Urteil nach unserer KlageNiedersachsen muss Corona-Erlasse herausgeben

Obwohl Niedersachsen kein Informationsfreiheitsgesetz hat, muss es transparenter werden: Das Verwaltungsgericht Hannover hat entschieden, dass das Justizministerium seine Corona-Erlasse herausgeben muss – weil Informationen zum Coronavirus grundsätzlich als Umweltinfos gelten.

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Schöne Grüße aus dem Gerichtssaal: Anwalt Phillip Hofmann und Kläger Arne Semsrott –

FragDenStaat

Ob das Land will oder nicht: Niedersachsen muss transparenter werden. Das Verwaltungsgericht Hannover hat heute nach unserer Klage geurteilt, dass das dortige Justizministerium seine Corona-Erlasse aus dem Jahr 2020 herausgeben muss. Damals gab es Diskussionen darüber, ob das Ministerium unzulässig in die Unabhängigkeit der Justiz eingreift.

Zwei Jahre nach Beginn der Pandemie hat das Gericht jetzt entschieden: Zwar gibt es Niedersachsen anders als in meisten anderen Bundesländern kein Informationsfreiheitsgesetz, das einen allgemeinen Anspruch auf Dokumente der Verwaltungen formuliert. Die Corona-Erlasse seien allerdings als Umweltinformationen zu verstehen, weil es bei ihnen um Maßnahmen zum Schutz der Luft vor schädlichen Aerosolen ginge. Da Luft zur Umwelt gehört, unterfallen damit auch die Erlasse dem Umweltinformationsgesetz (UIG), das in ganz Deutschland und Europa gilt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Ministerium kann dagegen Berufung einlegen, auch eine Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht scheint möglich. Denn die Grundsatzfrage, ob die Corona-Erlasse Umweltinfos seien, auch wenn sie Luft innerhalb von Gebäuden regeln, hatte vor zwei Jahren das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einem Eilverfahren noch verneint.

„Ist das ernst gemeint?“

Das Niedersächsische Justizministerium hatte außerdem argumentiert, bei Herausgabe der Erlasse werde die öffentliche Sicherheit gefährdet. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters in der heutigen Verhandlung konnte der Ministeriumsvertreter allerdings nicht darlegen, wie genau die Sicherheit konkret gefährdet wäre, wenn Erlasse etwa zur Gestaltung von Gerichtssitzungen offengelegt werden müssten.

Zudem argumentierte das Ministerium, im Falle eines positiven Bescheids an uns würde es im Anschluss mit Anfragen überschwemmt werden. Der Vorsitzende Richter fragte das Justizministerium: „Ist das ernst gemeint?“

Bisher ist Niedersachsen ein blinder Fleck auf der Karte der Informationsfreiheit. Neben Sachsen und Bayern ist es das einzige Bundesland ohne Informationsfreiheitsgesetz.

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