Koalitionsvertrag Berlin 2021-2026 SPD/Grüne/Linke

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Die Koalition setzt sich im Bund für die Zulassung von finanziellen Fort- und Weiterbildungsanreizen ein, wie zum Beispiel Ausbildungsgeld oder Weiterbildungsprämien. Die Koalition prüft die Stärkung der Clearing- und Ombudsfunktionen für die kommunalen Eingliederungsleistungen nach § 16a SGB II. Das Berliner Arbeitslosenzentrum (BALZ), als einzige Beratungsstelle, die eine mobile Beratung vor den Jobcentern mit dem Beratungsbus anbietet, wird abgesichert. Die Koalition will für Solo-Selbständige gute Arbeitsbedingungen schaffen und Ausbeutung sowie Scheinselbstständigkeit bei Soloselbständigen zurückdrängen. Die Koalition will zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Solo-Selbstständigen beitragen und wird, unter Beteiligung der Gewerkschaften und der Berufsverbände ein Vernetzungs- und Weiterbildungsangebot für Solo-Selbstständige prüfen. Die Koalition setzt sich im Bund dafür ein, den Eintritt von Solo-Selbständigen in die gesetzliche Gesundheits- und Rentenversicherung zu erleichtern, sofern eine entsprechende gesetzliche Regelung auf Bundesebene ausbleibt. Die Koalition setzt sich im Bund für die weitere Einschränkung prekärer Beschäftigung ein. Das Projekt Joboption Berlin wird fortgeführt und weiterentwickelt. Die Koalition setzt sich im Bund dafür ein, sachgrundlose Befristungen abzuschaffen und missbrauchsanfällige Befristungsgründe sowie den Missbrauch bei Kettenbefristungen einzudämmen. Die Koalition wird eine Bundesratsinitiative zur gesetzlichen Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen auf den Weg bringen. Sie wird sich im Bund dafür einsetzen, Arbeitsrechte und betriebliche Mitbestimmung in der Plattformökonomie zu stärken. Ein guter Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten ist für uns von zentraler Bedeutung. Das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (LAGeTSi) als dafür zuständige Behörde muss dazu erhalten und zur Erfüllung der Zielvorgaben aus dem Arbeitsschutzkontrollgesetz gestärkt werden. Die Koalition wird einen Dialog „Neue Arbeit“ (mobile Arbeit) mit dem Ziel einer Beratungs- und Unterstützungsstruktur für die Betriebsparteien starten. Darüber hinaus wird dem Abgeordnetenhaus bis Herbst 2022 ein Konzept für eine Informations- und Beschwerdestelle für Arbeitsschutz vorgelegt. Die Koalition wird die Beratung für Sexarbeiter*innen ausbauen und für einen diskriminierungsfreien Umgang sorgen. Die Arbeit des Runden Tisch Sexarbeit wird unter Umsetzung der abgestimmten Maßnahmen und durch Begleitung eines ressortübergreifenden 28
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Lenkungs- sowie eines Koordinierungsgremiums unter Einbeziehung der betroffenen Akteur*innen fortgeführt. Junge Menschen brauchen eine Zukunftsperspektive. Deshalb wird sich die Koalition weiter für ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot einsetzen. Die Koalition wird gemeinsam mit Gewerkschaften, Kammern, Betrieben und Verbänden eine Ausbildungsoffensive starten und entsprechende Maßnahmen erarbeiten. Die in der Corona-Pandemie eingerichtete Task Force „Arbeit und Ausbildung“ wird fortgesetzt, um neue Ansätze in der Berufsausbildung zu entwickeln wie zum Beispiel das Ausbildungshotel. Die Koalition strebt an, dass so eine Ausbildungsgarantie ab dem Ausbildungsjahr 2023/2024 eingeführt werden kann. Dabei soll auch der Bedarf der für die Energie- und Klimawende relevanten Berufe berücksichtigt werden. Dafür wird noch 2022 ein runder Tisch eingerichtet. Die Koalition wird die bisherigen Programme zur Förderung der Berufsausbildung im Land Berlin    fortschreiben,     weiterfinanzieren    und   gegebenenfalls    ausweiten.     Das Ausbildungsplatzangebot wird durch die Verringerung der finanziellen Einstiegshürden für neue Ausbildungsbetriebe ausgeweitet werden, ohne die qualitativen Standards abzusenken. Um zusätzliche Ausbildungskapazitäten zu schaffen, wird die Koalition eine zweckgebundene Ausbildungsplatzabgabe zeitnah entwickeln. Voraussetzung für diese Regelung ist, dass sie branchenspezifisch differenziert werden kann. Die für Arbeit zuständige Senatsverwaltung stimmt sich mit Kammern, Verbänden und Gewerkschaften ab, wie dies im Land Berlin umgesetzt werden kann und legt dazu binnen eines Jahres Eckpunkte vor. Es werden spezifische Angebote für Alleinerziehende, Eltern und Auszubildende, die Angehörige pflegen, geschaffen. Gegenüber dem Bund wird sich die Koalition dafür einsetzen, dass die Anrechnung der Ausbildungsvergütungen auf ALG-II-Bezüge abgeschafft wird. Die Koalition stärkt die Jugendberufsagentur und die ihr angeschlossenen Teams der Berufs- und Studienorientierung. Die Jugendberufsagentur wird inklusiv weiterentwickelt. Die Zielsetzung der Berliner Jugendberufsagenturen bleibt die „Dienstleistung aus einer Hand“. Dafür strebt die Koalition eine konkrete Zielvereinbarung mit der Bundesagentur für Arbeit an. Die Koalition wird den Vergabe- und Landesmindestlohn im ersten Halbjahr 2022 auf 13 Euro anheben und damit an das Niveau des Landes Brandenburg angleichen. Die Höhe soll jährlich überprüft und gegebenenfalls der allgemeinen Lohnentwicklung angepasst werden und gemeinsam vom Senat beschlossen werden. Die    berufliche  und   gesellschaftliche   Teilhabe  von   Menschen    mit  Flucht-    und Migrationsgeschichte ist erklärtes Ziel der Koalition und wird mit Maßnahmen gefördert, die die unterschiedlichen Bedarfe in der Migrationsgesellschaft aufgreifen. Das beschleunigte 29
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Fachkräfteverfahren wird gestärkt. Die zuständigen Senatsverwaltungen werden die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen verbessern. Die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten wird die Koalition verbessern. Insbesondere die zielorientierte Beratung und berufsbezogene Sprachförderung wird erhalten und weiterentwickelt. Neben der Regelförderung werden weiterhin Projekte zur gezielten Arbeitsmarktintegration für Geflüchtete unterstützt und weiterentwickelt. Bestehende Arbeitsverbote wird die Koalition im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten beenden, die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen werden ausgeweitet und dabei Ermessensspielräume ausgeschöpft, um den Zugang zur Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Auch der Zugang zu Ausbildungsverhältnissen wird weiter verbessert. Die Beratungsstelle für Migration und Gute Arbeit (BEMA) wird finanziell abgesichert und die   wichtige   Beratungsarbeit    der   Migrant*innen-Selbstorganisationen     wird   finanziell unterstützt. Die Koalition wird die Gewerbeämter dazu befähigen und verpflichten, bei Verdacht auf Arbeitsausbeutung Beratung anzubieten und Hilfe zu vermitteln. Sie wird in Berlin einen Runden Tisch gegen Arbeitsausbeutung einführen und die Fachkommission Menschenhandel wieder aktivieren. Die Koalition will den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu Ausbildung und Arbeitsmarkt verbessern und nutzt die neuen Teilhabeinstrumente. Der öffentliche Dienst muss hierbei Vorbild sein. Es werden mehr inklusive Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt, gegebenenfalls ist eine Quote einzuführen. Die Koalition wird Arbeitgeber*innen, die Menschen mit Behinderungen über die gesetzlich vorgeschriebene Quote hinaus beschäftigen, besser fördern. Aufträge des Landes sollen vermehrt an diese vergeben werden. Der Senat startet eine „Aktion Arbeit Inklusiv“ mit Mitteln aus der Ausgleichsabgabe. Werkstätten werden im Prozess der Weiterentwicklung unterstützt. Die Koalition setzt sich im Bund dafür ein, die Vergütung auf Mindestlohnniveau anzuheben. Die Koalition hat das Ziel, dass möglichst viele Menschen mit Behinderung einen Zugang zum regulären Arbeitsmarkt finden. Berlin beteiligt sich an Modellprojekten des Bundes. Das Land Berlin unterstützt weiterhin die „Aktion Schichtwechsel“. Die Koalition will Menschen mit Familienverantwortung den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern. Hierfür wird sie familienorientierte Personalstrategien ausbauen. Dazu gehören etwa eine kostenfreie, mehrsprachige Beratung zu Elternzeit und Pflege von Angehörigen sowie kostenfreie Maßnahmen zum Qualifikationserhalt und zur Rückkehr in den Beruf. In allen Jobcentern wird ein spezifisches Angebot unterbreitet, das individuelle Beratung 30
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und ein Gutscheinsystem zur selbstbestimmten Vermittlung und eigenständigen Weiterbildung umfasst. Die Koalition setzt sich im Bund für die Abschaffung des Ehegattensplittings ein. 31
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4. Soziales und Inklusion Sozial bedeutet für die Koalition, das Leben für alle Berliner*innen besser zu machen und Unterstützung zu bieten, um Krisen in allen Lebenslagen zu meistern und Armut und Einsamkeit zu verhindern. Die Koalition ist dem Ziel einer inklusiven Stadt verpflichtet und sichert Teilhabe durch niedrigschwellige und generationenübergreifende Angebote in allen Kiezen. Bei allen Vorhaben wird auf die Partizipation der Betroffenen und ihrer Selbst- und Vertretungsorganisationen besonderer Wert gelegt wird. Die Koalition setzt auf Prävention. Das Zuwendungsrecht wird entbürokratisiert und mit Blick auf     die    Herausforderungen      und     Möglichkeiten    einer   sozialraumorientierten Aufgabenerledigung fortentwickelt. Die Koalition sichert die Steuerung der entgeltfinanzierten Leistungen und sonstigen Leistungsverträge nach fachlichen Kriterien. Um Maßnahmen zielgenauer für die Leistungsberechtigten zu gestalten, wird per Zielvereinbarung das Zusammenspiel der zuständigen Behörden verbessert. In den bestehenden lebensweltlich orientierten Räumen (LOR) werden für alle Bereiche datenbasiert die Angebote geschaffen, die benötigt werden. Soziale Einrichtungen, Ämter und deren Angebote werden vernetzt und passgenau aufgestellt – und nicht entlang bürokratischer und finanzieller Logiken. Die Koalition   steuert    auf  Prävention    als  Basis    der   sozialen  Infrastruktur   durch Sozialraumorientierung um. Individuelle Leistungsansprüche bleiben unberührt. Dazu braucht es flexibel einsetzbare Ressourcen. Träger- und Sozialraumbudgets werden erprobt und ausgebaut. Die Koalition prüft, wie gemeinsame Stadtteilkoordinationen für die Bereiche Soziales, Jugend, Schule und Gesundheit in den Bezirken eingerichtet werden können. Auf     Grundlage     der    UN-Behindertenrechtskonvention       (UN-BRK)     werden     das Landesgleichberechtigungsgesetz und der Maßnahmenplan „Berlin inklusiv“ messbar umgesetzt. Die Teilhabeberichterstattung wird vereinheitlicht und extern erstellt. In den Bezirken sichert die Koalition den Aufbau von serviceorientierten Häusern der Teilhabe. Das Fallmanagement wird weiterentwickelt, das Zusammenspiel mit den Pflegeleistungen verbessert und die Qualifizierung des Fachpersonals fortgesetzt. Ab 2022 wird eine Strategiekonferenz Inklusion und Eingliederungshilfe aufgelegt. Ein Modellprogramm sozialraumorientiertes Trägerbudget wird aufgelegt. Geprüft wird die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle für Streitfälle bei der Gesamtplanung. Die Gründung eines Instituts für Qualitätsentwicklung wird geprüft. Das Land Berlin wird die Stadtteilzentren in eine Strategie der sozialraumorientierten Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe einbinden. 32
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Das Land Berlin setzt sich beim Bund für eine anteilige Kostenübernahme der Eingliederungshilfe ein. Die Koalition geht gegen den Fachkräftemangel in der Eingliederungshilfe vor und prüft die Anerkennung zusätzlicher Abschlüsse. Die Koalition sichert den Schutz vor Gewalt und Missbrauch, insbesondere für Frauen und Mädchen in Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Bausteine sind eine unabhängige Überwachung, die konsequente Umsetzung des Wohnteilhabegesetzes und Gewaltschutz als Prüfung der Heimaufsicht. Vor Ort werden unter Beteiligung der Bewohner*innen hochwertige Konzepte der Prävention von und Intervention bei Gewalt entwickelt. Der Senat legt zeitnah ein inklusives Mobilitätskonzept vor. Für Menschen mit Behinderungen fördert die Koalition weiterhin ausreichend alternative Mobilitätsangebote wie Sonderfahrdienst und Begleitdienste. Das Förderprogramm für Inklusionstaxis wird evaluiert und fortgesetzt. Die Koalition will Armut bekämpfen und Beratungsstrukturen stärken. Die Koalition wird die allgemeine unabhängige Sozialberatung mindestens auf dem Niveau von 2021 aufrechterhalten. Das Angebot der Schuldner- und Insolvenzberatung wird bedarfsorientiert weiterentwickelt. Die Koalition unterstützt die Betreuungsvereine, damit diese ihre gesetzlich vorgegebenen Aufgaben erfüllen können. Die Koalition wird das Sozialticket „Berlin-Ticket S“ für den öffentlichen Nahverkehr aufrechterhalten. Die Koalition wird sich auf Bundesebene für die Übernahme von Energieschulden einsetzen und einen Härtefallfonds prüfen. Realistische Richtwerte in der Ausführungsvorschrift (AV) Wohnen müssen der Mietentwicklung Rechnung tragen. Bezugnehmend auf die absehbaren Neuregelungen im Bund zur Angemessenheit der Wohnung werden die tatsächlichen Mietaufwendungen in bestehenden Mietverhältnissen für zwei Jahre übernommen. Es    wird  eine   Erprobungsklausel   in  der   AV   Wohnen     geschaffen,    wonach   die Sozialleistungsbehörden bei wohnungslosen Menschen dem Abschluss eines Mietvertrags für eine angemessene Wohnung entsprechend der AV Wohnen mit Bezug auf den Mietspiegel zustimmen, sofern die Mietkosten die tatsächlichen Kosten der Unterbringung auf Tagessatzbasis unterschreiten. Diese Erprobungsklausel wird nach zwei Jahren hinsichtlich Kosten, Mietpreisen und möglicher Verdrängungseffekte im Wohnungsmarkt evaluiert. 33
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Unverschuldete Miet- und Heizkostenschulden sollen nach dem § 36 SGB XII als Beihilfe übernommen werden. Die Änderung der AV Wohnen ist im ersten Halbjahr 2022 umzusetzen. Die Koalition wird die Digitalisierung durch die Fortführung und Absicherung von Projekten wie dem Sozialhilfeportal und der e-Abrechnung vorantreiben. Die Koalition wird die Armuts-, Sozial und Gesundheitsberichterstattung systematisch zusammenführen        und   bis    Mitte   der     Legislatur  eine    integrierte  Armuts-     und Sozialberichterstattung vorlegen, die beispielsweise auch Umweltbelastungen und Wohnen umfasst. In   einem      Dialogprozess      mit     Seniorengruppen        erarbeitet   die   Koalition    ein Altenhilfestrukturgesetz auf Grundlage des § 71 SGB XII. Die interkulturelle und diversitätssensible Öffnung der Altenhilfe wird vorangetrieben. Die Koalition setzt die Leitlinien der Seniorenpolitik ressortübergreifend um. Das Seniorenmitwirkungsgesetz wird auf Basis der Evaluation überprüft und weiterentwickelt. Die Koalition stärkt die Geschäftsstelle der Landesseniorenvertretung und des -beirats. Für ältere Menschen ohne Vorkenntnisse wird Unterstützung     zur   Anwendung        digitaler   Kommunikation       angeboten   und     analoge Zugangsmöglichkeiten in den öffentlichen Bereichen weiterhin bereitgestellt. Der Schutz vor Verdrängung von sozialer Infrastruktur ist eine wichtige Aufgabe der Koalition. Die Koalition wird die vorhandenen 38 Stadtteilzentren fortführen, in dieser Legislatur zehn neue Stadtteilzentren schaffen und diese qualitativ ausbauen. Kleine und mittlere Stadtteilzentren werden personell gestärkt. Die Vernetzung im Sozialraum spielt eine wichtige Rolle. In allen neu entstehenden Quartieren wird eine bedarfsgerechte soziale Infrastruktur mitgeplant. Die Digitalisierung der sozialen Infrastruktur muss inklusiv, mehrsprachig und kultursensibel erfolgen. Auf Grundlage der Ergebnisse der Strategiekonferenzen wird der Berliner Masterplan zur Überwindung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 unter Nutzung des Europäischen      Sozialfonds     Plus    (ESF+)     gemeinsam       mit   den   Akteur*innen    der Wohnungslosenhilfe und im Dialog mit den europäischen Nachbarn umgesetzt. Die Strategiekonferenzen zur Wohnungslosenhilfe werden unter stärkerer Beteiligung der Betroffenen fortgeführt. Bezirke, die Fachstellen zur Prävention von Wohnungs- und Obdachlosigkeit errichten, werden     dabei   personell     und    finanziell   unterstützt.   Der    Senat   prüft,  inwieweit Zwangsräumungen von besonders vulnerablen Personengruppen erst vollzogen werden können, wenn für diese Ersatzwohnraum bereitgestellt wird. Ebenso sollen zukünftig alle Zwangsräumungen von den Gerichten erfasst und den Sozialämtern gemeldet werden. Die 34
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Koalition setzt sich zudem im Bund dafür ein, dass bei Begleichung von Mietschulden auch die ordentliche Kündigung unwirksam wird. Die Koalition verfolgt das Prinzip Housing First, verstetigt die existierenden Projekte und weitet sie auf besonders vulnerable Personengruppen aus, das gilt auch bei der vorerst noch notwendigen Unterbringung. Die Koalition wird den Qualitäts-Check und die Berliner unabhängige Beschwerdestelle (BuBS) auf vertragsgebundene Unterkünfte der Wohnungslosenhilfe ausweiten und weiterentwickeln sowie eine Gebührenordnung für die Unterbringung von Wohnungslosen erstellen. Zur Verbesserung der Situation von suchtmittelabhängigen wohnungs- bzw. obdachlosen Frauen schafft die Koalition eine suchtmittelakzeptierende Einrichtung für Frauen. Die Koalition sichert die existierenden Kriseneinrichtungen. Die Koalition entwickelt bis Mitte 2023 gemeinsam mit den Bezirken ein Modell zur bedarfsgerechten Flexibilisierung des Hilfesystems gemäß §§ 67 ff. SGB XII. Für wohnungslose Menschen mit seelischen Behinderungen und psychischen Beeinträchtigungen strebt die Koalition bis 2024 an, niedrigschwellige Leistungen für Wohnraum zu gewährleisten. Die Koalition sichert weiterhin niedrigschwellige Angebote, um obdachlose Menschen in die Regelsysteme zu begleiten. Das Modellprojekt Obdachlosenlots*innen wird ebenso wie die 24/7-Unterkünfte weitergeführt und evaluiert. Danach wird über die Verstetigung entschieden. Die Vermittlung von Obdachlosen in Unterkünfte („Clearing“) wird berlinweit vereinheitlicht. Ab der Kältesaison 2022/2023 wird die Kältehilfe zentralisiert und die Höhe der Tagessätze an die realen Kosten angepasst. Ergänzend zur Wohnungsnotfallstatistik wird alle zwei Jahre die Nacht der Solidarität durchgeführt. 35
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5. Gesundheit und Pflege Ziel der Koalition ist ein Höchstmaß an Gesundheit, Lebensqualität und Wohlbefinden aller – egal welchen Alters oder Geschlechts, welcher sexuellen Identität und Orientierung, unabhängig von der Herkunft, dem sozialen Status, ob vorerkrankt oder nicht, ob mit oder ohne Behinderung oder anderen Voraussetzungen – vom Lebensanfang bis zum Lebensende. Die Koalition sorgt für Gesundheitsgerechtigkeit und Chancengleichheit und stellt die Rahmenbedingungen her, damit alle Menschen ein selbstbestimmtes Leben in Würde führen können. Dabei gilt der Grundsatz ambulant vor stationär. Die Diversität der Berliner Bevölkerung spiegelt sich in der Ausgestaltung von Gesundheitsversorgung und -forschung wider. Die Koalition setzt sich für den Ausbau und die Nutzung der Versorgungsforschung ein und stärkt die Berlin School of Public Health. Um das Ziel eines inklusiven Gesundheitswesens zu erreichen, baut die Koalition Barrieren weiter ab. Die Möglichkeiten der Digitalisierung werden in allen Bereichen aktiv genutzt und die digitale Teilhabe und Selbstbestimmung      sichergestellt.   Die   Koalition   steht   für   ein   diskriminierungsfreies Gesundheitswesen und wirkt jeglicher Stigmatisierung entgegen, wie sie zum Beispiel bei Drogenkonsum oder bei bestimmten Erkrankungen wie HIV/AIDS, psychischen und Abhängigkeitserkrankungen auftreten. Die Koalition setzt sich das Ziel, im Rahmen der Ressortabstimmung die gesundheitlichen Folgen von Gesetzentwürfen zu prüfen. Es ist eine der elementaren staatlichen Aufgaben, eine auskömmliche Versorgung sowie vorsorgenden Gesundheitsschutz für alle sicherzustellen. Die Koalition setzt auf eine gute Zusammenarbeit        mit     allen    Krankenhausträgern        und      Leistungserbringern     im Gesundheitswesen. In einem Zukunftsprogramm Krankenhäuser wird die Koalition in dieser Legislaturperiode das Gesamtfördermittelvolumen für alle im Krankenhausplan aufgenommen Krankenhäuser anheben. Dies umfasst unter anderem Investitionen in Klimaschutz     („Green    Hospital“).   Die   Koalition   prüft   dazu    die   Nutzung    weiterer Finanzierungsinstrumente. Die Koalition steht zur Verantwortung des Landes als Träger der öffentlichen Krankenhäuser, die   mit   den    Tarifverträgen    zur   Entlastung    Vorreiter    bei   der   Schaffung    guter Arbeitsbedingungen sind. Eine besondere Bedeutung für die Weiterentwicklung und Modernisierung der Gesundheitsversorgung kommt der stärkeren Kooperation der beiden landeseigenen Kliniken zu. Die Koalition verständigt sich auf dem Weg zur Gesundheitsstadt 2030 auf eine verbesserte und abgestimmte Investitionsfinanzierung für Charité und Vivantes. Ziel ist es, insgesamt deren Kooperation zu stärken. Charité und Vivantes bleiben in Landesbesitz. Die Koalition wird, auch in Folge der Pandemie, Anstrengungen 36
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unternehmen, um Vivantes wirtschaftlich und für die Gesundheitsversorgung stabil aufzustellen. Zudem wird die Koalition prüfen, ob Vivantes künftig in die Rechtsform einer öffentlichen Trägerschaft überführt wird, um insgesamt die Trägerverantwortung für die vom Land getragenen Krankenhäuser strategisch neu auszurichten. Ziel ist eine gute Versorgung mit bedarfsgerechten Kapazitäten in der ganzen Stadt, die Erweiterung der Möglichkeiten von Forschung, Lehre und Ausbildung, die Digitalisierung, Synergien im Bereich der Dienstleistungen, die Entwicklung neuer Versorgungskonzepte sowie die Kooperation in der Herzmedizin. Um die Krankenhäuser dauerhaft zukunftsfähig aufzustellen, braucht es aber auch Reformen im Bund. Die Koalition setzt sich dafür ein, dass die Abstimmung im Gesundheitswesen zwischen niedergelassenen Ärzt*innen und Krankenhäusern für alle Berliner*innen verbessert wird. Für die Zukunft werden sektorenübergreifende Kooperationen (ambulant, teilstationär, stationär) zwischen den Krankenhäusern, aber auch mit dem niedergelassenen Bereich und anderen Akteuren des Sozial- und Gesundheitswesens, immer bedeutender für die Sicherstellung und Weiterentwicklung der regionalen Gesundheitsversorgung. Perspektivisch wichtig sind    für   die  Koalition insbesondere    Regelangebote    zur   sektorenübergreifenden Leistungserbringung,         Finanzierung,       Budgetierung        bis       hin      zur Leistungsplanung. Die Koalition wird das    Landesgremium     zur   sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung (§ 90a SGB V) mit Akteur*innen der Selbstverwaltung und Sozialpartner*innen, Bezirke und Patient*innen weiterentwickeln, um datengestützt Schritte zur Versorgungsplanung, etwa für chronische Krankheiten, zu erarbeiten. Das Ziel ist eine integrierte Gesundheitsplanung für die ganze Stadt. Das    professionelle    Gesundheits-     und   Pflegepersonal    ist   das   Rückgrat   für eine bedarfsgerechte Versorgung:        Die      Koalition    setzt      sich dafür     ein, die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung zu verbessern und weitere Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel zu ergreifen. Die Qualität des berufskundlichen Unterrichts wollen wir verbessern und aktiv für Gesundheitsfachberufe an weiterführenden Schulen werben. Die Koalition setzt sich dafür ein, mit fairen und bezahlten Praktika die Motivation für eine berufliche Tätigkeit in der Pflege zu fördern. Die begonnene Initiative Pflege 4.0 wird fortgeführt. Das Berliner Gesetz zur Pflegefachassistenzausbildung wird konsequent umgesetzt. Zusätzliche Lehrfachkräfte werden nach dem Pflegeberufegesetz qualifiziert, erforderliche zusätzliche Praxisplätze gesichert. Zur Senkung der hohen Abbrecherquoten werden die Ursachen ermittelt und ein Konzept (unter anderem attraktive Praxisplätze) 37
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