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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „An NRW übermittelte Daten zu Studiengebühren

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Landtag von Baden-Württemberg                            Drucksache 16 / 1617 Ermäßigung nach §§ 5, 6 und 8 erforderlichen per- sonenbezogenen Daten anzugeben und die erforder- lichen Unterlagen spätestens bis zum Zeitpunkt der Immatrikulation oder der Rückmeldung vorzulegen. Die Hochschulen bestimmen, welche Daten und Un- terlagen das sind. Die Studienbewerberinnen und Stu- dienbewerber sowie die Studierenden sind verpflich- tet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Aus- nahme, Befreiung oder Ermäßigung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Ausnahme, Befreiung oder Ermäßigung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Die Hoch- schulen sind nicht verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. (2) Die Mitwirkungspflichten nach Absatz 1 gelten für den Erlass und die Stundung entsprechend. (3) Über die Befreiung von der Gebührenpflicht nach § 6 Absatz 2, 6 und 7, die Befreiung nach § 8 Absatz 4 sowie den Erlass und die Stundung der Gebühr ent- scheiden die Hochschulen auf Antrag. Die Anträge sind mit Ausnahme der Anträge für Erlass und Stun- dung vor Beginn der Vorlesungszeit zu stellen. (4) Wurde eine Studiengebühr nach § 3 trotz Vorlie- gens der Voraussetzungen für eine gesetzliche Aus- nahme erhoben, weil die Voraussetzungen bis zur Im- matrikulation oder Rückmeldung nicht nachgewiesen werden konnten, ist diese zu erstatten. Die Studienge- bühr ist auch dann zu erstatten, wenn die Vorausset- zungen für eine gesetzliche Ausnahme binnen eines Monats nach Beginn der Vorlesungszeit eintreten. Wurde eine Gebühr nach §§ 3 und 8 trotz bestehender Gebührenpflicht nicht erhoben, kann diese nacherho- ben werden. (5) Die Hochschule kann das Verfahren oder Teile des Verfahrens zur Gebührenerhebung, insbesondere die Anhörung, elektronisch durchführen und den Ge- bührenbescheid elektronisch übermitteln. Macht die Hochschule von der Möglichkeit nach Satz 1 Ge- brauch, hat sie die Studienbewerberinnen und Stu- dienbewerber auf das elektronische Verfahren, die Er- forderlichkeit eines elektronischen Zugangs im Sinne des § 3 a Absatz 1 des Landesverwaltungsverfahrens- gesetzes (LVwVfG) sowie insbesondere auf die elek- tronische Übermittlung des Gebührenbescheids hinzu- weisen. Mit der Angabe einer E-Mail-Adresse durch die Studienbewerberin oder den Studienbewerber oder mit der Bereitstellung einer E-Mail-Adresse durch die Hochschule gilt der Zugang nach § 3 a LVwVfG als eröffnet. In Härtefällen hat die Hochschule Ausnah- meregelungen für Studienbewerberinnen und Studien- bewerber zu treffen, die glaubhaft machen, dass ihnen die elektronische Kommunikation nicht zumutbar ist. (6) Eine Hochschule kann eine andere Hochschule oder ein Studienkolleg damit beauftragen, die Ge- bührenpflicht und die Voraussetzungen von Ausnah- 11
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Landtag von Baden-Württemberg                             Drucksache 16 / 1617 men und Befreiungen zu prüfen und Gebührenbe- scheide zu erlassen. § 11 (aufgehoben)“. 4. In § 13 Absatz 1 Satz 2 werden die Wörter „des Landes- hochschulgesetzes (LHG)“ durch die Angabe „LHG“ ersetzt. 5. Nach § 19 wird folgender Abschnitt angefügt: „Fünfter Abschnitt Übergangsvorschriften, Überprüfung der Auswirkungen § 20 Übergangsvorschriften, Überprüfung der Auswirkungen (1) Internationale Studierende nach § 3 und Studieren- de eines Zweitstudiums nach § 8, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes in einem Studiengang an einer baden- württembergischen Hochschule immatrikuliert waren, können ihr Studium in diesem Studiengang gebühren- frei an dieser Hochschule fortführen. Besteht der Stu- diengang nach Satz 1 aus einer in der maßgebenden Prüfungsordnung vorgesehenen Verbindung von Teil- studiengängen, bleibt bei einem einmaligen Wechsel eines der Teilstudiengänge die Gebührenfreiheit beste- hen. Studierende, die in Studiengängen nach Artikel 11 § 5 Absatz 1 Satz 1 des Studiengebührenabschaffungs- gesetzes gebührenpflichtig sind, unterliegen nicht der Gebührenpflicht nach §§ 3 oder 8. (2) Studienbewerberinnen und Studienbewerber, die im Studienjahr vor Beginn des Wintersemesters 2017/ 2018 in einem Studienkolleg nach § 73 LHG in Baden- Württemberg zur Vorbereitung auf die Feststellungs- prüfung eingeschrieben waren, unterliegen in dem Stu- diengang, in dem sie unmittelbar nach dem erfolg- reichen Abschluss der Feststellungsprüfung erstmals immatrikuliert werden, nicht der Gebührenpflicht nach § 3. Studienbewerberinnen und Studienbewerber, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Stipen- dium eines öffentlich finanzierten Stipendiengebers schriftlich zugesagt bekommen haben, unterliegen in dem Studiengang, in dem sie unmittelbar nach der Sti- pendienzusage erstmals immatrikuliert werden, nicht der Gebührenpflicht nach § 3. In beiden Fällen gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend. (3) Die Auswirkungen der Einführung der Studien- gebühren für Internationale Studierende und für ein Zweitstudium nach §§ 3 bis 10 werden vom Wissen- schaftsministerium beobachtet und überprüft. Dabei 12
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Landtag von Baden-Württemberg                             Drucksache 16 / 1617 werden insbesondere auch die entwicklungspolitisch relevanten Studiengänge und die Zusammensetzung der Internationalen Studierenden in den Blick genom- men.“ Artikel 2 Änderung des Akademiengesetzes Das Akademiengesetz vom 25. Februar 1992 (GBl. S. 115), das zuletzt durch Artikel 58 des Gesetzes vom 17. Dezem- ber 2015 (GBl. S. 1210, 1231) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In § 8 Absatz 5 Satz 1 werden die Wörter „Finanz- und Wirtschaftsministerium“ durch das Wort „Finanz- ministerium“ ersetzt. 2. § 9 wird wie folgt gefasst: „§ 9 Studiengebühren und Entgelte (1) Die Akademien erheben ab dem Wintersemester 2017/2018 von Studierenden, die nicht die Staatsan- gehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkom- mens über den Europäischen Wirtschaftsraum besit- zen (Internationale Studierende), für ihr Lehrangebot einschließlich der damit verbundenen spezifischen Betreuung der Internationalen Studierenden in grund- ständigen Studiengängen und konsekutiven Master- studiengängen Gebühren in Höhe von 1.500 Euro pro Semester. (2) Die Akademien erheben ab dem Wintersemester 2017/2018 von Studierenden, die ein zweites oder weiteres Studium in einem grundständigen Studien- gang oder in einem zweiten oder weiteren konseku- tiven Masterstudiengang nach einem in der Bundesre- publik Deutschland erworbenen Hochschulabschluss oder gleichwertigen Abschluss aufnehmen (Zweitstu- dium), Gebühren in Höhe von 650 Euro pro Semester (Zweitstudiengebühr). (3) Die §§ 3 bis 10 und 20 des Landeshochschulge- bührengesetzes (LHGebG) gelten entsprechend. (4) Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Kursen und Kontaktstudien nach § 7 sowie weiterbildenden Mas- terstudiengängen nach § 13 LHGebG und Gasthöre- rinnen und Gasthörer an den Akademien müssen ein Entgelt entrichten, das durch eine Entgeltregelung des Aufsichtsrates nach Art, Anzahl und Stundenumfang der belegten Lehrveranstaltungen und nach der finan- ziellen Leistungsfähigkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geregelt wird. Für Delta-, Eignungs- und Begabtenprüfungen nach § 58 Absatz 2 Nummern 4, 13
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Landtag von Baden-Württemberg                               Drucksache 16 / 1617 6 und 7 des Landeshochschulgesetzes gilt § 16 Absatz 2 LHGebG entsprechend.“ Artikel 3 Änderung des Landeshochschulgesetzes Das Landeshochschulgesetz vom 1. Januar 2005 (GBl. S. 1), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Februar 2016 (GBl. S. 108, 118) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. § 51 Absatz 7 wird wie folgt geändert: a) In Satz 5 werden nach dem Wort „abgesehen“ die Wörter „von Satz 8 und“ eingefügt. b) Es wird folgender Satz angefügt: „Das Dienstverhältnis der Juniorprofessorin oder des Juniorprofessors, der oder dem die Möglichkeit nach § 48 Absatz 1 Satz 4 eingeräumt wurde, kann bei Geburt oder Adoption eines Kindes auf Antrag um ein Jahr je Kind, insgesamt um maximal zwei Jahre, verlängert werden; das Nähere, insbesondere die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme und die Ausgestaltung der Verlängerung im Einzelnen, regeln die Hochschulen durch Satzung.“ 2. § 60 Absatz 1 wird wie folgt geändert: a) In Satz 6 werden nach dem Wort „Studium“ die Wörter „oder die Promotion“ eingefügt. b) Es wird folgender Satz angefügt: „Satz 6 gilt entsprechend für die Immatrikulation von Studierenden anderer Hochschulen zu vorüber- gehenden Forschungsaufenthalten ohne Erwerb von Leistungspunkten; die Immatrikulation erfolgt nur, sofern die zuständige Fakultät das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt.“ Artikel 4 Änderung des KIT-Gesetzes In § 20 Absatz 1 Satz 3 des KIT-Gesetzes vom 14. Juli 2009 (GBl. S. 317, 318), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Februar 2017 (GBl. S. 65) geän- dert worden ist, werden nach der Angabe „§ 48 Absatz 1 Satz 4“ die Wörter „ , des § 51 Absatz 7 Satz 8“ eingefügt. Artikel 5 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. 14
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Landtag von Baden-Württemberg                                                                  Drucksache 16 / 1617 Begründung I. Allgemeiner Teil A. Zu den Studiengebühren für Internationale Studierende 1. Ausgangslage Die Hochschullehre ist ein dynamisch wachsender Bereich der Landespolitik. Die Zahl der Studierenden ist in den letzten Jahren um 40 Prozent angestiegen und auch die Zahl der Internationalen Studierenden ist deutlich angewachsen. An den Hochschulen des Landes sind in zahlreichen Studiengängen die Kapazitäten voll ausgelastet. Teilweise wird sogar eine erhebliche Überlast übernommen. Diese Situation macht es erforderlich, für den Erhalt der Kapazitäten und eine gute Betreuung der Studierenden zusätzliche Mittel zu generieren, indem in be- sonderen Fallkonstellationen Studiengebühren erhoben werden. Im Hinblick auf die langfristige Aufgabe, Einnahmen und Ausgaben des Landes in ein ausge- glichenes Verhältnis zu bringen, sind zusätzliche Mittel nicht ausschließlich aus dem Landeshaushalt zu generieren. In vielen Staaten ist die Hochschulbildung nicht unentgeltlich, erst recht nicht für Internationale Studierende. Das Land Baden-Württemberg folgt damit einem Mo- dell, das auch in anderen Staaten weltweit praktiziert wird. Die Zahl der Studierenden, die nicht aus der Europäischen Union (EU) oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) kommen, hat sich in den letzten 25 Jahren fast vervierfacht. Die Landesregierung begrüßt diese Entwicklung und möchte auch künftig die In- ternationalisierung der Hochschulen voranbringen. Die steigende Zahl Internatio- naler Studierender stellt aber gleichzeitig größere Anforderungen an die Hoch- schulen, besondere Betreuung und Unterstützung zu leisten. Dabei gilt ein beson- deres Augenmerk dem Umstand, dass die Abbrecherquoten bei Internationalen Studierenden nach wie vor signifikant höher sind als bei den Studierenden mit deutscher Hochschulzugangsberechtigung. Internationale Studierende benötigen deshalb eine spezifische Betreuung an den Hochschulen, um ihr Studium in Deutschland erfolgreich zu absolvieren. Ohne zusätzliche Einnahmen kann diese Aufgabe, insbesondere bei weiter wachsenden Zahlen, nicht bewältigt werden. In dieser Situation erscheint es angemessen, Internationale Studierende über Stu- diengebühren an der Finanzierung ihrer Ausbildung zu beteiligen. Dies gilt umso mehr, als Internationale Studierende nicht zuletzt auch zu hohen Anteilen in res- sourcenaufwändigen Studiengängen eingeschrieben sind. 2. Vereinbarkeit mit dem Grundsatz eines gebührenfreien Studiums Insgesamt wird am Grundsatz eines gebührenfreien Studiums festgehalten. Eine Gebührenpflicht wird nur für die wenigen, im Gesetz ausdrücklich genannten Ausnahmekonstellationen begründet. Eine dieser Ausnahmen ist die im Gesetzentwurf vorgesehene Gebührenpflicht für Internationale Studierende. Sie nimmt insbesondere die Internationalen Stu- dierenden in Anspruch, die speziell zum Studium nach Deutschland gekommen sind, und (noch) keinen gefestigten Inlandsbezug bzw. keine „gewachsene engere Beziehung zum deutschen Lebens- und Kulturkreis“ haben (Bundesver- fassungsgericht, 1. Senat 3. Kammer, Beschluss vom 13. Januar 1993 – 1 BvR 1690/92 – juris Rn 5, und Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Oktober 1979 – V C 16.77 – juris Rn 12). 15
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Landtag von Baden-Württemberg                                                                 Drucksache 16 / 1617 Für sie stellt eine Studiengebührenpflicht eine Anpassung an internationale Stan- dards dar. Zugleich ist das Studium für sie trotz der Gebühren eine Investition in ihre berufliche Zukunft, die möglicherweise in anderen Ländern mit höheren Ge- bühren belastet wäre. 3. Erforderlichkeit der Gebührenerhebung Studienplätze für Internationale Studierende bereitzuhalten, gehört nicht zu den zwingenden Aufgaben des Gemeinwesens. Angesichts einer gewünschten Inter- nationalisierung der Hochschulen wäre eine – mit haushalterisch gleichem Ergeb- nis mögliche – Verringerung des von Internationalen Studierenden nutzbaren Stu- dienplatzangebots gegenüber der Einführung von Studiengebühren die schlech- tere Alternative. Studiengebühren für Internationale Studierende sind damit für die Stärkung der Internationalisierung der Hochschulen erforderlich. 4. Gebührenbemessung Bei Bemessung von Studiengebühren sind zum einen die Kosten und zum ande- ren der wirtschaftliche und ideelle Wert eines Hochschulstudiums, der sich in Ar- beitsmarktchancen und gesellschaftlichem Ansehen ausdrückt, und als drittes die Angemessenheit von Gebühr und Leistung abzuwägen. Bei der Gebührenbemessung wurde als Basis von dem besonderen und abgrenz- baren Aufwand der Lehre ausgegangen, in dem Bewusstsein, dass eine aktuelle und fundierte Lehre sich nicht zuletzt auch auf aktuelle Forschung stützt. Berück- sichtigt wurde ferner, dass der Abschluss eines Hochschulstudiums deutlich ver- besserte Berufschancen vermittelt und auch mit einem Zugewinn an sozialem An- sehen verbunden ist. Aus Gründen der Praktikabilität wurde auf eine Feindiffe- renzierung zwischen einzelnen Fächergruppen oder einzelnen Hochschulen ver- zichtet. 5. Gründe für eine Differenzierung Unter die Gebührenpflicht für Internationale Studierende fallen vor allem Studie- rende, die gerade für ein Studium nach Baden-Württemberg gekommen sind. Sie stehen als solche (noch) nicht in gleicher Weise in der Verantwortung der Solidar- gemeinschaft der im Lande lebenden und arbeitenden Bürgerinnen und Bürger, auch wenn diese unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Aufenthalts- status derselben definiert wird. Aus dem Gedanken der Solidargemeinschaft heraus sind demgegenüber alle Aus- länderinnen und Ausländer von der Gebührenpflicht ausgenommen, die einen „gefestigten Inlandsbezug“ haben. Dieser manifestiert sich unter anderem in der Aufenthaltsdauer und einer typischerweise damit verbundenen Integration sowie in aller Regel auch in Beiträgen zur Infrastruktur und zum Sozialsystem, die von ihnen selbst oder von Familienangehörigen erbracht worden sind. Als Beispiel kann hierfür die Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU genannt werden. Im Hinblick auf Artikel 6 des Grundgesetzes (GG) gleichge- stellt sind Familienangehörige von Ausländerinnen und Ausländern mit „gefestig- tem Inlandsbezug“, die im Wege des Familiennachzugs einreisen dürfen. Dazu kommt eine kulturelle Komponente im Sinne einer gewachsenen engen Bezie- hung zum deutschen Lebens- und Kulturkreis. Nur Studierende, die eine Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europä- ischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Euro- päischen Wirtschaftsraum besitzen, fallen unabhängig davon nicht unter die Ge- bührenpflicht für Internationale Studierende. Die Gleichstellung ist hier Ausdruck einer auf Gegenseitigkeit angelegten und auf innereuropäische Freizügigkeit hin- 16
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Landtag von Baden-Württemberg                                                                Drucksache 16 / 1617 zielenden Begünstigung der Bürgerinnen und Bürger auch der anderen Mitglied- staaten. Sie soll ein Zusammenwachsen Europas befördern. Alle diese Grundregeln leiten sich aus dem Völkerrecht, dem europäischen Recht (EMRK, EU-Recht) sowie Bundes- und Landesverfassungsrecht ab. Außerdem soll ein weitgehender Gleichklang zwischen der Förderberechtigung nach dem BAföG und dem Gebührenrecht hergestellt werden. 6. Flüchtlinge Personen mit bereits gefestigtem Aufenthaltsstatus fallen regelmäßig unter die Ausnahmen und müssen deshalb keine Studiengebühren bezahlen. Familiennach- zug, Flüchtlingseigenschaft, Heimatlosigkeit, Asylberechtigung finden in diesem Zusammenhang Berücksichtigung. Für Studierende, die eine Aufenthaltsgestattung haben, ist eine Gebührenbefrei- ung unter Berücksichtigung der Schutzquote vorgesehen. 7. Internationale Zusammenarbeit Soweit Vereinbarungen auf Landes-, Bundes- oder internationaler Ebene Ab- gabenfreiheit garantieren, sieht das Gesetz Gebührenbefreiungen vor. In diesem Rahmen werden die Landesprogramme genauso berücksichtigt wie z. B. die ERASMUS-Programme. Außerdem kann Interessen der internationalen Zusammenarbeit auch durch Be- freiungen Rechnung getragen werden. Möglichkeiten hierzu werden sowohl dem Wissenschaftsministerium als auch den einzelnen Hochschulen eingeräumt. 8. Sozialverträglichkeit Eine Reihe von Ausnahmetatbeständen, die in § 5 vorgesehen sind, knüpfen be- reits an sozial schwierige Lagen an (z. B. humanitäre Gründe, Flucht und Asyl, Familiennachzug, bestimmte Härtefälle). Darüber hinaus sind sowohl für das Wissenschaftsministerium als auch für die Hochschulen Befreiungsmöglichkeiten vorgesehen. So kann das Wissenschaftsministerium durch Rechtsverordnung Ge- bührenermäßigungen oder -befreiungen vorsehen, soweit dies aus Gründen der Billigkeit oder aus öffentlichem Interesse geboten ist (§ 6 Absatz 3). Auch hier können humanitäre Gründe eine Rolle spielen. Darüber hinaus können die Hoch- schulen in einer Satzung für Studierende, die sie für besonders begabt erachten, unter Beachtung sozialer Kriterien eine vollständige oder teilweise Befreiung von der Studiengebühr vorsehen (§ 6 Absatz 4). Dabei sollen in besonderem Maße Studierende aus niedrig entwickelten Ländern berücksichtigt werden. Von der Gebührenpflicht sollen Studierende befreit werden, bei denen sich eine Behinde- rung erheblich studienerschwerend auswirkt (§ 6 Absatz 7). Geraten Studierende nach Aufnahme des Studiums unverschuldet in eine Notlage, aufgrund derer sie die Gebühren nicht bezahlen können, kann die Hochschule die Gebühren ganz oder teilweise stunden oder ganz oder teilweise erlassen (§ 7). Diese sozialen Begleitmaßnahmen stellen den diskriminierungsfreien Zugang zu den Hochschulen in Baden-Württemberg für Internationale Studierende sicher. Eine Ergänzung dieser Maßnahmen um ein finanzielles Ausbildungsförderungs- system (Studiendarlehen) ist – anders als bei der Erhebung allgemeiner Studien- gebühren – verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Grundrechte und das Sozial- staatsprinzip verpflichten den Gesetzgeber nicht zur Schaffung eines Ausbil- dungsförderungssystems auch für die Studienwilligen, die noch keinen gefestig- ten Inlandsbezug haben. 17
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Landtag von Baden-Württemberg                                                                Drucksache 16 / 1617 Ungeachtet dessen sollen die Auswirkungen der Studiengebühren systematisch beobachtet werden. 9. Mittelverwendung Die Hochschulen erhalten einen relevanten Anteil der Gebühren unmittelbar zur Betreuung und Förderung der Belange der Internationalen Studierenden. Der Ver- wendungszweck wird im Gesetz festgeschrieben. Der andere Anteil kommt den Hochschulen mittelbar zu Gute, indem er dem Land langfristig die notwendigen Spielräume für die Finanzierung der Hochschulen sichert. Durch die geplanten Studiengebühren leistet das Wissenschaftsministerium einen Beitrag zu struktu- rellen Mehreinnahmen, der andernfalls durch strukturelle Einsparungen zu leisten wäre. B. Zu den Zweitstudiengebühren 1. Ausgangslage Es gibt Studierende, die bereits über einen Hochschulabschluss verfügen und gleichwohl noch ein zweites Mal ein Studium auf gleicher Qualifikationsebene aufnehmen (Zweitstudium). Die Gründe hierfür mögen vielfältig sein. Aber nur in einem Teil der Fälle erfordert das angestrebte Berufsziel – aufgrund berufsrecht- licher Regelungen – explizit ein Zweitstudium. 2. Vereinbarkeit mit dem Grundsatz eines gebührenfreien Studiums Auch mit den Zweitstudiengebühren wird der Grundsatz eines gebührenfreien Studiums im Kern nicht in Frage gestellt. Hat jemand bereits einmal die begrenz- ten Ausbildungsressourcen in Anspruch genommen, ist es dem Staatshaushalt nicht ohne Weiteres zumutbar, in vollem Umfang für eine weitere Ausbildung gleicher Qualifikationsstufe aufzukommen. 3. Erforderlichkeit der Gebührenerhebung Insoweit wird auf die Ausführungen im Abschnitt A Ziffer 3 Bezug genommen. 4. Gebührenbemessung Studierende, die ein Zweitstudium aufnehmen, werden verpflichtet, sich mit ei- nem Betrag in Höhe von 650 Euro an den Kosten zu beteiligen. Dieser Ge- bührenansatz bleibt weit hinter den Kosten allein schon der Lehre zurück. Der mit einem weiteren akademischen Abschluss verbundene Zugewinn an Arbeitsmarkt- chancen und weiterem sozialen Ansehen (vgl. Abschnitt A Ziffer 4) ist dabei nicht berücksichtigt. Der Gebührensatz für Zweitstudien ist geringer als für Internationale Studierende. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die oder der Einzelne zwar grundsätzlich geringere Erwartungen an Leistungen der Solidargemeinschaft stellen kann, wenn er bereits über einen gleichwertigen Studienabschluss verfügt. Gleichwohl ist er der Solidargemeinschaft auch dann noch stärker verbunden als Internationale Stu- dierende. 5. Verwendungszweck Die Zweitstudiengebühr dient der Sicherung des Standards in der Lehre, indem das Wissenschaftsministerium auf diesem Weg einen Beitrag zu strukturellen 18
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Landtag von Baden-Württemberg                                                                 Drucksache 16 / 1617 Mehreinnahmen leisten kann, die andernfalls durch strukturelle Einsparungen zu leisten wären. 6. Ausnahmen Im Interesse einer Internationalisierung und eines geringen Prüfaufwands für die Hochschulen bleiben Abschlüsse im Ausland unberücksichtigt. Promotionsstu- diengänge sind generell gebührenfrei. Sie sind mit anderen Studiengängen von ih- rer Ausrichtung her nicht vergleichbar. Zudem hat der internationale Austausch bei ihnen besonderes Gewicht. 7. Sozialverträglichkeit Die Frage der Sozialverträglichkeit stellt sich bei einem Zweitstudium in weitaus geringerem Maße als bei einem Erststudium. Die Studierenden verfügen in diesen Fällen bereits über einen akademischen Abschluss, der in aller Regel eine beruf- liche Tätigkeit mit einem auskömmlichen oder sogar überdurchschnittlichen Ver- dienst ermöglicht. Individuellen Besonderheiten und Härten kann über die gemäß § 1 Absatz 2 des Landeshochschulgebührengesetzes anwendbaren §§ 11, 21 und 22 des Landesgebührengesetzes Rechnung getragen werden. Von der Gebühren- pflicht befreit werden sollen Studierende, bei denen sich eine Behinderung erheb- lich studienerschwerend auswirkt. 8. Mittelverwendung Das Gebührenaufkommen fließt dem Gesamthaushalt zu. II. Einzelbegründung Zu Artikel 1 (Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes) Zu § 1 Absatz 1 Die Ergänzung durch Satz 2 dient der Klarstellung, dass das Landeshochschulge- bührengesetz (LHGebG) nur für die staatlichen Hochschulen des Landes, nicht je- doch für die kirchlichen und sonstigen nicht-staatlichen Bildungseinrichtungen An- wendung findet. Die Formulierung „staatliche Hochschulen“ nimmt klarstellend auf § 1 Absatz 2 des Landeshochschulgesetzes (LHG) Bezug, der eine enumerative Aufzählung der staatlichen Hochschulen des Landes enthält. Zu § 2 Absatz 2 Redaktionelle Anpassung. Zu § 2 Absatz 3 Durch die Ergänzung wird klargestellt, dass die Hochschulen bei der Bemessung der Gebührenhöhe in Abweichung von dem in § 7 Absatz 1 des Landesgebühren- gesetzes (LGebG) normierten Kostenunterdeckungsverbot abweichen können, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an einer Bildungsmaßnahme besteht. In Betracht kommen hier besonders hochschulische Bildungsmaßnahmen, die der Aus- oder Weiterbildung von aktuellen oder künftigen Beschäftigten im Landes- dienst dienen. 19
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Landtag von Baden-Württemberg                                                                  Drucksache 16 / 1617 Zu §§ 3 bis 10 Mit dem Studiengebührenabschaffungsgesetz vom 21. Dezember 2011 wurden die §§ 3 bis 11 LHGebG aufgehoben. Zur Einführung der Studiengebühren für In- ternationale Studierende und Studierende in einem Zweitstudium werden die §§ 3 bis 10 neu gefasst. Zu § 3 – Gebührenpflicht für Internationale Studierende Zu Absatz 1 § 3 Absatz 1 definiert den Anwendungsbereich der Gebührenpflicht für Interna- tionale Studierende. Die Gebühren werden für das Studium in einem grundstän- digen Bachelorstudiengang, einem konsekutiven Masterstudiengang sowie in den grundständigen Studiengängen nach § 34 Absatz 1 LHG (Staatsexamensstudien- gänge, Studiengänge des Theologischen Vollstudiums mit kirchlichem oder aka- demischem Abschluss, die Studiengänge der Freien Kunst an den Kunsthoch- schulen, die Studiengänge des Designs an der Staatlichen Akademie der Bilden- den Künste Stuttgart sowie die Studiengänge an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe) erhoben. Daraus ergibt sich, dass von § 3 neben den grund- ständigen Studiengängen lediglich die konsekutiven Masterstudiengänge, nicht jedoch die weiterbildenden Bachelor- und Masterstudiengänge, die sonstigen Weiterbildungsstudiengänge nach § 31 Absatz 3 LHG sowie die – soweit noch vorhanden – sogenannten nicht-konsekutiven Masterstudiengänge (Altfälle) er- fasst sind. Für diese verbleibt es bei der Gebührenpflicht nach § 13 Absatz 1 und 2 LHGebG und Artikel 11 § 5 Absatz 1 Satz 1 des Studiengebührenabschaffungsge- setzes; siehe dazu auch die Übergangsregelung in § 20 Absatz 1 Satz 3. Nicht er- fasst sind Vorkurse und vorbereitende Studien wie Propädeutika und Sprachkur- se, die vor einer Immatrikulation in einen Studiengang erbracht werden. Auch Kurzzeitaufenthalte (wie zum Beispiel Summer Schools) sind nicht erfasst, so- weit keine Einschreibung in einen Studiengang erfolgt. Im öffentlichen Interesse des internationalen wissenschaftlichen Austausches ver- bleibt es auch für Internationale Studierende bei der Gebührenfreiheit für Promo- tionsstudiengänge (§ 13 Absatz 3). Die Gebühr wird grundsätzlich von Studierenden, die nicht die Staatsangehörig- keit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertrags- staates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen, erho- ben. Studierende, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Euro- päischen Union besitzen, sind gemäß § 18 AEUV Studierenden mit deutscher Staatsangehörigkeit gleichzustellen und nicht von der Einführung der Studienge- bühren für Internationale Studierende betroffen. Staatsangehörige eines Vertrags- staates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind Unionsbür- gern nach Artikel 28 des EWR-Abkommens gleichzustellen. Dies sind Island, Lichtenstein und Norwegen (vgl. im Einzelnen die Begründung zu § 5). § 3 Absatz 1 enthält zudem die Definition der gebührenpflichtigen öffentlichen Leistung. Die Gebühr wird für das Lehrangebot in dem jeweiligen Studiengang erhoben. Die Formulierung dient der Abgrenzung gegenüber dem Verwaltungs- kostenbeitrag und den außercurricularen Angeboten nach § 15 LHGebG. Mit der Studiengebühr nach § 3 werden die mit der Rechtsstellung als Studierende oder Studierender verbundenen lehrbezogenen Vorteile – zumindest teilweise – abge- golten. Die Leistungen der Hochschulen umfassen das Lehrangebot und die Be- reitstellung der Einrichtungen der Hochschulen. Der Verwaltungskostenbeitrag deckt hingegen die studierendenbezogenen allgemeinen Verwaltungsleistungen ab. Neben dem Lehrangebot wird die Gebühr auch für die mit der Lehre zusam- menhängende spezifische Betreuung der Internationalen Studierenden erhoben. Die Gebühr wird erstmals zum Wintersemester 2017/2018 erhoben. 20
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