Im Namen der PressefreiheitWir haben FragDenStaat.de ausgedruckt

Ein Gericht hat nach unserem Eilantrag zu Lobbytreffen von Gerhard Schröder entschieden: Nur wer auf Papier druckt, fällt unter Pressefreiheit. Na dann ...

Ein Stück Pressefreiheit –

CC-BY 2.0 FragDenStaat

Update, 18.08.2022: Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden – wir sind jetzt Presse!

Behörden müssen Fragen der Presse beantworten, das ergibt sich aus dem Grundgesetz. Unser Projektleiter Arne Semsrott hat einen Presseausweis, arbeitet seit Jahren als Journalist und hat mit seinen Recherchen zahlreiche Missstände aufgedeckt. Das Verwaltungsgericht Berlin sagt jedoch, dass er kein Vertreter der Presse sei, weil seine Recherchen nicht auf Papier gedruckt zu lesen sind. Was das Gericht nicht wusste: Das DE in FragDenStaat.de steht für Druckerzeugnis.

Anlass für unseren Eilantrag waren die Lobby-Aktivitäten von Gerhard Schröder. Im Dezember 2021 deckten abgeordnetenwatch.de und die Zeit auf, dass der Ex-Bundeskanzler Lobbytreffen von seinem steuerfinanzierten Altkanzler-Büro organisieren lässt. Ob dazu auch Verabredungen mit russischen Unternehmen und Staatsvertreter:innen zählten, blieb unklar. 

Gefährliche Entscheidung

Im März diesen Jahres, nachdem Russland bereits in der Ukraine einmarschiert war, schickten wir dazu Fragen ans Kanzleramt, das für Schröders Büro zuständig ist. Eine klare Antwort bekamen wir nicht. Deshalb haben wir bei Gericht einen Eilantrag auf Basis des Grundrechts der Pressefreiheit eingereicht. Wir sind der Meinung, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, zu wissen, wann, wo und mit wem sich der Putin-Freund Schröder auf Kosten von Steuerzahler:innen getroffen hat. 

Die Pressekammer des Berliner Verwaltungsgericht wies jetzt allerdings den Eilantrag ab, ohne auf den Inhalt der Fragen einzugehen. 

Wie vor hundert Jahren

Deshalb haben wir unsere besten Texte zusammengesucht, ein Layout entworfen, das den Zeitgeist dieser veralteten Rechtsprechung widerspiegelt und FragDenStaat.de ausgedruckt. Damit dürfte die Argumentation des Gerichts ins Leere laufen. 

Eine der ersten Empfängerinnen unserer Zeitung war das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, wo wir Beschwerde eingereicht haben. Am Morgen des 20. Juli haben wir dort das druckfrische Druckerzeugnis verteilt – im Stile von vor hundert Jahren.

Unabhängig davon ist die Argumentation des Gerichts generell gefährlich. Würde sich eine solche Rechtsprechung durchsetzen, könnten (investigative) Redaktionen, die ihre Recherchen nur online veröffentlichen, sich möglicherweise nicht mehr auf das Presserecht berufen. Arne hat das noch einmal in einem Editorial für unser Druckerzeugnis zusammengefasst:

Zwischen der Demokratie und der Autokratie steht die Druckerschwärze. Gäbe es keine gedruckten Zeitungen mehr in Deutschland, die Pressefreiheit wäre verschwunden. Sagt zumindest die Pressekammer der Berliner Verwaltungsgerichts in seinem Beschluss zu Gerhard Schröders Gazprom-Kontakten. Nach unserem Eilantrag entschied es, Journalist:innen von FragDenStaat hätten kein Presse-Auskunftsrecht, denn unsere Recherchen erschienen nur online und würden nicht gedruckt (VG 27 L 68/22)

Spiegel Online hin, Zeit Online her, schnelles Internet oder auch nicht - will jemand als Vertreter der Presse nach Artikel 5 des Grundgesetzes eine Informationsfunktion für den öffentlichen Meinungsbildungsprozess wahrnehmen, setze dies voraus, “dass der Betreffende bezüglich der Publikation eines Druckerzeugnisses tätig ist; der Schutz der Pressefreiheit knüpft nach Maßgabe des weiten und formalen Pressebegriffs an das sächliche Substrat einer Publikation in gedruckter und zur Verbreitung geeigneter und bestimmter Form an.” Soll heißen: Pressefreiheit gibt es nur, wenn Presseerzeugnisse gedruckt werden. Neumodische Internet-Veröffentlichungen können sich nach Meinung des Berliner Verwaltungsgerichts nicht auf den Schutz der Pressefreiheit berufen.

Was wie eine Entscheidung des vergangenen Jahrhunderts wirken mag, erfordert Maßnahmen aus dem vergangenen Jahrhundert: FragDenStaat.de gibt es jetzt auch gedruckt! 

FragDenStaat.de erscheint ab sofort sogar regelmäßig (das ist nämlich eine Voraussetzung, um den Vorgaben des Berliner Gerichts zu entsprechen) - und Sie halten damit ein echtes Stück Pressefreiheit in den Händen!

Ihr Heribert Grantl aka Arne Semsrott

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VG 27 L 68/22 VERWALTUNGSGERICHT BERLIN BESCHLUSS In der Verwaltungsstreitsache des Herrn Arne Semsrott, c/o Open Knowledge Foundation Deutschland e.V., Singerstraße 109, 10179 Berlin, Antragstellers, Verfahrensbevollmächtigte(r): Rechtsanwälte Beiler Karl Platzbecker & Partner, Palmaille 96, 22767 Hamburg, gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundeskanzleramt, dieses vertreten durch den Chef des Bundeskanzleramts Wolfgang Schmidt, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin, Antragsgegnerin, Verfahrensbevollmächtigte(r): Rechtsanwälte Raue Partnerschaft von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen mbB, Potsdamer Platz 1, 10785 Berlin, hat die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Amelsberg, den Richter am Verwaltungsgericht Hofmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. von Hoff am 21. Juni 2022 beschlossen: Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. -2-
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-2- Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. Gründe Der Antragsteller hat mit seiner Antragsschrift vom 16. März 2022 den Erlass der fol- genden einstweiligen Anordnung beantragt: Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen: -  Welche Termine (Datum und Gesprächspartner) hat das Büro des Bundes- kanzlers a.D. Gerhard Schröder für Herrn Schröder in den Jahren 2019, 2020, 2021 und 2022 vereinbart? -  Bei welchen der Termine ist das Thema des Termins bekannt? -  Welche der Termine standen in einem Zusammenhang mit Energiepolitik oder den Unternehmen Gazprom, Nord Stream 2 oder Rosneft? Mit Schriftsatz vom 22. April 2022 hat der Antragsteller erklärt, er fasse den in der Antragsschrift gestellten Antrag klarstellend und präzisierend wie folgt neu: Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen: 1. Welche Gesprächstermine (Datum und Gesprächspartner) hat das Büro des Bundeskanzlers a.D. Gerhard Schröder für Herrn Schröder in den Jahren 2019, 2020, 2021 und 2022 vereinbart? 2. Bei welchen der im Antrag zu 1) bezeichneten Termine ist das Thema des Ter- mins bekannt? 3. Welche der im Antrag zu 1) bezeichneten Termine standen oder stehen in ei- nem Zusammenhang mit Energiepolitik oder den Unternehmen Gazprom, Nord Stream 2 oder Rosneft? Die mit Schriftsatz des Antragstellers vom 22. April 2022 erklärte Änderung des in der Antragsschrift gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, näm- lich die Erweiterung dieses Antrags hinsichtlich der in ihm enthaltenen letzten Frage („Welche der Termine standen in einem Zusammenhang mit Energiepolitik oder den Unternehmen Gazprom, Nord Stream 2 oder Rosneft?“) um den Passus „oder -3-
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-3- stehen“ (vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage, § 91 Rn. 5 m.w.N.), ist zulässig. Die Zulässigkeit dieser Änderung des Antrags – bei dem betref- fenden Passus (in der Frage zu 3. des Antrags in dem Schriftsatz des Antragstellers vom 22. April 2022) handelt es sich nach Auffassung der Kammer nicht um eine bloße Klarstellung des (anfänglichen) Antragsbegehrens, sondern um ein weiteres, auf Auskunft über (zukünftige) Termine, die in einem Zusammenhang mit Energiepo- litik oder den Unternehmen Gazprom, Nord Stream 2 oder Rosneft stehen, gerichte- tes Antragsbegehren, zumal in der Antragsschrift nicht (deutlich) zum Ausdruck kommt, dass mit der letzten Frage des dortigen Antrags Auskunft (bereits auch) über Termine begehrt worden ist, die in einem Zusammenhang der genannten Art stehen – beurteilt sich analog § 91 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –, der die Zu- lässigkeit einer Änderung der Klage regelt und für erstinstanzliche Antragsverfahren nach § 123 VwGO – wie das hiesige Verfahren – entsprechend gilt (W.-R. Schenke a.a.O. § 91 Rn. 1). Danach ist eine Änderung des Antrags u.a. dann zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen. Dies ist hier der Fall. Eine Einwilligung der Antragsgegnerin in diese Änderung des Antrags, in die die An- tragsgegnerin nicht ausdrücklich eingewilligt hat, ist analog § 91 Abs. 2 VwGO anzu- nehmen. Entsprechend dieser Vorschrift ist eine Einwilligung des Antragsgegners in die Änderung des Antrags anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, u.a. in einem Schriftsatz auf den geänderten Antrag eingelassen hat. Die Antrags- gegnerin hat sich in ihrem Schriftsatz vom 6. Mai 2022, ohne der Änderung des An- trags zu widersprechen, auf den geänderten Antrag eingelassen. Mit diesem Schrift- satz hat die Antragsgegnerin insbesondere zu dem vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 22. April 2022 angebrachten, den oben zitierten Passus enthaltenden Antrag Stellung genommen, wobei sie ihr Vorbringen, nicht das Bundeskanzleramt, dem das Büro des Bundeskanzlers a.D. Gerhard Schröder nicht zuzurechnen sei, sondern die- ses Büro, das eine eigene Behörde im Sinne des Presserechts sei, sei die zustän- dige Behörde für die Erteilung der begehrten Auskünfte, vertieft sowie hilfsweise dazu u.a. vorgetragen hat, die Anträge seien trotz der Klarstellungen des Antragstel- lers noch unbestimmt, zudem wichen die nunmehr gestellten Anträge inhaltlich von den vorgerichtlich gestellten Anträgen ab, die Anträge bezögen sich nicht auf einen konkreten Tatsachenkomplex und der Antragsteller habe nach wie vor keinen Anord- nungsgrund glaubhaft gemacht. Damit hat die Antragsgegnerin sich – rügelos und unbedingt – sowohl zur Zulässigkeit als auch zur Begründetheit des geänderten Antrags geäußert. -4-
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-4- Abgesehen von dem oben wiedergegebenen Passus stellen die Worte, um die der in der Antragsschrift gestellte Antrag mit Schriftsatz des Antragstellers vom 22. April 2022 ergänzt worden ist, nicht inhaltliche Änderungen, sondern bloße Klarstellungen dieses Antrags dar. Der (geänderte) Antrag hat keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob der Antrag – ins- besondere insoweit, als mit dem obengenannten Passus Auskünfte begehrt werden – zulässig ist. Denn der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus ande- ren Gründen nötig erscheint. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung sind dabei die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs (Anordnungsanspruch) sowie die Gründe, die die Eilbedürftig- keit der gerichtlichen Entscheidung bedingen (Anordnungsgrund), glaubhaft zu ma- chen. Dem Wesen und dem Zweck des Verfahrens entsprechend können mit der einstweiligen Anordnung grundsätzlich nur vorläufige Regelungen getroffen werden, die dem Antragsteller nicht schon im vollen Umfang das gewähren, was Klageziel ei- nes Hauptsacheverfahrens ist. Begehrt der Antragsteller – wie hier – die Vorweg- nahme der Hauptsache, kommt die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes nur dann in Betracht, wenn ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlich- keit zu erwarten ist und dem Rechtschutzsuchenden schwere und unzumutbare, an- ders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Antragsteller hat jedenfalls einen Anordnungsanspruch nicht mit der für die be- gehrte Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. 1. Ein Anspruch des Antragstellers auf Erteilung der begehrten Auskünfte ergibt sich nicht aus dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes – GG – gewährleisteten Grundrecht der Pressefreiheit. Dieses Grundrecht verleiht Pressevertretern nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Ermanglung einer einfachgesetz- lichen Regelung des Bundesgesetzgebers einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Auskunft gegenüber Bundesbehörden – wie dem Bundeskanzleramt –, soweit auf diese – wie im vorliegenden Fall – die Landespressegesetze mit den in ihnen -5-
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-5- enthaltenen Auskunftsanspruchsnormen wegen einer entgegenstehenden Gesetzge- bungskompetenz des Bundes nicht anwendbar sind (BVerwG, Urteile vom 30. Ja- nuar 2020 – 10 C 18.19 –, juris Rn. 28, und vom 18. September 2019 – 6 A 7.18 –, juris Rn. 13 m.w.N.). Aufgrund dieses Auskunftsanspruchs können Vertreter der Presse auf hinreichend bestimmte Fragen behördliche Auskünfte verlangen, soweit die entsprechenden Informationen bei der Behörde vorhanden sind und schutzwür- dige Interessen öffentlicher Stellen oder Privater an der Vertraulichkeit nicht entge- genstehen (BVerwG, Urteile vom 30. Januar 2020 a.a.O. Rn. 28, und vom 18. Sep- tember 2019 a.a.O. Rn. 13 m.w.N.; s.a. BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2015 – 1 BvR 1452/13 –, juris Rn. 12). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Nach in Verfahren des vorläufigen Rechts- schutzes – wie diesem Verfahren – allein möglicher summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Antragsteller nicht Pressevertreter. Vertreter der Presse, ist nur, wer deren vom Gewährleistungsauftrag des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erfasste Funktion für den öffentlichen Meinungsbildungsprozess, mithin deren Informations- und Kommunikationsfunktion, wahrnimmt (BVerwG, Urteil vom 21. März 2019 – 7 C 26.17 –, juris Rn. 24). Dieser Funktionsbezug setzt u.a. voraus, dass der Betreffende bezüglich der Publikation eines Druckerzeugnisses tätig ist; der Schutz der Presse- freiheit knüpft nach Maßgabe des weiten und formalen Pressebegriffs an das sächli- che Substrat einer Publikation in gedruckter und zur Verbreitung geeigneter und be- stimmter Form an (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2019 a.a.O. Rn. 25 f.; s.a. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1996 – 1 BvR 1183/90 –, juris Rn. 26; Burkhardt in Löffler, Presserecht, 6. Auflage, § 4 LPG Rn. 40). Der Antragsteller hat nicht, insbesondere nicht ausdrücklich behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass er bezüglich der Publikation eines Druckerzeugnisses – welches? – tätig ist. Nach eigenem Vorbringen ist der Antragsteller vielmehr für ein Internetangebot tätig. Der Antragsteller trägt vor, er sei als freier Journalist der Transparenz- und Investigativ-Plattform fragdenstaat.de tätig; bei dem Projekt Frag- DenStaat, als dessen Projektleiter und Chefredakteur er fungiere, handele es sich nicht allein um ein Transparenzportal, sondern auch um ein journalistisches Medium; neben ihm seien dort weitere investigative Journalisten beschäftigt, die ihre Recher- chen auf der Webseite veröffentlichten. Unter diesen Umständen besagt und belegt auch der Presseausweis, der dem An- tragsteller ausgestellt und in Kopie vorgelegt wurde, trotz seiner Bezeichnung nicht, dass der Antragsteller bezüglich der Publikation eines Druckerzeugnisses tätig ist, -6-
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-6- zumal ein Presseausweis der dem Antragsteller ausgestellten Art nicht nur Journalis- ten, die für Medien in Form von Druckerzeugnissen, mit anderen Worten für Presse- organe, tätig sind, sondern allen hauptberuflich tätigen Journalisten ausgestellt wer- den kann (vgl. Informationen des Deutschen Journalisten-Verband Berlin – Journalis- tenverband Berlin-Brandenburg e.V., der den Presseausweis des Antragstellers aus- stellte, zur Beantragung eines Presseausweises, https://www. djv-berlin.de/start- seite/service/fuer-mitglieder/presseausweis). 2. Ebenso wenig lässt sich im Rahmen des Eilverfahrens feststellen, dass der An- tragsteller aus anderen Anspruchsgrundlagen mit hoher Wahrscheinlichkeit An- spruch auf Erteilung der verlangten Auskünfte hat. a) Als einfachgesetzliche Grundlage eines solchen Auskunftsanspruchs kommt vor- liegend nur § 5 i.V.m. § 18 Abs. 2 und 4 des Medienstaatsvertrages – MStV – in Be- tracht. Gemäß § 5 Abs. 1 MStV haben Rundfunkveranstalter gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft (Satz 1), soweit keiner der nachfolgend genannten Aus- kunftsverweigerungsgründe eingreift (Satz 2). Diese Vorschrift gilt gemäß § 18 Abs. 4 MStV für Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, in denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text oder Bild wiedergegeben werden, entsprechend. Es kann dahinstehen, ob die Internetplattform fragdenstaat.de, die ein Telemedium ist – diese Plattform bietet elektronische Informations- und Kommunikationsdienste, ohne u.a. Rundfunk nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 MStV zu sein – (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 MStV), ein Telemedium mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten ist und ob der Antragsteller, der besagte Plattform nicht betreibt, Anbieter dieses Te- lemediums ist. Denn mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge- richts zur Gesetzgebungskompetenz für die Regelung presserechtlicher Auskunfts- ansprüche gegenüber Bundesbehörden (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2021 – 6 A 10.20 –, juris Rn. 18, und vom 20. Februar 2013 – 6 A 2.12 –, juris Rn. 18 f., sowie Beschlüsse vom 23. März 2021 – 6 VR 1.21 –, juris Rn. 16, und vom 20. Sep- tember 2015 – 6 VR 2.15 –, juris Rn. 11 [jeweils betreffend Auskunftsansprüche ge- genüber dem Bundesnachrichtendienst]; Urteil vom 16. März 2016 – 6 C 65.14 –, ju- ris Rn. 14 [betreffend Auskunftsanspruch gegenüber der Verwaltung des Deutschen Bundestages]), der sich der für das Presserecht zuständige Senat des Oberverwal- tungsgerichts Berlin-Brandenburg angeschlossen hat (vgl. Beschluss vom 8. März 2017 – 6 S 1.17 –, juris Rn. 9 m.w.N. [betreffend Auskunftsanspruch gegenüber dem Bundeskanzleramt]), bestehen erhebliche Zweifel an der Anwendbarkeit der -7-
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-7- landesgesetzlichen Rechtsgrundlage der §§ 5, 18 Abs. 2 und 4 MStV für Auskunfts- ansprüche gegenüber der Antragsgegnerin (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Be- schluss vom 8. September 2017 – OVG 11 S 49.17 –, juris Rn. 15). b) Auch lässt sich nicht schon aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summari- schen rechtlichen Prüfung mit einer hohen, die – hier endgültige – Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Wahrscheinlichkeit annehmen, dass auch Anbietern von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten ein unmittelbar aus dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Grundrecht der Rundfunkfreiheit folgender Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden zusteht. Vielmehr erfor- dert die Beantwortung der betreffenden Frage eine eingehende rechtliche Würdi- gung, die dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist (vgl. OVG Berlin-Branden- burg, Beschluss vom 8. September 2017 a.a.O. Rn. 20). Das – der beschließenden Kammer im Instanzenzug übergeordnete – Oberverwal- tungsgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 8. September 2017 a.a.O. Rn. 21) hat diesbezüglich u.a. ausgeführt: Das gilt insbesondere hinsichtlich der von der Antragsgegnerin verneinten Frage, ob Telemedien mit journalistisch-redaktionellen Inhalten, bei denen es sich weder um Presse noch um Rundfunk im ursprünglichen Sinn handelt, aufgrund dieser In- halte eine von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte institutionelle Eigenständigkeit zuzubilligen ist. … Die denkbare Vielfalt der Erscheinungsformen und Inhalte von bei Schaffung des Grundgesetzes noch nicht existenten Telemedien könnte dage- gen sprechen, ihnen eine durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte institutionelle Eigenständigkeit zuzuerkennen. Auch wenn, worauf das Verwaltungsgericht hin- weist, der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verwendete Begriff „Rundfunk" für techni- sche Entwicklungen offen sein mag, erscheint es angesichts der Vielfalt der Er- scheinungsformen von Telemedien keineswegs als zwingend, diese ganz oder teilweise als Teil des Rundfunks anzusehen. Dementsprechend unterscheidet auch der Rundfunkstaatsvertrag ausdrücklich zwischen Rundfunk und Tele- medien. Zwar sieht das Verwaltungsgericht vom Rundfunkbegriff nur die Tele- medien mit journalistischredaktionell gestaltetem Angebot umfasst. Aber auch wenn sich eine solche Gleichstellung mit Blick auf funktionale Gemeinsamkeiten anbieten mag, stellt sich die Frage, ob Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in der geltenden Fassung bereits den Schutz der institutionellen Eigenständigkeit solcher Tele- medien zu gewährleisten vermag oder ob hierzu eine dem Verfassungsgesetzge- ber vorzubehaltende Änderung erforderlich wäre. Diese Frage lässt sich auch durch die vom Verwaltungsgericht angenommene konventionsfreundliche Ausle- gung des Grundgesetzes nicht in einer Weise beantworten, die es ermöglicht, mit einer die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden hohen Wahrscheinlich- keit anzunehmen, dass dem Antragsteller der streitgegenständliche rundfunk- rechtliche Auskunftsanspruch unmittelbar aus der Verfassung zusteht. Denn die Frage, ob die angeführte Entscheidung des EGMR vom 8. November 2016 (a.a.O.) zu Art. 10 EMRK für den hier vorliegenden Fall notwendig zur Gewährung eines verfassungsunmittelbaren rundfunkrechtlichen Auskunftsanspruchs führen müsste, bedarf ebenfalls einer eingehenden Würdigung, die einem Hauptsache- verfahren vorzubehalten ist. Dabei wäre gegebenenfalls auch zu klären, ob -8-
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-8- Auskunftsansprüchen von NGOs oder Einzelpersonen, die in einer der Presse vergleichbaren Rolle als „watchdog" (Aufpasser, Wächter) Themen von öffentli- chem Interesse aufgreifen, möglicherweise bereits auf der Grundlage des IFG hin- reichend Rechnung getragen werden kann. Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung be- ruht auf §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes, wobei im Hinblick auf die er- strebte Vorwegnahme der Hauptsache kein Abschlag vom zugrunde zu legenden Auffangwert vorzunehmen war. Rechtsmittelbelehrung Gegen die Sachentscheidung ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, schriftlich oder in elektronischer Form gemäß § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzulegen. Die Frist für die Einlegung der Beschwerde endet zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schrift- lich oder in elektronischer Form zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen. Sie muss ei- nen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung aus- einander setzen. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevoll- mächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Als Be- vollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staat- lich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus kön- nen auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zu- sammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammen- schlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, schriftlich oder in elektronischer Form oder zu Protokoll der -9-
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-9- Geschäftsstelle einzulegen. Sie ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen, nach- dem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten bedarf es nicht. Amelsberg                             Hofmann                        Dr. von Hoff
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