FragDenStaat-Transparenzbericht
Anzeige gegen das Kanzleramt, Launch vom Rechtshilfefonds Gegenrechtsschutz und veröffentlichte Geheimdienstakten haben uns im zweiten Quartal beschäftigt. Außerdem haben wir inzwischen 36 Prozent des Jahresspendenziels erreicht. Weitere Highlights sowie eine Übersicht unserer Einnahmen und Ausgaben haben wir in unserem neuen Transparenzbericht zusammengefasst.

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Im letzten Quartalsbericht haben wir vom Start unseres neuen FragDenStaat-Fellowships berichtet. Inzwischen haben wir aus 32 Bewerbungen drei spannende Recherche-Projekte und Fellows ausgewählt. Für ein Team hat das Fellowship bereits begonnen. Bald können wir ein wenig mehr berichten.
Außerdem arbeiten wir im Hintergrund gerade daran, unsere Benutzeroberfläche im Anfrageprozess zugänglicher und intuitiver zu gestalten. Nach User-Testings stehen Entwürfe parat, die wir in den nächsten Monaten umsetzen werden.
Im zweiten Quartal hat Lennart unser Legal-Team als Rechtsreferendar im Rahmen seiner Wahlstation unterstützt. Im Juni ist Lara ebenfalls dazugestoßen.
Anfragen über FragDenStaat pro Tag Januar bis Juni 2023
Klage Nr. 152 und Anzeige gegen Kanzleramt wegen Prozessbetrug
Wir haben das Kanzleramt angezeigt. Hintergrund ist eine Klage von uns, die wir im vergangenen Jahr verloren haben: Wir wollten damals Infos zu Gerhard Schröders Lobbytätigkeiten von seinem steuerfinanzierten Altkanzler-Büro haben. Nach einem juristischen Hick-Hack entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, dass unsere Fragen zum Terminkalender des Altkanzlers unbeantwortet bleiben. Im Zuge des Prozesses hatte das von uns verklagte Bundeskanzleramt argumentiert, es sei nicht für Schröders Büro zuständig. In einem anderen Gerichtsverfahren behauptet das Bundeskanzleramt nun aber das Gegenteil.
Außerdem haben wir einen Eilantrag von Malte Engeler unterstützt. Der Richter und renommierte Datenschutzexperte hatte sich für den seit langem unbesetzten Posten des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in Sachsen-Anhalt beworben. Da die Beauftragten ein enorm wichtiges Amt in Deutschland innehaben, sollte ihre Ernennung ebenfalls in einem transparenten Verfahren stattfinden. Bisher läuft dies aber eher in Hinterzimmer ab. Das muss sich ändern.
Darüber hinaus konnten wir durch unsere Klagen herausfinden, welche Firmen Strafgefangene für sich arbeiten lassen und wie das Finanzministerium Steuern schätzt.
Der Gegenrechtsschutz
Endlich konnten wir Euch unseren neuen Rechtshilfefonds präsentieren. Rechte Netzwerke mahnen strategisch ab und verklagen, um Druck auf Menschen aus Aktivismus, Politik, Wissenschaft und Journalismus auszuüben. Mit dem Gegenrechtsschutz halten wir dagegen: Der Gegenrechtsschutz ist Infrastruktur gegen rechte Angriffe auf die Meinungs-, Presse-, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit. Das Projekt verteidigt Menschen gegen zivilrechtliche Ansprüche. Wer von der extremen Rechten abgemahnt oder verklagt wird – sei es wegen eines Artikels, eines Tweets oder eines Theaterstücks – kann sich an uns wenden. Wir beraten schnell, unkompliziert und kostenlos. Wenn nötig, können wir auch zivilrechtliche Verteidigung organisieren, vernetzen und finanzieren.
Im Rahmen unserer Kampagne „Verschlusssache Prüfung“ zeigten wir außerdem, wie ein Verlag Millionen mit dem Verkauf von alten Abiturprüfungen verdient; der Staat für seine alten Klausuren aber meist nur wenige hundert Euro bekommt. Bildungsgerechtigkeit bleibt dabei auf der Strecke.
Geheimdienst-Akten, „Migration-Manager“ und tödliche Polizeieinsätze
Im zweiten Quartal konnte unser Investigativ-Team die Ergebnisse drei großer Recherchen veröffentlichen.
Alois Brunner organisierte den Holocaust mit und war NS-Täter aus Überzeugung. Später lebte er unbehelligt im Exil. Wir veröffentlichen Akten des Bundesamts für Verfassungsschutz, die zeigen, wie früh Deutschlands Geheimdienst über den Aufenthaltsort des Kriegsverbrechers Bescheid wusste.
ICMPD – eine Abkürzung, die im Zusammenhang der EU-Migrationspolitik immer wieder auftaucht. Gemeinsam mit einem Team aus internationalen Journalist:innen haben wir recherchiert, was genau das International Centre for Migration Policy Development macht. Unsere Ergebnisse haben wir vorab mit dem ZDF Magazin Royale und der österreichischen Tageszeitung DerStandard geteilt und gemeinsam Beiträge koordiniert. Unsere Recherchen führen an die EU-Außengrenzen im Westbalkan und nach Nordafrika, es geht um Trainingslager, Schnellboot-Training und „Leichen-Management“.
Außerdem zeigen wir, wie wenig die Polizei auf Situationen mit Menschen in psychischen Krisen vorbereitet ist. Erst letzten Sommer erschoss die Dortmunder Polizei einen 16-Jährigen mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole. Dazu veröffentlichen wir ein seit Jahren umstrittenes Geheimdokument der Polizei NRW.
Weitere Recherche gibt es in unserem Blog.
Einnahmen & Ausgaben
Wir haben das zweite Quartal mit einem Plus von 14.506 Euro abschließen können. Insgesamt habt ihr uns mit Spenden in Höhe von 78.917 Euro bedacht. Vielen Dank dafür an die 1.755 Spender*innen! 78 davon haben sogar einen Dauerauftrag gestartet. Darüber freuen wir uns besonders. Die Durchschnitts-Spende liegt bei 22 Euro. Der Median bei 10 Euro.
Die Förderung der Schöpflin Stiftung in Höhe von 85.000 Euro ist im April eingegangen. Darüber hinaus unterstützt die Stiftung uns mit 10.000 Euro für Capacity Building-Maßnahmen, die wir für Fortbildungen und Coachings einsetzen. Dazu zählt zum Beispiel ein Mental Health Awareness Workshop, an dem wir als Team teilgenommen haben.
Die Personalkosten sind wie immer unser größter Kostenpunkt. Zu den 144.086 Euro kommen noch 12.594 Euro für freie Mitarbeitende. Für Klagen haben wir 3.602 Euro ausgegeben und 1.453 Euro für Widersprüche und Gebühren.
Spendenfortschritt 2023
36 Prozent des Spendenziels 2023 erreicht
Für das Jahr 2023 brauchen wir insgesamt Spenden in Höhe von 440.000 Euro, um unsere Arbeit zu finanzieren. Im ersten Halbjahr konnten wir davon schon 36 Prozent erreichen. Um unser Jahresziel zu erreichen, bräuchten wir monatlich etwa 36.000 Euro an Spenden. Wir freuen uns also wie immer über neue Daueraufträge, die uns nachhaltig tragen und Sicherheit schenken. Die IBAN von FragDenStaat ist DE 36 4306 0967 1173 8932 00, Kontoinhaberin ist die Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.. Bitte gib als Verwendungszweck „FragDenStaat“ an. Unserem Ziel, laufende Kosten vermehrt durch Spenden zu decken und damit unabhängig von einzelnen großen Geldgebern agieren zu können, würden wir damit immer näher kommen.