Darum gibt es FragDenStaat immer noch
Eigentlich dürfte es FragDenStaat nicht mehr geben. Aber wir machen weiter – und haben in diesem Jahr wichtige Dokumente der Zeitgeschichte veröffentlicht.

Dass es FragDenStaat gibt, widerspricht eigentlich der Logik des heutigen Internets, das inzwischen vor allem von Profitstreben und Zentralisierung getrieben wird. Vor elf Jahren hat Stefan die Plattform ins Leben gerufen, um staatliche Informationen leichter der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hätte das Projekt danach den Weg vergleichbarer Initiativen eingeschlagen, wäre es irgendwann entweder eingeschlafen oder in eine Bezahl-Plattform umgewandelt worden.
Nach 2011 hatten wir jahrelang große Probleme, unsere Arbeit an dem Projekt zu finanzieren. Tausende Stunden ehrenamtlicher Arbeit sind in die Weiterentwicklung von FragDenStaat geflossen, bis wir zumindest unsere erste Stelle über Spenden bezahlen konnten. In zahllosen Gesprächen habe ich über die Jahre immer wieder den nett gemeinten Tipp bekommen, wir sollten doch ein Premium-Modell auf FragDenStaat einführen: Die ersten zwei Anfragen über die Plattform sind kostenlos, danach kostet es Geld.
Uns war aber immer klar, dass das nicht passieren wird. Wir wollen den Zugang zu Informationen erleichtern, nicht neue (Geld-)Barrieren schaffen. Bevor FragDenStaat zu einer Bezahl-Plattform wird, würden wir lieber wieder ehrenamtlich daran arbeiten.
Gemeinnützige Online-Plattform werden selten
Dass genuine Online-Plattformen sinnvoll, viel genutzt und gemeinnützig sind und dabei keine Profit-Interessen verfolgen, ist neben der Wikipedia und Mastodon inzwischen leider eine Seltenheit. Wohin das führt, zeigt der elendige Niedergang von Twitter. Über die vergangenen Jahre war Twitter zu einem öffentlichen Forum geworden und übernahm damit an vielen Orten der Welt eine Funktion für demokratische Prozesse.
Twitter ist aber letztlich – genauso wie Facebook und Instagram – eben auch nur eine Shopping Mall. Der Zugang ist zwar grundsätzlich offen, man kann sich seine Zeit nett vertreiben und Bekannte treffen. Gerade an Orten ohne andere freie Möglichkeiten zur Versammlung ist das ein Gewinn. Am Ende des Tages gibt es all diese Angebote aber eben nur, um Geld zu machen. Gerät das Profitstreben (oder das Ego des Besitzers der Shopping Mall) mit dem Gemeinwohl in Konflikt, gewinnen am Ende Geld und Ego.
Das ist gefährlich für demokratische Diskurse. Freier Zugang zu Informationen muss frei von Willkür sein und die Möglichkeit bieten, Machtungleichgewichte herauszufordern. Wir brauchen online wie offline öffentliche Orte, die frei von Profitinteressen sind. Orte, an denen demokratische Auseinandersetzungen stattfinden können.
Wir arbeiten mit FragDenStaat daran, einen solchen Ort der demokratischen Infrastruktur zu schaffen und zu erhalten. Bisher haben mehr als 125.000 Menschen über 225.000 Anfragen über FragDenStaat gestellt und Wissen für die gesamte Öffentlichkeit befreit.
Mut und Veränderungen
Alleine in diesem Jahr haben wir mit investigativen Recherchen, Kampagnen und Klagen die Informationsfreiheit gestärkt. Wir haben zusammen mit dem ZDF Magazin Royale die „NSU-Akten“ veröffentlicht; unsere Recherchen zur zwielichtigen Klimastiftung in Mecklenburg-Vorpommern haben mit zur Auflösung der Stiftung beigetragen und die Brandenburger Landesregierung ist durch uns in Erklärungsnöte zum BER-Abschiebezentrum gekommen. Wir haben dutzende Klagen eingelegt und gewonnen, etwa zu Polizei-Schmerzgriffen, dem Lobbyismus von Gerhard Schröder und Nazis im EU-Parlament. Wir haben FragDenStaat technisch weiterentwickelt und arbeiten weiter daran, die Plattform nachhaltig zu gestalten.
All das machen wir mit einem kleinen, schlagkräftigen Team. Uns macht es ungeheuren Mut, zu sehen, dass unsere gemeinsame Arbeit Veränderungen bewegt – sei es in der Politik der Bundesregierung oder auch auf kommunaler Ebene. Eure Rückmeldungen bestärken uns darin, dass wir auf dem richtigen Weg sind, eine noch größere Bewegung für Demokratie und Transparenz zu werden.
Wir haben große Lust, FragDenStaat noch besser zu machen, noch größere Veränderungen anzustoßen und gemeinsam mit euch für mehr Informationsfreiheit zu sorgen. Das geht nur, wenn wir dabei unabhängig bleiben können. Dazu brauchen wir eure Unterstützung. Bitte richtet eine regelmäßige Spende für FragDenStaat ein.