Karl-Theodor zu GuttenbergWenn die Lobby zu Gast ist

Lobbyisten schaffen es immer wieder, Artikel und Gastbeiträge in renommierten Publikationen zu platzieren. Da gibt es noch einiges an Transparenz zu schaffen.

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Karl-Theodor zu Guttenberg, Bundesminister a.D. –

Es mag Menschen geben, die rein aus Leidenschaft Artikel über Finanzgeschäfte wie Leerverkäufe schreiben. Der ehemalige Verteidigungs- und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gehört offenbar nicht dazu. Nach Recherchen (u.a. von Monitor) verfasste der Ex-Politiker im vergangenen Jahr für die FAZ einen Gastbeitrag mit dem Titel „Ein Virus namens Leerverkäufe“), während er als Lobbyist für das Unternehmen Wirecard tätig war. Die Botschaft seines Beitrags – bestimmte Spekulationen am Finanzmarkt müssten unterbunden werden – dürfte seinem Kunden sehr gut gepasst haben.

Zu Guttenberg selbst stritt ab, den Beitrag im Auftrag von Wirecard geschrieben zu haben, jedoch geht laut Monitor aus Wirecard-Unterlagen hervor, dass zu Guttenbergs Beitrag aus einem internen Argumentationspapier des Unternehmens stammt. Die SPD warf zu Guttenberg daraufhin vor, den Wirecard-Untersuchungsausschuss zu seinen Tätigkeiten belogen zu haben. Der Deutsche PR-Rat sah interne Unterlagen zu dem Fall ein und rügte daraufhin Guttenberg für „verdeckten Lobbyismus“ und das Verschleiern der Hintergründe seines Gastbeitrags.

Lobbyismus und Transparenz

Das könnte nicht der einzige Fall gewesen sein, in dem der Ex-Minister Gastbeiträge im Sinne seiner Geschäftsinteressen verfasst hat, wie eine kurze Internet-Recherche zeigt. Für die Süddeutsche Zeitung etwa schrieb zu Guttenberg im Dezember 2016 gemeinsam mit dem Lobbyisten und Ex-Staatssekretär Walther Otremba einen Gastbeitrag, in dem er Kryptowährungen anpries. Gleichzeitig war er im Aufsichtsrat des Kryptowährungs-Startup Ripple.

Daraus könnte man glatt einen sehr schnellen Schluss ziehen: Wenn zu Guttenberg einen Gastbeitrag für ein Unternehmen schreibt, bekommt das bald Probleme mit der Justiz. Nicht nur ist Wirecard inzwischen insolvent, auch Ripple wurde Ende 2020 von der US-Börsenaufsichtsbehörde wegen zwielichtiger Geschäfte verklagt.

Zum anderen aber wirft der Fall zu Guttenberg ein schiefes Licht auf die Zeitungen, die Gastbeiträge des Ex-Politikers veröffentlicht haben, ohne auf dessen Geschäftsinteressen hinzuweisen. Die FAZ sagte auf Anfrage, dass der Leerverkäufe-Gastbeitrag der Zeitung ohne einen Hinweis auf eine Beratertätigkeit Herrn von Guttenbergs für Wirecard angeboten wurde: „Wir hätten den Beitrag in Kenntnis einer Beratertätigkeit Herrn von Guttenbergs für Wirecard nicht abgedruckt.“ Ein Honorar zahlte die FAZ zu Guttenberg nach eigenen Angaben nicht.

Offenlegung

Aber reicht es, wenn Redaktionen darauf vertrauen, dass Ex-Politiker:innen Gastbeiträge vor allem aus Mitteilungsdrang verfassen und nicht aus geschäftlichen Interessen? Wenn mangels Offenlegungspflicht Geschäftsverbindungen von Ex-Ministern nicht öffentlich sind, hätte die FAZ (und die Süddeutsche Zeitung beim früheren Beitrag) nicht bei zu Guttenberg nachfragen müssen, ob er mögliche Interessenkonflikte hat?

In angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften ist es inzwischen normale Praxis, dass Autoren und Autorinnen gegenüber der Redaktion und auch der Öffentlichkeit offenlegen, ob sie mögliche Interessenkonflikte haben, also beispielsweise geschäftliche Verbindungen zu Pharmafirmen bestehen, die in einem beforschten Bereich tätig sind. Das schützt zwar auch nicht vor Falschangaben – aber erhöht das Risiko, bei bezahlten Gastbeiträgen erwischt zu werden, noch deutlich.

Auch journalistische Medien sollten dazu übergehen, solche Verbindungen mindestens von Gastautor:innen standardmäßig abzufragen und mögliche Interessenkonflikte offenzulegen – unabhängig davon, ob sie sich tatsächlich beeinflussen lassen. Die Transparenz erhöht die Glaubwürdigkeit von Medien.

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