Koalitionsvertrag Berlin 2021-2026 SPD/Grüne/Linke
erarbeitet. Zur Rückgewinnung von Pflegekräften wird ein gemeinsames Programm mit der Bundesagentur für Arbeit angestrebt. Die Koalition ergreift Maßnahmen, um die Ausbildung durchlässig zu gestalten und in Teilzeit zu ermöglichen. Die Koalition will die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe stärken, Anreize wie beispielweise eine bezahlte Praxiszeit und die Einrichtung eines Studienzweigs „Community Health Nurses“ prüfen. Der geplante Ausbildungscampus wird zeitnah an den Start gehen, ein Ausbaukonzept soll entwickelt werden. Die Koalition setzt sich im Bund weiterhin für eine schnelle Umsetzung der Schulgeldfreiheit in den Gesundheitsfachberufen ein. Überbrückend wird das Land Berlin das Schulgeld für die Auszubildenden übernehmen. Geprüft wird die Möglichkeit einer Ausbildungsvergütung. Die Anerkennung international erworbener Ausbildungsabschlüsse und Berufserfahrungen wird beschleunigt. Dafür werden entsprechende Organisationseinheiten im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) gestärkt und die Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) Brandenburg intensiviert. Für Menschen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus ermöglicht die Koalition eine Pflegeausbildung und strebt eine aktive Arbeitsförderung ohne Vorbedingungen an. Die Koalition prüft die Förderung von Beratung und Begleitung, Pflegebasiskurse für geflüchtete Menschen und berufsspezifische Sprachkurse. Für eine starke, selbstbestimmte Pflege findet ein Dialogprozess für eine wirksame Interessenvertretung statt. Auch im gemeinsamen Landesgremium nach § 90a SGB V wird die Beteiligung der Pflege gesichert. Die Koalition wird prüfen, ob dem besonderen Nachwuchs- und Fachkräftemangel an Ärzt*innen im Öffentlichen Dienst durch die Einführung einer Quote für Medizinstudienplätze gegengesteuert werden kann. Die Koalition wird die in den letzten Jahren gewonnenen Erfahrungen aus den bisherigen Projekten niedrigschwelliger Angebote zur multiprofessionelle Gesundheitsversorgung in Gesundheitszentren wie in Neukölln oder Kombi-Praxen mit Sozialberatung in Lichtenberg in ein Landesprogramm für Integrierte Gesundheitszentren überführen und in den Bezirken skalieren. Die Koalition wird Maßnahmen ergreifen, um eine verbesserte Transparenz über Betreiberstrukturen von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) therapeutische beziehungsweise medizinische Versorgungsangebote oder andere Gesundheitsdienstleistungen in Berlin zu schaffen. Die Koalition wird zudem Maßnahmen ergreifen, um die Barrierefreiheit von Gesundheitsangeboten in Berlin weiter zu erhöhen. Die Ungleichverteilung von Versorgungsangeboten wird die Koalition weiter reduzieren. Das Land soll bei der Arbeit der Zulassungsausschüsse der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der Kassen stärker beteiligt werden. 38

Die Koalition will die Gesundheitswirtschaft in der Metropolregion Berlin-Brandenburg insgesamt stärken. Dazu wird das Cluster Gesundheitswirtschaft gestärkt und nachhaltig ausgerichtet, zum Beispiel. durch den Schwerpunkt „Innovative Versorgung“. Zudem wird die Koalition die enge Abstimmung der beiden Länder bei der Weiterentwicklung der gemeinsamen Krankenhausplanung ausbauen. Dabei wird sie prüfen, inwieweit Vereinbarungen zu Personalschlüsseln beziehungsweise Entlastungsvereinbarungen – auch über das vom Bund geforderte Maß hinaus – im Rahmen der Aufnahme von Krankenhäusern in den Landeskrankenhausplan berücksichtigt werden können. Die Koalition wird den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) als wichtigen Bestandteil der Daseinsvorsorge unter anderem durch Nutzung aller Möglichkeiten, die der Pakt für den ÖGD bietet, personell und materiell stärken. Mit dem begonnenen IT-Zukunftsprojekt werden die Gesundheitsämter und andere Bereiche des ÖGD konsequent digitalisiert und vernetzt. Zudem werden den Bezirken Zielvereinbarungen vorgeschlagen. Um den ÖGD in allen Bereichen zukunftsfest zu machen, wird das Mustergesundheitsamt weiterentwickelt, unter anderem mit dem Ziel einer verbesserten multiprofessionellen Aufstellung und sozialraumorientierter aufsuchender Tätigkeiten. Es werden alle tariflichen Spielräume geprüft, um Ärzt*innen für den ÖGD zu gewinnen und zu halten. In allen Gesundheitsämtern soll die Möglichkeit gegeben sein, Famulaturen und ein Tertial des Praktischen Jahres zu absolvieren. Die Organisation und Arbeit des LAGeSo wird dahingehend überprüft und gegebenfalls angepasst, dass überregionale gesamtstädtische Aufgaben des ÖGD dort wahrgenommen und verstärkt durch die für Gesundheit zuständige Senatsverwaltung direkt gesteuert werden. Aufgrund der Erfahrungen der Corona-Pandemie wird die Koalition eine landesgesetzliche Grundlage für Gesundheitslagen neben dem Katastrophenschutzrecht schaffen. Damit können einerseits die nötigen ressortübergreifenden Strukturen (Senatskanzlei, Gesundheit, Inneres, Finanzen) und materiellen Ressourcen schnell aufgestellt und andererseits eine verbindliche und stabile Kooperation auf Stabsebene mit Bezirken und Hilfsorganisationen garantiert werden. Flankierend wird die Koalition eine vorsorgende Pandemiewirtschaft etablieren, um im Krisenfall vorbereitet und besser ausgerüstet zu sein. Die Koalition wird Prävention und Rehabilitation im Alter und in der Pflege stärken. Sie wird im Dialog mit Betroffenen und Angehörigen eine gesamtstädtische sektorenübergreifende und sozialräumliche Landespflegestrukturplanung einführen. Die Transparenz über Angebote im Pflegebereich wird erhöht. Zusammen mit den Bezirken werden Steuerungsinstrumente entwickelt (zum Beispielregionale Pflegekonferenzen). Die Koalition wird zudem eine*n Landespflegebeauftragte*n einsetzen und dort für Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen eine unabhängige Beschwerdestelle einrichten. 39

Die Koalition will eine bedarfsgerechte Anpassung der Kapazitäten in der ambulanten, teilstationären und stationären Pflege sowie von Pflege-Wohngemeinschaften und innovativen Wohn- und Pflegeformen, auch unter Einbeziehung der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften sowie mit Vivantes und anderen Anbietern. Die Koalition setzt sich im Bund für eine weitere finanzielle Entlastung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen ein. Zur Umsetzung der Teilhabe- und Mitbestimmung des Wohnteilhabegesetz (WTG) wird unter anderem die Heimaufsicht gestärkt. Die Koalition wird pflegende Angehörige besser unterstützen. Mit einer Kurzzeitpflegeinitiative wird die Koalition kurzfristig neue Plätze schaffen. Unter Einbeziehung der Leistungserbringer*innen und der Leistungsträger*innen wird die Koalition bis zum 31.Dezember 2022 einen Plan vorlegen, wie dauerhaft eine solitäre Kurzzeitpflege ausgebaut werden kann. Pflegende Angehörige erhalten im Landespflegeausschuss eine Vertretung, insgesamt werden die Beteiligungsrechte aller bisher nur beratenden Mitglieder gestärkt, bis hin zu Mitbestimmungsrechten. Die Rechtsgrundlagen beziehungsweise Geschäftsordnungen auch anderer Berliner Pflegegremien werden entsprechend geprüft und systematisch überarbeitet. Im Sinne der demenzfreundlichen Kommune wird die Situation der Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen in Berlin verbessert und auch für pflegende Angehörige, die zu Pflegende mit Pflegegeldanspruch betreuen, die Ehrenamtskarte vergeben. Die Koalition wird die Pflegestützpunkte personell ausbauen und die Entlohnung gemäß ihrer Qualifikation sicherstellen und angleichen. Zudem werden die Pflegestützpunkte in Funktion und Aufgabenspektrum zu „Anwälten der Menschen mit Pflegebedarf und pflegenden Angehörigen“ weiterentwickelt. Das erfolgreiche Berliner Projekt mit der Verbraucherzentrale zu Pflegeverträgen wird fortgesetzt. Die Koalition wird das Modellprojekt “Berliner Hausbesuche“ verstetigen. Um die Gesundheitsförderung und Prävention zu stärken, wird die Koalition die bestehenden Instrumente auch mit Blick auf die sozialräumliche Umsetzung konsequent nutzen. Ziel ist die Mitgliedschaft aller Bezirke im Gesunde-Städte-Netzwerk. Förderprogramme wie das „Aktionsprogramm Gesundheit“ und das Programm „Berlin bewegt sich“ werden gestärkt und weiterentwickelt. Dabei werden Synergien mit anderen Landesprogrammen und dem Breitensport identifiziert und genutzt. Grundlage der Maßnahmen ist eine digitale und integrierte Berichterstattung. Im Nichtraucher schutzgesetz wird der Schutz vor Passivrauchen im öffentlichen Bereich gestärkt und Kontrolldefizite abgebaut. Das Tabakwerbeverbot wird konsequent umgesetzt. Die Koalition 40

wird den -Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) „Der Klimawandel – eine Herausforderung für das deutsche Gesundheitswesen“ auf Landes- und Bezirksebene zügig umsetzen, unter anderem durch die Entwicklung von Hitzeaktionsplänen und den Bau von Trinkbrunnen. Die Koalition setzt sich für die Steigerung der Organspendebereitschaft ein. Gesundheit in allen Lebenslagen und -phasen: Das Integrierte Gesundheits- und Pflegeprogramm wird weiterentwickelt. Der bestehende Rechtsanspruch auf die Assistenz von hilfebedürftigen Menschen mit Behinderung im Krankenhaus muss vollumfänglich erfüllt werden. Die Arbeit der Clearingstelle für nicht krankenversicherte Menschen wird verstetigt, der Bekanntheitsgrad durch unter anderem eine mehrsprachige, niedrigschwellige Infokampagne gesteigert. Angebote für nicht versorgte Gruppen, zum Beispiel Obdachlose, werden beibehalten und der Behandlungsfonds wird mit dem Ziel der Versorgung im Regelsystem, aufgestockt. Die Koalition wird den Runden Tisch Geburtshilfe fortführen und Maßnahmen erarbeiten für eine gute, sichere, selbstbestimmte und leitliniengerechte Geburt ob zu Hause, im Geburtshaus oder in der Klinik und setzt sich im Bund für eine Absicherung selbstständiger Hebammen ein. Wir setzen uns für verbesserte Arbeitsbedingungen von Hebammen ein. Der kostenfreie Zugang zu Verhütungsmitteln und die Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz wird verstetigt. Informationen über die Trägerstruktur von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, zu Schwangerschaftskonflikten, über Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs und Adressen von Anbieter*innen werden niedrigschwellig und mehrsprachig angeboten. Zum Schutz ratsuchender Frauen wird eine Bannmeile rund um Beratungsstellen geprüft. Die Koalition stellt sicher, dass Schwangerschaftsabbrüche bedarfsdeckend angeboten werden und strebt die deutlichere Thematisierung in der medizinischen Ausbildung an. Die Grundlagen für ein gesundes Leben werden insbesondere im Kindesalter gelegt. Deshalb setzt sich die Koalition in besonderem Maße für die Förderung und den Schutz der Kindergesundheit ein. Im psychosozialen Bereich sowie in der ambulanten und in der stationären Versorgung wird das Angebot für Kinder und Jugendliche bedarfsgerecht und wohnortnah verbessert. Damit Kinder und Jugendliche zukünftig bei Notfällen auch außerhalb von Rettungsstellen versorgt werden können, werden der kinderärztliche Bereitschaftsdienst und die kinderärztlichen Notfallpraxen gestärkt. 41

Im Rahmen der Fast Track Cities-Initiative „95-95-95-0“ wird die Koalition die HIV/AIDS- Beratungs- und Versorgungsstrukturen fortführen. Die Koalition wird verbindliche Strategien gegen strukturelle Diskriminierungen, Sexismus und für eine diversitätssensible Gesundheitsversorgung zu entwickeln. Die Koalition setzt die Rahmenbedingungen dafür, dass auch Ältere und Hochaltrige ihr Leben möglichst selbstbestimmt und so lange wie möglich im eigenen Zuhause führen können. Dazu können Modellprojekte zur Prävention von Einsamkeit sowie Hilfs- und Kontaktangebote gehören. Die Koalition wird das psychosoziale und psychiatrische Versorgungssystem als lebensweltnahe und diversitätssensible Verantwortungsgemeinschaft in den Bezirken stärken und im Sinne einer Ambulantisierung wie zum Beispiel Tageskliniken weiterentwickeln. Neue Angebote zur Förderung psychischer Gesundheit und Prävention psychischer Erkrankungen, wie zum Beispiel. Psychische-Erste-Hilfe-Kurse und eine verbesserte Suizidprävention, ergänzen die Angebote des Psychiatrieentwicklungsprogramms (PEP). Wir setzen uns dafür ein, die sozialpsychiatrischen, und kinder- und jugendpsychiatrischen Dienste wie auch die Psychiatriekoordination zu stärken. Für die entgelt- und zuwendungsfinanzierte Angebote wird gemeinsam ein neues Finanzierungs- und Steuerungsmodell entwickelt und nach erfolgreicher Erprobung flächendeckend eingeführt. Der Trialog zwischen Psychiatrieerfahrenen, Angehörigen und Professionellen wie auch der vermehrte Einbezug von Peers wird gefördert. Für den Maßregelvollzug wird eine intensivere Kooperation mit der Charité angestrebt. Zwangsmaßnahmen in allen Versorgungsbereichen sollen transparent dargestellt und weiter konsequent minimiert werden. Die Koalition setzt auf eine akzeptierende Drogenpolitik mit Fokus auf einen selbstbestimmten Verbraucherschutz und vertritt eine fortschrittliche Drogenpolitik, die die gesundheitliche Unterstützung von Menschen mit Suchterkrankungen in den Mittelpunkt stellt. Der Verbraucherschutz wird durch Drugchecking – und wenn juristisch möglich - durch das Modellprojekt für einen kontrollierten Cannabisverkauf an Erwachsene überhaupt erst ermöglicht. Das Drugchecking-Projekt wird schnellstmöglich etabliert, perspektivisch auch mobile Angebote in Form von Point-of-care-Abgaben. Wir werden die neuen Regelungen des Bundes im Umgang mit der kontrollierten Cannabis- Abgabe in Berlin zügig umsetzen. Das Monitoring zum Umgang mit Substanzkonsum im öffentlichen Raum wird fortgesetzt. Die Koalition wird die Maßnahmen zur Suchtprävention und Aufklärung und Projekte zur Minderung von Konsumrisiken ausbauen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf Kinder 42

und Jugendliche und deren Angehörige gelegt. Die Koalition wird auch Maßnahmen treffen, um die gesundheitlichen Gefahren, die durch nicht-stoffgebundene Süchte ausgehen, wie zum Beispiel. Glückspiel, Sportwetten, Automatenspiele oder Medien zu minimieren. Die Koalition will die Alkohol- und Medikamentenberatungsstellen mit den Drogenberatungsstellen zu integrierten Suchtberatungsstellen weiterentwickeln. Das Drogenkonsumraum- und Kontaktangebot wird hinsichtlich der Anzahl wie auch der Öffnungsmöglichkeiten ausgebaut. Der Zugang zu einer Substitutionsbehandlung soll niedrigschwellig sein und insbesondere auch für Menschen ohne Krankenversicherung ermöglicht werden. Die Kooperation zwischen Akteuren der Suchthilfe und -prävention sowie spezifischen Settings (zum Beispiel. in Haft) wird verbindlich gestaltet. Das Landeskonzept Sucht wird diese Ansätze zukunftsfest machen. Für ein Sterben in Würde wird der Runde Tisch Palliativ- und Hospizversorgung weitergeführt und das Beratungsangebot verstetigt. 43

6. Klima und Energie Eine transformative Politik verbindet ambitionierten Klimaschutz mit Sozialverträglichkeit, Innovation und wirtschaftlicher Entwicklung. Die Koalition bekennt sich zum Klimaschutz als Querschnittsthema in allen Politikbereichen und zum Ziel der Klimaneutralität Berlins entsprechend des Pariser Klimaschutzabkommens, im Sinne des 1,5-Grad-Limits. Die Koalition wird versuchen, die Klimaneutralität schneller als gesetzlich vorgegeben zu erreichen. Die Maßnahmen der Regierung müssen sich, auch in Umsetzung des Energiewendegesetzes (EWG), an den Zielen des Klimaschutzes messen lassen. Das Land Berlin und die landeseigenen Unternehmen haben hier eine Vorreiterrolle, um weiter mit gutem Beispiel voranzugehen. Für die Koalition sind der Bericht der Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin“ sowie das „Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm“ (BEK) Leitlinien ihrer Energiepolitik. Es gibt eine Gesamtverantwortung des Berliner Senats für das Erreichen der Ziele. Für eine bessere Klimagovernance wird ein vierteljährlich tagender „Senatsausschuss Klimaschutz“ unter Beteiligung der Senatsmitglieder eingesetzt: Er bearbeitet Zielkonflikte, identifiziert Handlungsbedarfe und schlägt dem Senat Maßnahmen für die Nachsteuerung vor, insbesondere dann, wenn sich abzeichnet, dass die geplanten Emissionsreduktionen verfehlt werden. Die Koalition wird – ausgehend vom Berliner Klimaziel und dem 70 Prozent- Reduktionsziel 2030 – eine Gesamtmenge der höchstens auszustoßenden Treibhausgase für Berlin in den kommenden fünf Jahren definieren. Diese wird insbesondere auf die Sektoren Energieversorgung, Gebäude, Wirtschaft und Verkehr aufgeteilt. Die Steuerung der Klimaziele erfolgt auf Basis eines verbesserten, kontinuierlichen, transparenten Monitorings durch sektorale Mengensteuerung, das die Maßnahmen und ihre Wirkungen in den einzelnen Handlungsfeldern möglichst zielgenau abbildet. Jede Senatsverwaltung trägt im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Erfüllung dieser Sektorziele bei und berücksichtigt dies insbesondere im Rahmen der Haushaltsaufstellung und durch die Entwicklung sonstiger Maßnahmen. Wir setzen einen deutlichen Schwerpunkt bei den Investitionen zum Klimaschutz und für Klimaanpassungsmaßnahmen unter anderem bei der energetischen Sanierung, dem Solarausbau, der Flächenentsiegelung, dem Stadtgrün, der Begrünung von Dächern und Fassaden und beim Regenwassermanagement. Für die Investitionsschwerpunkte Klimaschutz und energetische Sanierung entwickelt die Koalition Finanzierungsinstrumente. 44

Die Koalition will den Klimaschutz in den Landes- und Bezirksverwaltungen besser verankern. Die Koalition prüft, wie die bezirkliche Kosten-Leistungs-Rechnung im Hinblick auf den Klimaschutz verbessert werden kann. Alle Gesetzes- und Senatsvorlagen unterliegen einem Klimacheck, so dass jeweils im Zweifel klimafreundlichere Alternativen in der Abwägung gestärkt werden können. Wir werden den Klimacheck evaluieren und gegebenenfalls weiterentwickeln. Die Koalition strebt an, den Klimaschutz in der Berliner Verfassung zu verankern, um damit die Verbindlichkeit der gesetzten Klimaziele zu erhöhen. Alle Landesunternehmen und die Bezirke sollen Klimaschutzkonzepte mit Zeit- und Maßnahmenplänen erstellen. Der Berliner Energie- und Klimaschutzrat wird in enger Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen schnellstmöglich besetzt. Die Koalition wird im Energiewendegesetz seine Wahl durch das Abgeordnetenhaus verankern. Einen Klimabürgerrat wird die Koalition unmittelbar einberufen und dessen Vorschläge im Prozess des BEK berücksichtigen. Das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm wird fortgeführt. Die Koalition strebt, aufbauend auf dem Energieatlas und einem Wärmekataster, im Rahmen einer integrierten Infrastrukturplanung eine gesamtstädtische und ressortübergreifende Wärmeplanung an. So kann im Rahmen eines Konzepts zur fossilfreien Wärmeversorgung ein langfristiger Fahrplan für den Ausstieg aus fossilen Energieträgern sichergestellt, die Nutzung aller verfügbaren erneuerbaren Energien ermöglicht und Planungssicherheit erreicht werden. Die Wärmeleitplanung wird bei der Bauleitplanung berücksichtigt. Die Koalition wird die Erarbeitung von individuellen Sanierungsfahrplänen unterstützen und setzt sich für eine Verpflichtung zur Erstellung bei Eigentümerwechsel ein. Die Koalition sieht die Quartiere als zentrale Einheiten für den Klimaschutz an und wird die Zusammenarbeit der Akteure im Kiez durch ein Förderprogramm zum Klimaschutz im Quartier unterstützen. Bei Neubauvorhaben werden wir eine Energieplanung einfordern. Mit einem Berliner Erneuerbare-Wärme-Gesetz wird die Koalition, unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Mieten, die Wärmewende im Gebäudebereich weiter vorantreiben, indem sie den Austausch von fossil befeuerten Heizungen durch klimaneutrale Heizungsanlagen befördert. Die Koalition strebt eine erneuerbare Wärmeversorgung an. Dafür setzt sie konsequent auf erneuerbare Energieträger im Heizungsbereich, vorzugsweise in Verbindung mit zum Beispiel Wärmepumpen und Speichern. Im Einzelfall können Gasheizungen zum Einsatz kommen, die für den Wasserstoffeinsatz vorbereitet (H2-ready) sind. 45

Die Koalition will die Potenziale der klimaneutralen Wärme der Stadt für die Wärmeversorgung erschließen. Sie unterstützt die weitere Erprobung von Tiefengeothermie im Stadtgebiet, die effizientere Nutzung der Abwärme aus der Müllverbrennung, Abwärme aus Industrieprozessen und Rechenzentren, Ab- und flusswasserwärme, Solarthermie, die Nutzung von Großwärmepumpen, nachhaltiger Biomasse sowie die von Wasserstoff für die Spitzenlasten. Förderprogramme des Bundes sind konsequent zu nutzen und durch Landesförderungen zu ergänzen. Den gesetzlichen Auftrag zur Preisüberprüfung wird die Koalition wahrnehmen und zeitnah einleiten. Die Fernwärmeregulierungsbehörde ist aufgabengerecht auszustatten. Die zügige Umsetzung des Kohleausstiegs möglichst vor 2030 hat Priorität. Die Koalition strebt an, dass die Kohlenutzung im Kraftwerk Moabit bis spätestens 2026 und im Kraftwerk Reuter-West bis spätestens 2028/29 beendet wird. Bei den dafür notwendigen Schritten wirkt die Koalition darauf hin, dass Investitionen und Infrastrukturmaßnahmen so umgesetzt werden, dass ein schnellstmöglicher Umstieg auf eine erneuerbare Wärmeversorgung erfolgt. Im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg setzt sich die Koalition für eine gemeinsame Infrastrukturplanung ein und wendet sich gegen die Erweiterung bestehender Braunkohletagebaue. Die Koalition wird bis 2023 eine Machbarkeitsstudie beauftragen mit dem Ziel, einen planbaren und sozialverträglichen Ersatz von Erdgas in der Energieversorgung zu erreichen. Die Koalition wird eine Solarkampagne initiieren, um gemeinsam mit dem Berliner Handwerk den Ausbau von Solaranlagen zu beschleunigen. Auf dem Weg zu einer komplett regenerativen und dezentralen Energieversorgung will die Koalition den „Masterplan Solarcity“ vorantreiben und das Ausbauziel von 25 Prozent an der Berliner Stromerzeugung möglichst schon 2035 erreichen. Mit einem neuen Solaranlagen-Förderprogramm der Investitionsbank, welches auch Messkonzepte berücksichtigt wird die Koalition Anreize zur Beschleunigung des Ausbaus setzen. Sie wird die Voraussetzungen schaffen, dass Solaranlagen von Privatpersonen verstärkt durch die Beauftragung des Berliner Stadtwerks realisiert werden können. Das Informations- und Unterstützungsangebot des Solarzentrums wird verstetigt. Alle geeigneten Dachflächen auf öffentlichen Gebäuden, wie Schulen oder Verwaltungsgebäuden, werden in einen gesamtstädtischen Installationsplan für Solaranlagen aufgenommen, damit die öffentliche Hand ihre Vorbildfunktion für private Dächer und Wände gerecht wird. Ein SolarReadiness - Programm für öffentliche Gebäude unterstützt den Solarenergieausbau. Die Koalition sieht Mieterstrom als wesentlichen Baustein für die Erschließung der Photovoltaik-Potenziale der Berliner Dächer und die Beteiligung der Mieterinnen und Mieter 46

an der Energiewende. Die Koalition setzt sich gegenüber dem Bund dafür ein, dass die Rahmenbedingungen für Mieterstrom, aber auch von dezentralen Versorgungskonzepten in Quartieren, Sektorenkopplung und Digitalisierung erleichtert werden. Gemeinsam mit Brandenburg strebt die Koalition den Zubau von Windenergieanlagen durch das Stadtwerk unter Beteiligung der Kommunen an. Der Einsatz von grünem Wasserstoff kann einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Die Koalition will deshalb die gemeinsam mit dem Land Brandenburg entwickelte Wasserstoffstrategie umsetzen und gegebenenfalls. weiterentwickeln. Dabei setzt sie auf die Anwendung von erneuerbarem Wasserstoff und sieht diese prioritär da, wo es noch keine Alternativen für die Dekarbonisierung gibt, wie zum Beispiel dem Schiffs-, Schwerlast- und Flugverkehr, der Industrie oder der Logistik. Die Koalition setzt sich in diesem Rahmen für die Entwicklung einer grünen Wasserstoffinfrastruktur an ausgewählten Wirtschaftsstandorten ein und prüft den Anschluss an das geplante Wasserstoff-Backbone. Berlins Kompetenzen als innovativer Forschungs- und Wirtschaftsstandort werden genutzt und die landeseigenen Betriebe werden bei der pilotweisen Erprobung der grünen Wasserstofftechnologie eingebunden. Die Koalition wird die Berliner Stadtwerke weiter stärken, damit das Stadtwerk ein zentraler Dienstleister für Mieterstromprojekte, Quartierslösungen, Ladesäulen, Solar- und Windenergieausbau und Wärmeprojekte in Berlin wird. Die Kooperation zwischen den Stadtwerken und den Berliner Wohnungsbaugesellschaften bei Solar- und anderen Energieprojekten wird ausgebaut. Mit weiterer Kundenwerbung sollen möglichst viele Berliner*innen als Kund*innen gewonnen werden. Die Koalition prüft, ob im Rahmen der Neuordnung der Berliner Energiebeteiligungen die Berliner Stadtwerke gegebenenfalls aus den Wasserbetrieben herausgelöst werden sollen. Die Koalition strebt die Rekommunalisierung des Fernwärmenetzes mit dem Ziel einer beschleunigten Dekarbonisierung der Fernwärme an. Die Koalition prüft eine Rekommunalisierung des Gasnetzes unter wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien. Die Koalition will die GASAG als Gesamtunternehmen erhalten. Für die Koalition kommt dem Ausbau und der Digitalisierung der rekommunalisierten Stromnetze für die Klimaneutralität Berlins und auch für den Ausbau der Elektromobilität eine besondere Bedeutung zu. Die Koalition strebt mehr Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger*innen mittels der BürgerEnergie Berlin am Stromnetz an, um so den Berliner*innen die Möglichkeit zu geben, die Energiewende konkret mitzugestalten und zu einem öffentlichen Unternehmen neuer Art beizutragen. 47
