Politische Bildung von Rechtsaußen

Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung

picture alliance / Sebastian Gollnow/dpa / Sebastian Gollnow

08.10.2021

  • Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) könnte nach dem Wiedereinzug der Partei in den Bundestag bald bis zu 70 Millionen Euro Steuergeld jährlich erhalten.

  • Wie unsere neue Studie zeigt, sind entscheidende Akteur*innen der Stiftung teilweise seit Jahrzehnten in der Neuen Rechten bestens vernetzt und organisiert. Mit einer staatlichen Förderung in Millionenhöhe könnte die DES dauerhafte politische Strukturen schaffen, um menschenfeindliche Positionen in der Gesellschaft stärker zu verankern.

  • Dabei kommt der Stiftung zugute, dass das System der Finanzierung parteinaher Stiftungen für die Öffentlichkeit bisher kaum zu kontrollieren ist. Von uns erstmals veröffentlichte Dokumente zeigen, wie intransparent und informell die Finanzierung der Stiftungen von Linkspartei bis CSU lange ablief.

  • Die staatliche Finanzierung der DES kann noch gestoppt werden, wenn der Bundestag ein Gesetz zur Stiftungsfinanzierung beschließt. Bisher hatten sich Parteien und Stiftungen gegen ein Gesetz gewehrt.

Direkt zur Studie

Das System der intransparenten Stiftungsfinanzierung

Wenn parteinahe Stiftungen mehr Geld wollen, dann bekommen sie es: Viele Jahre lang luden die Stiftungen der Linkspartei, der Grünen, SPD, FDP, CDU und CSU zu den sogenannten Stiftungsgesprächen ein. In den Räumen der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung trafen sie auf Haushaltspolitiker*innen im Bundestag und auf das Bundesinnenministerium. Das Hauptthema: Wie viel Geld die Stiftungen im kommenden Jahr haben möchten.

Knapp 660 Millionen Euro haben die parteinahen Stiftungen alleine im Jahr 2019 aus dem Bundeshaushalt erhalten – mehr als dreimal so viel wie die ihnen nahestehenden Parteien. Mit dem Geld finanzieren sie politische Bildungsveranstaltungen, schulen eigene Mitglieder, bauen ihr Netzwerk von derzeit 330 Auslandsbüros aus und vergeben Stipendien für den Parteinachwuchs und weitere Student*innen.

Wie die Stiftungsgespräche viele Jahre lang abliefen, wird jetzt aus den Protokollen aus den Jahren 2012 bis 2016 deutlich, die wir nach Informationsfreiheitsanfragen im Rahmen einer Studie für die Otto Brenner Stiftung erstmals veröffentlichen. Sie zeigen, dass sich die Stiftungen im Vorfeld der Gespräche bereits einigten, wie viel Geld in welchem Verhältnis zwischen den Stiftungen aufgeteilt werden sollte. Die Vorschläge wurden danach vom Haushaltsausschuss des Bundestags jedes Mal ohne weitgehende Änderungen übernommen. Seit 2017 gibt es keine Protokolle mehr im Innenministerium, offiziell gibt es keine Stiftungsgespräche mehr.

Haushalt der parteinahen Stiftungen

70 Millionen für AfD-nahe Stiftung?

An dem intransparenten Verfahren zur Stiftungsfinanzierung gibt es seit Jahrzehnten Kritik. Schon 1993 kam eine Kommission im Auftrag des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zu dem Schluss, dass eine Stiftungsfinanzierung ohne öffentliche Debatte äußerst problematisch sei: "Diese Intransparenz führt dazu, daß die Öffentlichkeit von den jährlichen Beschlüssen über die Erhöhung der Beträge praktisch ausgeschlossen ist“, kritisierte die Fachgruppe.

Bisher wehrten sich Parteien und Stiftungen allerdings erfolgreich dagegen, dass die Stiftungsfinanzierung durch eine gesetzliche Regelung transparenter wird. Jetzt, nach der Bundestagswahl, geraten sie unter Druck: Bleibt das bisherige System der Finanzierung bestehen, könnte nämlich die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung ebenfalls Anrecht auf staatliche Finanzierung erhalten. Da die AfD zum zweiten Mal in den Bundestag eingezogen ist, dürfte ihrer Stiftung nach der bisherigen Praxis zunächst ein Millionenbetrag zur Startfinanzierung zustehen und mittelfristig bis zu 70 Millionen Euro jährlich. Die Stiftung könnte damit hunderte Parteimitglieder bezahlen, umfangreiche Schulungsprogramme durchführen und ihre rechte Ideologie auch international bewerben.

Wie eine neue Studie zeigt, die wir mit der Otto Brenner Stiftung veröffentlichen, ist die DES ein zentraler Baustein für Versuche der Neuen Rechten, in Deutschland Hegemonie im vorpolitischen Raum zu erlangen. Entscheidende Akteur*innen sind teilweise seit Jahrzehnten äußerst gut vernetzt und organisiert in der Neuen Rechten. Sie referieren bei Organisationen der Neuen Rechten wie dem Institut für Staatspolitik, sind aktiv in radikalen Verbünden und Burschenschaften und publizieren in neurechten Medien wie dem Compact Magazin, der Sezession und der Jungen Freiheit. 

Viele dieser Strukturen werden auch von der Bundesregierung als extremistisch eingeschätzt und vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet, wie die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion zeigt, die wir veröffentlichen.

Zudem sind handelnde Akteur*innen immer wieder mit völkisch-nationalistischen, geschichtsrevisionistischen, rassistischen und antisemitischen Positionen aufgefallen. Mit einer staatlichen Förderung in Millionenhöhe könnte die DES erstmals das Ziel der Neuen Rechten erreichen, dauerhafte Strukturen zu schaffen, um derart menschenfeindliche Positionen über Akademien, Bildungswerke, Förderprogramme und Stipendien in der Gesellschaft stärker zu verankern.

Das ZDF Magazin Royale hat sich ausführlich mit der DES sowie ihren Vorstands- und Kuratoriumsmitgliedern auseinandergesetzt.

Finanzierung der DES könnte gestoppt werden

Bisher gibt es kein abgestimmtes Konzept von parteinahen Stiftungen oder Bundestagsfraktionen für den Umgang mit der DES. Es ist abzusehen, dass viele Akteur*innen aus Stiftungen und Parteien derzeit abwarten, zu welchen Dynamiken die Ergebnisse der Bundestagswahl 2021 in den kommenden Monaten führen. Zwar war die DES bisher nicht damit erfolgreich, staatliche Unterstützung zu erhalten. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass der Bund schon bald nach einer abzusehenden Klage der DES per Gerichtsentscheid dazu verpflichtet wird, die DES zu fördern und die AfD sich dementsprechend mit einem Sieg vor Gericht wird brüsten können.

Um zu verhindern, dass die DES staatlich gefördert wird, müsste der Bundestag erstmals eine gesetzliche Grundlage für die Finanzierung parteinaher Stiftungen schaffen. Neben einem transparenten Prozess zur Stiftungsfinanzierung und einer gesetzlichen Obergrenze für die Finanzierung könnte mit einem Stiftungsgesetz erstmals die Voraussetzungen definiert werden, unter denen Stiftungen Gelder erhalten können. So könnte etwa normiert werden, dass Stiftungen, die menschenfeindliches Gedankengut verbreiten, nicht gefördert werden dürfen. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Volker Beck hatte unlängst einen Gesetzentwurf vorgelegt, der ein ähnliches Ziel verfolgt, jedoch andere Aspekte für eine Förderung zugrunde legt.

Neben der Schaffung eines Stiftungsgesetzes sollte überprüft werden, ob der DES – die fast alle anderen parteinahen Stiftungen auch rechtlich ein Verein ist – nach Überprüfung ihrer Arbeit nicht der Status als gemeinnützige Organisation aberkannt werden müsste. Damit würde voraussichtlich auch die Voraussetzung für eine staatliche Finanzierung der DES wegfallen.

Parteien, Stiftungen und zivilgesellschaftliche Organisationen sind aufgefordert, sich konsequent von der DES und ihren Akteur*innen abzugrenzen.

Weiterführende Links:

Studie „Desiderius-Erasmus-Stiftung – Politische Bildung von Rechtsaußen“ bei der Otto Brenner Stiftung

ZDF Magazin Royale zur Desiderius-Erasmus-Stiftung

zu den Protokollen der Stiftungsgespräche

IFG-Anfragen zu parteinahen Stiftungen sowie Fördergrundlagen für die Finanzierung und zum Erasmus-Namensstreit

Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion

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Die Studie „Politische Bildung von Rechtsaußen“

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Semsrott/Jakubowski – Desiderius-Erasmus-Stiftung Arne Semsrott/Matthias Jakubowski OBS-Arbeitspapier 51 OBS-Arbeitspapier 51 Desiderius-Erasmus-Stiftung Politische Bildung von Rechtsaußen Desiderius-Erasmus-Stiftung Politische Bildung von Rechtsaußen 51 i er a p tsp e i Ein Projekt der Otto Brenner Stiftung             r b - A www.otto-brenner-stiftung.de ­                                                        Frankfurt am Main 2021                    BS O
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OBS-Arbeitspapier 51 Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung ISSN: 2365-1962 (nur online)                                                                               Die Otto Brenner Stiftung …                                               in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ ... ist die gemeinnützige Wissen-    ... veröffentlicht die Ergebnisse schaftsstiftung der IG Metall. Sie   ihrer Forschungsförderung in der Herausgeber:                                                                                               hat ihren Sitz in Frankfurt am       Reihe „OBS-Arbeitshefte“ oder OBS-Arbeitsheft 106* Otto Brenner Stiftung                                                                                      Main. Als Forum für gesellschaft-    als Arbeitspapiere (nur online). Die Arbeitshefte werden, wie Lutz Frühbrodt, Ronja Auerbacher liche Diskurse und Einrichtung Jupp Legrand                                                                                               der Forschungsförderung ist sie      auch alle anderen Publikationen           Den richtigen Ton treffen dem Ziel der sozialen Gerech-        der OBS, kostenlos abgegeben.             Der Podcast-Boom in Deutschland Wilhelm-Leuschner-Straße 79 tigkeit verpflichtet. Besonderes     Über die Homepage der Stiftung D-60329 Frankfurt am Main                                                                                  Augenmerk gilt dabei dem Aus-        können sie auch elektronisch be-          OBS-Arbeitsheft 105 gleich zwischen Ost und West.        stellt werden. Vergriffene Hefte          Hektor Haarkötter, Filiz Kalmuk Tel.: 069-6693-2810                                                                                                                             halten wir als PDF zum Download           Medienjournalismus in Deutschland Fax: 069-6693-2786                                                                                         ... initiiert den gesellschaft­      bereit unter: www.otto-brenner-           Seine Leistungen und blinden Flecken lichen Dialog durch Veranstal-       stiftung.de/wissenschaftsportal/ E-Mail: info@otto-brenner-stiftung.de                                                                      tungen, Workshops und Koopera­       publikationen/                            OBS-Arbeitsheft 104 tionsveranstaltungen (z. B. im                                                 Valentin Sagvosdkin www.otto-brenner-stiftung.de Herbst die OBS-Jahrestagungen),      ... freut sich über jede ideelle Qualifiziert für die Zukunft? organisiert Konferenzen, lobt        Unterstützung ihrer Arbeit. Aber wir sind auch sehr dankbar, wenn Zur Pluralität der wirtschaftsjournalistischen Ausbildung jährlich den „Otto Brenner Preis Autoren:                                                                                                   für kritischen Journalismus“ aus,    die Arbeit der OBS materiell ge-          in Deutschland Arne Semsrott                                                                                              fördert wissenschaftliche Unter-     fördert wird. OBS-Arbeitsheft 103* suchungen zu sozialen, arbeits- FragDenStaat                                                                                                                                    ... ist zuletzt durch Bescheid des Ingo Dachwitz, Alexander Fanta markt- und gesellschaftspoliti- schen Themen und legt aktuelle       Finanzamtes Frankfurt am Main V           Medienmäzen Google Singerstr. 109 medienkritische und -politische      (-Höchst) vom 4. November 2020            Wie der Datenkonzern den Journalismus umgarnt D-10179 Berlin                                                                                             Analysen vor.                        als ausschließlich und unmittel- bar gemeinnützig anerkannt wor-           OBS-Arbeitsheft 102* E-Mail: arne.semsrott@okfn.de                                                                              ... informiert regelmäßig mit ei-    den. Aufgrund der Gemeinnüt-              Wolfgang Schroeder, Samuel Greef u. a. Twitter: @arnesemsrott                                                                                     nem Newsletter über Projekte,        zigkeit der Otto Brenner Stiftung         Bedrängte Zivilgesellschaft von rechts Publikationen, Termine und Ver-      sind Spenden steuerlich absetz-           Interventionsversuche und Reaktionsmuster anstaltungen.                        bar bzw. begünstigt. Matthias Jakubowski                                                                                                                                                                       OBS-Arbeitsheft 101* Leif Kramp, Stephan Weichert E-Mail: matthias.jakubowski@posteo.de      Hinweis zu den Nutzungsbedingungen:                                                                                                            Nachrichten mit Perspektive Unterstützen Sie unsere Arbeit, Twitter: @tiisbosbi                        Dieses Arbeitspapier darf nur für nichtkommerzielle Zwecke                                                                                     Lösungsorientierter und konstruktiver Journalismus z. 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Wissenschaft und Forschung zum Schwerpunkt:                                       OBS-Arbeitsheft 99* think and act –                                                                                         • Förderung der internationalen Gesinnung und                                     Tobias Gostomzyk, Daniel Moßbrucker des Völkerverständigungsgedankens                                             „Wenn Sie das schreiben, verklage ich Sie!“ Agentur für strategische Kommunikation     In den Arbeitspapieren werden die Ergebnisse der For-                                                                                          Studie zu präventiven Anwaltsstrategien schungsförderung der Otto Brenner Stiftung dokumentiert                        Bank:          HELABA Frankfurt/Main		                          gegenüber Medien IBAN:          DE11 5005 0000 0090 5460 03 Titelbild:                                 und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für die Inhalte                     BIC:		         HELA DE FF 		                                    OBS-Arbeitsheft 98* picture alliance / Sebastian Gollnow/dpa / sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Arbeits­                                                                                       Lutz Frühbrodt, Annette Floren Unboxing YouTube Sebastian Gollnow                          papiere erscheinen nur online, nicht als Printprodukt.       Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von                Im Netzwerk der Profis und Profiteure Wissenschaft und Forschung zu den Schwerpunkten: OBS-Arbeitsheft 97* • Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Ost- und Redaktionsschluss:                         Download und weitere Informationen:                                                                                                            Wolfgang Schroeder, Stefan Fuchs Westdeutschland (einschließlich des Umweltschutzes) 15. September 2021                         www.otto-brenner-stiftung.de                                 • Entwicklung demokratischer Arbeitsbeziehungen in Mittel- und                    Neue Mitglieder für die Gewerkschaften Osteuropa                                                                     Mitgliederpolitik als neues Politikfeld der IG Metall • Verfolgung des Zieles der sozialen Gerechtigkeit OBS-Arbeitsheft 96* Rainer Faus, Simon Storks Bank:          HELABA Frankfurt/Main IBAN:          DE86 5005 0000 0090 5460 11                      Im vereinten Deutschland geboren – BIC:		         HELA DE FF 		                                    in den Einstellungen gespalten? OBS-Studie zur ersten Nachwendegeneration Geben Sie bitte Ihre vollständige Adresse auf dem Überweisungsträger an, damit wir Ihnen nach Eingang der Spende eine Spendenbescheinigung zu-         * Printfassung leider vergriffen; Download weiterhin möglich. senden können. Oder bitten Sie in einem kurzen Schreiben an die Stiftung unter Angabe der Zahlungsmodalitäten um eine Spendenbescheinigung. Verwaltungsrat und Geschäftsführung der Otto Brenner Stiftung danken für die finanzielle Unterstützung und versichern, dass die Spenden ausschließ- Diese und weitere Publikationen der OBS finden Sie unter www.otto-brenner-stiftung.de lich für den gewünschten Verwendungszweck genutzt werden.                  Otto Brenner Stiftung | Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | D-60329 Frankfurt/Main
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Vorwort Vorwort Anfang September zeigten sich Brandenburger Politiker*innen angesichts der Er- gebnisse einer Recherche über die dortige Landtagsfraktion der Alternative für Deutschland (AfD) beunruhigt. Die Recherche hatte ergeben, dass Rechtsextreme in der Brandenburger AfD immer mehr an Einfluss gewinnen. Es hieß, dass die Fraktion faktisch ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für die extreme Rechte sei und rechte Strukturen aus Steuergeldern querfinanziert werden würden. Von einer Aushöhlung der Demokratie durch die AfD war die Rede und dass die Partei „überhaupt keine Hemmungen mehr habe, ihre rechtsextremen Tendenzen nach außen zu tragen“. Hatte doch die Analyse einer internen Liste des Landtags ergeben, dass mindestens zehn Mitarbeiter*innen der AfD-Fraktion einen rechtsextremistischen Hintergrund haben. Personen mit Beziehungen zur Identitären Bewegung (IB) als auch ein ehe- maliger NPD-Aktivist zählten ebenso dazu wie ein ehemaliger Funktionär der verbo- tenen Heimattreuen Deutschen Jugend. Analysen zur Herkunft und Vorgeschichte von Mitarbeiter*innen der AfD liegen auch für die 19. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages und einige Landes- parlamente vor. Die Erkenntnisse, die bisher von investigativ recherchierenden Journalist*innen oder Politikwissenschaftler*innen zur AfD öffentlich zugänglich sind, geben schon begründet Anlass für die Beobachtung, dass unsere parla- mentarische Demokratie von innen heraus bedroht ist, weil etwa ihre politische Legi­timation in Zweifel gezogen wird. Die Befunde, die wir zur Vorgeschichte und der bisherigen Arbeit der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) und ihrer wichtigsten Akteur*innen hier erstmals einer breiteren Öffentlichkeit zur Diskussion stellen, verdeutlichen jetzt auch die wachsenden Gefahren, die mit einer Eta­blierung der parteinahen Stiftung im vorpolitischen Raum verbunden sein können. Mit dem abermaligen Einzug der AfD in den Deutschen Bundestag nach der Wahl am 26. September mit 10,3 Prozent gewinnt die Frage zwangsläufig an politischer Aktualität und gesellschaft­licher Brisanz, ob die AfD-nahe DES mit Millionen­summen aus staatlichen Haushalten künftig agieren kann und was sie damit zu bezwecken versuchen dürfte. attac, change.org, Campact – die Liste zivilgesellschaftlicher Organisationen, denen die Finanzämter in den vergangenen Jahren die Gemeinnützigkeit aberkannt haben, wird immer länger. Der Vorwurf der Finanzverwaltung ist auch in weiteren Fällen, dass die Organisationen sich politisch engagieren. Bei einer anderen auf- strebenden politisch engagierten Organisation hat das Finanzamt bisher nicht ein- gegriffen: Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung genießt weiterhin den Status der Gemeinnützigkeit. Dass die DES voraussichtlich nach dem Wiedereinzug der AfD 1
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Desiderius-Erasmus-Stiftung in den Bundestag darauf baut, vom Staat in Millionenhöhe finanziert zu werden, muss aber nicht das letzte Wort sein. Es freut die Otto Brenner Stiftung (OBS) sehr, dass wir zusammen mit der pro- filierten Nichtregierungsorganisation FragDenStaat eine investigative Recherche auf den Weg bringen konnten, die etwas Licht ins Dunkel eines gesellschaftlichen Bereichs zu bringen versucht, der üblicherweise die Scheinwerfer transparenter Öffentlichkeit aus verständlichen Gründen eher meidet. Unsere Studie zeigt, dass zentrale Akteur*innen der DES tief im Milieu der Neuen Rechten verwurzelt sind und die Stiftung das Ziel verfolgen könnte, eine Ideen- und Kaderschmiede für die Neuen Rechten aufzubauen oder bestehende neurechte Strukturen zu unterstützen. Wir wollen aber nicht nur diese zentralen Befunde der Untersuchung der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen. Autoren und Stiftung verfolgen auch das Ziel, mit der Untersuchung eine fundierte Diskussion über Hintergründe und Ziele der DES zu ermöglichen sowie Handlungsmöglichkeiten für den Umgang mit ihr für unter- schiedliche Bereiche aufzuzeigen. Der Gesetzgeber, so eine der gängigen Forderungen, sollte dafür sorgen, dass die DES von einer staatlichen Förderung ausgeschlossen wird. In diese Richtung plädiert etwa auch das Manifest von gesellschaftlich aktiven Akteur*innen und relevanten Organisationen, das von der Bildungsstätte Anne Frank initiiert worden ist, und das die Politik zu einem entsprechenden Handeln auffordert. Aber nicht nur die Politik und die staatlichen Ebenen sind gefragt, wenn es darum geht, gegen die DES aktiv zu werden und um ihren Gestaltungsanspruch einzugrenzen. Auch die an- deren parteinahen Stiftungen, Hochschulen, Akteur*innen der politischen Bildung und zivilgesellschaftliche Nichtregierungsorganisationen (NRO) sollten klare Kante zeigen gegen die Demokratiefeinde von rechts und sich gegen alle Bestrebungen engagieren, die versuchen, „politische Bildung von Rechtsaußen“ zu etablieren. Wenn wir einen kleinen Beitrag zu dieser überfälligen Diskussion liefern und einen weiteren Anstoß geben können für eine intensive, auch kontroverse Beschäf- tigung mit diesem Thema, haben Autoren und Stiftung erreicht, was wir mit dieser DES-Studie der OBS bezwecken wollten. Jupp Legrand Geschäftsführer der OBS		               Frankfurt am Main, den 27. September 2021 2
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Inhalt Inhalt Zusammenfassung: Die Studie auf einen Blick........................................................... 4 1 Einleitung..................................................................................................................5 2 Parteinahe Stiftungen in Deutschland........................................................................7 2.1 Finanzierung der Stiftungen............................................................................................. 7 2.2 Regulierung der Stiftungen.............................................................................................11 2.3 Szenarien der Stiftungsfinanzierung in der Zukunft........................................................ 12 3 Geschichte der DES.................................................................................................. 15 4 Pläne der DES..........................................................................................................19 4.1 Politische Bildung: Bildungswerk und Politische Akademie............................................ 19 4.2 Wissenschaftsförderung und Stipendien........................................................................ 21 4.3 Auslandsaktivitäten...................................................................................................... 22 4.4 Die DES in den Bundesländern....................................................................................... 22     Exkurs: Landesregelungen zur parteinahen Stiftungsförderung....................................... 23 5 Die DES und die Neue Rechte.................................................................................. 26 5.1 Ursprünge, zentrale Ideen und Strategien der Neuen Rechten.........................................26 5.2 Organisationsformen..................................................................................................... 29 5.3 Publikationen................................................................................................................ 36 5.4 Personen....................................................................................................................... 39 6 Bewertung.............................................................................................................. 49 7 Forderungen............................................................................................................ 51 7.1 Stiftungsfinanzierungsgesetz schaffen...........................................................................51 7.2 Gemeinnützigkeit prüfen, Transparenz schaffen............................................................. 54 7.3 DES ausschließen.......................................................................................................... 55 Literaturverzeichnis.............................................................................................................. 57 Verzeichnis der Abbildungen................................................................................................. 70 HInweise zu den Autoren........................................................................................................71 3
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Desiderius-Erasmus-Stiftung Zusammenfassung: Die Studie auf einen Blick Die Arbeit parteinaher Stiftungen in Deutsch-     schen Raum zu erlangen. Entscheidende Ak- land wird gegenwärtig mit 660 Millionen Euro      teur*innen sind teilweise seit Jahrzehnten äu- jährlich gefördert – Geld, das ihnen größ-        ßerst gut vernetzt und organisiert in der Neuen tenteils aus dem Bundeshaushalt für ihre          Rechten. Zudem sind handelnde Akteur*innen zahlreichen Tätigkeiten zur Verfügung ge-         immer wieder mit völkisch-nationalistischen, stellt wird. Sie erhalten vom Staat insgesamt     geschichtsrevisionistischen, rassistischen und mehr als dreimal so viel Geld wie die ihnen       antisemitischen Positionen aufgefallen. Mit nahestehenden Parteien. Das Verfahren zur         einer staatlichen Förderung in Millionenhöhe Finanzierung ist bisher äußerst intransparent     könnte die DES dauerhafte Strukturen schaf- und informell. Es kann von der Öffentlichkeit     fen, um derart menschenfeindliche Positionen kaum nachvollzogen und kontrolliert werden.       der Neuen Rechten in der Gesellschaft stärker Ein eigenes Stiftungsfinanzierungsgesetz, das     zu verankern. die Vergabe der finanziellen Mittel öffent-           Um zu verhindern, dass die DES staatlich lich nachvollziehbar machen könnte, existiert     gefördert wird, muss zum einen eine gesetz­ nicht. Dies könnte dazu führen, dass mit der      liche Grundlage für die Voraussetzungen Gründung der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-­       sowie einen transparenten Prozess zur Stif- Stiftung (DES) nach der Bundestagswahl 2021       tungsfinanzierung geschaffen werden. Zum erstmals eine Stiftung gefördert wird, die dem    anderen muss die Arbeit der Stiftung über- extrem rechten Parteienspektrum nahe­steht.       prüft und dann im Lichte der Erkenntnisse Unsere Studie zeigt, dass die DES ein zen­    entschieden werden, ob der DES der Status traler Baustein für Versuche der Neuen Rechten    als gemeinnützige Organisation aberkannt ist, in Deutschland Hegemonie im vorpoliti-       werden sollte. Hinweis von Autoren und Stiftung Mögliche personelle Änderungen in Vorstand und Kuratorium der DES, die nach Redak­ tionsschluss bzw. zur Drucklegung dieser Studie erfolgt sind, konnten in der Print-­ Fassung der Untersuchung nicht mehr berücksichtigt werden. Wenn es Aktualisie- rungsbedarfe gibt und neue Fakten mit strategischer Relevanz nachzutragen sind, berücksichtigen wir dies in der Fassung, die online unter www.otto-brenner-stiftung.de öffentlich und kostenlos zugänglich ist. Berlin und Frankfurt am Main, den 24. September 2021 4
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Einleitung 1 Einleitung Die Bundestagswahl vom 26. September 2021                      nach einem Stiftungsgesetz wiederaufgekom- markiert einen tiefen Einschnitt für die politi-               men, mit dem die Vergabe staatlicher Zuschüsse sche Bildung in Deutschland. Mit dem erneuten                  an die parteinahen Stiftungen erstmals explizit Einzug der Alternative für Deutschland (AfD) in                gesetzlich geregelt werden würde. Besonders den Deutschen Bundestag wird die AfD-nahe                      die Bildungsstätte Anne Frank (Frankfurt a. M.) Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) voraussicht-                 hat mit ihrer Arbeit dazu beigetragen, auf die lich erstmals das Anrecht auf staatliche Förder-               Gefahren der DES und die Möglichkeiten der mittel erhalten.                                               Stiftungsgesetzgebung hinzuweisen. Bisher Die Rechtsaußen-Partei hat lange darauf                    haben die meisten Parteien und ihre Stiftungen hingearbeitet, vom etablierten System der                      ein solches Gesetz nicht unterstützt – und da- staatlichen Finanzierung parteinaher Stiftun-                  mit akzeptiert, dass sowohl die Ermittlung der gen zu profitieren. Je nach Rechnung und Stra-                 Fördersummen in Höhe von zuletzt 660 Millio­ tegie könnte die DES in nicht allzu ferner Zu-                 nen Euro jährlich als auch die Ausgabenseite kunft – wie die parteinahen Stiftungen ähnlich                 gegenüber der Öffentlichkeit äußerst intrans- stark im Parlament vertretener Parteien von                    parent gestaltet bleiben. Soll die Arbeit der Linken, Grünen oder FDP – bis zu 70 Millionen                  DES aber einer starken öffentlichen Kontrolle Euro jährlich aus dem Bundeshaushalt erhal-                    unterliegen, ist mehr Transparenz im Bereich ten, auch wenn die DES derzeit noch weniger                    der parteinahen Stiftungen unerlässlich. Geld einfordert. Damit würde erstmals eine                         Unsere Studie verfolgt den Anspruch, erst- dem extrem rechten1 Parteienspektrum nahe-                     mals ein möglichst umfassendes Bild der DES, stehende Stiftung finanzielle Unterstützung                    der an ihr unmittelbar und mittelbar betei- aus staatlichen Haushalten erhalten. Die DES                   ligten Akteur*innen sowie der aktuellen und kann eine nationale und internationale Vernet-                 zukünftig zu erwartenden Betätigungsfelder zung und Ausstattung von Akteur*innen der                      zu bieten. Sie bildet eine Diskussionsgrund- Neuen Rechten vorantreiben, den politischen                    lage über die Finanzierung und Kontrolle par- Aktivismus extrem rechter Studierender an                      teinaher Stiftungen in Deutschland und zeigt deutschen Hochschulen indirekt fördern und                     Verknüpfungen eines neurechten Netzwerks, parteinahen Ideolog*innen ein Auskommen                        das sich nahe und im Umfeld der AfD gebil- sichern.                                                       det hat. Da­raus abgeleitet werden Antworten Angesichts der Gründung und des Wachs-                     auf die Frage, welche Herausforderungen sich tums der DES ist eine jahrzehntealte Forderung                 im Umgang mit der Stiftung und ihrem Umfeld 1 Die Studie verzichtet weitgehend auf die Bezeichnung „Rechtsextremismus“, da die Autoren die u. a. vom Verfas- sungsschutz verfolgte Extremismustheorie für wenig wissenschaftlich und im Zusammenhang mit der Bewertung der Gefährlichkeit rechter Personen, Organisationen und Strukturen für unbrauchbar halten. Die maßgeblich auf die beiden Politikwissenschaftler Uwe Backes und Eckhard Jesse zurückgehenden Annahmen sehen die Autoren als mitursächlich für die Banalisierung rechter Ideologie. Wo die Bezeichnung verwendet wird, geschieht dies meist un- ter direkter Bezugnahme auf andere Veröffentlichungen. 5
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Desiderius-Erasmus-Stiftung stellen. Welche Gefahren der mittelbaren Quer- Erweiterung des Spektrums um die DES. An- finanzierung extrem rechter Netzwerke durch    schließend werden die Geschichte sowie die finanzielle staatliche Unterstützung sind zu   Pläne der DES dargestellt und das Netzwerk erwarten? Und wie lässt sich eine Verfestigung der DES in den Neuen Rechten überblicksartig der DES-Strukturen aufhalten?                  beschrieben. Die Darstellung der Vernetzung Um diese Fragen zu klären, gibt die Studie der zentralen Akteure in der Neuen Rechten einen kurzen Überblick über das System der     bietet anschließend die Möglichkeit, die Rolle parteinahen Stiftungen in Deutschland und      der DES zu bewerten und Forderungen zum Um- skizziert mögliche Veränderungen durch eine    gang mit der DES in der Zukunft zu formulieren. 6
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Parteinahe Stiftungen in Deutschland 2 Parteinahe Stiftungen in Deutschland Mit dem Vordringen in das Territorium der par-     nen organisatorisch und personell unabhängig teinahen Stiftungen – auch politische Stiftun-     sind (Bundestag 2006b: 12). gen oder Parteienstiftungen genannt – macht            Ob ihnen das gelingt, ist umstritten (Ho- die AfD über die parteinahe Desiderius-Eras-       busch 2020). Denn schon qua Auftrag sind mus-Stiftung (DES) einen weiteren Schritt zur      die Stiftungen zumindest parteinah, von den formellen Angleichung an andere etablierte         Parteien offiziell anerkannt und – auch, weil Parteien in Deutschland. Sie findet einen Be-      ihre Finanzierung bisher an Wahlergebnisse reich der Politik und politischen Bildung vor,     der jeweiligen Parteien gekoppelt ist – damit der bisher vor allem durch die Praxis der gro-     von ihnen abhängig, wenngleich sie nicht ßen parteinahen Stiftungen geprägt wurde –         weisungsgebunden sind. Nach dem zentralen der Linken-­nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung,         Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, der       Stiftungen müssen diese „ins Gewicht fallende SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, der FDP-­      politischen Grundströmungen“ repräsentieren nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Frei-     (Urteil vom 14. Juli 1986, 2 BvE 5/83) und erle- heit, der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung       digen mit ihrer politischen Bildungsarbeit auch sowie der CSU-nahen Hanns-Seidel Stiftung.         Aufgaben der Parteien. In der Vergangenheit Bis auf die Friedrich-Naumann-Stiftung für die     wurden immer wieder Berichte bekannt, nach Freiheit, die eine rechtsfähige Stiftung ist, sind denen die Stiftungen „ihren“ Parteien u. a. im die parteinahen Stiftungen rechtlich tatsächlich   Wahlkampf zuarbeiteten (Hobusch 2019). Im eingetragene Vereine (Bundestag 2006a: 8),         Zusammenhang mit der Förderung partei­naher auch die DES. Eigens gesetzlich geregelt sind      Stiftungen steht unter anderem deswegen im- nur wenige Teile der Stiftungsarbeit. Ein Gesetz   mer wieder der Verdacht im Raum, dass sie für die parteinahen Stiftungen und die Vergabe     eine illegale verdeckte Parteienfinanzierung von Zuwendungen an sie gibt es bisher nicht.       darstellt (Lepszy 2003: 525). Laut Bundesinnenministerium fördern die Stiftungen „durch die Vermittlung politischer 2.1 Finanzierung der Stiftungen Bildung das demokratische Bewusstsein und das politische Engagement der Bürgerinnen          Die absolute Obergrenze für die staatliche Teil­ und Bürger“ (BMI 2021). Die parteinahen            finanzierung politischer Parteien lag auf Bun- Stiftungen sind allesamt in der politischen        desebene im Jahr 2021 bei 200 Millionen Euro Bildungsarbeit, in der wissenschaftlichen For-     (Bundestag 2021). Für parteinahe Stiftungen schung und Beratung, der Begabtenförderung         gibt es hingegen keine Obergrenze. Sie erhal- und der internationalen Zusammenarbeit tätig.      ten ein Vielfaches: Im Jahr 2019 lag ihr Budget Sie unterhalten Archive und Bibliotheken und       gemeinsam bei 699,8 Millionen Euro, davon arbeiten dabei mit den ihnen jeweils naheste-      659,7 Millionen Euro Zuwendungen vom Bund, henden Parteien zusammen, wobei sie gleich-        10 Millionen Euro von den Ländern sowie weitere zeitig auch belegen müssen, dass sie von ih-       Zuwendungen von der Europäischen Union (EU) 7
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Desiderius-Erasmus-Stiftung und privaten Mittelgebern. Allein die Konrad-­       Vorschlag des Haushaltsausschusses, der die Adenauer-Stiftung (KAS) erhielt vom Bund zu-         Höhe der Gelder nicht inhaltlich begründet. letzt mehr Geld als die im Bundestag vertrete-       Dieses Verfahren bedeutet, dass über die Stif- nen Parteien zusammen. Die Stiftungsbudgets          tungsgelder z. T. auch Abgeordnete entschei- stiegen seit Beginn der staatlichen Finanzierung     den, die Teil der Vorstände oder Kuratorien im Jahr 1962 stark an (Meertens/Wollf: 442). Die     ebendieser Stiftungen sind – also faktisch in Globalzuschüsse durch das Bundesinnenminis-          eigener Sache. Eine Kontrolle durch die Öf- terium etwa stiegen von 1968 bis 2015 von 9 Mil-     fentlichkeit wäre also besonders wichtig, kann lionen DM auf 116 Millionen Euro und damit auf       aber nicht wirklich stattfinden. das 25-fache. Die staatliche Teilfinanzierung der        Die Aufteilung der Mittel unter den Stiftun- Parteien stieg im selben Zeitraum nur auf das        gen folgt einem inoffiziellen und nicht festge- 7-fache (v. Arnim 2016: 368).                        schriebenen sogenannten Verteilerschlüssel, Die Entscheidung über die Budgets für             auf den sich die Stiftungen geeinigt haben. politische Stiftungen trifft der Bundestag mit       Dieser orientiert sich an den Wahlergebnissen der Verabschiedung des Bundeshaushalts auf           der ihnen nahestehenden Parteien bei den Abbildung 1 Gesamtbudgets für politische Stiftungen Entwicklung Bundesgelder laut Jahresberichten 200 Bundesgelder (in Millionen Euro) 150 Konrad-Adenauer-Stiftung Friedrich-Ebert-Stiftung Friedrich-Naumann-Stiftung 100                                                                                   Hanns-Seidel-Stiftung Heinrich-Böll-Stiftung Rosa-Luxemburg-Stiftung Desiderius-Erasmus-Stiftung 50 0 20        12       13      14      15     20      20         18        19 11    20       20      20       20        16      17     20       20 Quelle: Jahresberichte der Stiftungen. Eigene Darstellung. 8
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