2019_02_05_machbarkeitsstudiesocialmedia

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Machbarkeitsstudie Social Media

/ 42
PDF herunterladen
Text & Redaktion 2. Zweck und Zielsetzung von Social Media für die Integrationsbeauftragte Die Zahl der Akteurinnen und Akteure, die in den sozialen Netzwerken Twitter, lns- tagram und Facebook zu Migration, Flüchtlingen und Integration kommunizieren, ist groß (vgl. 1.3.). Was diesem Themenbereich allerdings fehlt, ist ein einendes Gesicht, eine verlässliche und vor allem zukunftsorientierte Stimme. Es gibt viele Absender ganz unterschiedlicher Couleur - und das ist gut so. Allerdings gibt es keine Orientierung. Es gibt keinen digitalen Ort, an dem sich Nutzerinnen und Nutzer treffen können, um sich über Migration, Flüchtlinge und Integration zu in- formieren und auf Augenhöhe auszutauschen. Diese Lücke kann die lntB mit ihren Social-Media-Kanälen schließen. Zweck und Ziel ihres neuen Angebots sollte sein, durch gezielte faktenbasierte Information und konsequente Aufklärung von Irrtü- mern und Falschaussagen die Auseinandersetzung mit einem der wichtigsten Themen in der deutschen Gesellschaft zu fördern: dem Zusammenleben von Aus- länderinnen/Ausländern und Deutschen. Um die Nutzerinnen und Nutzer so wirkungsvoll wie möglich zu erreichen, sollte die lntB in den sozialen Netzwerken ein authentisches nahbares, offenes und selbstbewusstes Image pflegen. Im Vordergrund sollten die Menschen, ihr Alltag, ihre Hoffnungen und ihre Sorgen stehen. Statt Nutzerinnen und Nutzer durch ein- seitige Kommunikation zu belehren, sollte durch verschiedene Formate ein nach- haltiger Dialog in den Netzwerken entstehen, der im Alltag weiterlebt. Eine wichti- ge Voraussetzung dafür ist eine offene und positive Atmosphäre auf den Kanälen. Es gilt, das gesellschaftlich und in den sozialen Medien, vor allem bei Facebook, kontrovers bis aggressiv diskutierte Themengebiet der lntB in ein neues Umfeld einzubetten, in dem Hassrede nur als Ausnahme vorkommt. Die lntB sollte mit ih- rer Social-Media-Kommunikation deshalb in erster Linie Personen ansprechen, die Migration, Flüchtlingen und Integration gegenüber neutral, offen oder positiv ein- gestellt sind. Ziel sollte sein, mit positiven und konstruktiven Botschaften zu inspi- rieren und zu aktivieren. Seite 11 von 42                                                          5. Februar 2019
11

Text & Redaktion Ziel kann nicht sein, eine fremdenfeindliche Minderheit zu bekehren. Die lntB soll- te dieser Gruppe keine Bühne bieten und sich nicht auf Grundsatzdiskussionen einlassen. Dabei unterstützen •      eine bedachte Netzwerkauswahl, •      eine kluge Themenwahl (zum Beispiel Fokus auf Frauen), •      eine effektive Moderation von Kommentaren unter Beiträgen •      der Aufbau einer starken Community (interessiert, meinungsstark, kri- tisch) Die sozialen Netzwerke können eine sinnvolle Ergänzung zu der bisherigen klassi- schen Kommunikationsstrategie der lntB sein. Denn sie bieten die Möglichkeit, direkt mit verschiedenen und vor allem neuen Zielgruppen zu kommunizieren. Ins- besondere durch lnstagram kann die lntB in einem im Netzwerkvergleich politisch weniger provokativen Umfeld junge Bürgerinnen und Bürger ab dem Schul- bis zum Studentenalter erreichen (vgl. 1.2.) und so eine ganz neue Zielgruppe anspre- chen. Aktuelle Forschungsergebnisse belegen, dass das Internet „zur politischen Beteiligung von Jugendlichen bei[trägt]. indem es die Möglichkeit bietet, sich pro- duktiv einzubringen und sich interaktiv mit anderen über politische Themen aus- einanderzusetzen" (..Digitale Mediennutzung von Jugendlichen und politische Partizipation", S. 389). Die sozialen Medien sind ein Schlüsselkanal dafür. Wie w ichtig die junge Zielgruppe ist, zeigt der Blick in die Zukunft. Internationale Krisen und der demografische Wandel fördern die Zuwanderung. Die aktuelle poli- tische Verantwortung liegt nicht nur darin, die Gegenwart zu gestalten, sondern auch Impulse für die Zukunft zu setzen. Nur wenn junge Menschen heute umfas- send, wahrheitsgemäß und lösungsorientiert über das Themenfeld Integration aufgeklärt werden, können sie einen erfolgreichen gesellschaftlichen Zusammen- halt in der Zukunft fördern. Seite 12 von 42                                                           5. Februar 2019
12

Über die sozialen Medien kann die lntB mehr Menschen erreichen, sich mit Stake- holdern vernetzen (vgl. z. B. 1.3.) und Synergien nutzen, um ihren gesetzlichen Auftrag, die Voraussetzungen für ein möglichst spannungsfreies Zusammenleben zwischen Ausländern und Deutschen sowie unterschiedlichen Gruppen von Ausländern weiterzuentwickeln, Verständnis füreinander zu fördern und Fremdenfeindlichkeit entgegenzuwirken (§ 93 Abs. 2 AufenthG), noch wirkungsvoller unter den aktuellen gesellschaftlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Seite 13 von 42                                                        5. Februar 2019
13

Text & Redaktion 3. Umsetzung von Social Media Nachdem die Grundlagen für die Einführung eigener Social-Media-Accounts der lntB dargelegt wurden und die Erforderlichkeit begründet wurde, folgt nun die Konzeption wesentlicher praktischer Rahmenbedingungen. Dabei spielt zum einen die inhaltliche und zum anderen die technische Umsetzung eine Rolle. 3.1. Themen und Content Um mit wichtigen Inhalten so viele Social-Media-Nutzerinnen und -Nutzer so wir- kungsvoll wie möglich zu erreichen, muss eine zielgerichtete redaktionelle Strate- gie verfolgt werden. Auf diese Weise kann sich die lntB als Absenderin mit Wie- dererkennungswert in den Netzwerken etablieren. Im Kern geht es darum, Formate zu entwerfen, die Menschen ansprechen. Je spe- zifischer ein politisches Format ist, desto besser wirkt es: ,,Botschaften müssen spezifischer zugeschnitt en werden, wenn sie von den [heutigen und künftigen, Anm. d. Verf. ] Wählern auch nur wahrgenommen werden sollen - hinsichtlich Thema, Posit ion und Ausdrucksweise." (Vowe, 2017, S. 609). Diese Erkenntnis aus dem Bundestagswahlkampf 2017 ist in zweierlei Hinsicht wichtig: Sie beschreibt sowohl ein Erfolgsmerkmal als auch ein Risiko. Denn werden (politische) Social- Media- Beiträge thematisch immer genau für eine Zielgruppe konzipiert und in ers- ter Linie, bedingt durch die Algorithmen der Netzwerke,3 auch nur dieser Ziel- gruppe ausgespielt, entstehen sogenannte Filterblasen. Nutzer konsumieren in Folge dessen nur noch Inhalte, die zu ihrer Überzeugung passen, selbst wenn die- se Falschaussagen enthalten. Die Herausforderung bei der Formatkonzeption be- steht also darin, mit einem skalierbaren Maß an Spezifikation und allgemeingülti- ger Information insgesamt eine breite Community anzusprechen. 3 Die Algorithmen der Netzwerke sorgen dafür, dass Nutzerinnen und Nutzer Inhalte sehen, die sie interessieren. Der Algorithmus selektiert also alle anzeigbaren Inhalte hinsichtlich der Nutzer-Präferenz. Die Präferenz entsteht aus getätigten Likes, Kommentaren und weiteren Interaktionen. Einfach erklärt: Ein Nutzer, der Rezept-Posts von Chefkoch regelmäßig Likes gibt, bekommt mehr Beiträge von Edeka (folgt er ebenfalls) angezeigt als von dm (folgt er ebenfalls). Seite 14 von 42                                                                  5. Februar 2019
14

Text & Redaktion Grundsätzliche Merkmale der Nutzer-Spezifikation, die einen Post in sozialen Netzwerken, erfolgreich machen, sind: •     einfache, gesprochene Sprache ->   Politikersprech vermeiden •     klare, prägnante und aussagekräftige Botschaften -> unkonkreten Text vermeiden •     aktive Formulierungen -> Passiv und allgemeinen Text ohne Handlung vermeiden •     Angebote zur Interaktion (Fragestellungen, Interviews, Gespräche etc.) •     konkrete Fragestellungen, Hoffnungen und Sorgen aus dem Lebensalltag der Bürgerinnen und Bürger -> Statusmeldungen aus dem politischen Betrieb vermeiden •     persönlich kommunizieren mit lntB als sichtbarer Botschafterin -> vorwiegend unpersönliche Kommunikation als Behörde vermeiden Beiträge/Formate müssen außerdem für die Zielgruppe, die sie ansprechen sollen, gestaltet werden (z. B.junge Migrantinnen oder Fachkräfte aus der Flüchtlingsbe- treuung). Zusätzlich zu den grundlegenden Content-Merkmalen sind die Anforderungen der jeweiligen Netz-Community zu beachten (vgl. 1.2.): •      Twitter: sachlichere politische Neuigkeiten, starke Meinung •      lnstagram: aussagekräftiger Bild-Content (Fotos, Grafiken), Echtzeitbe- gleitung/Dokumentation/Anreize/Interaktion in Storys, junge Zielgruppe (Fokus: 14-29 Jahre), ,.Lifestyle-Stil" (weniger provokativ) •      Facebook: emotionale bis emotionalisierte Themen, interaktive bürgerna- he Formate, aktiver Dialog bis provokante Debatten Um erfolgreich in sozialen Netzwerken zu kommunizieren, sollte unter Beachtung der Nutzer-Spezifikation, der Netzwerk-Anforderungen und der kommunikativen Linie der lntB aktueller, kreativer und interaktiver Content produziert und publi- ziert werden. Seite 15 von 42                                                          5. Februar 2019
15

Text & Redaktion Es folgen aussagekräftige Content-Beispiele aus dem thematischen bzw. politi- schen Umfeld der lntB. Beispiel 1: Das kanadische Ministerium für Migration und Flüchtlinge (IRCC - Im- migration, Refugees and Citizenship Canada) benennt bei Twitter einen Irrtum über finanzielle Hilfen für Asylbewerber und verlinkt zu seinem Online-Quiz über Asylfragen. l•I             IRCC O c-, ...-..11 ac,t "'1mCanada                                                                                 CF~        V Information has circulated that suggests asylum claimants get more money and benefits than Canadians (such as the elderly or veterans). Find out why this information 1s incorrect: ow.ly/ blln30lkSRQ #cdnref 1701 - 19. Dez 2018 https://twitter.com/CitlmmCanada/status/1075420880803635201 lrteguta, bo,~r C.rOUiflQt 11:nd aa:ylum In C:ulold~ How much do you know about asylum claims in Canada? YCIU"'I.IVN... N>lt'OiftN""'a.00ll!Pt0CHCOf!Ml'IOt',l,OCl,'\10aat~OrerOll'ao.-,:1 ~PIOW~OO'tov HoW n'LICft do you know --..,, •l'OIIJ~-,.... ,-.,.alt9Ur....,l\a\• WIClht-.tt~~1TNlt•<NY~101@~abouf IOf"t~                .M()liMlatiOIAMt-..........~ aboutuyii.n? ,... • Ow•t.lon I of 11 .&..,-lum dt,iruu'!ls and il'rlnuo,.nu.,.. lM..,... lhlnfJ. (requtred) .... iiit+*tifai - • F\6i..v1liP'{ttorßUl'ft t ,•>1ontt4 http://ow.ly/bLln30lkSRO Seite 16 von 42                                                                                                                           5. Februar 2019
16

Text & Redaktion Beispiel 2: Das IRCC führt bei lnstagram eine Kampagne mit dem Hashtag #MyCitizenship durch. Einwanderer, die ihre kanadische Staatsbürgerschaft er- halten haben, sollen Fotos von sich mit #MyCitizenship posten. Das IRCC postet eine Auswahl dieser dann wiederum auf seinem Account (re-gram). Die Regrams von User-Fotos erhalten mehrere Hundert Likes, ein offizielles Postermotiv nicht einmal 200. Learning: Die lnstagram-Community möchte echte Bilder mit echten Menschen und ihren Geschichten sehen. c111mm<•"'ad11 •~1was                            0-~""""' ~nC·1u.,...t,u·• ·t~,111.tv.AQ..tc1: ,mor,Of'--M.         ,• ~Ol'"fln;JfO',l'nt'"r'°Rf-'fl\ete 1 Irr vtel 9 ','tlll 190 l "ICI t.a"lldl W'JSQ'°ltJV ttft lhf\Offllt r~IN<let~mos, nc,e-olble h1ffldt '\et e. l'TMII my ll"'fl\fl9 , ..           ,t, ·c, .•UV ,t, .ino Im wo,~ l'!'l't d re-.,m cart"M' W'len"(ii.h'y P'Olid :lNI P'IOnOuf'Nt !O Of' hW'l{Jl,-•h'l'I'' • WONK-tlo "°"''lrY C:\1'1      ''"M".Sl"IJ'l ~'lC.l"~.,ch• f,W,--lo ', to, e•'1'1C) .r, C.,M1Q;ut-i'rd1 ~I(·       tOUr SIOl!Y' .111c.,....~,,,..,utc'!lt n;;ir-y •c..,..JJ..... C t ,Ut"'~ ,1r?•oi..al":.vi.J~ r.P·OudC!W\.JOl\f'lo~ :rC\Nd.\ •~N<:1-.ci ,,.., • 'leNC:tf"'Jd,J..., •c.ntd ""·,t 1 „en •c.t i1.:1 Ylo .IJeJS                        !al'9W'llttgit Cefallt 829 Mal https://www.instagram.com/p/Bmd V1ygPWR/ ,_. l•I          C'!l lfl Ul)COilß.tdJ • ,          "" c1u mmc1n1d1 Kffp 1~ l"t l,jl ~ " lft!I ,:.._~: · 1 (:,vi~l()(,1•_.c,l"ISJOU !ft/'ll,. .a,l ........ ('1) Tf'"l• ,ho.1111 'tlll@'    t;.,.. ftJ4.lf '1#.JI• @'IJ utlotO'..o ~              - V ,'C-11•.l.~· Shul lf~1 ::-f','1 1.hiJ'h', f'to. ~1"1 ~C1:M'lllif'l(",..-,-'Mf'y •Car-achliftC UJe1'S •P•OI.OCJniaodlJ" •r-to..ioe.~.-.,.. -COMda - ~ . - ~ , •"-"~~~..,.. •r1t....,..               :i...r--,• 1"" .:c, ..1.:      -,1\Jp gf!orgesm akhOu.JI               ~    o· How I c.v, acpty1 rr.r           f'l(l1(f\jl(.o,,'1 osboron11, 1 ,o-,,c CJ.wroJ l'I -.o ft'IUC.ri •      l'11o~r1lObf' .l(Jli7N"I r.blrJ III WM,rl',,tr'fOIJdtcdetota"• - ..u                                     i;:J Cef1lh 160 MIi https://www.instagram.com/p/8oysUJ2ga06/ Seite 17 von 42                                                                                                     5. Februar 2019
17

Beispiel 3: Die Bundesregierung hat zum Beschluss des Bundestags, im Gebur- tenregister künftig neben männlich und weiblich auch die Bezeichnung divers zu erlauben, ein Foto und Zitat einer betroffenen Person bei Facebook gepostet. Überdurchschnittlich viele Nutzerinnen und Nutzer haben mit diesem Post inter- agiert. https://www.facebook.com/Bundesregierung/photos/ a.769938079764597/2011930825565310/?type= 3&theater Beispiel 4: Im Gesprächsformat #FragSpahn des Bundesgesundheitsministeri- ums trifft Minister Spahn eine junge Spenderherzempfängerin. Anstatt sofort über Organspenderegelungen zu sprechen, rückt das Schicksal der Frau in den Fokus. Spahn fragt: .,Mögen Sie Ihre Geschichte erzählen?" https://www.facebook.com/bmg.bund/videos/2189523474596819/ Seite 18 von 42                                                      5. Februar 2019
18

Text & Redaktion Beispiel 5: Das Bundesumweltministerium nutzt eine gespeicherte lnstagram- Story (High light), um seine Kampagne „Nein zur Wegwerfgesellschaft" weiterzu- drehen. Es postet Fotos von alltäglichen Müllsituationen und schaltet dazu Ab- stimmungen (Fokus: Interaktion). https://www.instaqram.com/stories/highlights/17983386451142364/ Beispiel 6: Das Bundeslandwirtschaftsministerium schafft es, bei lnstagram un - terschiedliche Themen von Landwirtschaft bis Ernährung in den Lebensalltag der User einzubetten und optisch anspruchsvoll aufzubereiten. Eine plattformgerech- te Bildsprache mit Wiedererkennungswert ist deutlich erkennbar. Nicht nur die ittlJll!J haltenlwf, https://www.instaqram.com/lebensministerium Seite 19 von 42                                                       5. Februar 2019
19

Beispiel 7: Emmanuel Macron und Barack Obama, ,,Social-Media-Persönlichkei- ten", setzen bei lnstagram auf Nähe, Gefühl und Dramaturgie - mit Erfolg. https://www.instagram.com/emmanuelmacron/ https://www.instagram.com/barackobama/ Seite 20 von 42                                                     5. Februar 2019
20

Zur nächsten Seite