Jahresbericht 2017

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Jahresbericht Bericht 2017
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Jahresbericht / Inhalt Inhalt 2017....................................................................................................... 4 Stimmen zur Informationsfreiheit und FragDenStaat............................ 5 Gesetzeslage in Bund und Ländern........................................................ 6 Das Jahr 2017 in Anfragen...................................................................... 8 2017 in Zahlen...................................................................................... 13 Ausblick 2018........................................................................................ 17 Partner................................................................................................. 18 Impressum............................................................................................ 18
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Jahresbericht / Einführung 2017. Arne Semsrott, Projektleiter FragDenStaat Die Bedeutung von FragDenStaat für die Informationsfreiheit in Deutschland steigt jedes Jahr. Mehr als 6.000 Anfra- gen erreichten Behörden im Jahr 2017 über die Online-Plattform. Damit gehen auf Bundesebene deutlich mehr als die Hälfte aller Anfragen aus der Bevölke- rung an Ministerien und ihre Geschäfts- bereiche, in manchen Bundesländern liegt die Quote noch deutlich höher. Durch FragDenStaat stärken wir die Pra- xis der Informationsfreiheit durch trans- parente und klar strukturierte Prozesse. Die Gesetzeslage der Informationsfrei- heit hat sich 2017 allerdings nicht gebes- sert. Deswegen reichen wir inzwischen auch strategische Klagen ein. Damit schaffen wir Grundsatzurteile, die letztlich allen Klarheit verschaffen - AntragsstellerIn- nen und AnwenderInnen aus der Ver- waltung. Außerdem entwickeln wir FragDenStaat stetig weiter - mit Massenanfrage-Tools wollen wir vor allem JournalistInnen und NGOs dazu bewegen, ihr Recht auf Informationsfreiheit noch besser für ge- sellschaftliche Belange einzusetzen. Mit vielen Ideen gehen wir ins neue Jahr! 4
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Jahresbericht / Politische Stimmen zur Informationsfreiheit und FragDenStaat Stimmen zu FragDenStaat Peter Schaar, Vorsitzender Europäische Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit a.D. „Wem beim Thema Internet nur technokratische oder wirtschaftliche Aspekte einfallen, der hat nichts vom demokratischen Potential verstanden, das vielen neuen Technologien innewohnt. Eine lebendige und demokratische Informationsgesellschaft lebt vom aktiven Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Pro- jekte wie FragDenStaat leisten dazu einen wichtigen Beitrag.“ Günter Bartsch, Geschäftsführer netzwerk recherche “In Behörden und Ministerien prägt das „Amtsgeheimnis“ oft nach wie vor die Kultur der Verwaltung und die Denkweise der Mitarbeiter. Journalisten durchbrechen diese Mauern des Schweigens. Sie be- rufen sich auf Auskunftsansprüche – und müssen diese regelmäßig auch vor Gericht durchsetzen. Ohne das Informationsfreiheitsrecht wäre das in vielen Fällen nicht möglich. FragDenStaat erleichtert den Zu- gang für Nichtjuristen - und macht damit die Informationsfreiheit sichtbar und greifbar.” Helen Darbishire, Executive Director Access Info Europe “Civic tech request platforms such as the excellent FragDenStaat have three important benefits. First, they lower the psychological barrier to exercising the right to information by making it easy to ask. Second, they gather data on the nature of responses and denials, rendering transparency levels of government com- pliance with the right. Third, they put information that has been released within reach of all of society.” Hans-Martin Tillack, investigativer Journalist beim Stern „Die Forderung nach Informationsfreiheit, nach dem Zugang zu internen Unterlagen von Behörden - das gilt manchen Beamten und Politikern immer noch als Majestätsbeleidigung. Je mehr Menschen dieses Recht dennoch in Anspruch nehmen, je selbstverständlicher Informationsfreiheit wird, desto mehr wer- den diejenigen in den Ministerien und Ämtern umlernen müssen, die weiterhin glauben, Behördenak- ten seien so etwas wie ihr Privatbesitz. Denn sie sind es nicht. Die Verwaltung arbeitet für die Bürger. Deshalb brauchen die Bürger Kontrollrechte. Und darum ist ein Projekt wie FragDenStaat so wichtig.“ Prof. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International Deutschland „Transparency Deutschland unterstützt FragDenStaat, weil Informationsfreiheit eines der mächtigsten Werkzeuge gegen intransparente Entscheidungen von Regierungen und Verwaltungen sowie Korruptions- gefahren ist. Durch FragDenStaat wird dieses Instrument für viele Bürger handhabbar und nutzbar – daher ist das Portal für die Korruptionsbekämpung in Deutschland so hilfreich.“ 5
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Jahresbericht / Gesetzeslage in Bund und Ländern Gesetzeslage in Bund und Ländern Die Gesetzeslage der Informationsfrei-      Informationen wie Gutachten, Subventi- heit hat sich 2017 nur geringfügig geän-    onsvergaben, Unternehmensdaten städ- dert.                                       tischer Beteiligungen, Handlungsempfeh- lungen, Statistiken und Berichte müssen Baden-Württemberg macht derzeit ers- künftig in einem frei zugänglichen Infor- te Erfahrungen mit seinem Landesinfor- mationsregister veröffentlicht werden. mationsfreiheitsgesetz (LIFG). Es ist das Auch Verträge der Daseinsvorsorge so- schwächste Gesetz seiner Art in Deutsch- wie Verträge der öffentlichen Hand und land und sieht unter anderem viele Aus- Vergütungsverträge über Gutachten (ab nahmetatbestände und keine Kostende- einer bestimmten Summe) sollen öffent- ckelung vor. lich zugänglich sein. Die Umsetzung der Zwar hat Bayern weiterhin kein eigenes      Reform ist bisher jedoch mangelhaft, die IFG. Dafür haben sich inzwischen etwa       meisten Verträge nicht online einsehbar. 80 Kommunen eigene Informationsfrei- Der Stadtstaat Hamburg hat 2017 eine heitssatzungen gegeben, nach denen Evaluation seines wegweisenden Trans- Bürgerinnen und Bürger dort Informa- parenzgesetzes vorgelegt. Die Bilanz ist tionen anfragen können. Alle größeren sehr gut: Die Akzeptanz in Verwaltung Städte gehören dazu. Mit einer Reform und Zivilgesellschaft ist hoch. des Datenschutzgesetzes hat die Regie- rung zwar ein Auskunftsrecht normiert       In Hessen hat Schwarz-Grün zum Jah- - tatsächlich beschränkt sich dies jedoch   resende ein Informationsfreiheitsgesetz auf Fälle, in denen ein „berechtigtes Inte- vorgelegt, das seinen Namen kaum ver- resse“ auf Auskunft besteht. Von echter     dient. Es enthält zahlreiche Ausnahmen Informationsfreiheit ist das weit entfernt. - zum Beispiel der Kommunen und der Polizei - und wird kaum ernsthafte Ver- Die neue rot-rot-grüne Koalition in Ber- besserungen bringen. lin hat angekündigt, das bestehende IFG „in Richtung eines Transparenzgesetzes“     Mecklenburg-Vorpommern bleibt wei- weiterzuentwickeln. Passiert ist bisher     terhin das einzige Bundesland, dass IFG- allerdings wenig. Deswegen werden wir       Anfragen regelmäßig nur per Post, nicht bis 2021 mit einem Volksentscheid für       jedoch per E-Mail zulässt. Transparenzgesetz für Klarheit sorgen. In Niedersachsen ist die Initiative für ein In Brandenburg konnten 2017 keine Ini-      Informationsfreiheitsgesetz unter Rot- tiativen zur Informationsfreiheit erkannt   Grün gescheitert. Die neue große Koaliti- werden.                                     on plant kein solches Gesetz mehr.. 6            Bremen hat sein Informationsfreiheitsge-    In Nordrhein-Westfalen ist das Trans- setz (BremIFG) 2015 reformiert. Amtliche    parenzgesetz der rot-grünen Regierung
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Jahresbericht / Gesetzeslage in Bund und Ländern trotz Vereinbarung im Koalitionsvertrag    Das     Informationszugangsgesetz       in am Widerstand der SPD gescheitert..        Schleswig-Holstein wurde 2017 ver- schlechtert. Der Landtag muss kaum In Rheinland-Pfalz greift ab 2018 die Ver- noch Auskunft über seine Tätigkeit ge- öffentlichungspflicht für zentrale Daten ben. Dies vereinbarten SPD, Grüne, FDP der Verwaltung. und CDU gemeinsam. Aus dem Saarland sind keine Entwicklun- Die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen gen im Bereich der Informationsfreiheit hat die Schaffung eines Transparenzge- bekannt. setzes im Koalitionsvertrag vereinbart. Die schwarz-rote Koalition in Sachsen      Der für 2016 versprochene erste Entwurf hat 2015 die Schaffung eines Informa-      ist jedoch bisher weiterhin nicht veröf- tionsfreiheitsgesetzes im Koalitionsver-   fentlicht worden. trag vereinbart. Weitere Entwicklungen sind nicht bekannt. Auch aus Sachsen- Anhalt sind keine aktuellen Entwicklun- gen bekannt. 7 Auf transparenzranking.de vergleichen wir alle Informationsfreiheitsgesetze Deutschlands anhand von 40 indikatoren
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Jahresbericht / Das Jahr 2017 in Anfragen Das Jahr 2017 in Anfragen #GläserneGesetze                                   Die Dokumente werden von den Initiatoren der Kampagne auf stellungnah.me von den Seiten der Ob Vorratsdatenspeicherung, BND-Reform oder Ministerien zusammengetragen und gesammelt. Staatstrojaner: Bundesministerien bereiten neue Gesetze meist unter Ausschluss der breiten Öf- fentlichkeit vor. Für mehr als 600 Gesetze haben Berliner Partypolizei die Bundesministerien in der letzten Legislaturpe- riode sogenannte Referentenentwürfe erarbeitet.    Mit verschiedenen Vorwürfen sah sich die Ber- Sie werden in der Regel im Rahmen einer Verbän-    liner Polizei im Vorfeld des G20-Gipfels konfron- debeteiligung ausgewählten Interessenvertretern    tiert, nachdem Einsatzkräfte der Bereitschaftspo- mit der Bitte um Stellungnahme zugesendet. Wer     lizisten in ihrer Hamburger Unterkunft angeblich daran beteiligt ist und welche Inhalte aus diesen  randaliert hatten. Wie interne Ermittlungsunter- Stellungnahmen letztlich den Weg in den späteren   lagen zeigen, die wir per Informationsfreiheitsan- Gesetzentwurf der Bundesregierung finden, ist      frage erhalten haben, sollen die Polizisten nach bisher nicht nachvollziehbar.                      den Anschuldigungen unter anderem unerlaubt mit Dienstwaffen hantiert haben. Die Kampagne #GläserneGesetze greift die Forde- rung nach einem „legislativen Fußabdruck“ für Ge-  Interessant sind einige sehr spezifische Dementi setze sowie nach einem Lobbyregister auf.          in den Ermittlungsunterlagen. So betont die Ber- liner Polizei, es sei „in keinem Fall zu einem de- Nachdem sie innerhalb von einer Woche über monstrativen Urinieren in Zugstärke“ gekommen. 1.600 IFG-Anfragen nach Gesetzentwürfen und Auch der Vorhalt, gegenüber anderen Polizeiein- Lobby-Stellungnahmen erhielten, entschieden die heiten sei „ein beleidigendes Singen ‚Wuppertaler Bundesministerien, Referentenentwürfe der Ver- Hurensöhne‘“ erfolgt, entspreche nicht den Tat- waltung und Stellungnahmen von Verbänden zu sachen. Schließlich könnten Hinweise auf „Sex in über 600 Gesetzen aus den vergangenen vier Jah- der Öffentlichkeit“ laut Ermittlungen nicht bestä- ren online bereitgestellt werden. tigt werden. „Aufnahmen dazu liegen hier nicht vor“, heißt es. Angesichts fehlender Beweise lies die Polizei die internen Ermittlungen im Juli fallen, Strafen wurden nicht verhängt. Die Auskunft der Berliner Polizei nach dem Ber- liner Informationsgesetz kostet 101,65 Euro, was etwa dem Wert von zehn Bierkästen der Marke „Sternburg“ entspricht. Finanziert wurde die Aus- kunft durch ein Crowdfunding von FragDenStaat. 8
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Jahresbericht / Das Jahr 2017 in Anfragen Fazit nach einem Jahr FragDasJobcenter: Das war weis zur Antragsstellung zu fordern, zogen wir erst der Anfang                                       vors Berliner Verwaltungsgericht - und gewannen prompt. Dass das IFG also in den deutschen Job- Neben Bundes- und Landesministerien, Kommu- centern “angekommen” ist, stimmt nicht. Die meis- nal- und Bezirksverwaltungen, sind auch deutsche ten von ihnen sind unerfahren im Umgang mit dem Jobcenter nach dem IFG auskunftspflichtig. Den- Gesetz, setzen es fehlerhaft oder zu restriktiv um noch agieren diese meist trotzdem intransparent, und beachten die Antwortfristen nicht. Wir arbei- etwa wenn sie Sanktionen über sogenannte Kun- ten daran, das zu ändern. Und ihr könnt mithelfen, den verhängen. Im Oktober 2016 haben wir des- indem ihr mehr Anfragen an die Jobcenter stellt. wegen die Kampagne FragDasJobcenter ins Leben gerufen. Wir wollten unter anderem wissen: Wel- che Ziele setzen sich die Jobcenter selbst? Und wel- Verwaltungsgericht: Wir haben zwei Klagen ge- che internen Weisungen bestimmen ihre Arbeit? gen das Verteidigungsministerium gewonnen Nutzer*innen von FragDenStaat sendeten inner- Wir haben zwei Klagen nach dem IFG gegen das halb von vier Wochen insgesamt 818 IFG-Anfragen Verteidigungsministerium (BMVg) gewonnen. Sie an die Jobcenter. Ein Jahr später zeigt sich: 548 der offenbaren, dass das Ministerium oft selbst nicht Anfragen waren erfolgreich. Die Jobcenter sandten weiß, über welche Informationen es eigentlich entweder die begehrten Dokumente zu oder ver- verfügt. öffentlichten sie direkt auf ihrer eigenen Website. In der ersten Klage ging es um Verträge des Mi- Bei 21 Prozent der Anfragen fehlt noch immer die nisteriums mit Youtube-Stars, die die Bundeswehr Antwort. Aber selbst die Jobcenter, die inzwischen auf der Gamescom 2016 engagierte, um den Snap- geantwortet haben, verstießen größtenteils gegen chat-Kanal der Armee zu bewerben. Wir wollten das IFG. Kaum eines antwortete innerhalb der ge- die Vereinbarungen des BMVg mit den Youtubern setzlich voresehenen Antwortfrist von einem Mo- einsehen. nat, viele erst nach vier oder fünf Monaten oder nach Androhung von Untätigkeitsklagen.                Das verweigerte das Ministerium. Die Verträge seien geheim, da Betriebs- und Geschäftsgeheim- Das Berliner Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg nisse der „Influencer“ betroffen seien. Zudem sei mussten wir sogar verklagen. Als es trotz klarer zu erwarten, dass YouTube-Darstellern künftig Rechtslage darauf bestand, einen Identitätsnach- weniger Spielraum für Preisverhandlungen hätten 9
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Jahresbericht / Das Jahr 2017 in Anfragen und damit niedrigere Preise vom Steuerzahler abru-     dings über die Klage verhandeln sollte, erklärte das fen könnten - eine fragwürdige Argumentation, die      BMVg, fast ein Jahr nach der ursprünglichen Anfrage, wir gerne vom Gericht überprüfen lassen wollten.       dass ihm gar keine Informationen zu nicht-öffentli- chen Veranstaltungen vorlägen. Kurz bevor das Verwaltungsgericht Köln über die Klage verhandeln sollte, änderte das BMVg aller-       In beiden Fällen muss das Ministerium jetzt die Kos- dings seine Taktik. Es erklärte fast ein Jahr nach der ten der Klage übernehmen. Die von uns gewünschten ursprünglichen Anfrage, dass das Ministerium, da es    Informationen haben wir trotzdem nicht erhalten. die Auswahl der Youtuber einer Agentur überließ,       Zumindest wissen aber, dass das Wissensmanage- gar nicht über die Vereinbarungen mit den einzelnen    ment im Verteidigungsministerium dringend über- „Influencern“ verfüge.                                 prüft werden sollte. Wir haben beim BMVg die inter- ne Kommunikation zu unseren Klagen angefordert. Einige Tage nach der Entscheidung des Verwaltungs- gerichts bot das Verteidigungsministerium an, auch unsere zweite Klage erledigen zu lassen. Darin ging Wir verklagen Verfassungsschutz und BND es um Manuskripte von Reden der Ministerin Ursula von der Leyen, die sie bei nicht-öffentlichen Veran-   Das Bundesamt für Verfassungsschutz und der staltungen hielt. Das BMVg hielt dem entgegen, dass    Bundesnachrichtendienst wollen uns keine Aus- die Redemanuskripte als Verschlusssachen einge-        künfte nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) stuft seien. Bevor das Verwaltungsgericht Köln aller-  geben. Deswegen haben wir gegen beide Klage ein- gereicht. Unsere beiden Anträge auf Auskunft haben das Ziel, einen Überblick über vor- handene Umweltinformati- onen bei Verfassungsschutz und BND zu bekommen. Während beide Behörden vom Informationsfreiheits- gesetz ausgenommen sind, müssen sie nach dem spezi- elleren UIG antworten. Das Gesetz geht auf europa- rechtliche Vorgaben zurück. 10
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