Antw zu 18-10741

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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                            Drucksache 18/ Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Volker Bajus, Marie Kollenrott, Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung Die Ersatzfreiheitsstrafe in Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Volker Bajus, Marie Kollenrott, Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE), einge- gangen am 17.02.2022 - Drs. 18/10741 an die Staatskanzlei übersandt am 21.02.2022 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung Vorbemerkung der Abgeordneten Laut Auskunft der Niedersächsischen Anlaufstellen für Straffällige (www.die-anlaufstellen.de) sind regelmäßig 450 Plätze in niedersächsischen Justizvollzugsanstalten (JVA) mit Personen belegt, die eine Ersatzfreiheitsstrafe (EFS) verbüßen. EFS werden verhängt, wenn jemand seine Geldstrafe nicht zahlen kann oder will. „Dann muss die oder der Verurteilte die ,Tagessätze‘ absitz(en). Das kostet nicht nur viel Geld und belegt knappe Haftplätze. Außerdem bekommt die oder der Verurteilte zusätzliche Probleme, weil Bindungen zur Familie oder dem Berufsleben für eine bestimmte Zeit unterbrochen werden. Wenn sie oder er statt- dessen gemeinnützige Arbeit verrichtet, ist damit allen gedient“1 ,führt die Landesregierung auf ihrer Webseite zum Programm „Schwitzen statt Sitzen“ aus, das genauso wie die Maßnahme „Geldver- waltung statt Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe“ dazu führen soll, EFS zu vermeiden. Die neue Bundesregierung plant laut Medienberichten die Herabstufung des „Schwarzfahrens“ (Er- schleichen von Leistungen, § 265 a StGB) zu einer Ordnungswidrigkeit. Dieses Ansinnen wird vom Deutschen Anwaltverein (DAV) auch deshalb unterstützt, weil es die Anzahl der EFS reduzieren würde. Vorbemerkung der Landesregierung Soweit im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfragen nach Zahlen und statistischen Daten gefragt wird, können diese nur insoweit mitgeteilt werden, als sie im Rahmen der jeweiligen Fach- verfahren des Justizvollzuges und der Staatsanwaltschaften erfasst werden. Eine händische Aus- wertung sämtlicher in Betracht kommender Verfahrensakten ist im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage weder zumutbar noch leistbar. Die folgenden Daten bilden daher mangels Erfassung sämtlicher Komponenten gegebenenfalls nur einen Teilbereich der abgefragten Daten ab. 1.     a)    Wie viele Haftplätze waren im Durchschnitt pro Jahr in den Jahren 2017 bis 2021 in den niedersächsischen JVA wegen einer EFS belegt? Eine statistische Auswertung ist nur nach Hafttagen möglich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Per- sonen mehrfach erfasst sein können, da sie in dem Betrachtungszeitraum sowohl eine Ersatzfrei- heitsstrafe wie auch eine Rest-Ersatzfreiheitsstrafe und/oder eine Gesamtersatzfreiheitsstrafe und/o- der eine Rest-Gesamtersatzfreiheitsstrafe verbüßt haben. Hafttage Jahr          EFS            REFS        GE          RGE            Gesamt          2017          82.460         44.822      2.530       1.179          130.991        358,88 1 https://www.mj.niedersachsen.de/startseite/themen/strafrecht_und_soziale_dienste/schwitzen_statt_sit- zen/schwitzen-statt-sitzen-10362.html 1
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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                            Drucksache 18/xxxx 2018          79.272        42.157      2.093      1.036         124.558        341,25 2019          79.334        46.112      1.500      613           127.559        349,48 2020          64.230        33.683      932        698           99.543         272,72 2021          69.787        36.422      2.090      1.044         109.343        299,57 EFS = Ersatzfreiheitsstrafe REFS = Rest-Ersatzfreiheitsstrafe GE = Gesamtersatzfreiheitsstrafe RGE = Rest-Gesamtersatzfreiheitsstrafe b)    Wie viele Personen haben in den Jahren 2017 bis 2021 pro Jahr eine EFS in einer JVA in Niedersachsen angetreten? Wie hoch ist ihr Anteil an den gesamten Haftan- tritten jeweils? Anzahl Personen pro Jahr                                      Eintritte gesamt           Anteil an den gesam- Jahr / Beginn EFS = ten Hafteintritten Beginn Eintritt 2017           3.190                      7.531                      42% 2018           3.014                      7.464                      40% 2019           3.051                      7.623                      40% 2020           2.056                      5.420                      38% 2021           2.405                      6.178                      39% Statistisch werden Personen erfasst, die sich mit einer EFS (einschließlich Rest-Ersatzfreiheitsstrafe, Gesamtersatzfreiheitsstrafe und Rest-Gesamtersatzfreiheitsstrafe) im Justizvollzug befanden. Es werden auch Personen erfasst, die eine EFS im Anschluss an eine Vollstreckung einer anderen Haftart verbüßen. Automatisiert werden diese Personen nicht getrennt erfasst. 2.    a)    Wie viele Tage beträgt die durchschnittliche Haftdauer bei einer EFS in Niedersach- sen? Diese Daten können automatisiert nur für jede einzelne Justizvollzugseinrichtung generiert werden. Beispielhaft nachfolgend die Daten für die JVA Hannover: Jahr           Verweildauer in Tagen 2017           14 2018           12 2019           14 2020           17 2021           20 b)    Was war in den Jahren 2019 und 2021 jeweils die kürzeste und längste EFS-Dauer? 2
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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                         Drucksache 18/xxxx Jahr            Kürzeste EFS-Dauer      Längste EFS-Dauer 2019            3 Tage                  559 Tage (verbüßt 475 Tage) 2021            1 Tag                   500 Tage 3.     Welche Kosten erzeugt ein Tag EFS-Haft? Ermittelt wird der Tageshaftkostensatz auf Grundlage der tatsächlichen Belegung der Justizvollzugs- einrichtungen einschließlich eines Bau- und Sachinvestitionskosten pro Tag pro Gefangener. Kosten für den Vollzug von EFS werden nicht gesondert ermittelt. Jahr           Tageskostenhaftsatz 2017           155,60€ 2018           162,76€ 2019           167,34€ 2020           182,79€ *Daten für 2021 stehen voraussichtlich ab 2021 Juni 2022 zur Verfügung. 4.     Wegen welcher zehn häufigsten Delikte wurde jeweils in den Jahren 2017 bis 2021 in Niedersachsen eine EFS verbüßt (bitte aufschlüsseln nach Jahren, Delikt und Anzahl)? Die Daten können (technisch) nicht erfasst werden, eine händische Auswertung des Aktenbestandes ist nicht darstellbar (siehe Vorbemerkung). 5.     Wie hoch war der durchschnittliche Tagessatz der Geldstrafen, zu dem die Personen verurteilt wurden, die später eine EFS verbüßt haben, in den Jahren 2017 bis 2021? Die Daten können (technisch) nicht erfasst werden, eine händische Auswertung des Aktenbestandes ist nicht darstellbar (siehe Vorbemerkung). 6.     Bei wie vielen der EFS-Inhaftierten wurde die Geldstrafe a)   im Rahmen eines Strafbefehls, b)   nach mündlicher Verhandlung verhängt (bitte die prozentualen Anteile angeben)? Zu a): Die Daten können (technisch) nicht erfasst werden, eine händische Auswertung des Aktenbe- standes ist nicht darstellbar. Zu b): Die Daten werden im Fachverfahren BASIS-Web nicht erhoben. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 7.     Bei wie vielen EFS-Inhaftierten (jeweils nach Frage 6 a) und b) aufgeschlüsselt) wurde eine Schätzung ihrer Einkünfte, ihres Vermögens und anderer Grundlagen für die Be- messung eines Tagessatzes i. S. d. § 40 Abs. 3 StGB vorgenommen? Die Daten werden automatisiert statistisch nicht erfasst, eine händische Auswertung des Aktenbe- standes ist nicht darstellbar (siehe Vorbemerkung) 8.     Wie hoch sind die Geschlechteranteile (männlich, weiblich, divers) der EFS-Inhaftierten? 3
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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                          Drucksache 18/xxxx Jahr          Geschlecht                Anzahl Personen im        Anteil Zeitraum 2017          m                         2.929                     91% 2017          w                         260                       9% 2018          m                         2.780                     92% 2018          w                         234                       8% 2019          m                         2.764                     90% 2019          w                         287                       10% 2020          m                         1.860                     89% 2020          w                         196                       11% 2021          m                         2.186                     90% 2021          w                         220                       10% 9.    a)    Welche Maßnahmen hat die Landesregierung infolge des 2019 vorgestellten Ab- schlussberichts der Bund-Länder-Arbeitsgruppe des JuMiKo-Strafrechtsausschus- ses zu dem Thema „Prüfung alternativer Sanktionsmöglichkeiten - Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 43 StGB“ ergriffen? Die Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und -minister hat im Juni 2019 unter TOP II. 15 „Ab- schlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses Prüfung alternativer Sanktionsmöglichkeiten – Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 43 StGB“ einstimmig be- schlossen: „1. Die Justizministerinnen und Justizminister nehmen den Abschlussbericht der Bund-Länder-Ar- beitsgruppe des Strafrechtsausschusses „Prüfung alternativer Sanktionsmöglichkeiten – Vermei- dung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 43 StGB“ zur Kenntnis. 2. Sie sind der Auffassung, dass der Abschlussbericht eine geeignete Grundlage darstellt, um weitere Möglichkeiten der Vermeidung bzw. Verkürzung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen in den Ländern näher auszuloten. 3. Sie bitten die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, einen bundesgesetzlichen Änderungsbedarf unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu prüfen.“ Weitergehender Handlungsbedarf in Zusammenhang mit der Änderung von Vorschriften des Bun- desrechts hat sich für die Landesregierung insoweit nicht ergeben. b)    Hat die Landesregierung Kenntnis von Konsequenzen und Maßnahmen, die die Bundesregierung aus dem Abschlussbericht gezogen bzw. ergriffen hat? Falls ja, welche? Der Landesregierung ist nicht bekannt, inwieweit der Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeits- gruppe des Strafrechtsausschusses bzw. die Beschlussfassung der Konferenz der Justizministerin- nen und -minister Einfluss auf die Willensbildung der Bunderegierung hatten. Konkret darauf beru- hende Maßnahmen der Bundesregierung sind ihr ebenfalls nicht bekannt geworden. Dem aktuellen Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutsch- lands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP) auf Bundesebene ist allerdings zu entnehmen, dass „das Sanktionensystem einschließlich Ersatzfreiheitsstrafen, Maßre- gelvollzug und Bewährungsauflagen […] mit dem Ziel von Prävention und Resozialisierung“ überar- beitet werden soll. Dies bleibt abzuwarten. 4
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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                             Drucksache 18/xxxx 10. Erfolgt in Niedersachsen zwischen der Verurteilung zu einer Geldstrafe und dem EFS- Haftantritt (jenseits des Hinweises nach § 2 Abs. 1 ErsFrhStrAbwV ND) eine persönliche, insbesondere aufsuchende, Kontaktaufnahme vonseiten der zuständigen Behörden zu nicht zahlungsbereiten oder -fähigen Personen (etwa vergleichbar mit den Projekten „Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen“ in Nordrhein-Westfahlen und Baden-Württem- berg)? Falls ja, in welcher Weise? Falls nein, warum nicht? Mit Erlass vom 07.07.2020 sind die Staatsanwaltschaften gebeten worden, die Gerichtshilfe des Am- bulanten Justizsozialdienstes (AJSD) regelmäßig spätestens bei der Ladung zum Strafantritt im Falle der erstmaligen Verurteilung zu einer Geldstrafe einzubinden und im Fall einer Zweitverurteilung die (nochmalige) Einbindung zu prüfen und zumindest aktenkundig zu machen, da sich die Lebensum- stände der verurteilten Person jederzeit ändern können. Bei der Beauftragung der Gerichtshilfe sollen die Vollstreckungsbehörden kenntlich machen, dass die Ladung zum Strafantritt erfolgt ist und der Erlass eines Haftbefehls bevorstehen kann. Dies dient zum einen der Unterscheidung von sonstigen Gerichtshilfeaufträgen wie im Fall der gemeinnützigen Arbeit sowie zum anderen als Signalwirkung für den AJSD zum unverzüglichen Tätigwerden. Nach Eingang des Auftrags bei der zuständigen Gerichtshelferin bzw. bei dem zuständigen Gerichtshelfer sind diese zu einer priorisierten Bearbei- tung angehalten. So soll sichergestellt werden, dass das Gebot einer zügigen Vollstreckung nach § 2 Strafvollstreckungsordnung eingehalten wird. Von einem unmittelbaren persönlichen Aufsuchen der Justizsozialarbeiterinnen und Justizsozialar- beiter ohne vorherige Kontaktaufnahme zu den Klientinnen und Klienten wurde bewusst abgesehen. Dies ist einerseits Sicherheitsaspekten geschuldet. Zum anderen sind aber auch die fachlichen Qua- litätsstandards des AJSD zu berücksichtigen. Eine Zusammenarbeit mit der Gerichtshilfe setzt an- ders als beispielsweise bei der Führungsaufsicht immer eine Freiwilligkeit bei den Klientinnen und Klienten voraus. Insofern ist eine schriftliche Kontaktaufnahme angeraten; es sei denn, die Klientin bzw. der Klient sind bereits bekannt und können ggf. telefonisch kontaktiert werden. Im Rahmen des Erlasses war außerdem zu berücksichtigen, dass die Vollstreckungsbehörden bereits selbst auf un- terschiedliche Weise aktiv werden, um der Vollstreckung der Geldstrafe Fortgang zu geben. Insofern durfte das Versenden und Vorhalten von Informationsmaterialien nicht unterlaufen werden. Im Ge- genteil: Vielmehr ist ein umfangreiches Informationsangebot erstrebenswert. In den Fällen, in denen die Verurteilten das Angebot von vielschichtigen Informationen nicht von sich aus aufnehmen oder letztlich die Geldstrafe ignorieren, kommt die Einbindung der Gerichtshilfe im Zeitpunkt der Ladung zum Strafantritt hinzu. Im Rahmen eines solchen Gerichtshilfeauftrages sucht der AJSD persönlichen - ggf. unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten durch Aufsuchen in der häuslichen Umgebung - Kontakt zum Verurteilten, prüft die Lebenssituation und erarbeitet Lösungsmöglichkei- ten zur Erledigung der Geldstrafe. Das Ergebnis dieser Prüfung kann mit einer Beschreibung der persönlichen und finanziellen Lebens- verhältnisse insbesondere folgende alternative Empfehlungen beispielhaft und damit nicht abschlie- ßend enthalten:     Vorschlag einer Ratenzahlung mit Angabe und Begründung zur Ratenhöhe (oder anderer Zahlungserleichterungen), ggf. Begleitung und Überprüfung erster Raten- zahlungen,     Vorschlag der Umwandlung in freie Arbeit wegen begrenzter bzw. nicht vorhandener finanzieller Möglichkeiten für eine Ratenzahlung und nach Zustimmung und Fest- stellung der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe durch die Staatsanwaltschaft die Ver- mittlung in eine geeignete Einsatzstelle,     Vorschlag zur kurzfristigen Aussetzung/Unterbrechung der weiteren Vollstreckung aufgrund nicht vorhandener finanzieller Möglichkeiten und vorübergehender gesund- heitlicher Einschränkung, die die Umwandlung in freie Arbeit aktuell nicht ermöglicht (z. B. Krankenhausaufenthalt),     Vorschlag der Anwendung des § 459f StPO wegen unbilliger Härte, da keine finan- ziellen Möglichkeiten zur Tilgung vorhanden und eine Arbeitsfähigkeit für die Um- wandlung in freie Arbeit nicht vorhanden ist (z. B. dauerhafte Erkrankung), 5
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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                              Drucksache 18/xxxx     Vorschlag einer längerfristigen Begleitung im Sinne des Konzepts zur Geldverwal- tung aufgrund diverser, dauerhafter, persönlicher, sozialer und finanzieller Probleme durch die Anlaufstellen für Straffällige und ggf. zusätzlich mit Begleitung durch den AJSD. Eine Evaluation des Programms ist für Mitte 2022 vorgesehen. 11. Wie hoch ist jeweils die Abbruchquote der Programme „Schwitzen statt Sitzen“, „Geld- verwaltung statt Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe“ und gegebenenfalls weiterer ähnlicher Programme? Aus welchen Gründen erfolgen Abbrüche, und was unternimmt die Landesregierung zu deren Verhinderung? Die Vermittlung freier Arbeit nach Umwandlung einer Geldstrafe in eine Ersatzfreiheitsstrafe stellt sowohl eine Aufgabe des AJSD als auch eine Aufgabe der Anlaufstellen für Straffälligenhilfe (Anlauf- stellen) dar. Soweit es zur Vermittlung durch die Anlaufstellen kommt, ist der Landesregierung der Bestand und die Pflege einer Statistik zu möglichen Abbruchquoten nicht bekannt. Vom AJSD wurden im Jahr 2021 3998 Berichtsaufträge zur Prüfung der Tilgungsmöglichkeiten von Ersatzfreiheitsstrafen abgeschlossen. Davon konnte in 1099 Fällen trotz aufsuchender Arbeit (Haus- besuche) durch die Justizsozialarbeiterinnen und Justizsozialarbeiter kein Kontakt zur Klientel her- gestellt werden. 55 Klientinnen und Klienten lehnten eine Zusammenarbeit mit dem AJSD ab. Des Weiteren wurden im Jahr 2021 im AJSD insgesamt 1696 Verfahren nach Umwandlung einer Geldstrafe nach Tilgungsverordnung (TVO) abgeschlossen. Davon konnte in 257 Verfahren trotz mehrfacher Einladungen nach den gültigen Standards kein Kontakt zur Klientel hergestellt werden, 49 Klientinnen und Klienten lehnten eine Zusammenarbeit mit dem AJSD ab und in 215 Verfahren wurde die Ableistung der gemeinnützigen Arbeit abgebrochen. Die Gründe der Abbrüche des Programms „Schwitzen statt Sitzen“ sind dabei vielfältig. Häufig führt eine - ggf. auch von vornherein - mangelnde Bereitschaft der verurteilten Personen zur Ableistung freier Arbeit zum Abbruch des Programms. Insbesondere sind hier die Fälle zu nennen, in denen die verurteilten Personen die in § 5 Abs. 1 S. 1 ErsFrhStrAbwV ND vorgesehene für die Abwendung der Vollstreckung von einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe abzuleistende freie Arbeit im Um- fang von 6 Stunden als zu hoch ansehen, jedoch gleichwohl einen Antrag nach § 1 Abs. 1 S. 2 ErsFrhStrAbwV ND stellen, damit zunächst von der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ErsFrhStrAbwV ND abgesehen wird. Weiterhin bedingen oftmals zunehmende physische, psychische oder stoffgebundene Erkrankungen, fehlende bzw. mangelhafte Sprachkenntnisse, mangelnde soziale Kompetenz, Unzuverlässigkeit, Fehlverhalten, Vorstrafen oder eine Inhaftierung der verurteilten Personen, dass eine Kontaktauf- nahme mit der Gerichtshilfe, eine Vermittlung an eine Beschäftigungsstelle oder eine Ableistung der freien Arbeit in einer Beschäftigungsstelle scheitert und damit einen Abbruch des Programms zur Folge hat. Des Weiteren führen geänderte Lebensumstände der verurteilten Personen zum Abbruch des Pro- gramms, insbesondere, wenn hierdurch die Möglichkeit bzw. Bereitschaft entsteht, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch die Entrichtung der noch nicht getilgten Geldstrafe abzuwenden. In den Fällen, in denen die verurteilten Personen freie Arbeit ableisten, jedoch berufstätig sind oder Kinder bzw. nahe Angehörige betreuen, erfolgt ein Abbruch zudem nicht selten, weil die verurteilten Personen den mit der Ableistung der freien Arbeit verbundenen Aufwand unterschätzen und ihnen die Ableistung der freien Arbeit schlichtweg zeitlich nicht möglich ist. Die Beauftragung des AJSD mit der Vermittlung und Überwachung der freien Arbeit im Rahmen der Gerichtshilfe (§ 6 Abs. 2 und 3 ErsFrhStrAbwV ND) kann jedoch dazu beitragen, Abbrüche des Pro- gramms zu verhindern. Unter Berücksichtigung der Qualitätsstandards versucht der AJSD zunächst schriftlich und ggf. telefonisch einen persönlichen Kontakt zu den verurteilten Personen herzustellen, 6
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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                             Drucksache 18/xxxx um unter Berücksichtigung beruflicher und persönlicher Kenntnisse, Kompetenzen, Mobilität, Vor- strafen und Wünsche eine geeignete Beschäftigungsstelle zu finden. Dazu werden mit den verurteil- ten Personen individuelle Beschäftigungsmöglichkeiten (beispielsweise Beschäftigung nur vormit- tags oder nur am Wochenende, nur im Wohnort u.a.) erarbeitet. Im Falle der Vermittlung der verur- teilten Personen an eine Beschäftigungsstelle erfolgt eine Überwachung der Ableistung der freien Arbeit. Bei auftretenden Problemen versucht der AJSD eine Klärung mit den verurteilten Personen unter Einbeziehung der Beschäftigungsstellen herbeizuführen, um eine Weiterbeschäftigung zu er- möglichen und mithin einen Abbruch des Programms zu vermeiden. Die Erfolgsquote der Geldverwaltung durch die Anlaufstellen kann seit dem Jahr 2017 mit rund 28 Prozent ausgewiesen werden. In diesen Fällen wurden die Zahlungen abschließend geleistet. Rund 70 Prozent der Zahlungen befinden sich jeweils im Zahlungsprozess und gelten als Teilerfolg. Ledig- lich ca. 2 Prozent der Geldverwaltungsfälle sind als nicht erfolgreich zu bewerten, da keine Zahlungen durch die verurteilten Personen aufgenommen wurden. Aufgrund der verschwindend geringen An- zahl von Misserfolgen sind derzeit keine Maßnahmen durch die Niedersächsische Landesregierung angezeigt. Eine Evaluation für das Programm der Einbindung der Gerichtshilfe des AJSD in die Geldstrafenvoll- streckung ist für Mitte 2022 geplant (siehe Frage 10). Zu den Erfolgsaussichten kann daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussage getroffen werden. 12. Warum können nach Auffassung der Landesregierung nicht alle von einer EFS bedroh- ten Personen an den Programmen „Schwitzen statt Sitzen“, „Geldverwaltung statt Voll- streckung der Ersatzfreiheitsstrafe“ und gegebenenfalls weiteren ähnlichen Program- men teilnehmen? Warum treten viele Personen trotz des Bestehens der Programme eine EFS an? Die genannten Programme stehen zunächst sämtlichen zu einer Geldstrafe verurteilten Personen offen. Diesen kann gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 ErsFrhStrAbwV ND auf Antrag von der Vollstreckungsbehörde gestattet werden, nach Maßgabe der ErsFrhStrAbwV ND die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit abzuwenden. Ein Antrag kann dabei von den verurteilten Personen nach § 1 Abs. 1 S. 2 ErsFrhStrAbwV ND zu jedem Zeitpunkt des Vollstreckungsverfahrens gestellt werden. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 ErsFrhStrAbwV ND weist die Vollstreckungsbehörde die verurteilten Personen zudem spätestens mit der Ladung zum Strafantritt auf die Möglichkeit der Stellung eines Antrages nach § 1 Abs. 1 ErsFrhStrAbwV ND hin, wenn die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet und noch kein Antrag gestellt oder beschieden worden ist. Gleichwohl wird nicht von allen verurteilten Personen ein Antrag nach § 1 Abs. 1 ErsFrhStrAbwV ND gestellt. Die bestehende Möglichkeit der Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit wird dadurch nicht im möglichen Umfang in Anspruch genommen. Hinsichtlich der diesbezüglichen Gründe wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Sofern die verurteilten Personen einen Antrag nach § 1 Abs. 1 ErsFrhStrAbwV ND stellen, obliegt der Vollstreckungsbehörde die Entscheidung über die Gestattung. Bei Vorliegen der in § 3 ErsFrh- StrAbwV ND genannten Voraussetzungen kann bzw. muss die Vollstreckungsbehörde diese ableh- nen. Falls die Vollstreckungsbehörde die Gestattung erteilt, kann die Ableistung der freien Arbeit jedoch infolge eines Widerrufs der Gestattung gemäß § 8 Abs. 1 ErsFrhStrAbwV ND oder aus den in der Antwort zu Frage 11. bereits aufgeführten Gründen scheitern. Die Nichtbeantragung, die Ablehnung bzw. der Widerruf der Gestattung ebenso wie ein Abbruch seitens der verurteilten Personen oder der Beschäftigungsstellen hat sodann zur Folge, dass die 7
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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                             Drucksache 18/xxxx Ersatzfreiheitsstrafe gegen die verurteilten Personen vollstreckt wird, sofern die Ersatzfreiheitsstrafe nicht doch noch durch die Entrichtung der noch nicht getilgten Geldstrafe abgewendet wird. Dies gilt auch für das Programm „Geldverwaltung statt Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe“. Auch insoweit besteht spätestens nach Unterrichtung durch die Vollstreckungsbehörde für jede verurteilte Person die Möglichkeit, am Programm teilzunehmen. Dies setzt jedoch voraus, dass die verurteilte Person Kontakt zu den Anlaufstellen aufnimmt. Im Einzelfall kann bei einem krassen Missverhältnis zwischen Einkommens- und Vermögensverhält- nissen der verurteilten Person einerseits und der zu begleichenden Geldstrafe andererseits das Pro- gramm „Geldverwaltung statt Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe“ mit Blick auf das Erfordernis einer nachdrücklichen und zeitnahen Vollstreckung im Sinne von § 2 Strafvollstreckungsordnung aber auch ungeeignet sein. Unter anderem durch die Einbindung der Gerichtshilfe des AJSD in die Geldstrafenvollstreckung soll die Einbeziehung von möglichst vielen verurteilten Personen in die genannten Programme gefördert werden. 13. Gibt es in Niedersachsen, wie in anderen Ländern, die Möglichkeit, auch während der Inhaftierung wegen der EFS durch „freie Arbeit“ in der JVA Hafttage abzuarbeiten (soge- nannte Day-by-Day-Projekte)? Wenn nein, warum nicht? Art. 293 Abs. 1 EGStGB ermächtigt die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, nach denen der Verurteilte die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch freie, unentgeltliche und nicht erwerbswirtschaftlichen Zwecken dienende Arbeit abwenden kann. In Niedersachsen gilt hierzu seit dem 1. Mai 1996 die Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstra- fen durch freie Arbeit vom 19. April 1996 (ErsFrhStrAbwV ND). Gem. § 1 Abs. 1 ErsFrhStrAbwV ND gestattet die Vollstreckungsbehörde Verurteilten nach Maßgabe dieser Verordnung auf Antrag, die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit abzu- wenden. Ein Antrag kann zu jedem Zeitpunkt des Vollstreckungsverfahrens gestellt werden, mithin auch dann, wenn sich die verurteilte Person bereits in anderer Sache in Strafhaft befindet oder die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe bereits begonnen hat, vgl. § 4 Abs. 2 ErsFrhStrAbwV ND. Mit Beginn des Vollzuges einer Ersatzfreiheitsstrafe unterliegen Gefangene der für Strafgefangene allgemein geltenden Arbeitspflicht nach § 38 Abs. 1 NJVollzG. Für die geleistete Arbeit steht den Gefangenen als Anerkennung gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG ein Arbeitsentgelt zu. Daneben gewährt das Landesrecht bei Erfüllung der in § 39 Abs. 1 NJVollzG genannten Voraussetzungen eine Freistellung von der Arbeitspflicht. Eine von den §§ 39, 40 NJVollzG losgelöste Möglichkeit, Gefangene zum Zweck der Ableistung freier Arbeit im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 ErsFrhStrAbwV von der Arbeitspflicht freizustellen, sieht das Gesetz gegenwärtig nicht vor. Im Rahmen der Novellie- rung des NJVollzG ist auch nicht beabsichtigt, eine solche Vorschrift zu implementieren. In Niedersachsen wird mit Hilfe von präventiven Maßnahmen stattdessen frühzeitig angesetzt. Hierzu wird auf die bereits dargestellten Programme verwiesen. 14. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bzw. haben die zuständigen Behörden er- griffen, um das Programm „Schwitzen statt Sitzen“ auch während der Corona-Pandemie durchführen zu können? Als Reaktion auf eine - insbesondere pandemiebedingte - deutlich verminderte Verfügbarkeit von Einsatzstellen für die Ableistung von freier Arbeit zur Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfrei- heitsstrafen wurden im Juni 2020 seitens des Niedersächsischen Justizministeriums Maßnahmen zur Gewinnung von weiteren Einsatzstellen bei Einrichtungen kommunaler bzw. freier Träger getrof- fen. Diese Maßnahmen bestanden darin, den Sprechern des Expertenkreises der drei Repräsentan- ten der Anlaufstellen in einem Schreiben des Niedersächsischen Justizministeriums das Programm 8
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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                             Drucksache 18/xxxx „Schwitzen statt Sitzen“ erneut vorzustellen und um Mithilfe bei der Gewinnung von weiteren Ein- satzstellen bei Einrichtungen freier Träger zu bitten. Darüber hinaus wurden erneut auch die Kom- munen auf das Programm „Schwitzen statt Sitzen“ aufmerksam gemacht, diesen gegenüber für eine Teilnahme geworben und zudem noch darum gebeten, mögliche Einsatzstellen kommunaler Träger dem AJSD direkt mitzuteilen. Daneben wurde der Sprecher des Expertenkreises gebeten, eine Über- sicht der bekannten und als mögliche Einsatzstellen in Betracht kommenden Einrichtungen freier Träger wie die Caritas, die Diakonie oder der Paritätische Wohlfahrtverband, in dessen Trägerschaft sich die Anlaufstellen für Straffällige der Freien Straffälligenhilfe Niedersachsen sämtlich befinden, zur Verfügung zu stellen. Dieser hat insoweit jedoch nur mitgeteilt, dass eine Hilfestellung seitens der Anlaufstellen nicht möglich sei und er das Schreiben des Niedersächsischen Justizministeriums daher an den Dachverband weitergeleitet habe. Eine Antwort ist hier bislang jedoch noch nicht ein- gegangen. 15. Wird die jährliche „Weihnachtsgnade“ auch auf Personen, die eine EFS absitzen, ange- wandt? Falls nein, warum nicht? Der jährliche Erlass des Niedersächsischen Justizministeriums „Vorzeitige Entlassung von Strafge- fangenen aus Anlass des Weihnachtsfestes“ (sog. „Weihnachtsgnade“) findet keine Anwendung auf Strafgefangene, die eine Ersatzfreiheitsstrafe in einer niedersächsischen Justizvollzugsanstalt ver- büßen. Dies liegt darin begründet, dass eine Ersatzfreiheitsstrafe erst dann vollstreckt wird, wenn die Geld- strafe nicht entrichtet oder beigetrieben worden ist oder die Vollstreckung unterbleibt, weil zu erwar- ten ist, dass sie in absehbarer Zeit zu keinem Erfolg führen wird (§ 459e Abs. 1, Abs. 2 StPO, § 49 Abs. 1 StrafVollstrO). Bevor die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde die Anordnung zur Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafe trifft, hat es damit in der Regel schon (mehrfach) erfolglose Voll- streckungsversuche gegeben. Darüber hinaus wurden der verurteilten Person im Rahmen des Voll- streckungsverfahrens verschiedene Möglichkeiten zur Abwendung einer Ersatzfreiheitsstrafe aufge- zeigt. Hierzu zählt - wie bereits ausführlich dargestellt - insbesondere die Abwendbarkeit der Ersatz- freiheitsstrafe durch freie Arbeit. Darüber hinaus kann im Rahmen der Geldverwaltung gemeinsam mit den Anlaufstellen eine realistische Ratenhöhe ermittelt und die Geldstrafe ratenweise getilgt wer- den. Auf diese Möglichkeiten ist im Rahmen des seit Sommer 2020 laufenden Programms der Ein- bindung der Gerichtshilfe in die Geldstrafenvollstreckung besonders hinzuweisen. Hierdurch wird der sonst sehr juristisch geprägte Verlauf einer Geldstrafenvollstreckung durch sozialarbeiterische An- sprachen verständlicher gemacht und verurteilte Personen erreicht, die sonst möglicherweise nicht erreicht worden wären. Im Gegensatz zu Strafgefangenen, die eine zeitige Freiheitsstrafe oder eine Jugendstrafe verbüßen, steht es den Strafgefangenen, gegen die eine Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird, zudem auch je- derzeit frei, die (weitere) Strafvollstreckung abzuwenden, indem die noch nicht getilgte Geldstrafe entrichtet wird. In der Ladung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe ist auch anzugeben, welchen Be- trag die verurteilte Person zu zahlen hat, um die Vollstreckung abzuwenden (§ 51 Abs. 1 StrafVoll- strO). Ein Bedürfnis der Erstreckung des Erlasses zur sog. „Weihnachtsgnade“ auf die Verbüßung von Er- satzfreiheitsstrafen wird im Hinblick darauf nicht gesehen. 16. Welcher Anteil der EFS wurde jeweils in den Jahren 2017 bis 2021 im offenen Vollzug abgeleistet? Eine technische Auswertung ist erst ab dem Jahr 2019 möglich: 9
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Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode                                                          Drucksache 18/xxxx Durchschnittswert – Anteil der Jahr            Personen mit EFS im offenen Vollzug 2019            57,6 2020            39 2021            40,2 17. Nach welchen Kriterien entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob eine EFS im Rahmen des offenen Vollzugs abgeleistet werden kann? Staatsanwaltschaften entscheiden nicht darüber, ob eine Ersatzfreiheitsstrafe in einer Abteilung des offenen oder geschlossenen Vollzuges abgeleistet werden kann. Gemäß § 12 Abs. 1 NJVollzG werden Gefangene im geschlossenen Vollzug untergebracht, wenn nicht nach dem Vollstreckungsplan eine Einweisung in den offenen Vollzug oder in eine Einweisungs- anstalt oder Einweisungsabteilung vorgesehen ist. Auch in den Fällen, in denen der Vollstreckungs- plan für den Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe die Einweisung in den offenen Vollzug vorsieht, wird dort in einer gesicherten Aufnahmeabteilung im Einzelfall geprüft, ob die oder der Gefangene für die Unterbringung im offenen Vollzug geeignet ist. Nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 NJVollzG sollen Ge- fangene in eine Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzuges verlegt werden, wenn sie den beson- deren Anforderungen des offenen Vollzuges genügen und namentlich nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzuges zu Straftaten missbrauchen werden. Um den besonderen Anforderungen zu genügen, müssen die Ge- fangenen z.B. eigenverantwortlich und selbständig handeln können. Darüber hinaus müssen sie die Fähigkeit zum korrekten Verhalten unter geringer Aufsicht besitzen. Sie müssen adäquat mit Mitge- fangenen umgehen und sich in das Gemeinschaftsleben des offenen Vollzuges einfügen. Sofern Gefangene diese Voraussetzungen erfüllen, werden sie in der Regel in einer Abteilung des offenen Vollzuges untergebracht. Die Entscheidung trifft die jeweilige Vollzugsbehörde. 18. Erhalten wegen einer EFS inhaftierte Personen in Haft andere/spezifische Angebote oder Unterstützung als zu einer Freiheitsstrafe verurteilte Personen? Falls ja, welche? Spezielle Angebote für Gefangene, die eine EFS verbüßen, werden im Justizvollzug nicht vorgehal- ten. Auch diese Gefangenen erhalten die im Einzelfall erforderliche Unterstützung. 19. Wie viele spätere EFS-Häftlinge sind wegen „Schwarzfahrens“, also des Erschleichens von Leistungen nach § 265 StGB, in den Jahren 2017 bis 2021 verurteilt worden? Technisch ist eine Recherche nach einem Straftatbestand nur zu einem aktuellen Stichtag möglich, nicht jedoch rückwirkend. Am 27.02.2022 waren 22 Gefangene mit der Haftposition des § 265a StGB (Erschleichen von Leis- tungen) erfasst. 20. Wie hoch war bei den EFS-Häftlingen, die wegen „Schwarzfahrens“, also des Erschlei- chens von Leistungen, verurteilt wurden, die durchschnittliche, kleinste und größte Geldstrafe? Die Daten können (technisch) nicht erfasst werden, eine händische Auswertung des Aktenbestandes ist nicht darstellbar (siehe Vorbemerkung). 10
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