bayern-Schuberl-2089 J

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Bayerisches Staatsministerium der Justiz Bayerisches Staatsministerium der Justiz • 80097 München An die Präsidentin des                                                                            Sachbearbeiter Bayerischen Landtags                                                             Herr Dr. Koch-Schulte Frau Ilse Aigner                                                                                       Telefon Maximilianeum                                                                          (089) 5597-2261 81627 München Telefax (0180) 1000965-01023 3,9 ct/min zzgl. gesetzl. USt. E-Mail Michael.Koch-Schulte@stmj.bayern.de Bitte bei Antwort angeben Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom        Unser Zeichen, Unsere Nachricht vom                              Datum PI/G-4255-3/2089 J vom                 F 3 - 4511 E - VIIa - 2408/2022                     25. März 2022 25.02.2022 Frist: 25. März 2022 Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Toni Schuberl vom 23. Februar 2022 betreffend „Freiheitsstrafen aufgrund von § 265a StGB“ Sehr geehrte Frau Präsidentin, die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1.1.: Wie viele Menschen waren zu den fünf letzten Erhebungsstichtagen aufgrund von Straftaten nach § 265a Strafgesetzbuch im bayerischen Justizvollzug unterge- bracht (bitte aufschlüsseln nach Vollzugsform und sofern möglich nach genauem Delikt)? Hausanschrift      Haltestelle              Telefon          Telefax                                     E-Mail: Prielmayerstr. 7   Karlsplatz (Stachus)     (089) 5597-01    5597-2322           poststelle@stmj.bayern.de Justizpalast       S-Bahn, U-Bahn           (Vermittlung)                                              Internet: 80335 München      Trambahn                                                     http://www.justiz.bayern.de
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-2- Antwort: Nach der vom Bayerischen Landesamt für Statistik herausgegebenen Strafvoll- zugsstatistik in Bayern 2021 befanden sich zum Stichtag 31. März 2021 61 Perso- nen wegen Erschleichens von Leistungen nach § 265a StGB im bayerischen Jus- tizvollzug in Strafhaft. Dies entspricht einem Anteil von 0,9 Prozent aller in bayeri- schen Justizvollzugsanstalten in Strafhaft befindlichen Personen zu diesem Stich- tag. Bei diesen Personen bildet die Leistungserschleichung das schwerste Einzel- delikt. Statistische Daten zu den Varianten des § 265a StGB lassen sich der Straf- vollzugsstatistik nicht entnehmen. Ebenso unterscheidet die Strafvollzugsstatistik im Rahmen der deliktspezifischen Zuordnung nicht nach den verschiedenen Voll- zugsformen, d. h. nach der Unterbringung der betroffenen Gefangenen im offenen oder geschlossenen Vollzug. Im Einzelnen: Strafgefangene Stichtag mit Straftat nach § 265a StGB 31.03.2021                                  61 31.03.2020                                  71 31.03.2019                                 103 31.03.2018                                 106 31.03.2017                                 111 Frage 1.2.: Wie viele Personen, die wegen § 265a StGB zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind, waren in den letzten fünf Jahren aufgrund einer Ersatzfreiheitsstrafe unterge- bracht? Antwort: Die Strafvollzugsstatistik differenziert im Rahmen der Auflistung der Straftatbe- stände der Gefangenen nicht zwischen Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen. Die Frage kann daher nicht beantwortet werden.
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-3- Frage 2.1.: Zu wie vielen Monaten Freiheitsstrafe sind die nach § 265a StGB straffällig gewor- denen Personen jeweils verurteilt worden (falls keine genauen Zahlen vorliegen, bitte Jahresdurchschnittswerte angeben)? Antwort: Die bayerische Strafverfolgungsstatistik trifft Aussagen über die Zahl der Abgeur- teilten und Verurteilten. Abgeurteilte sind dabei Angeklagte, gegen die die Ge- richte Strafbefehle erlassen oder bei denen die Gerichte das Strafverfahren nach Eröffnung der Hauptverhandlung durch Urteil oder Einstellungsbeschluss endgül- tig und rechtskräftig abgeschlossen haben. Ihre Zahl setzt sich zusammen aus den Verurteilten und aus Personen, gegen die andere Entscheidungen (z. B. Frei- spruch, gerichtliche Einstellung des Strafverfahrens) getroffen wurden. Verurteilte sind straffällig gewordene Personen, gegen die nach allgemeinem Strafrecht Frei- heitsstrafen, Strafarreste oder Geldstrafen verhängt wurden oder deren Straftat nach Jugendstrafrecht mit Jugendstrafen, Zuchtmitteln oder Erziehungsmaßregeln geahndet worden ist. In der Statistik werden die Geldstrafen nach Tagessätzen und Tagessatzhöhen und die Freiheitsstrafen größtenteils nach Zeiträumen aufge- schlüsselt. Welche konkreten Strafen im Einzelfall verhängt wurden, ergibt sich in den meisten Fällen aus der Statistik nicht. Bei der Verurteilung mehrerer Strafta- ten, die in Tateinheit (§ 52 StGB) oder Tatmehrheit (§ 53 StGB) begangen wurden, wird in der Strafverfolgungsstatistik nur die Straftat statistisch erfasst, die nach dem Gesetz mit der schwersten Strafe bedroht ist. Dies vorausgeschickt wurden im Jahr 2020 ausweislich der bayerischen Strafver- folgungsstatistik 4.979 Personen wegen Leistungserschleichung gemäß § 265a StGB verurteilt; im Jahr 2019 waren es 5.704, im Jahr 2018 waren es 5.465 und im Jahr 2017 waren es 6.378 Verurteilte. Die bayerische Strafverfolgungsstatistik für das Jahr 2021 ist noch nicht veröffentlicht. Die wegen Leistungserschleichung gemäß § 265a StGB Verurteilten in den Jahren 2017 bis 2020 insgesamt sowie die nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten, die Anzahl der Personen, die als schwerste Strafe eine Freiheitsstrafe erhielten und die Zeiträume der Freiheitsstrafen können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden:
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-4- Jahr                   2020           2019          2018           2017 Verurteilte insgesamt           4.979         5.704          5.465          6.378 Verurteilte nach allgemei- 4.558         5.116          4.888          5.640 nem Strafrecht insgesamt Von den Verurteilten erhielten als schwerste Strafe Freiheitsstrafe insgesamt                  267            351           436            562 unter 6 Monate               202            281           339            445 6 Monate                   37             33            44            58 mehr als 6 Monate 17             26            40            35 bis einschließlich 9 Monate mehr als 9 Monate 8              9            10            17 bis einschließlich 1 Jahr mehr als 1 Jahr 1              2             3             6 bis einschließlich 2 Jahre mehr als 2 Jahre 1              0             0             1 bis einschließlich 3 Jahre mehr als 3 Jahre 1              0             0             0 bis einschließlich 5 Jahre Weitere Informationen zu den Urteilen könnten nur durch eine händische Durch- sicht der relevanten Verfahrensakten erlangt werden. Dies würde ganz erhebliche Arbeitskraft binden und eine – verfassungsrechtlich gebotene – effektive Strafver- folgung durch die Staatsanwaltschaft gefährden. Im Übrigen finden sich Angaben zu den Verurteilten in der unter https://www.statistik.bayern.de/mam/produkte/ver- offentlichungen/statistische_berichte/b6100c_202000.pdf vom Bayerischen Lan- desamt für Statistik veröffentlichten bayerischen Strafverfolgungsstatistik 2020; auch die Strafverfolgungsstatistik für die Jahre 2017 bis 2019 ist auf der Seite des Bayerischen Landesamtes für Statistik veröffentlicht.
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-5- Frage 2.2.: Wie lange waren Personen, die wegen § 265a StGB im Rahmen einer Ersatzfrei- heitsstrafe untergebracht waren, jeweils inhaftiert (falls keine genauen Zahlen vor- liegen, bitte Jahresdurchschnittswerte angeben)? Antwort: Die Dauer der Inhaftierung von Personen, die nach § 265a StGB verurteilt wurden, wird statistisch nicht erfasst. Frage 2.3.: Wie hoch waren die Geldstrafen, zu denen die Personen, die eine Ersatzfreiheits- strafe antreten mussten, verurteilt wurden (bitte aufschlüsseln nach Anzahl und Höhe der Tagessätze)? Antwort: Die Strafverfolgungsstatistik enthält zur Strafvollstreckung - und damit auch zur Frage der Strafhöhe bei Antritt von Ersatzfreiheitsstrafe - keine Angaben. Eine sta- tistische Verknüpfung der Strafart (also z. B. der Ersatzfreiheitsstrafe) und der der Verurteilung zugrunde liegenden Straftatbestände findet nicht statt. Eine bayern- weite händische Überprüfung sämtlicher einschlägiger Verfahrensakten zur Prü- fung, ob einer Ersatzfreiheitsstrafe eine Verurteilung (auch) wegen einer Straftat nach § 265a StGB zu Grunde lag, wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Frage 3.1.: Wie hoch war der Schaden in den letzten fünf Jahren, der in Bayern durch Strafta- ten nach § 265a StGB entstanden ist (bitte nach Jahren und konkrete Straftat auf- schlüsseln)? Antwort: In der Strafverfolgungsstatistik wird nur nach Straftatbeständen unterschieden. An- gaben zur Schadenshöhe finden sich in der Strafverfolgungsstatistik nicht.
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-6- Nachfolgende Aufstellung wurde vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration übermittelt und zeigt die Fallzahlen und Schadenshöhen aus der Poli- zeilichen Kriminalstatistik (PKS): Schadenssummen, § 265a StGB mit genauen deliktischen Bezeichnungen, 2017-2021, Bayern gesamt Zahl der Fälle Jahr   Schlüssel der                        Straftat                   insge-  vollendet     versucht  Schadens- Tat                                                         samt summe in Euro 2021      515000      Erschleichen von Leistungen § 265a StGB           19.626    19.563            63     435.250 2020      515000      Erschleichen von Leistungen § 265a StGB           17.625    17.589            36     472.605 2019      515000      Erschleichen von Leistungen § 265a StGB           17.678    17.636            42     437.052 2018      515000      Erschleichen von Leistungen § 265a StGB           19.252    19.217            35     526.039 2017      515000      Erschleichen von Leistungen § 265a StGB           20.552    20.502            50     566.112 2021      515001      Beförderungserschleichung § 265a StGB             19.533    19.485            48     433.821 2020      515001      Beförderungserschleichung § 265a StGB             17.527    17.500            27     470.030 2019      515001      Beförderungserschleichung § 265a StGB             17.560    17.525            35     429.236 2018      515001      Beförderungserschleichung § 265a StGB             19.169    19.138            31     522.350 2017      515001      Beförderungserschleichung § 265a StGB             20.424    20.387            37     552.330 2021      515079      Sonstiges Erschleichen von Leistungen § 265a StGB     93         78           15       1.429 2020      515079      Sonstiges Erschleichen von Leistungen § 265a StGB     98         89             9      2.575 2019      515079      Sonstiges Erschleichen von Leistungen § 265a StGB    118        111             7      7.816 2018      515079      Sonstiges Erschleichen von Leistungen § 265a StGB     83         79             4      3.689 2017      515079      Sonstiges Erschleichen von Leistungen § 265a StGB    128        115           13      13.782 Frage 3.2.: Wie hoch waren die durchschnittlichen Tageskosten pro Person im Strafvollzug in den letzten fünf Jahren (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Antwort:
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-7- Die Entwicklung der durchschnittlichen Kosten des Haftvollzugs für einen Gefan- genen pro Tag einschließlich Bau- und Investitionskostenanteil in den Jahren 2017 bis 2021 kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Jahr                Gesamt-Tageshaftkostensatz 2021                           157,76 € 2020                           152,19 € 2019                           123,15 € 2018                           113,43 € 2017                           107,79 € Die deutliche Erhöhung der durchschnittlichen Kosten des Haftvollzugs für einen Gefangenen im Jahr 2020 ist neben erhöhten Investitionen im Baubereich vor al- lem auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Denn zu Beginn der Pandemie wurde ein Bündel an Maßnahmen ergriffen, um den bayerischen Justizvollzug bestmöglich auf die Corona-Pandemie vorzubereiten. Dazu gehörte auch, die Neuzugänge zu reduzieren. Diese Maßnahme hatte das Ziel, die Justizvollzugsan- stalten zu entlasten und notwendigen Raum für Quarantänemaßnahmen zu schaf- fen. Es war und ist das Ziel, freie Kapazitäten in den Justizvollzugsanstalten zu haben. Diese Maßnahmen hatten Erfolg: Die Gefangenenzahl hat variiert. Beispielsweise lag sie am 31. Januar 2022 bei 9.071. Die Gesamtbelegungskapazität der 36 bay- erischen Justizvollzugsanstalten lag am gleichen Tag bei 12.035 Haftplätzen (die Zahl der Haftplätze kann zum jeweiligen Stichtag variieren, z. B. weil Baumaßnah- men stattfinden). Es gab damit zu diesem Stichtag knapp 25 Prozent freie Kapazi- täten in den bayerischen Vollzugsanstalten. Dadurch erhöhte sich 2020 der durch- schnittliche Tageskostenpunkt für einen Gefangenen, denn einen erheblichen An- teil der durchschnittlichen Haftkosten machen die Personalkosten für die Bediens- teten des bayerischen Justizvollzugs aus, deren Höhe unabhängig von der Zahl der konkret inhaftierten Personen ist. Insbesondere aufgrund der nochmals niedrigeren Belegung im Jahr 2021 setzte sich das Haftkostenniveau des Jahres 2020 im Jahr 2021 im Wesentlichen fort.
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-8- Frage 3.3.: Wie viel Kosten hat in den letzten fünf Jahren die Unterbringung von Personen, die nach § 265a StGB verurteilt worden sind, verursacht (bitte nach Jahren auf- schlüsseln)? Antwort: Da die Dauer der Inhaftierung von Personen, die nach § 265a StGB verurteilt wur- den, statistisch nicht erfasst wird (vgl. Antwort zu Frage 2.2.), kann diese Frage nicht beantwortet werden. Frage 4.1.: In wie vielen Fällen überstiegen die Haftkosten der Ersatzfreiheitsstrafe die Höhe der nach § 265a StGB verhängten Geldstrafen? Antwort: Statistische Erhebungen zur Strafhöhe bei Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe liegen nicht vor, vgl. Antwort zu Frage 2.3. Eine bayernweite händische Überprüfung sämtlicher einschlägiger Verfahrensakten wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Frage 5.1.: Welche speziellen Resozialisierungsangebote werden Gefangenen, die aufgrund von § 265a StGB untergebracht sind, im Vollzug gemacht? Frage 5.2.: Inwiefern hilft der Vollzug den Menschen, in Zukunft keine Straftaten nach § 265a StGB mehr zu begehen?
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-9- Antwort: Die Fragen 5.1. und 5.2. werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bemühungen, die der bayerische Justizvollzug - während der gesamten Zeit des Vollzuges - um die soziale Wiedereingliederung von Strafgefangenen unter- nimmt, sind äußerst vielfältig. Grundsätzlich stehen allen Gefangenen die umfas- senden Behandlungs-, Beratungs- und Betreuungsangebote der Justizvollzugsan- stalten, insbesondere im Bereich Arbeit, Wohnung, Suchtberatung und Schulden- freiheit, zur Verfügung. Beispielsweise werden vom Staatsministerium der Justiz im Bereich der Schuldner- und Insolvenzberatung jährlich über 15.250 Beratungs- stunden sowie knapp 50 Präventionskurse finanziert. Nach dem Ergebnis einer kürzlich durchgeführten Erhebung bei den Justizvollzugsanstalten wurden allein im Jahr 2021 insgesamt 2.561 Gefangene von den externen Schuldner- und Insol- venzberatern betreut. Mit vorzüglicher Hochachtung gez. Georg Eisenreich, MdL Staatsminister
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