MaskenaffäreGesundheitsministerium um Karl Lauterbach verhindert Aufklärung

In der Maskenaffäre erhielt eine Schweizer Firma Hunderte Millionen Euro vom deutschen Staat – unter anderem durch Mithilfe von Jens Spahn. Mit dem Wechsel an der Spitze des Gesundheitsministerium gibt es aber immer noch keine Aufklärung. Die Bearbeitung unserer Klage wird verzögert.

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Der jetzige und der Ex: Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Jens Spahn –

Update, 27.2.2023: Wir haben das Verfahren gewonnen, allerdings hat das Gesundheitsministerium Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt.

Die schwarz-rote Bundesregierung ist abgewählt, aber ihre Maskenaffäre ist noch lange nicht vorbei: Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit im Zusammenhang mit Provisionen der Schweizer Firma Emix unter anderem gegen Andrea Tandler. In dem Verfahren geht es nach Informationen von WDR, NDR und SZ auch um überhöhte Masken-Bestellungen durch Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn – mit einem Schaden von 136 Millionen Euro. Die Qualität der Masken war zudem offenbar zweifelhaft.

Dabei muss Spahns genaue Rolle aufgeklärt werden. Offenbar hatte er direkten SMS-Kontakt zu Tandler, einer der Verbindungspersonen von Emix und Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler. Weil das Gesundheitsministerium uns die Direktnachrichten zwischen Spahn und Tandler nicht herausgeben will, haben wir vor inzwischen fast einem Jahr Klage eingereicht.

Lauterbach klärt nicht auf

Das Verfahren allerdings wird seitdem sowohl vom zuständigen Kölner Verwaltungsgericht als auch vom Ministerium herausgezögert. Antworten gibt es noch immer nicht – und auch ein Verhandlungstermin zur Klage steht in weiter Ferne. Das Gesundheitsministerium weigert sich auch unter Karl Lauterbach weiter, zur Aufklärung beizutragen.

Dass das Ministerium unter Lauterbach nicht transparenter agiert als unter Spahn, dürfte auch mit dem Personal zusammenhängen. So beließ Lauterbach etwa den von Spahn engagierten Leiter der Pressearbeit, den ehemaligen Bild-Journalisten Hanno Kautz, im Amt. Er hat sich bisher nicht mit transparenter Kommunikation hervorgetan – im Gegenteil. Kein Wunder, dass es inzwischen Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss gibt, der die Maskenaffäre versucht auch parlamentarisch aufzuklären.

Auch Bundestagsabgeordnete waren in Maskenverkäufe an die Bundesregierung involviert. Im Rahmen unserer „Aktion Ehrensache“ musste das Gesundheitsministerium im vergangenen Jahr die Mailkorrespondenzen einzelner Bundestagsbüros mit dem Ministerium herausgeben. Der Schriftverkehr vom Büro des damaligen Oppositionspolitikers und jetzigen Finanzministers Christian Lindner, der Mieter von einer von Spahns Wohnungen in Berlin ist, war jedoch unauffällig.

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Korrektur, 16.33 Uhr: Ermittlungen laufen nicht gegen Emix, sondern gegen Verbindungspersonen der Firma.

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Verwaltungsgericht Berlin Kirchstraße 7 10557 Berlin Bitte wählen Sie direkt Per beA Tel.-Nr. (030) 44 67 92 35 Sekretariat Frau Plätke Berlin, den 31.05.2021 / AGI Unser Zeichen 889/2021-AGI Bitte stets angeben! Klage des Herrn Arne Semsrott c/o Open Knowledge Foundation, Singerstraße 109, 10179 Berlin, - Kläger - Prozessbevollmächtigte: dka Rechtsanwälte Fachanwälte, Marion Burghardt, Christian Fraatz, Dieter Hummel, Mechtild Kuby, Nils Kummert, Sebastian Baunack, Dr. Lukas Middel, Damiano Valgolio, Daniel Weidmann, Dr. Raphaël Callsen, Dr. Laura Krüger, Sandra Kunze, Dr. Silvia Velikova, Wolfgang Kaleck, Sönke Hilbrans, Sebastian Scharmer, Dr. Kersten Woweries, Dr. Peer Stolle, Henriette Scharnhorst, Gesa Asmus, Norbert Schuster, Anne Weidner, Wolfgang Daniels, Anna Gilsbach, Benedikt Rüdesheim, Immanuelkirchstraße 3 - 4, 10405 Berlin, gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit Friedrichstraße 108, 10117 Berlin, - Beklagte - wegen Anfrage nach dem IFG.
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2 Namens und in Vollmacht des Klägers wird unter Ankündigung der folgenden Anträge Klage erhoben: 1. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag vom 24.01.2021 die folgenden von ihm angefragten Informationen zugänglich zu machen: Sämtlichen Schriftverkehrs zwischen Jens Spahn und Andrea Tandler in den Jahren 2020 und 2021 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Begründung Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zugänglichmachung von amtlichen Informationen. I. 1. Der Kläger schrieb die Beklagte am 24.01.2021 über das Internetportal fragdenstaat.de per E- Mail an und bat um Übersendung sämtlichen Schriftverkehrs zwischen Jens Spahn und Andrea Tandler in den Jahren 2020 und 2021. In seiner Anfrage nahm der Kläger Bezug auf den Artikel „Spahns Schutzmasken-Fiasko“, der in der Zeitschrift Der Spiegel 4/2021 sowie am 22.01.2021 auf spiegel.de veröffentlicht worden war (Anlage 1). Hierin wird dargestellt, dass Bundesgesundheitsminister Spahn mit Andrea Tandler, der Tochter eines ehemaligen CSU-Politikers, E-Mail-Verkehr geführt hat, bevor das Bundesgesundheitsministerium für einen Stückpreis von 5,40 EUR FFP2-Masken bei der Schweizer Firma Emix kaufte. Andrea Tandler war für die Emix tätig und soll dem Bundesgesundheitsminister Angebote über den Kauf von Masken weitergeleitet haben. Wie das Bundesgesundheitsministerium mitgeteilt habe, habe es Kontakt zwischen Jens Spahn und Andrea Tandler gegeben und der Minister sei bei der Maskenbeschaffung im März 2020 auch intensiv persönlich eingebunden gewesen, so auch im Falle der Emix. In dem Artikel wird der Kauf von Masken bei der Emix kritisiert, weil der Preis von 5,40 EUR im Zeitpunkt des Kaufes bereits überhöht war. Es hätten schon andere Angebote mit Preisen von maximal 4,50 EUR vorgelegen. Hinzu komme, dass die Qualität der von der Emix gelieferten Masken jedenfalls zweifelhaft gewesen sei. So hätte diese auch Masken nach Bayern und Nordrhein- Westfalen verkauft, für die es keine Prüfzertifikate gegeben habe. Auch seien von der Emix gefälschte Masken verkauft worden. Prüfbehörden in Belgien und den USA hielten Masken mehrerer der von der Emix verkauften Hersteller für mangelhaft (Antrag vom 24.01.2021 – Anlage 2).
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3 2. Unter dem 27.01.2021 bestätigte die Beklagte den Eingang des Antrages (E-Mail vom 27.01.2021 – Anlage 3). Mit E-Mail vom 23.02.2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie mit Nachdruck an der Bearbeitung von IFG-Anträgen arbeite und bat den Kläger um Geduld. Sie wies darauf hin, dass sie täglich mehrere IFG-Anträge zum Thema „COVID19“ erhalte, deren Beantwortung nicht ohne Mitwirkung der fachlich zuständigen Einheiten möglich sei, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin auch mit der Bewältigung der COVID19-Krise betraut seien (E-Mail vom 23.02.2021 – Anlage 4). 3. Am 17.05.2021 schrieb der Kläger sodann erneut die Beklagte an und wies auf die bereits verstrichene Frist nach § 75 S. 1 VwGO hin. Er setzte ihr eine Frist bis zum 25.05.2021 und kündigte an, Untätigkeitsklage zu erheben, sollte sein Antrag bis dahin nicht beschieden sein (E-Mail vom 17.05.2021 – Anlage 5). 4. Daraufhin erhielt er am 28.05.2021 – mithin nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist – eine weitere Zwischennachricht, mit der ihm mitgeteilt wurde, dass der Bescheid sich in der Endabstimmung befinde (E-Mail vom 28.05.2021 – Anlage 6). Bis zum heutigen Tage wurde der Antrag nicht beschieden. II. Die Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers nicht fristgerecht entschieden und er hat Anspruch auf die Zugänglichmachung der begehrten Informationen. 1. Die in § 75 S. 1 VwGO geregelte Frist von drei Monaten für die Bescheidung eines Antrages auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ist bereits seit über einem Monat überschritten. Trotz einer weiteren Erinnerung des Klägers, in der er unter Fristsetzung ankündigte Untätigkeitsklage zu erheben, beschied die Beklagte den Antrag des Klägers weder innerhalb der von ihm gesetzten Frist, noch bis zum heutigen Tage.
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4 Ein zureichender Grund für diese Verzögerung ist nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte in ihrer E-Mail vom 23.01.2021 darauf hinweist, dass sie täglich mehrere IFG-Anträge zum Thema „COVID19“ erhalte, die nicht ohne Mitwirkung der fachlich zuständigen Einheiten bearbeitet werden könnten, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch weiterhin mit der Bewältigung der COVID19-Krise betraut seien, so verfängt dies grundsätzlich, aber insbesondere in Bezug auf den Antrag des Klägers nicht. Zunächst kommen Probleme in der Organisation oder eine Personalunterdeckung grundsätzlich nicht als zureichende Gründe im Sinne von § 75 S. 1 VwGO in Betracht. Sowohl die jeweilige Behörde als auch ihr Rechtsträger haben dafür Sorge zu tragen, dass die Bearbeitung von Anträgen in der gesetzlich vorgesehenen Frist erfolgt. Im vorliegenden Fall verweist die Beklagte zur Begründung der Bearbeitungsdauer zudem ausschließlich auf IFG-Anträge zum Thema „COVID19“, deren Bearbeitung die Mitwirkung der fachlich zuständigen Einheiten erforderlich mache. Bei dem Antrag des Klägers handelt es sich jedoch nicht um eine solche Anfrage. Er begehrt die Zurverfügungstellung von Schriftverkehr zwischen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Andrea Tandler. Es ist nicht ersichtlich, dass für die Bearbeitung dieses Antrages die fachlich zuständigen Einheiten eingeschaltet werden müssten. Deren möglicherweise bestehende Aufgabenüberlastung aufgrund der derzeitigen Pandemiesituation kann daher die Überschreitung der Frist des § 75 S. 1 VwGO nicht rechtfertigen. 2. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 1 Abs. 1 S. 1 IFG. III. Die Übersendung der Anlagen erfolgt mit gesondertem Schriftsatz. Eingereicht per beA. Qualifiziert elektronisch signiert durch Anna Gilsbach, LL.M. Rechtsanwältin
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