Einsatz von Polizei-TasernWir klagen auf Herausgabe der NRW-Dienstanweisung

Wie setzt die Polizei Elektro-Waffen ein? In vielen Bundesländern testen Polizeibehörden den Einsatz von Tasern, halten aber geheim, welche Bedingungen dafür gelten. Deswegen verklagen wir jetzt das Land Nordrhein-Westfalen auf Zugang zu seiner Dienstanweisung.

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Testeinsatz von Tasern

[Update, 25.10.2023: Wir haben gewonnen!]

Die Polizei NRW testet derzeit den Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten –  umgangssprachlich besser bekannt als Taser. Neben Schusswaffen und Schlagstöcken sind Taser nunmehr als Waffe im NRW-Polizeigesetz zugelassen und können deshalb von Polizist:innen im Einsatz genutzt werden.

Der Einsatz der Geräte ist jedoch umstritten. Insbesondere wird diskutiert, ob die Verwendung von Tasern verhältnismäßig ist, zumal von den Elektroschocks hohe Gesundheitsrisiken für etwa Herz- oder Suchtkranke ausgeht. Kürzlich starb in Niedersachsen ein Mann nach dem Einsatz eines Tasers durch eine Polizei-Spezialeinheit.

Umstrittener Polizeieinsatz

Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen Herbert Reul betont in einer Pressemitteilung, es gehe „auch im Testbetrieb keine Beamtin und kein Beamter mit einem Distanzelektroimpulsgerät auf die Straße, ohne mit dem Gerät vollumfänglich vertraut zu sein.“ Ein Polizeieinsatz in Dortmund wirft jedoch die Frage auf, ob Polizist:innen auf den Umgang mit Tasern tatsächlich hinreichend vorbereitet werden und die Geräte auf der richtigen Seite tragen – separat von ihrer Schusswaffe, um eine Verwechslung zu vermeiden.

Die konkreten Vorgaben für den Umgang mit Elektrotasern durch Polizist:innen sind in einer Dienstanweisung niedergelegt. Das zuständige Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste weigert sich jedoch, sie öffentlich zu machen. Dies ist vor allem auch deshalb unverständlich, da in der – öffentlich zugänglichen – Verwaltungsvorschrift zum Polizeigesetz NRW konkrete Vorgaben für den Einsatz von Schlagstöcken sowie den Schusswaffengebrauch enthalten sind. Warum in Bezug auf den Einsatz von Tasern nun ein Geheimhaltungsbedürfnis bestehen soll, ist unklar.

Klage kommt

Auf die Anfrage einer unserer User gab das Landesamt die Dienstanweisung nicht heraus, sondern berief sich darauf, dass die Dienstanweisung als Verschlusssache eingestuft sei. Dabei sieht das Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW einen solche Ausschlussgrund gar nicht vor. Auch im Übrigen stehen dem Informationsanspruch unserer Ansicht nach keine Ausschlussgründe entgegen.

Dass Vorgaben für den Einsatz von Waffen durch Polizist:innen öffentlich bekannt sind, sollte keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Beeinträchtigung der Polizeiarbeit darstellen, sondern vielmehr eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit sein.

Wir sind der Meinung, dass in einem Bereich, der für die Grundrechte derart wichtig ist, Transparenz herrschen muss. Deswegen verklagen wir das Land NRW auf Offenlegung der Dienstanweisung für Taser.

Unsere Klagen kosten Geld und werden durch Spenden finanziert. Diese Klage kostet rund 2.500 Euro. Bitte unterstütze uns mit einer Spende, zum Beispiel 20 oder 50 Euro!

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lZORBINIAN GEIGER -Rechtsanwalt- Rechtsanwalt Geiger I                                                                                Korbinian Geiger Verwaltungsgericht Düsseldorf                                                                        Rechtsanwalt Postfach 20 08 60 40105 Düsseldorf Ihr Zeichen: Unser Zeichen: 33/21 Greifswald, 18. August 2021 Klage -Kläger- Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Korbinian Geiger, gegen das Land No r d r h e in - Wes t f a 1e n , vertreten durch das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW, dieses vertreten durch den Direktor, Schifferstraße 10, 47059 Duisburg - Beklagter - wegen Informationsfreiheitsrechts. Korbinian Geiger I Rechtsanwalt I Telefon und Fax: 03834 / 848 50 93 1 Steuernummer: 084/223/0405 Geschäftskonto: IBAN DE20 1203 0000 1007 8734 23 I BIC BYLADEM1001 Anderkonto: IBAN DE34 100100100922 6521 06 I BIC PBNKDEFF
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Unter anwaltlicher Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung erhebe ich namens des !<Jägers I<lage und werde beantragen, den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 5. Mai 2021 zu verpflichten, dem Kläger die Dienstanweisung mit Stand vom Zeitpunkt der Antragstellung (23. April 2021) für den Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten (DEIG) der Polizei NRW zuzusenden. Vorläufiger Streitwert: 5.000 Euro Begründung I. Das Ministerium des Innern Nordrhein-Westfalen kündigte 1n emer Pressemitteilung an, daß ab dem 15. Januar 2021 einzelne Polizeibehörden Distanzelektroimpulsgeräte testeten. Der Minister wird wie folgt zitiert: „Heute starten wir die Pilotphase und übergeben die ersten Distanzeiektroimpulsgeräte an die Beamtinnen und Beamten des Wachdienstes. Diese werden sie intensiv in der polizeilichen Praxis testen. [... ] Mir geht auch im Testbetrieb keine Beamtin und kein Beamter mit einem Distanzeiektroimpulsgerät auf die Straße, ohne mit dem Gerät vollumfänglich vertraut zu sein. Beim Einsatz einer solchen W qffe gibt es sicherlich Chancen, aber auch R.isiken. Hier muss gut abgewogen werden." Zur Wirkung der Geräte wird in der Pressemitteilung ausgeführt: ,,[. ..] [D]as Gerät[. ..] sendet[...] nach Abschuss zweier Elektroden Stromimpulse aus, die auf das menschliche Nerven!Jstem wirken. Es kommt zu einer neuromuskulären Lähmung, die den Aggre.rsor kurzzeitig handlungsuefähig macht und die Polizistinnen und Polizisten in die Lage versetZf, die Person zu überwältigen, ohne weiten: Gewalt anwenden zu müssen." Pressemitteilung vom 15. Januar 2021, als Anlage Kt anbei Laut einer früheren Pressemitteilung seien die Distanzelektroimpulsgeräte bei den ,,Spezialeinheiten" schon seit längerer Zeit, also schon vor Beginn des Pilotprojekts, eingesetzt. Pressemitteilung vom 8. Juli 2020, als Anlage K2 anbei - Seite 2 von 4 -
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Der Kläger richtete sich an den Beklagten über das Internetportal www.fragdenstaat.de mit E-Mail vom 23. April 2021 mit dem im Klageantrag wiedergegebenen Informations begehren. Antrag vom 23. April 2021 in Anlage K3, Seiten 1-2 Dieser Antrag wurde vom Beklagten mit E-Mail vom 5. Mai 2021 abgelehnt. Zur Begründung wurde angeführt, daß die Dienstanweisung als V erschlußsache eingestuft sei. Mit Schreiben vom 14. Juni 2021 ergänzte der Beklagte seine Ablehnungsbegründung damit, daß die VS-Einstufung aufgrund einer (weiteren) Verwaltungsvorschrift (VSA) erfolge und diese voraussetze, daß „die Kenntnisnahme durch Unbifugte ftir die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann". Gegenüber der Landesbeauftragten für Datenschutz und die Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen - nicht aber gegenüber dem Kläger - behauptete der Beklagte, daß damit der Ablehnungsgrund des§ 6 lit. a IFG NRW erfüllt sei. Ablehnungsbescheid vom 5. Mai 2021 in Anlage K3, Seite 3 E-Mail vom 30. Juni 2021 der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen mit Zitation des Schreibens des Beklagten vom 14. Juni 2021 in Anlage K3, Seiten 10-11 II. 1. Die Klage ist als V erpflichtungsklage zulässig. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf ist örtlich gemäß § 52 Nr. 3 Sätze 2, 3, 5 i.V.m. Nr. 5 VwGO zuständig. Insbesondere ist die Klage fristgerecht innerhalb der Jahresfrist des§ 74 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben worden, da der angefochtene Bescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält. 2. Die Klage ist auch begründet, denn die Einstufung als V erschlußsache führt nicht zu einem Automatismus dahingehend, daß der Ausschlußgrund § 6 lit. a IFG NRW eintritt. Im übrigen dürfte schon die Einstufung als Verschlußsache unbegründet sein. Zur Annahme eines Ausschlußgrundes sind weitere Darlegungen des Beklagten nötig, die er nicht gemacht hat. Insoweit ist der Bescheid schon wegen Verstoßes gegen die Begründungsanforderungen in § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW - Seite 3 von 4 -
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rechtswidrig, da weder ein Ausschlußgrund bezeichnet noch eine entsprechende Subsumtion vorgenommen wurde. Beglaubigte Abschrift anbei. Rechtsanwalt - Seite 4 von 4 -
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