ZensurheberrechtWir gewinnen endgültig gegen Bundesregierung

Nach dem Landgericht und dem Oberlandesgericht hat jetzt auch der Bundesgerichtshof bestätigt, dass wir 2018 das Glyphosat-Gutachten veröffentlichen durften. Ein langer Rechtsstreit geht damit vorbei – mit einem wichtigen Sieg für die Informationsfreiheit und gegen das Zensurheberrecht!

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Protest gegen Glyphosat –

Wichtiges Signal für die Informationsfreiheit! Der Bundesgerichtshof hat die Beschwerde des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) im Fall des Glyphosat-Gutachtens abgewiesen. Damit ist das Urteil des Oberlandesgerichts Köln aus dem vergangenen Jahr rechtskräftig: Wir durften das von Beamten erstellte Gutachten zu Krebsrisiken beim Einsatz von Glyphosat veröffentlichen, das wir 2018 nach dem Informationsfreiheitsgesetz erhalten hatten. Anders als die Bundesregierung argumentierte, war die Veröffentlichung kein Verstoß gegen das Urheberrecht.

Bis zuletzt hatte das BfR vor Gericht gegen uns gekämpft. Am Ende steht eine große Blamage für die Regierung, das Bundesinstitut und seine Abmahnanwälte der ersten Instanzen: Sowohl im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als auch im Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht, Oberlandesgericht und Bundesgerichtshof sowie vor dem Verwaltungsgericht verlor das BfR gegen uns.

Bundesregierung komplett blamiert

Mit dem Glyphosat-Fall haben wir endgültig gezeigt, das wir trotz großer Kostenrisiken bereit sind, für die Informationsfreiheit zu kämpfen. Außerdem hat das Verfahren verdeutlicht, dass behördliche Dokumente, die per Informationsfreiheitsgesetz herausgegeben werden, auch veröffentlicht werden dürfen – mindestens, wenn dies im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über ein aktuelles Ereignis geschieht.

Das Glyphosat-Urteil dürfte Auswirkungen auf die Zensurheberrechtspraxis deutscher Behörden haben. Immer wieder versuchen Behörden, mit Berufung auf das Urheberrecht die Veröffentlichung von Dokumenten zu verhindern. Das BfR zeigt eindrücklich, wie man es nicht machen sollte. In den vergangenen Jahren zahlte es offenbar mehr als 200.000 Euro an Anwälte und Gerichte, um seine Urheberrechtsforderungen gegen uns durchzusetzen – letztlich vergeblich.

Das Gesetz muss geändert werden!

Wir brauchen jetzt eine gesetzliche Klarstellung, dass die Veröffentlichung behördlicher Dokumente urheberrechtlich immer zulässig ist. Dazu muss § 5 des Urheberrechtsgesetzes geändert werden. Einen Vorschlag dazu haben wir bereits 2019 gemacht.

Denn auch wenn wir letztlich vor Gericht gewonnen haben: Alleine unser Zeitansatz über die vergangenen Jahre war äußerst kostspielig. Zudem mussten wir mit einem großen Kostenrisiko rechnen. Hätten wir letztlich vor dem BGH verloren, hätten wir rund 25.000 Euro zahlen müssen. Wir bedanken uns sehr bei den mehr als 45.000 Personen, die uns im Laufe des Prozesses mit Spenden und ihren Anfragen unterstützt haben!

Parallel dazu haben wir außerdem eine weitere Klage gegen das BfR gewonnen. Das Institut musste uns ein Abmahnschreiben von 2015 herausgeben. Damals hatte das BfR bereits den MDR erfolglos abgemahnt und verklagt.

Wenn ihr unsere Arbeit weiter unterstützen wollt, spendet uns bitte.

zum Glyphosat-Gutachten

zum ausführlichen Urteil des OLG

zum Beschluss des BGH

mehr Infos zum Zensurheberrecht

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Eingegangen

      
   

ES Da Feb. 29

 

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

I ZR 84/21
vom
27. Januar 2022

in dem Rechtsstreit

Bundesinstitut für Risikobewertung, vertreten durch den Präsidenten, Max-Dohrn-
Straße 8-10, Berlin,

Kläger und Beschwerdeführer,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Prof. Dr. Rohnke und Dr. Winter -
gegen
Arne Semsrott, c/o Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.,Singerstraße 109,
Berlin,

Beklagter und Beschwerdegegner,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Dr. Ackermann -

ECLI:DE:BGH:2022:270122BIZR84.21.0
1

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2022 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Feddersen, die Richterinnen Pohl,
Dr. Schmaltz und den Richter Odörfer

beschlossen:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in
dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Mai
2021 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten ge-
stützten Rügen nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts oder
die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung
des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordert (8 543 Abs. 2
Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß 8 544 Abs. 6
Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (8 97 Abs. 1
ZPO).

Sireitweri: 25.000 €
Koch Feddersen Pohl

Schmaltz Odörfer
Ausgefertigt:

le

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
des Bundesgerichtshofs
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