WD 9 - 050/18 Zu den Auswirkungen der Nutzung digitaler Medien auf Kleinkinder in Kindertageseinrichtungen

Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen, Jugend

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Wissenschaftliche Dienste Sachstand Zu den Auswirkungen der Nutzung digitaler Medien auf Kleinkinder in Kindertageseinrichtungen © 2018 Deutscher Bundestag                            WD 9 - 3000 - 050/18
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Wissenschaftliche Dienste                Sachstand                                                              Seite 2 WD 9 - 3000 - 050/18 Zu den Auswirkungen der Nutzung digitaler Medien auf Kleinkinder in Kindertageseinrichtungen Aktenzeichen:                      WD 9 - 3000 - 050/18 Abschluss der Arbeit:              22. August 2018 Fachbereich:                       WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines sei- ner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasse- rinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeit- punkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abge- ordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, ge- schützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fach- bereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen.
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Wissenschaftliche Dienste        Sachstand                                 Seite 3 WD 9 - 3000 - 050/18 Inhaltsverzeichnis 1.          Einleitung                                                   4 2.          Zur Nutzung von digitalen Medien im Kleinkindalter           4 2.1.        Allgemeine Studien                                           4 2.2.        Zur Verwendung digitaler Medien in Kindertageseinrichtungen  8 3.          Auswirkungen der Medienpräsenz und der Mediennutzung auf die Gesundheit von Kindern                13
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Wissenschaftliche Dienste               Sachstand                                                              Seite 4 WD 9 - 3000 - 050/18 1.    Einleitung Besonders in den letzten Jahren hat sich der Bereich der Digitalisierung rasant weiterentwickelt und findet in fast allen Lebensbereichen Beachtung. So kommen auch Kinder immer häufiger und früher in Kontakt mit digitalen Medien, diese werden zu einem wichtigen Bestandteil ihres alltäglichen Lebens. Die Thematik Digitale Medien in der Kita rückt in den Vordergrund. Bereits im Gemeinsamen Rahmen der Länder zur frühen Bildung in Kindertageseinrichtungen (Kitas) 1                                                                                            2 von 2004 ist festgelegt, dass der Bildungsauftrag der Kita auch Medienbildung umfasst . Deren Umsetzung hat allerdings die möglichen Risiken für die Kinder in den Blick zu nehmen, wie etwa die Preisgabe personenbezogener Daten, die ungeschützte Aufnahme ungeeigneter Inhalte oder aber gesundheitliche Folgen für die Entwicklung. Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsver- band befasst sich aktuell auch mit dem Thema und wirft die Frage auf, ob digitale Medien in die Kita gehören, inwieweit Kleinkinder dadurch die bewusste und verantwortungsvolle Nutzung von digitalen Medien erlernen und ob Smartphones und Tablets in die Hand der Kleinsten 3 gehören . Der folgende Sachstand beschäftigt sich auftragsgemäß mit Studien, die die Mediennutzung von Kleinkindern, mögliche Auswirkungen der digitalen Medien auf die frühkindliche Entwicklung einschließlich der Auswirkungen auf die Gesundheit und die die verändernden Anforderungen an die Kitas aufführen. Daneben werden konkrete Initiativen und Projekte zur Verwendung digitaler Medien in Kitas aufgeführt. 2.    Zur Nutzung von digitalen Medien im Kleinkindalter Mit der zunehmenden digitalen Ausstattung in der Familie und der Nutzung dieser durch Kinder und Jugendliche beschäftigen sich mehrere Studien. 2.1. Allgemeine Studien Die nachfolgenden Studien und Analysen befassen sich mit der Mediennutzung von Kindern im Alter bis zu sechs Jahren. 1     Gemeinsamer Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen, Beschluss der Kultusmi- nisterkonferenz vom 03./04.06.20, 3.2.4, abrufbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentli- chungen_beschluesse/2004/2004_06_03-Fruehe-Bildung-Kindertageseinrichtungen.pdf (Stand: 21. August 2018). 2 Unter Medien allgemein werden allerdings auch analoge Medien wie Fernseher, Bücher, Zeitungen und Telefon verstanden. Unter den neuen Medien werden dagegen digitale Medien wie Smartphones, Tablets, und E-Books verstanden. Zur Differenzierung siehe auch: Leopold, Marion/ Ullmann, Monika, Digitale Medien in der Kita, 2018, S. 42 ff. 3     Vgl. Pro und Contra: Smartphone und Tablet für die Kleinsten?, in: https://www.der-paritaetische.de/filead- min/user_upload/Publikationen/verbandsmagazin/2018-02/Bundesteil_02_2018.pdf
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Wissenschaftliche Dienste                Sachstand                                                              Seite 5 WD 9 - 3000 - 050/18 Eine solche Untersuchung wurde beispielsweise vom Medienpädagogischen Forschungsverbund 4 Südwest (mpfs)vom im Jahr 2014 durchgeführt . Bei der sog. MiniKIM (Kinder- Internet- Medien)- Studie wurden bundesweit 632 Haupterzieher von Kindern im Alter zwischen zwei und fünf Jahren im Zeitraum Mai bis Juni 2014 befragt, und zwar zu den Mediengewohnheiten ihrer Kinder. Die Befragung und Datenauswertung wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Markt- und Sozialforschung Tauenstein durchgeführt. Es wurden Daten zur Medienausstattung und zum Medienbesitz der Kinder, die Mediennutzung im Alltag sowie in der Kita und Krippe erhoben. Ergebnis war, dass neun Prozent der Kinder zwischen zwei und fünf Jahren bereits Zugriff auf einen speziellen Kindercomputer haben. Zum Zeitpunkt der Studie hätten 85 Prozent der Zwei- bis Fünfjährigen keine Erfahrung mit dem Internet gehabt, auch das Tablet würde erst von 15 Prozent der Kinder genutzt worden. Die Deutsche Telekom Stiftung initiierte eine Befragung zur digitalen Medienbildung in Grund- 5 schule und Kindergärten . Im Oktober 2014 führte hierfür das Institut für Demoskopie Allensbach 808 Interviews mit Eltern von Grundschul- und Kindergartenkindern, 266 Interviews mit Lehrkräften an Grundschulen und 258 Befragungen von Erzieherinnen und Erziehern an Kitas durch. Es ließ sich feststellen, dass mit steigendem Alter auch die Mediennutzung zuneh- men würde. Danach nutzten bereits zwölf Prozent der Vorschulkinder digitale Medien länger als eine Stunde täglich. Mehr als 80 Prozent der Erziehungsberechtigten, welche ihren Kindern digitale Medien zur Verfügung stellen, hätten strikte Vorgaben für deren Verwendung. Dabei seien 14 Prozent der Erziehungsberechtigten der Meinung, dass Kinder unter sechs Jahren mit digitalen Medien vertraut gemacht werden müssten und zehn Prozent seien der Meinung, dass bereits in der Kita digitale Inhalte vermittelt werden sollten. Dagegen geben fünf Prozent der Erzieher an, dass digitale Inhalte eine große bis sehr große Rolle in ihrer pädagogischen Arbeit spielten. Dabei setzten Erzieher bisher digitale Medien in erster Linie zum Abspielen von Videos und Bildern ein. Das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) führte 2015 in Zusam- menarbeit mit dem Markt- und Sozialforschungsinstitut Heidelberg ebenfalls eine Studie zu 6 Kindern in der digitalen Welt durch . Die Studie fand in zwei Schritten statt. Im Anschluss an eine Vorstudie wurde eine Umfrage durchgeführt, bei der bundesweit 1.832 Eltern von drei- bis achtjährigen Kindern befragt wurden sowie 1.029 Kinder zwischen sechs und acht Jahren. Die zentralen Fragestellungen umfassten dabei neben dem Medienalltag und der Mediennutzung der Kinder den Umgang der Eltern mit dieser Situation. Die Studie kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass bereits jeder zehnte Dreijährige im Internet aktiv ist. Ein Teil der Kinder könne 4     Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, MiniKIM 2014, Kleinkinder und Medien, abrufbar unter: http://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/miniKIM/2014/Studie/miniKIM_Studie_2014.pdf (Stand: 21. Au- gust 2018). 5     Institut für Demoskopie Allensbach, Deutsche Telekom Stiftung, Digitale Medienbildung in Grundschule und Kindergarten, 2014, abrufbar unter: https://www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/files/media/publica- tions/ergebnisse_allensbach-umfrage_gesamt.pdf (Stand: 21. August 2018). 6     Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet, DIVISI U9- Studie, Kinder in der digitalen Welt, 2015, abrufbar unter: https://www.divsi.de/wp-content/uploads/2015/06/U9-Studie-DIVSI-web.pdf (Stand: 21. August 2018). Die Studie klassifiziert Elternhäuser nach deren Sicht auf Medien und untersucht unter diesem Gesichtspunkt den Medienbezug der Kinder.
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Wissenschaftliche Dienste                Sachstand                                                            Seite 6 WD 9 - 3000 - 050/18 dabei trotz fehlender Les- und Schreibfähigkeiten selbstständige einzelne Internetseiten oder Apps bedienen. Der Umgang der Kinder mit digitalen Medien sei stark davon abhängig, welchen Bezug die eigenen Eltern hierzu haben. Innerhalb des Projektes des Hans- Bredow-Institutes für Medienforschung an der Universität Hamburg „Jugendmedienschutz und Medienerziehung in digitaler Medienumgebung“, welches vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unterstützt 7 worden ist, wurde die mobile Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen untersucht . Es handelte sich dabei um eine qualitative Untersuchung zur Smartphone- und Tablet-Nutzung der Zwei- bis Vierzehnjährigen. In ihrer Methodik orientiert sie sich stark an dem Projekt 8 „Net Children go mobile“ , welches im Rahmen des Safer Internet Programms der Europäischen Union gefördert worden ist. Im April und Juli 2014 wurden verschiedene Einzel- und Gruppenin- terviews durchgeführt. Es wurden zwölf Interviews mit Eltern und Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren aus zwölf Familien gemacht und diese wurden bei der Mediennutzung beobachtet. Die Studie ergab unter anderem, dass schon Vorschulkinder gern mit Tablets umgingen, da sie einfach handhabbar seien. In erster Linie würden die Foto- und Videofunktionen der Geräte genutzt. Die meisten Eltern gaben an, dass ihre Kinder mit circa zwei Jahren an die Nutzung der Geräte herangeführt worden seien. Dabei kämen die Kinder außerhalb des Elternhauses eher selten mit digitalen Medien in Kontakt. Auch diese Studie ergab, dass die Nutzung durch die Kinder stark abhängig von der ihrer Eltern sei. Das Deutsche Jugendinstitut leitete eine Untersuchung zum Thema „Digitale Medien: Beratungs-, 9 Handlungs- und Regulierungsbedarf aus Elternperspektive“ . Es wurden insgesamt 4.690 Mütter und 3.089 Väter von Kindern im Alter von eins bis 15 Jahren im Wege von Telefoninterviews befragt. Es gaben unter anderem 36 Prozent der Mütter und 46 Prozent der Väter an, dass ihre Kinder im Vorschulalter mehrfach die Woche das Internet nutzten. Diese Nutzung habe fast aus- schließlich zu Hause stattgefunden, da nur circa zwei Prozent der Kinder, welche eine Kita besuchen, dort Zugang zum Internet hätten. Kinder, welche das Internet nicht nutzen dürften, erhielten diese Vorgabe von ihren Eltern. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Oftmals lehnten die Eltern die Nutzung durch die Kinder ab oder sehen darin zu große Gefahren für die Kinder. 2015 führte die Europäische Kommission eine Analyse über die Mediennutzung der null- bis achtjährigen Kinder in sechs EU-Staaten (Belgien, Deutschland, Großbritannien, Italien, Finn- 10 land, Tschechische Republik) und Russland durch . In Zusammenarbeit mit Universitäten der 7     Kühn, Joana/ Lampert, Claudia, Mobile Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen, Hans- Bredow- Institut Arbeitspapier Nr. 35, 2015, abrufbar unter: https://www.hans-bredow-institut.de/uploads/media/Publikatio- nen/cms/media/32f1fd6b35311bdedcf7bf2e45fe59b4612eb466.pdf (Stand: 21. August 2018). 8     Siehe Internetauftritt Net Children Go Mobile, abrufbar unter: http://netchildrengomobile.eu/ (Stand: 21. August 2018). 9     Deutsches Jugendinstitut, Grobbin, Alexander, Digitale Medien: Beratungs-, Handlungs- und Regulierungsbedarf aus Elternperspektive, Abschlussbericht, 2015, abrufbar unter: https://www.dji.de/fileadmin/user_up- load/bibs2016/Digitale_Medien_Elternperspektive.pdf (Stand: 21. August 2018). 10    European Commission, JRC science and policy reports, Young Children (0- 8) and digital technology, 2015, abrufbar unter: http://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC93239 (Stand: 21. August 2018).
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Wissenschaftliche Dienste                Sachstand                                                            Seite 7 WD 9 - 3000 - 050/18 einzelnen Staaten wurden repräsentativ 2011 und 2013 insgesamt 10 Familien pro Land besucht und befragt. Die Ergebnisse wurden für die einzelnen Länder zusammengefasst. Nach dieser Erhebung würden Eltern digitale Medien grundsätzlich als Chance bewerten, sähen aber hierin auch erhöhte Herausforderungen für ihren Erziehungsalltag. Die Untersuchung des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (mpfs) zur Kommu- 11 nikation und Mediennutzung in Familien im Jahr 2016 fand in zwei Schritten statt. Es wurde ein persönliches Interview mit 523 Eltern und 443 Kindern geführt, wobei die Eltern der drei- bis fünfjährigen Kinder stellvertretend das Ausfüllen der Fragebögen für ihre Kinder übernahmen. Zusätzlich wurde Tagebuch geführt von 651 Personen zu ihrer Freizeitbeschäftigung und Medi- ennutzung über einen Zeitraum von sechs Wochen im Mai und Juni 2016. Demnach spiele jedes zehnte Vorschulkind mehrmals die Woche digitale Spiele oder sehe aufgezeichnete Sendungen. Unter der Schirmherrschaft der Drogenbeauftragten und mit Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit wurde seitens des Instituts für Medizinökonomie und medizinische Versorgungs- forschung (IMÖV) und des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte die BLIKK (Bewälti- gung, Lernverhalten, Intelligenz, Kompetenz und Kommunikation)-Studie 2016 und 2017 12 deutschlandweit durchgeführt . 5.573 Eltern und deren Kinder wurden zum Umgang mit digitalen Medien befragt und gleichzeitig wurde im Rahmen der üblichen Früherkennungsunter- suchungen die körperliche, entwicklungsneurologische und psychosoziale Verfassung dokumen- tiert. Die Auswahl des Teilnehmerkreises erfolgte auf freiwilliger Basis und wurde in den teil- nehmenden Kinder- und Jugendarztpraxen erfragt. Die Studie enthält auch Befragungen der Eltern zur Mediennutzung und setzt diese ebenfalls in Bezug zum Medienverhalten der Kinder. Mehr als 70 Prozent der Kinder im Kindergartenalter nutzten danach das Smartphone ihrer Eltern mehr als eine halbe Stunde täglich. Die Kinder- Medien-Studie der sechs Verlagshäuser Blue Ocean Entertainment AG, Egmont Ehapa Media GmbH, Gruner + Jahr, Panini Verlags GmbH, der SPIEGEL-Verlag und der ZEIT 13 Verlag wurde zum zweiten Mal (nach einer ersten Studie im Jahr 2017) durchgeführt . Hierfür 11     Medienpädagogischer Forschungsverbundes Südwest, FIM Studie 2016, Familie, Interaktion, Medien, Unter- suchung zur Kommunikation und Mediennutzung in Familien, abrufbar unter: https://www.mpfs.de/filead- min/files/Studien/FIM/2016/FIM_2016_PDF_fuer_Website.pdf (Stand: 21. August 2018). 12     Institut für Medizinökonomie und medizinische Versorgungsforschung (IMÖV) und Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Abschlussbericht der BLIKK-Studie, 2017, abrufbar unter: https://www.drogenbeauf- tragte.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Praevention/Berichte/Abschlussbericht_BLIKK_Medien.pdf (Stand: 21. August 2018). Die Studie enthält eine umfassende Auswertung des Zusammenhanges von Medien- nutzung durch Eltern, Kinder und mögliche Auswirkungen auf die Kinder bis zur J1-Vorsorgeuntersuchung. Die Ergebnisse werden zusätzlich in Bezug zu anderen Studien gesetzt. Es wird darauf verwiesen, dass eine weitere, umfassendere Publikation zu der BLIKK-Studie in Kürze erscheinen wird. Zusätzlich ist innerhalb der BLIKK- Studie eine Umfrage von Erziehern zum Thema Mediennutzdauer und medienpädagogischer Mehrwert in Vor- bereitung. 13     Kinder- Medien-Studie (KMS) 2018 der Verlagshäuser Blue Ocean Entertainment AG, Egmont Ehapa Media GmbH, Gruner + Jahr, Panini Verlags GmbH, der SPIEGEL-Verlag und der ZEIT Verlag, abrufbar unter: https://kinder-medien-studie.de/wp-content/uploads/2018/08/KMS2018_Berichtsband_v2.pdf (Stand: 21. August 2018). Die KMS orientiert sich an der über 20 Jahre lang erhobenen KidsVerbraucherAnalyse.
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Wissenschaftliche Dienste               Sachstand                                                              Seite 8 WD 9 - 3000 - 050/18 wurden im Zeitraum von Februar bis April 2018 insgesamt 652 Interviews mit Erziehungsberech- tigten von vier- bis fünfjährigen Kindern durchgeführt. Die Studie ergab unter anderem, dass mit einem Gesamtwert von etwa 27 Prozent die meisten Vorschulkinder den Wunsch nach einem eigenen Smartphone hätten; circa 14 Prozent wünschten sich ein eigenes Tablet. Tatsächlich besitzten fast 2,5 Prozent ein Handy bzw. Smartphone, während ca. 1,5 Prozent über ein Tablet verfügten. Fast 20 Prozent dürften ein Handy bzw. Smartphone und ein Tablet der Familie mitbe- nutzen. Dabei durften nach Auskunft der Erziehungsberechtigten nur zwei Prozent der Kinder, welche die Geräte ihrer Eltern nutzten, Einfluss darauf nehmen, welche Apps sie auf dem Tablet oder Smartphone bedienen dürfen. 2.2. Zur Verwendung digitaler Medien in Kindertageseinrichtungen Im aktuellen Koalitionsvertrag haben die Koalitionäre einen Schwerpunkt bei der Digitalisierung gesetzt: „Menschen müssen in jedem Alter und in jeder Lebenslage die Chance haben, am digita- len Wandel teilzuhaben, digitale Medien für ihr persönliches Lernen und ihre Bildung zu nutzen 14 und Medienkompetenz zu erwerben.“ . Erstmals wurde in der neuen Legislaturperiode eine Staatsministerin für Digitalisierung eingesetzt. Die Enquête- Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ geht davon aus, dass die Ausbildung von Medienkompetenz immer mehr an 15 Bedeutung gewinnt . Es handele sich hierbei um eine zentrale Aufgabe des Bildungssystems. Insofern müsse auch in der Erzieherausbildung verstärkt Medienpädagogik vermittelt werden. Die Bundesregierung sieht die Notwendigkeit der Förderung von Medienkompetenz ebenfalls 16 und unterstützt hierfür verschiedene Projekte . Mit der Initiative „Haus kleiner Forscher“ unter- stützt der Bund die Fort- und Weiterbildung von Erziehern auch im Bereich der Medienkompe- tenz. In 14 von 16 Bildungs- und Orientierungsplänen der Länder ist der Einsatz von digitalen 17 Medien umfasst, vier stellen diesen als besonderen Bildungsbereich heraus . 14    Ein neuer Aufbruch für Europa Eine neue Dynamik für Deutschland Ein neuer Zusammenhalt für unser Land Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD 19. Legislaturperiode, S. 31, abrufbar unter: https://www.bun- desregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2018/03/2018-03-14-koalitionsvertrag.pdf;jsessio- nid=87AD63B3C727C96EF7040336158CEF1E.s7t1?__blob=publicationFile&v=2 (Stand: 21. August 2018). 15    Deutscher Bundestag, Sechster Zwischenbericht der Enquête- Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, Bildung und Forschung, Bundestagsdrucksache 17/12029 vom 8. Januar 2013, S. 8, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/17/120/1712029.pdf (Stand: 21. August 2018). 16    Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP zum Thema Medienkompetenz, Bundestagsdrucksache 19/3649 vom 1. August 2018, S.3, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/036/1903649.pdf (Stand: 21. August 2018). Diese Antwort enthält eine Auflistung aller von der Regierung geförderten Projekte. Außerdem hat die Bundesregierung die digitale Agenda 2014 bis 2017 geschaffen, abrufbar unter: https://www.digitale-agenda.de/Content/DE/_Anlagen/2014/08/2014-08-20-digitale-agenda.pdf?__blob=publica- tionFile&v=6 (Stand: 15. August 2018). Erweitert wird dies durch das Angebote des BMFSFJ, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/kinder-und-jugend/medienkompetenz (Stand: 15. August 2018); des BMBF, abrufbar unter: https://www.bmbf.de/de/bildung-digital-3406.html (Stand: 15. August 2018) und der Staatsministerin für Kultur und Bildung https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Bundesregierung/Be- auftragtefuerKulturundMedien/medien/medienkompetenz/netzKinder/_node.html (Stand: 15. August 2018). 17    Leopold, Marion/ Ullmann, Monika, Digitale Medien in der Kita, 2018, S. 20.
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Wissenschaftliche Dienste                Sachstand                                                                Seite 9 WD 9 - 3000 - 050/18 Für Kindertagesstätten bedeutet dies, dass auch sie immer stärker gefordert sind, auf die 18 medialen Entwicklungen im Leben der Kinder pädagogisch Einfluss zu nehmen . Dabei benötigt frühkindliche Bildung immer einen sozialen, sachlichen und emotionalen Rahmen, indem Kinder den eigenen Erfahrungshorizont eigenständig gewinnen und erweitern können, sowie einen stetigen Austausch darüber mit den Erziehern und den eigenen Eltern. Die Kita muss an dieser Stelle mehrere Aufgaben wahrnehmen: Hierzu zählt insbesondere, dass Kindern die Mög- lichkeit eröffnet wird, die Vielfalt der einzelnen zur Verfügung stehenden Medien kennenzuler- nen, der einseitigen Mediennutzung, welche möglicherweise innerhalb der Familie besteht, ent- gegenzuwirken und so für einen Ausgleich und Bildungsgerechtigkeit zu sorgen; es soll eine 19 ganzheitliche Medienerziehung durch, mit und über Medien erfolgen . Die Bildung durch Medien hat als prioritäres Ziel den kontrollierten Medienumgang mit kognitivem und emotiona- lem Verständnis und eine Erweiterung der bereits vorhandenen Medienkenntnisse. Die Bildung über Medien soll ein Hinterfragen von Medieninhalten ermöglichen. Zuletzt gehe es um den aktiven und selbstbestimmten Umgang mit Medien als kreative und kommunikative Unterstüt- zung der eigenen Lebenswelt. Ein solches Beispiel ist die Annahme, dass der Einsatz von Medien in der Kita die Sprachentwicklung der Kinder positiv beeinflussen kann, was auch in der Arbeit 20 der Kita stärker Berücksichtigung finden solle . Für die Umsetzung dieser Ziele und ihre Evaluierung setzen die Länder auf Pilotprojekte und Studien. So gibt es in Nordrhein- Westfalen die medienpädagogische Initiative „Medienkompe- tenz-Kitas NRW“, die ein Modellprojekt der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen 21 ist . Das Projekt wurde zwischen Mai 2010 und April 2011 durchgeführt. Es ermöglichte den Kitas die Umsetzung verschiedener Projekte zur Vermittlung von Medienkompetenz. Dabei wurden die Erzieher besonders im Bereich der Medienkompetenz geschult und setzten dies in 18    Wegener, Claudia, Stichwort: Medienforschung in der Erziehungswissenschaft in: Zeitschrift für Erziehungswis- senschaft, 04/2007, S. 459-477 (472). 19    Theunert, Helga/ Demmler, Kathrin, (Interaktive) Medien im Leben Null- bis Sechsjähriger- Realitäten und Handlungsnotwendigkeiten aus: Herzig, Bardo/Grafe, Silke: Digitale Medien in der Schule. Standortbestimmung und Handlungsempfehlungen für die Zukunft. Studie zur Nutzung digitaler Medien in allgemeinbildendenden Schulen in Deutschland, abrufbar unter: http://www.jff.de/dateien/Medien_im_Leben_Null-_bis_Sechsjaehri- ger.pdf (Stand: 21. August. 2018); DIVISI U9- Studie, Kinder in der digitalen Welt, Deutsches Institut für Ver- trauen und Sicherheit im Internet, S. 16, abrufbar unter: https://www.divsi.de/wp-content/uploads/2015/06/U9- Studie-DIVSI-web.pdf (Stand: 21. August 2018); Sechster Zwischenbericht der Enquete- Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, Bildung und Forschung, Bundestagsdrucksache 17/12029 vom 8. Januar 2013, S. 15, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/17/120/1712029.pdf (Stand: 21. August 2018). Für eine Vertiefung der einzelnen Anforderungen wird auf den Artikel von Theunert/ Demmler verwiesen. 20    Deutsches Jugendinstitut, Institut für Medienpädagogik und Forschung und Praxis München, Medienzentrum Parabol Nürnberg, gefördert vom BMFSFJ, Sprachförderliche Potenziale der Medienarbeit in der Kindertages- stätte, abrufbar unter: https://www.jff.de/jff/fileadmin/user_upload/jff/veroeffentlichun- gen/vor_2015/2010_Sprachfoerderlichkeit_von_medien_Kindergarten/2010_Expertise_Sprachfoerderung_Me- dien_jff_website.pdf (Stand: 21. August 2018). 21    Medienkompetenz-Kitas NRW, abrufbar unter https://www.meko-kitas-nrw.de/startseite.html (Stand: 21. August 2018).
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Wissenschaftliche Dienste                 Sachstand                                                               Seite 10 WD 9 - 3000 - 050/18 22 mehreren Projekten mit den Kindern um . Die Fortbildungen der Pädagogen wurden auf die speziellen Kitas abgestimmt und setzten auf „niedrigschwellige“ Medienkompetenzvermittlung. Die Seminare fanden innerhalb der Einrichtungen statt, um auch die bereits vorhandenen techni- schen Möglichkeiten miteinzubeziehen. Die Kitas wurden in der Folge ein halbes Jahr lang begleitet. In allen teilnehmenden Kitas stand bei den Gestaltungsprojekten in der Einrichtung die Sensibilisierung für Medienerziehung, Thematisierung von Medienheldentum und medien- praktische Arbeit in den Bereichen Audio, digitale Fotografie, Video und Computer im Vorder- grund. Mit diesem Modellprojekt beschäftigt sich auch ein weiterer Beitrag „Medienerziehung in 23 Kindertagesstätte“ . Zu Beginn des Projektes herrschte offenbar bei den Pädagogen noch eine gewisse Verunsicherung. Darüber hinaus ging ein Großteil der Erzieher eher von einer negativen Wirkrichtung durch digitale Medien auf Kleinkinder aus. Es fehlte aber auch an der passenden 24 Ausstattung der Kitas . Nach der Durchführung des Modellprojektes konnte festgestellt werden, dass die Scheu vor dem Einsatz der digitalen Medien durch aktiven Umgang abgebaut werden konnte. Auch das Verständnis der Erzieher hatte sich erweitert und verändert. Ein Großteil der teilnehmenden Kitas plante nach Abschluss der Untersuchung eigene Anschaffungen oder die regelmäßige Durchführung von medienspezifischen Tagen. Die Erweiterung der Ausbildung der Erzieher um die digitalen Inhalte hatte auch positive Auswirkungen auf die Kinder. Diese zeigten sich experi- 25 mentierfreudig und interessiert. Die Eltern schätzten die Projekte im Nachhinein als positiv ein . Die Stiftung Kinderland führte in Baden-Württemberg 2011 und 2012 ein Projekt mit dem Thema 26 „Medienwerkstatt Kindergarten – vom Konsumieren zum Gestalten“ mit 54 Erziehern durch . Ziel war die Vermittlung eines zielgerichteten Umgangs und eine aktiven Auseinandersetzung der Kinder mit Medien. Das Projekt führte unter anderem eine 15-monatige Fortbildung der Erzieher durch. In verschiedenen Modulen wurden der eigene Umgang mit Medien, das medien- pädagogische Wissen sowie die Einsatzmöglichkeiten von digitalen Inhalten in der Kita bespro- chen. Durch mehrere Befragungen sollten die Sichtweisen und Entwicklungen der Erzieher, der 22    Landesanstalt für Medien NRW (LfM), Medienkompetenz-Kitas NRW, abrufbar unter Dokumentation, welche: https://www.meko-kitas-nrw.de/fileadmin/kita-nrw/user_upload/download/L155_Medienkompetenz-Kitas- NRW3124844174.pdf (Stand: 21. August 2018). Diese Broschüre erläutert das Projekt und präsentiert mehrere Ansätze. 23    Friedrichs, Henrike/ Meister, Dorothee, Medienerziehung in Kindertagesstätten, Medienpädagogik in: Zeit- schrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 22, 2015, S. 1-23, abrufbar unter: http://www.medien- paed.com/article/view/148 (Stand: 9. August 2018). 24    68 Prozent der Erzieher gaben in der von der Deutschen Telekom Stiftung initiierten Umfrage der Telekom- stiftung an, dass die Ausstattung ihrer Kita mit digitalen Medien eher schlecht bis sehr schlecht ist. Institut für Demoskopie Allensbach, Deutsche Telekom Stiftung, Digitale Medienbildung in Grundschule und Kindergar- ten, 2014, abrufbar unter: https://www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/files/media/publications/ergeb- nisse_allensbach-umfrage_gesamt.pdf (Stand: 21. August 2018). 25    Friedrichs, Henrike/ Meister, Dorothee, Medienerziehung in Kindertagesstätten, Medienpädagogik in: Zeit- schrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 22, 2015, S. 1-23, abrufbar unter: http://www.medien- paed.com/article/view/148 (Stand: 21. August 2018). Der Beitrag enthält die Auswertung der gesamten Studie. 26    Stiftung Kinderland Baden-Württemberg, Medienwerkstatt Kindergarten – vom Konsumieren zum Gestalten Ein Programm zur Förderung des kreativen Umgangs mit Medien, 2012, abrufbar unter: https://www.bwstif- tung.de/uploads/tx_news/Medienwerkstatt_Kindergarten.pdf (Stand: 21. August 2018).
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