sind (vgl. VG Berlin, Urteil vom 26. August 2020 - 2 K 163.18 -, Rn. 19, juris; VG Berlin, Urteil vom 20. Okto- ber 2016- 2 K 82.16-, Rn. 14, juris; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 2 Rn. 63 ff.; Debus in: BeckOK lnfoMedienR, Stand 1. November 2020, IFG § 2 Rn ..14). Nach diesen Vorgaben ist bereits fraglich, ob der für die Qualifizierung eines Entwurfs notwendige unverbindliche Charakter vorliegt, da dem Minister nach Durchführung der achten Sitzung der Kommissi- on am 8. August 2019 ein Entwurf des vorläufigen Abschlussberichts mit der Bitte um Zu- . stimmung zur Veröffentlichung vorgelegt werden sollte, wobei sich die Kommission für eine schnellstmögliche Veröffentlichung aussprach . . Diese Frage kann jedenfalls dahinstehen. Ist eine Aufzeichnung als „Entwurf" im Sinne des § 2 Satz 2 IFG M-V zu qualifizieren, folgt daraus nämlich nicht automatisch, dass sie keine. ,,amtliche Information" nach§ 2 Satz 1 Nr. 1 IFG M-V enthält. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn sie „nicht Bestandteil eines Vorgangs" werden soll. Ferner hat der Landesgesetzgeber klargestellt, dass nur solche Entwürfe und Notizen von dem Aus- schluss umfasst sind, die spätesten,s nach Abschluss des Vorgangs vernichtet werden. Diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor. Die Frage, ob ein Entwurf in diesem Sinne Bestandteil eines Vorganges werden son, ist primär nach Maßgabe der einschlägigen Aktenordnung oder - wenn diese nichts für die Beantwortung .der Frage hergibt - der einschlägigen Verwaltungspraxis zu beantworten (vgL VG Berlin, Urteil vom 20. Oktober 2016- 2 K 82.16-, Rn. 16, juris). Insbesondere sind Wahrheit, Klarheit und Vollständigkeit der Aufzeichnungen sicherzustellen, so dass Stand und Entwicklung des Verwaltungsvorgangs jederzeit nachvollziehbar sind (vgl. Schach, a.a.O., § 2 Rn. 68). Werden Entwürfe oder Notizen tatsächlich zu den Aktenge- nommen und werden sie damit Bestandtei.1 eines Vorgangs, sind sie - unabhängig von Regelungen der Aktenführung - als amtliche Informationen im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 IFG M-V zu qualifizieren (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019- 7 C 34/17 -, Rn. 11, juris; VG Berlin, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 2 K 82.16 -, Rn. 19, juris; VG Berlin, Urteil vom 2. Juli 2015 - 2 K 82.13 -, Rn. 24, juris; VG Köln, Urteil vom 24. November 2011 - .13 K 1549/10-, Rn. 40, juris; Schoch, a.a.O., § 2 Rn. 70).
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-7-                             1 A 1480/19 SN Vorliegend würde es den Grundsätzen der Vollständigkeit und Klarheit widersprechen, wenn der vorläufige Abschlussbericht nicht Bestandteil der Akten geworden sein sollte, da er sowohl den Mitgliedern der Kommission in der 7. Sitzung am 1. Oktober 2018 über- reicht wurde als auch dem Minister nach der abschließenden 8. Sitzung am 8. August 2019 mit Verfügung vom 21. August 2019 zur Zustimmung vorgelegt werden sollte. Es ist .auch nicht ersichtlich, dass der vorläufige Abschlussbericht nicht zu den Akten genommen und nach Abschluss des Verfahrens vernichtet werden sollte. Hiergegen spricht bereits dieVorlageverfügung vom 21. August 2019. Dass der Bericht mit Verfügung des Abtei- lungsleiters vom 22. August 2019 wegen erheblicher Mängel an den Verfasser mit der Bit- te um Überarbeitung zurückgereicht wurde, steht dem nicht entgegen. Im Übrigen_ist der vorläufige A_bschlussbericht- jedenfalls in Teilen - bereits Bestandteil der Akten gewor- > den, wie sich aus dem Verwalturigsvorgang des Beklagten ergibt, der eine Kopie der Ti- telseite des Berichts mit Stand 16. November 2018 enthält. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht dem Anspruch des Klägers auch § 6 Abs. 1 IFG M-V nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag auf Zugang zu Informatio- nen abzulehnen für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten u_nd Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der In- formationen der Erfolg der Entscheidung vereitelt würde .. Erforderlich ist ein funktionaler Zusammenhang in dem Sinne, dass die dem Aus- schlusstatbestand zugeordneten Aufzeichnungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem Entscheidungsprozess stehen müssen (vgl. Schach, a.a.O., § 4 Rn. 14). Die- nen die Entwürfe bzw. Arbeiten und Beschlüsse nicht der unmittelbaren Vorbereitung ei- ner Verwaltungsentscheidung, sondern dokumentieren sie lediglich den Fortgang einer bestimmten Maßnahme, fehlt es ihnen sowohl an der erforderlichen Zweckbestimmung als auch a11_ dem Erfordernis der "Unmittelbarkeit" (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Be- schluss vom 19. Juni 2002 - 21 B 58~/02-, Rn. 38, juris). Ein Entscheidungs~ntwurf i.S.d. § 6 Abs. 1 IFG M-V liegt daher bei bloßen Sachverhaltsdarstellungen und Faktenzu- sammenstellungen nicht vor (vgl. Schach, a.a.O., § 4 Rn. 19). Geschützt wird allerdings nicht nur der behördliche Entscheidungsprozess bei Verwaltungs'(erfahren i.S.d. § 9 VwVfG M-V, sondern bei Verfahren der Verwaltung jedweder Art (vgl. Schach, a.a.O., § 4 Rn. 1). Einen Bezug zu einer bestimmten Entscheidungsart oder einem bestimmten Ent- scheidungstyp muss der Entwurf nicht aufweisen (vgl. Schach, a.a.O., § 4 Rn. 18; Debus,
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-8-                             1 A 1480/19 SN a.a.O., § 4 Rn. 6). Des Weiteren darf die Informationsverweigerung nur erfolgen, soweit durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung ve.reitelt würde. Eine Vereite- lung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Entscheidung aufgrund des Bekanntwerdens der Information überhaupt nicht, mit anderem Inhalt oder wesentlich sp-äter zustande käme; eine schlichte Verzögerung ist hingegen für den Ausschluss des Informationszugangs nicht ausreichend (vgl. Debus, a.a.O., § 4 Rn. 19, unter Bezugnahme aufBT-Drs. 15/4493). Hinsichtlich des Risikos ist eine Prognoseentscheidung über die Schädlichkeit und Wahrscheinlichkeit der Auswirkungen des Informationszugangs erforderlich (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27. August 2007-1 M81/07-, Rn. 29, juris). Die hierzu maßgeblichen Umstände sind von der Behörde darzulegen (vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 30. Mai 2017 - 1 B 760/17 SN-, Rn. 8, juris). Schließlich setzt die Informationsverweigerung nach § 6 Abs. 1 IFG M-V voraus, dass die behördlichen Überlegungen und Beratungen noch andauern, der Entscheidungsprozess also noch nicht beendet ist. Der mit der Vorschrift bezweckte Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses ist also zeitlich begrenzt und endet spätestens mit dem Ab- schluss des Verfahrens. Dabei kann ein Verfahren nicht nur durch eine Sachentscheidung beendet werden; es kann sich auch auf andere Weise erledigen, etwa wenn das beab- sichtigte Vorhaben nicht mehr weiterverfolgt werden soll oder wenn veränderte Umstände eine Entscheidung entbehrlich machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 3/11 -, BVerwGE 141, 122-133, Rn. 28; Schoch, a.a.O., § 4 Rn. 25). Nach diesen Vorgaben sind die Tatbestandsvoraussetzungen des§ 6 Abs. 1 IFG M-V nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Bericht in einem unmittelbaren Zusammen- hang mit einer konkreten inhaltlichen Entscheidung steht. In der Verfügung vom 12. Sep- tember 2017 des Kommissionsvorsitzenden wird als Ziel der Kommission „die Erhebung und B,ewertung von Informationen zur „Prepper-Szene", die Aufklärung zu g.gf. weiteren Bezügen zur Landespolizei sowie die ganzheitliche Einordnung des Phänomenbereichs" genannt. Die Kommission sollte sich „ganzheitlich" mit dem Phänomen „Prepper" beschäf- tigen und in Abgrenzung zum Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts zu sehen sein. Ausweislich einer weiteren Verfügung des Kommissionsvorsitzenden vom 20. Sep- tember 2017 und der im Verwaltungsvorgang des Beklagten enthaltenen Präsentationen sollte eine Erhebung und Bewertung von Informationen über die sog. Prepper-Szene in
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-9-                           1 A.1480/19 SN Mecklenburg-Vorpommern vorgenommen werden, ein Lagebild erstellt und gesamtgesell- schaftliche Handlungsoptionen und -empfehlungen entwickelt werden. Hierzu wurden vier „Säulen" gebildet, um ein Lagebild zu erstellen (1. Säule) bzw. Fragen der Vorsorge und der Selbsthilfe bei Katastrophen (2. Säule), der Prävention durch Aufklärung (3. Säule) und des sozialwissenschaftlichen Bezugs (4. Säule) zu betrachten. Es ist damit nicht zu erkennen und wurde durch den Beklagten auch nicht dargelegt, dass die Arbeit der Kommission und deren vorläufiger Bericht in Zusammenhang mit einer kon- kreten inhaltlichen Entscheidung steht. Sie sonte vielmehr eine „Beleuchtung der Prepper- Szene in Mecklenburg-Vorpommern" vornehmen, wie sich aus den Ladungen des Kom- missionsvorsitzenden ergibt, und damit eine Darstellung und Zusammenfassung der Be- . wertung der sog. Prepper und deren Hintergründe. Soweit der Beklagte in seiner Klage- erwiderung geltend macht, dass der Bericht je nach weiterem Untersuchungsverlauf der Entscheidung dienen solle, welche konkreten Maßnahmen durch die Sicherheitsbehörden des Landes gegebenenfalls in Bezug auf die sog. Prepper-Szene ergriffen werden, wird ein unmittelbarer Bezug zu einer konkreten inhaltlichen Entscheidung nicht deutlich. Im Hinblick auf die Frage, ob der Bericht eine konkrete inhaltliche Entscheidung vorberei- ten sollte, könnte allenfalls ein Zusammenhang mit der Errichtung des vorgeschlagenen Forschungsprojekts stehen, für welches mit Verfügung vom 21. August 2019 die Zustim- mung des Ministers erbeten wurde. Dass die vorzeitige Bekanntgabe des vorläufigen Ab- schlussberichts den Erfolg dieser Entscheidung vereiteln könnte, ist jedoch nicht ersicht- lich und wurde durch den Beklagten auch nicht geltend gemacht. Gleiches gilt, soweit nach d.er Verfügung des Kommissionsvorsitzenden vom 20. September 2017 aufgezeigt werden sollte, in welcher Weise mit Präventionsmaßnahmen ein „Abdriften" der Szene in die Strafbarkeit verhindert werden könne. Im Hinblick auf den Vortrag des Beklagtenvertreters in der .mündlichen Verhandlung, dass als „Entscheidung" im Sinne des § 6 Abs. 1 IFG M-V die Veröffentlichung des Berichts in seiner endgültigen Fassung angesehen werden müsse, kann dahinstehen, ob diese Auf- fassung zutrifft. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Bekanntgabe der begehrten In- formation an den Kläger- d.h. die Übersendung des vorläufigen Abschlussberichts mit Stand 16. November 2018- den Erfolg dieser Entscheidung vereiteln könnte. Dem Be- klagten bzw. der von ihm eingesetzten Kommission ist es auch nach Übersendung des vorläufigen Berichts an den Kläger unbenommen, eine endgültige Fassung zu erstellen
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- 10 -                           1 A 1480/19 SN und anschließend zu veröffentlichen. Selbst wenn der vorläufige Abschlussbericht auf- grund der Übersendung an den Kläger in der Öffentlichkeit bekannt werden sollte, könnte der Beklagte bei der Erstellung und Veröffentlichung der endgültigen Fassung auf die Hin- tergründe hinweisen. Der Beklagte hat das Vorliegen weiterer Ausschlussgründe nicht geltend gemacht. In Be- tracht käme zwar, dass durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten betroffen sein könnten (vgl.§ 7 IFG M-V). Nach§ 9 IFG M-V hat die anspruchsver- pflichtete Behörde in einem solchen Fall ein Drittbeteiligungsverfahren durchzuführen, so dass der Anspruch auf Informationsgewährung regelmäßig auf eine erneute Bescheidung beschränkt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016- 7 C 2/15-, BVerwGE 154, 231- 247, Rn. 37 ff.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Juli 2017-1 L 215/14-, Rn. 47 ff., juris; VG Schwerin, Urteil vom 24. Februar 2021 ..:..1 A 2011/19 SN-, Rn. 60, juris). Vorliegend bedarf es der Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens jedoch des- halb nicht, weil der Kläger seinen Antrag in der mündlichen Verhandlung auf die Gewäh- rung von Informationen unter Schwärzung personenbezogener Daten beschränkt hat und daher Belange Dritter im Sinne von § 7 IFG M-V durch die Informationsgewährung nicht berührt sein können. Das Erfordemis der Drittbeteiligung entfällt, wenn der Antragsteller - wie hier - sein Einverständnis damit erklärt, dass die Daten von betroffenen Dritten un- kenntlich gemacht werden (vgl. Schach, a.a.O., § 8 Rn. 51). Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf§ 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11., § 711 ZPO. Rechtsmittelbelt;thrung: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie·von dem Oberverwal- tungsgericht zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Schwerin, Wismarsche Straße 323 a, 19055 Schwerin, schriftlich oder in e.lektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsver- kehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach - Elektronischer-
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