Und täglich grüßt der Gebührenbescheid

Unsere Auswertung zeigt: In kaum einem Land in Europa sind Anfragen an den Staat überhaupt gebührenpflichtig und so teuer wie in Deutschland. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht bisher nichts an Gebühren für Anfragen an Behörden auszusetzen hat, besteht weiter Grund zur Hoffnung – und zum Klagen.

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Im europaweiten Vergleich gibt es kaum ein Land, das so penetrant Gebühren für Informationsfreiheitsanfragen verlangt wie Deutschland. Unsere neue Auswertung zeigt, dass Deutschland eines der wenigen Länder ist, das überhaupt Gebühren für Informationsanfragen erhebt. In den Nachbarländern wie Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Dänemark werden Informationen kostenlos erteilt. Dasselbe Bild zeigt sich, wenn man weiter nördlich oder südlich von Deutschland Anfragen stellt. Lediglich in wenigen anderen Ländern – etwa unter den autokratischen Regierungen von Belarus, Polen und Ungarn – kosten Auskünfte ebenfalls Gebühren.

Gebühren für Informationsfreiheit in Europa

Kein Gesetz in Europa schreibt so explizit wie in Deutschland vor, dass für Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich Gebühren zu erheben sind. Ob Neugierde von Bürger*innen oder journalistische Recherchen – Informationsanträge setzen den Gebührenbescheiden nach einem gewaltigen Ressourcenverbrauch in deutschen Behörden in Gang. Und das alles, während sich das Tagesgeschäft auf dem Aktenbock daneben stapelt.

Informationen dürfen kein Luxusgut sein

Zwar steht den Behörden bei der Bemessung der Gebühren ein Ermessensspielraum zu. Das grundsätzliche Verbot für Behörden, mit Gebühren Bürger*innen abzuschrecken, bleibt allerdings meist nur ein optimistisches Ideal. Denn alleine die hohen Stundensätze für Beamten, die in Rechnung gestellt werden – teilweise 80 Euro pro Stunde – verbunden mit der langsamen Bearbeitung von Anträgen lassen Gebühren schnell in die Höhe schießen.

Ob die in Ansatz gebrachten Stunden den tatsächlichen Verwaltungsaufwand abbilden oder die Behörden einfach zu ineffizient arbeiten, steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls kann das vom Gesetzgeber gewollte möglichst niedrigschwellig angesetzte Informationszugangsrecht unter den gegebenen Umständen nicht wirksam in Anspruch genommen werden. Daten von FragDenStaat zeigen: Rund zwei Drittel der Personen, denen Gebühren angekündigt werden, ziehen ihre Anfrage zurück. Das betrifft in erster Linie Menschen, die es sich nicht leisten können, für eine Information hunderte Euro zu zahlen.

Wir kämpfen weiter gegen Gebühren

Das Bundesverwaltungsgericht hat gegen die Gebührenpraxis der Bundesbehörden bisher nichts einzuwenden – wir haben inzwischen gegen ein dementsprechendes Urteil des Gerichts Verfassungsbeschwerde eingelegt. Wir glauben: Staatliche Informationen sind Grundlage einer guten Demokratie. Sie dürfen kein Geld kosten.

Solange Gebühren aber nicht abgeschafft sind, helfen wir mit anderen Mitteln weiter. Gemeinsam mit Wikimedia haben wir einen Gebührenfonds eingerichtet, der Rechnungen von Behörden in diesem Bereich erstattet. Voraussetzung ist, dass die Ergebnisse der jeweiligen Anfrage in ein Wikimedia-Projekt wie Wikipedia münden. Außerdem hat FragDenStaat eine Crowdfunding-Funktion, durch die einzelnen User für Kosten ihrer Anfrage Spenden einsammeln können.

Und wir klagen weiter gegen Gebühren: Das Innenministerium Nordrhein-Westfalen musste jetzt nach unserer Klage drei Gebührenbescheide aufheben, die im Zusammenhang mit Anfragen zum Hambacher Forst erlassen wurden. Es hatte versucht, Gebühren gleich dreimal einzutreiben. Dem haben wir mit unseren Klagen einen Riegel vorgeschoben.

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