Klage in LeipzigWas bringt die Informationsfreiheitssatzung?

Sachsen ist ein dunkler Fleck der Informationsfreiheit. Als eines der letzten Bundesländer hat es kein Auskunftsgesetz. Nur Dresden und Leipzig haben sich städtische Informationsfreiheitssatzungen gegeben. Aber bringen die etwas? Das zeigen wir mit der ersten Klage in Leipzig.

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Die Runde Ecke in Leipzig –

Kreuzer Leipzig

Schon seit vielen Jahren gibt es Kritik am Stasi-Museum in der „Runden Ecke“ in Leipzig, die von einem Verein mit öffentlicher Förderung betrieben wird. Nicht zeitgerecht sei die Ausstellung, es gebe ein „Sammelsurium“ von Ausstellungsobjekten, die Darstellung sei unwissenschaftlich – offenbar tut sich daran seit vielen Jahren nichts.

In diesem Zusammenhang verklagen wir jetzt gemeinsam mit der Bürgerrechtlerin Gesine Oltmanns die Stadt Leipzig auf Zugang zu Informationen. Dabei geht es um Einsicht in Unterlagen zur Förderung des Museums durch die Stadt und mögliche Misswirtschaft im Museum.

Erste Klage in Leipzig

Dass eine solche Klage überhaupt möglich ist, ist für Sachsen besonders. Das Bundesland ist bisher neben Niedersachsen und Bayern das einzige Bundesland ohne allgemeines Auskunftsgesetz – obwohl die sächsische Landesregierung im Koalitionsvertrag ein Transparenzgesetz vereinbart hat.

Leipzig hat sich selbst eine Informationsfreiheitssatzung gegeben, die für die Stadt gilt, offenbar aber auch von dieser nicht ausreichend ernst genommen wird. Deswegen bringen wir jetzt die erste Klage nach der Satzung vors Gericht.

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zur Klage

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Wolfram Günther * Dr. Simon Schuster Bernhard-Göring-Straße 152 04277 Leipzig (im Haus der Demokratie) Tel.: 0341 / 306 51 60 Fax: 0341 / 306 51 62 Bernhard-Göring-Straße 152, 04277 Leipzig 16.02.2021 Verwaltungsgericht Leipzig www.anwaltskanzlei-guenther.de Rathenaustraße 40 info@anwaltskanzlei-guenther.de 04179 Leipzig                                                                     Bank: GLS Gemeinschaftsbank eG IBAN: DE67 4306 0967 1049 6273 00 BIC: GENODEM1GLS 3 K 1127/20 * Die Tätigkeit ist gem. § 47 BRAO seit dem 20.12.2019 ruhend gestellt. In der Verwaltungsstreitsache                    Oltmanns, G. ./. Stadt Leipzig wegen                                     versagtem Informationszugangsantrag Az.:                                      3 K 1127/20 Hier:                                     Klagebegründung wird sich zunächst für die Fristverlängerung bedankt. Zudem wird nachgefragt, wann mit einer Entscheidung über das Akteneinsichtsgesuch gemäß § 100 Abs. 1 S. 2 VwGO zu rechnen ist. Bevor nun die Klage nachfolgend begründet wird, wird zu den Stellungnahmegesuchen des Gerichts aus der gerichtlichen Verfügung vom 31. August 2020 eingegangen: Aus Sicht der Klägerin ist die Sache nicht zur Übertragung auf den Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 VwGO geeignet. Die Verwaltungsstreitsache ist zumindest geeignet von grundsätzlicher Bedeutung zu sein. Grundsätzliche Bedeutung ist unter anderem gegeben, wenn der Rechtsstreit insbesondere politische oder gesellschaftliche Auswirkungen haben kann sowie geeignet ist, eine größere Zahl von Verfahren oder die behördliche Verwaltungspraxis zu prägen. Dass insbesondere letzteres zutrifft, ergibt sich für die Klägerin insbesondere daraus, dass es sich nach Kenntnis des Klägerinvertreters um die erste gerichtliche Entscheidung eines Sächsischen Verwaltungsgerichts           zur     Reichweite    von    Informationszugangsrechten         nach kommunalen Informationsfreiheitssatzungen in Sachsen handeln würde. Bisher verfügen nur die drei sächsischen Großstädte Chemnitz, Dresden und Leipzig über Seite 1 von 18
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derartige, weitgehend gleichlautende Satzungen. Mangels gerichtlicher Entscheidung zu   Umfang      und   Reichweite   der   Zugangsrechte    herrscht hier  ein    großes Klärungsbedürfnis. Es ist davon auszugehen, dass die Behörden sich bei zukünftigen Entscheidungen über Informationszugangsanträgen nach kommunalen Satzungen an diesem Urteil orientieren werden. Dies gilt umso mehr, als es aktuell keine Informationsfreiheitsrecht auf Landesebene gibt, aber ein Transparenzgesetz in dieser Legislaturperiode in Aussicht steht. Es wird daher angeregt, dass die 3. Kammer als Kollegialspruchkörper über die Sache entscheidet. Gegen die Festsetzung des Streitwerts auf 5.000 EUR bestehen hingegen keine Bedenken. In anderen Gerichten wird bei Klagen auf Informationszugang in ständiger Praxis pauschal und typisierend von dem Auffangstreitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG ausgegangen. Dies ist auch gerechtfertigt, weil das Recht auf Informationszugang weder ein rechtliches noch ein berechtigtes Interesse voraussetzt und das Motiv für die Antragstellung grundsätzlich unbeachtlich ist. Es gibt somit keinen monetären Anknüpfungspunkt. Daher empfiehlt es sich, den Auffangstreitwert heranzuziehen. Nunmehr wird nachfolgend die Klage begründet. BEGRÜNDUNG: Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen. Bei den begehrten Informationen handelt es sich unbestritten um Informationen im Sinne des § 2 Abs. 1 der Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen in weisungsfreien Angelegenheiten der Stadt Leipzig (IFS). Ausnahmegründe, die eine Ablehnung des Antrags tragen, hat die Beklagte weder gar nicht oder zumindest nicht ausreichend substantiiert dargelegt. Dabei trifft sie die Darlegungslast. A. Sachverhalt Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zugang zu Informationen in weisungsfreien Angelegenheiten gemäß der Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen in weisungsfreien Angelegenheiten der Stadt Leipzig vom 12. Dezember 2020, veröffentlicht im Leipziger Amtsblatt Nr. 2 vom 26. Januar 2013. Mit Schreiben vom 11.12.2019 stellte die Kl. einen Antrag auf Zugang zu Informationen in weisungsfreien Angelegenheiten gemäß § 3 Informationsfreiheitssatzung (IFS). Darin wurde Zugang zu Informationen betreffend die Seite 2 von 18
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1. Fördermittellisten Kultur Projektförderungen 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 sowie 2. Fördermittellisten Kultur institutionelle Förderungen 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 3. Gutachten zu Museum und Ausstellung "Macht und Banalität" des Bürgerkomitees Leipzig als Träger des Museums "Rundes Eck" beantragt. Mit der Schwärzung personenbezogener Daten erklärte sich die Klägerin ausdrücklich einverstanden. Hintergrund der Anfrage ist, dass das Bürgerkomitee Leipzig e.V. (BK) als Träger des Museums "Rundes Eck" bereits seit etlichen Jahren von unterschiedlichen Stellen ganz erhebliche Fördermittel aus öffentlichen, d.h. steuerfinanzierten Mitteln, unter anderem von der Beklagten erhält. An der ordnungsgemäßen Mittelverwendung und den wissenschaftlichen Standards der Ausstellung und seiner Konzeption bestehen jedoch aufgrund     journalistischer   Recherchen,        öffentlichen  Verlautbarungen        und wissenschaftlicher Artikel zur Museumkonzeption erhebliche Zweifel. So stellte eine renommierte Wissenschaftlerin in einer Fachzeitschrift fest, dass die Ausstellung im Museum an der Runden Ecke nicht den aktuellen wissenschaftlichen Standards entspreche und die fachliche Kompetenz der Leitung in Frage stehe. Beweis: Weiter wurde verlautbart, dass die Beklagte dem BK zur Sicherung der Förderung eine nicht beantragte Fristverlängerung gewährt habe und nur dadurch die Förderung habe gesichert werden können. Beweis: Auch erinnert sich die Klägerin daran, dass der Verein durch den Stadtrat bereits 2014 zur Erarbeitung eines Positionspapiers und Mittelfristige Entwicklungskonzept des Museums Rundes Eck aufgefordert worden ist. Obwohl zusätzliche Mittel zur konzeptionellen Weiterentwicklung des Museums ausgeschüttet worden sind, sei dieses Papier erst 2016 eingereicht worden. Durch Gemeinderatsbeschluss vom 01.02.2017 erhielt das BK gleichwohl höhere Fördermittel. In einem Zeitungsartikel der LVZ aus dem Jahr 2020 findet sich mittlerweile ein Zitat des Geschäftsführers, dass das Positionspapier auf Empfehlung der Stiftung Sächsische Gedenkstätte in das vom Stadtrat beschlossene integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) aufgenommen worden sei. Mit Schreiben vom 08.April 2020, Az.: abr-kno/ 41 24 02, zugegangen am 12. April 2020, lehnte die Beklagten den Informationszugangsantrag – ohne vorherige Anhörung Seite 3 von 18
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der Klägerin – umfassend ab. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Erteilung der gewünschten Auskünfte Gesichtspunkte der schützenswerten Vertraulichkeit entgegenstünden. Es sei Vertraulichkeit bezüglich des Positionspapiers vereinbart worden. Auch die im Auftrag der Beklagten erstellten Gutachten seien für den rein internen Gebrauch vorgesehen. Weiter würde durch die Gewährung von Einsicht in die gewünschten Unterlagen der behördliche Entscheidungsbildungsprozesse gefährdet. Es seien Unterlagen aus nicht öffentlichen Beratungen einsehbar. Zudem seien auch noch laufende Verfahren betroffen. Das gelte für die noch nicht abgeschlossene Fördermittelverfahren 2018 und 2019, aber ebenso das Positionspapier und die Gutachten. Sie seien noch Gegenstand eines nicht abgeschlossenen Verfahrens. Zuletzt enthielten alle Unterlagen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des BK. Auf Nachfrage habe das BK als Träger des Museums "Rundes Eck" der Freigabe der begehrten Informationen widersprochen. Gegen den Ablehnungsbescheid erhob die Klägerin am 30. April 2020 Widerspruch. Es wurde die fehlende Anhörung gerügt. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die vorgetragenen Ablehnungsgründe eine Ablehnung des Antrags nicht trügen. Schon gar nicht können das Begehren mit der Begründung vollumfänglich abgelehnt werden. Die Beklagte genüge ihrer Darlegungslast für die Berufung auf Ausnahmegründe schon nicht. Die im Antragsverfahren unterbliebene Anhörung wurde mit Anhörungsschreiben vom 27. Mai 2020 nachgeholt. Es wurde auf die öffentlich zugänglichen Fördermittellisten verwiesen und ein Link zur entsprechenden Homepage mitgeteilt. Der Antrag auf Einblick in die entsprechenden Förderunterlagen stünden jedoch die bereits geltend gemachten Ablehnungsgründe entgegen. Die Unterlagen enthielten Daten zu Geschäftspartnern und Geschäftstätigkeiten des BK, bei denen es sich um schützenswerte Betriebs-      und Geschäftsgeheimnisse handele und       an deren Geheimhaltung das BK ein berechtigtes Interesse habe. Eine Schwärzung oder Aussonderung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse aus den Unterlagen sei geprüft, aber wegen des großen Umfangs verworfen worden. Gleiches gelte für den Zugangswunsch in das Positionspapier sowie die erstellten Gutachten. Die Gelegenheit zur Stellungnahme nahm die Klägerin mit Anhörungsschreiben vom 15. Juni 2020 wahr. In dem Anhörungsschreiben führte die Klägerin aus, dass sich ihr Informationsbegehren in Bezug auf die konkrete Höhe der an das BK ausgeschütteten institutionellen Förderbeträge erledigt habe. Im Übrigen aber werde an dem weitergehenden     Informationsbegehren   unverändert   festgehalten und    an     der Zugänglichmachung wegen der öffentlichen Diskussion auch ein erhebliches Interesse bestünde. Die Klägerin wies in dem Anhörungsschreiben erneut darauf hin, dass die Seite 4 von 18
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Ausnahmegründe weiterhin nicht nachvollziehbar begründet worden sei. Dies betreffe alle drei vorgetragenen die Ablehnung stützenden Ausnahmegründe. Gerade mit Blick darauf, dass es sich bei dem BK um einen überwiegend durch öffentliche Mittel finanzierten gemeinnützigen Verein handele, der nicht an einem Markt tätig sei und daher auch nicht in Wettbewerb zu Dritten stehe, sorge für eine erhöhte Begründungslast für die Annahme von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Eine Gefahr für den Verein, die ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung begründe, sei jedenfalls nicht vorgetragen worden. Zudem sei es so, dass die Beklagte wohl auch ohne     Probleme       solche   Unterlagen,  die  ggfs.   tatsächlich  Betriebs-      und Geschäftsgeheimnisse enthielten, ausgesondert werden könnten. Auf den „großen Aufwand“ dafür könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Darlegung zu den weiteren Ablehnungsgründen sei schon nicht nachvollziehbar, jedenfalls genüge sie aber ebenfalls nicht der Darlegungslast. Der Ausnahmegrund des Schutzes behördlicher Entscheidungsprozesse dürfte wegen der zwischenzeitlichen Entwicklung schon nicht mehr einschlägig sein. Gemäß eines Stadtratsbeschlusses seien sowohl das Positionspapier als auch die Stellungnahmen überholt. Gemäß des Stadtratsbeschluss A-0172/17/18 vom 15. November 2019 habe sich die Gesamtsituation verändert, sodass die weitere Entwicklung künftig in einem neuen Rahmen betrachtet werden müsse. Mit Datum vom 28. Juli 2020 erging ein ablehnender Widerspruchsbescheid, Az.: abr.- kno/41.24.02. Zur Begründung wurden im Wesentlichen die vorherigen Argumente vorgetragen. Eine intensive Auseinandersetzung mit dem durch Rechtsprechung und Literatur gestützten Vortrag scheint nicht stattgefunden zu haben. Eine genauere Darlegung, warum die Ausnahmegründe einschlägig seien, wurde jedenfalls nicht geliefert. Insbesondere wurde weder zu den im Anhörungsschreiben aufgetretenen Widersprüchen betreffend die aktuelle Entwicklung, noch zum Hinweis auf die Möglichkeit der Aussonderung von Unterlagen Stellung genommen. Zur Begründung der Ablehnung wurden pauschal folgende Gesichtspunkte genannt: - Im Hinblick auf das Informationsbegehren bzgl. der Fördermittellisten Kultur Projektförderungen 2015 - 2019 sei dieses zurückzuweisen gewesen, da der BK keine Projektförderungen, sondern eine institutionelle Förderung erhalten habe. - Im Hinblick auf das Informationsbegehren bzgl. der Fördermittellisten Kultur institutioneller Förderung 2015 - 2019 stehe der Einsicht § 4 Abs. 1 S. 1 IFS entgegen. Die Beklagte sei aufgrund § 30 VwVfG i.V. mit § 7 Abs. 3 IFS nicht berechtigt, über die begehrten Auskünfte und Informationen zu verfügen. Bei den begehrten Unterlagen handle es sich um solche, die dem Betriebs-, und Seite 5 von 18
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Geschäftsgeheimnis unterliegen und gemäß § 9 IFS der Zustimmung des oder dem Betroffenen bedürften. Diese Zustimmung sei auf Nachfrage nicht erteilt worden. Das BK habe im Rahmen der Antragstellung nach Maßgabe von Ziff. 4.2. der Fachförderrichtlinie Kultur u.a. Unterlagen einzureichen. Diese enthielten Angaben über angemessene Mittel (Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, Eintrittsgeldern, u.ä.) sowie eigene Leistungen (Arbeits-, und Sachleistungen) und zu Drittmitteln (bei Förderern, Sponsoren, Stiftern, Spendern, …) beträfen. Hierbei handle es sich aber um von § 30 VwVfG i.V. mit § 9 IFS geschützte Geschäftsgeheimnisse. Der Anspruch auf Geheimhaltung gelte gemäß § 30 VwVfG für alle "Beteiligten", unabhängig davon ob es sich – wie hier – um einen gemeinnützigen Verein handle. Selbst wenn der Verein ein keinem Wettbewerb zu anderen stehe, hätte dieser Wettbewerbsnachteile zu befürchten. Der Verein habe demnach kein weniger schutzwürdiges Interesse als im Wettbewerb stehende Unternehmen. Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht mitgeteilt wurde, welche Nachteile der Verein zu befürchten habe. Die Behauptung      erfolgte  pauschal.   Die    nach   der Rechtsprechung        des Bundesverwaltungsgerichts gebotene Plausibilitätskontrolle ist unterblieben. Ferner sei die Prüfung der Mittelverwendung für den Förderzeitraum von 2018 bis 2019 noch nicht abgeschlossen. Ebenso begründe ein etwaiger Zeitablauf keinen Anspruch auf Zugang zu den Informationen. Ob und wie lange ein schützenswertes Interesse an Geschäfts- , und Betriebsgeheimnissen bestehe, definiere sich i.S.d. § 30 VwVfG für die Dauer des Verwaltungsverfahrens bzw. nach dessen Abschluss in analoger Anwendung der Vorschrift. Die Beklagte habe darüber hinaus auch die in § 11 IFS vorgesehene Möglichkeit der Schwärzung von Daten geprüft, sie jedoch wegen des Umfangs der Unterlagen verworfen. - Im Hinblick auf das Informationsbegehren bzgl. des Gutachtens zu Museen und Ausstellung "Macht und Banalität" stehe diesem ebenfalls gem. § 4 Abs. 1 S. 1 IFS die Regelung des § 30 VwVfG i.V.m. § 9 IFS entgegen. Das Begehren der Klägerin sei dahingehend auszulegen, Auskunft über das "Positionspapier und Mittelfristige Entwicklungskonzept der Gedenkstätte Museum in der Runden Ecke" zu erhalten. Das Positionspapier sei jedoch vom     BK   ausdrücklich    als  "vertraulich",  bzw.  mit  "nicht  öffentlich" gekennzeichnet worden. Zudem habe es rein internen Charakter. Allein die Seite 6 von 18
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Kennzeichnung als "nicht öffentlich" reiche aus, um ein schützenswertes Betriebs-, und Geschäftsgeheimnis zu bejahen. Darüber hinaus stehe dem Begehren der Kl. § 8 IFS entgegen. Bei dem in Rede stehenden Gutachten handle es sich um eine vorläufige interne Bewertung, wozu sich das Kulturamt der Stellungnahmen Dritter als nicht- öffentliche Expertise bedient habe. Die Daten der beteiligten Experten unterlägen jedoch dem Datenschutz, sodass allein deshalb eine Einsicht in das Gutachten zu verweigern sei. Außerdem       diene    dieses     Gutachten    als    Grundlage    für      eine Entscheidungsgrundlage zur konzeptionellen Weiterentwicklung für die Dauerausstellung im "Runden Eck". Es stelle demnach lediglich eine Arbeitsgrundlage für das weitere verwaltungsinterne Verfahren dar. Ein öffentliches   Zugänglichmachen könnte       den mit    einer  konzeptionellen Weiterentwicklung bezweckten Erfolg beeinträchtigen. Mit Schriftsatz vom 25. August 2020 hat die Klägerin Verpflichtungsklage auf Zugang zu den begehrten Informationen vor dem Verwaltungsgericht Leipzig erhoben. B. Rechtliche Würdigung Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen. Das Vorliegen von Ausnahmegründen wurde durch die Beklagte schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Hilfsweise    sind    die   Tatbestände    der   von    der   Beklagten   vorgetragenen Ausnahmegründe nicht erfüllt. I. Keine     der    Darlegungslast     der   Beklagten    genügende     Begründung         der Ablehnungsgründe Die     Beklagte       beruft   sich     bei    der     gänzlichen    Ablehnung         des Informationszugangsantrags auf unterschiedliche Ausnahmegründe. Dazu zählen: -   Ablehnung wegen „schützenswerter Vertraulichkeit“ gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 IFS, -   Ablehnung wegen Betroffenheit von „Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ wahlweise gestützt auf § 7 Abs. 3 S. 1 IFS i.V. mit § 30 VwVfG bzw. § 9 Abs. 2 IFS, Seite 7 von 18
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-    Ablehnung            wegen           „Schutzes             des          behördlichen Entscheidungsbildungsprozesses“ gemäß § 9 Abs. 2 IFS -    Ablehnung mit Berufung auf „Datenschutz“ wohl gemäß § 10 IFS bezüglich der Gutachter zum begehrten Positionspapier sowie -    zumindest inzidente Ablehnung wegen „unverhältnismäßigem Aufwand“. Die Beklagte wird bei der Prüfung und Begründung das Vorliegen der Ausnahmen weder dem Gesetzeszweck noch ihrer Darlegungslast gerecht. Sie ignoriert insbesondere, dass erstens sie als informationspflichtige Stelle die Darlegungslast für das Vorliegen der Ausnahmen trägt und sie zweitens bei der Auslegung von Ausnahmen das Gebot der engen Auslegung zu beachten hat (Schoch, IFG, § 3 Rn. 156). Zur rechtlichen Begründung dieser Anwendungsregelung kann schon wegen des vergleichbaren     Regelungszwecks        sowie    der   identischen     Wortlaute    auf     die Begründungen        bestehender      bundes-     sowie    landesgesetzlicher      Regelungen zurückgegriffen werden. Danach ist der Zweck von Informationsfreiheitsgesetzen, die in der deutschen Verwaltung lang Zeit herrschende Direktive des „Amtsgeheimnisses“ aufzubrechen. Dadurch sollten mehr Transparenz und Beteiligung an der politischen Willensbildung ermöglicht werden. Diesem Paradigmenwechsel widerspräche es, wenn dieses Ziel durch eine allzu großzügige Auslegung der Ausnahmen konterkariert würde (vgl. Schoch, IFG, § 3 Rn. 269, 319; BT-Drs- 15/4493, S. 6; OVG Bln-Bbg, Urteil v. 28. Juni 2013 – 12 B 9/12). Diese Auslegung wird im Übrigen eindeutig durch § 1 Abs. 1 S. 2 IFS. Dort heißt es: „Der Erlass der IFS dient dazu, die Transparenz der Stadtverwaltung zu erhöhen,    die     Zugangsmöglichkeiten      zu    städtischen    Informationen unabhängig     vom     Vorliegen   eines   berechtigten     Interesses   für   die interessierte Öffentlichkeit zu fördern.“ Unterstützt wird diese Auffassung nicht zuletzt durch § 15 IFS, wo es heißt, dass „alle rechtlichen Ermessenspielräume ausgeschöpft würden, um eine möglichst frühe Veröffentlichung     aller   Entscheidungsprozesse      des    Rates    zugrunde    liegenden Informationen zu ermöglichen. Auch daraus spricht der Wille zur größtmöglichen Transparenz, was mit einer weiten Auslegung der Ausnahmen nicht vereinbar wäre. Beruft sich eine informationspflichtige Stelle, wie die Beklagte, mithin auf eine Ausnahme       zum    Anspruch      auf  Informationszugang       muss    sie   die   jeweilige Gefährdungslage in Form einer nachvollziehbar begründeten und durch Tatsachen belegten Prognose darlegen. Das erkennende Gericht muss auf Grundlage dieses Vortrags die Möglichkeit haben, nachzuprüfen, ob tatsächlich die Möglichkeit einer Beeinträchtigung eines Schutzguts droht (HessVGH, NVwZ 2010, 1036 (1039)). Die Seite 8 von 18
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informationspflichtige Stelle hat insoweit bezüglich der Frage des Vorliegens einer Ausnahme keinen Beurteilungsspielraum. Nach einheitlicher Auffassung genügt ein pauschaler, unsubstantiierter und nicht am konkreten Einzelfall geführter Vortrag zur Begründung einer Ausnahme und damit zur Ablehnung eines Informationszugangsantrags nicht (vgl. Schoch, IFG, § 3 Rn. 302). Würde man dies genügen lassen, könnte dies die Missbrauchsanfälligkeit erhöhen und zur Annahme von nicht vorgesehenen de facto-Bereichsausnahmen führen (OVG Bln- Bbg, Urt. v. 28. Juni 2013 – 12 B 9/12 -, juris Rn. 36; OVG Bln-Bbg, NVwZ-RR 2015, 126 (128); OVG NRW, Urt. v. 2. Juni 2015 – 15 A 2062/12 -, juris Rn. 78 ff.; VG Berlin, Urt. v. 28. Januar 2015 – 2 K 128/14). Nach dem eben Gesagten, kann die Ablehnung des Antrags jedenfalls nicht begründet werden durch -    einfachen Verweis auf einen Schutz Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ohne Begründung der Qualität als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses sowie der konkreten Darlegung des berechtigten Interesses des Dritten (dazu B. I.) oder durch -    einfachen     Verweis  auf   die   Vereinbarung   der   Vertraulichkeit     ohne Dokumentation und konkreten Nachweis der Vertraulichkeitsvereinbarung sowie des objektiven berechtigten Interesses an der Schutzwürdigkeit der Vertraulichkeitsvereinbarung (dazu B. II.) oder -    durch    unbegründeten     Verweis    auf    den Schutz   des     behördlichen Entscheidungsprozesses, zumal § 4 Abs. 1 a.E. IFS gerade den Zugang zu Informationen, die „nur“ zur Entscheidungsfindung beitragen, vorsieht sowie nicht zuletzt -    einfachen Verweis auf die ggfs. nötigen umfangreichen Schwärzungen. Von diesen Ablehnungsbegründungen werden noch nicht mal jene Informationen, wie die Sachberichte wegen Förderungen aus den Jahren 2015 bis 2017 umfasst, zu denen die Beklagte den Zugang ohne weitere Begründung verweigert. Eine Substantiierung des Vortrags erfolgte auch dann nicht, obwohl die Klägerin ihren rechtlichen Standpunkt zu den gerade genannten Punkten gegenüber der Beklagten bereits umfangreich dargetan und auch immer wieder ergänzt hat. Die Beklagte ist dementgegen auf die Argumente nicht oder zumindest nicht in der gebotenen Tiefe eingegangen. So beginnt sie zwar im Widerspruchsbescheid mit Ausführungen zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen von nicht am Markt tätigen und keiner Konkurrenz ausgesetzten eingetragenen Vereinen. Abgesehen von der Seite 9 von 18
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Mitteilung der Ansicht, dass sich auch diese grundsätzlich auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen berufen können, erfolgt durch die beklagte dann keinerlei Einordnung, bei welchen der geforderten Unterlagen es sich überhaupt und warum um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder warum an der Geheimhaltung ein berechtigtes Interesse besteht. Ganz ähnlich verhält es sich auch bezüglich der weiteren zur Ablehnung herangezogenen Ausnahmetatbestände. Es wird stets schlicht pauschal behauptet, „Vertraulichkeit“ sei vereinbart worden oder eine Veröffentlichung gefährde behördliche Entscheidungsbildungsprozesse bzw. die Schwärzungen seien zu umfangreich, als dass sie mit vertretbarem Aufwand vorgenommen werden könnten. Die oben skizzierten Anforderungen an die Darlegung des Vorliegens von Ausnahmen auf eine Weise, dass sie sich auf den konkreten Einzelfall beziehen und das erkennende Gericht die Möglichkeit der Überprüfung hat, werden sie jedenfalls in keiner Weise gerecht. Schon deswegen ist die Ablehnung rechtswidrig und sind die begehrten Auskünfte zu erteilen. II. Hilfsweise: Kein Vorliegen von Ausnahmengründen Hilfsweise   liegen    Ausnahmegründe,     die    eine   insgesamte    Ablehnung      des Informationszugangsantrags rechtfertigen, nicht vor. Zur Begründung wird zunächst auf die Widerspruchsbegründung vom 30. April 2020 (Anlage K 3) sowie die Stellungnahme der Klägerin vom 15. Juni 2020 (Anlage K 5) zum Anhörungsschreiben der Beklagten verwiesen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird dieser Vortrag nachfolgend zunächst lediglich ergänzt. 1.  Kein Vorliegen von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen Bezüglich des Nicht-Vorliegens einer Ausnahme wegen des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gemäß § 9 Abs. 2 IFS wird zunächst auf den bereits ausführlichen Vortrag aus Anlage K 3 und insbesondere Anlage K 5 verwiesen. Bereits hier wurde in Übereinstimmung mit der soweit einheitlichen Rechtsmeinung in Literatur und Rechtsprechung vorgetragen, dass das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses,       an   deren   Geheimhaltung      der  Geheimnisträger      ein berechtigtes Interesse hat, dies am konkreten Einzelfall plausibel darlegen muss (vgl. Anlage K 5 unten; Schoch, IFG, § 3 Rn. 329). Ob danach ein berechtigtes Seite 10 von 18
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