Strafanzeige Bundeskanzleramt Bundesarchivgesetz

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RAPHAEL THOMAS - RECHTSANWÄLTE - THOMAS RECHTSANWAL TE 0RANIENf:1URGER STR. 23 10178 BERUN RAPHAEL THOMAS RECHTSANWALT FACHANWALT FÜR GEWERBLICHEN RECHTSSCHUTZ FACHANWALTFÜR URHEBER- UND MEDIENRECHT Staatsanwaltschaft Berlin Turmstraße 91 10559 Berlin KAY WITTE RECHTSANWALT' VITTORIO OE VECCHI LAJOLO AVVOCATO RECHTSANWALT"" DATENSCHUTZBEAUFTRAGTER (TLJV) RAUNA BINDEWALD, LL.M. RECHTSANWÄLTIN' DR. SEBASTIAN CREUTZ RECHTSANWALT"" JAN BUSEMANN RECHTSANWALT"" ORANtENBURGER STR. 10 1 78 23 BERLIN TEL: +49 30 220 661 6 70 FAX: +49 30 220 6616 77 ZWEIGSTELLE CHIEMSEE: MARKSTATT 83339 6 CHIEMING INFO@THOMAS-LAW-OFFICE.COM WWW .THOMAS-LA W-OFFICE.COM • ANGESTELLTE(R) RA(IN) u Ihr Zeichen: Unser Zeichen: Datum: ÜF COUNSEL/FREIER MITARBEITER 80-19 19.08.2019 Strafanzeige Sehr geehrte Damen und Herren, wir vertreten die rechtlichen Interessen des Herrn Arne Semsrott, c/o Open Knowledge Founda- tion e.V., Singerstr. 109, 10179 Berlin. Namens und im Auftrag unseres Mandanten erstatten wir STRAFANZEIGE gegen die Mitarbeiterin des Bundeskanzleramts sowie gegen unbe- kannt. Bankverbindung: Kontoinhaber: Raphael Themas; Bank: Deutsche Kreditbank AG, 10919 Berlin, Germany !BAN: DE71 1203 00001008 3448 95 BIC: BYLADEM 1001 Steuernummer: 34/559/00064 USt.-ID.: DE233979049
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2 Gegenstand der Strafanzeige ist der rechtswidrige Umgang mit Akten, die sich im Eigentum des Bundes befinden seitens der namentlich benannten Referat sowie weiterer Mitarbeiter im des Bundeskanzleramts. Das Bundeskanzleramt hat es jahrzehntelang zugelassen, dass scheidende Bundeskanzler amtliche Unterlagen, die sich im Eigentum des Bundes befanden, aus dem Kanzleramt in ihren Privatbesitz überführten. Auf diese Weise sind unter anderem Unterlagen des ehemaligen Staatsekretärs im Bundeskanzleramt Dr. Hans Globke in den Privatbesitz des Archivs der Kon- rad-Adenauer-Stiftung e.V. gelangt. Auf die Herausgabe dieser Akten gerichtete gerichtliche Verfahren gipfelten schließlich in einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.06.2017 (Az.: 1 BvR 1978/13, beigefügt als Anlage 1). ln diesem Beschluss äußerte sich das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Wiederbeschaffungspflicht des Bundes im Hin- blick auf diese Akten wie folgt: "Hinsichtlich der hier in Frage stehenden Konstellation, in der es um die Wiederbe- schaffung von bei Privaten befindlichen Akten geht, besteht für die Auslegung des § 1 Abs. 1 IFG Klärungsbedarf auch mit Blick auf den Gleichheitssatz (Art. GG Arti- kel 3 GG). Bei den begehrten Informationen soll es sich um Akten des Bundes handeln, die dieser dann jedenfalls dem Grundsatz nach herausfordern kann. ln Betracht kommen insoweit die Berufung auf seine Rechte aus Eigentum oder auf eine öffentlich-rechtliche Widmung dieser Dokumente sowie - mittelbar - ein Vor- gehen über das Beamtenrecht (vgl. § 67 Abs. 4 BBG) gegenüber den Rechtsnach- folgern der Amtsträger, die die Akten bei den privaten Einrichtungen in Verwahrung gegeben haben. Mit der Entscheidung darüber, ob der Bund von diesen Rechten Gebrauch macht, bestimmt der Bund mittelbar, ob die Allgemeinheit zu einer Akte nach dem Informationsfreiheitsgesetz Zugang erhalten kann oder aber die Informa- tion der privaten Einrichtung vorbehalten bleibt, die dann neben der eigenen Nut- zung auch selbst - insoweit ungebunden - über die Gewährung von Zugang an Dritte verfügen kann. Durch seine Entscheidung, eine Akte von einer privaten Ein- richtung herauszufordern oder nicht, bestimmt der Bund also im Ergebnis darüber mit, wer Zugang zu den Akten erhalten kann und wer nicht. Der Bund ist hierbei durch Art. 3 GG gebunden. Dem ist auch bei der Auslegung des§ 1 Abs. 1 IFG Rechnung zu tragen."
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3 Demnach begründet Art. 3 GG eine Wiederbeschaffungspflicht des Bundes für amtliche Unter- lagen des Bundes, die sich im Privatbesitz Dritter befinden, damit diese Unterlagen im Rahmen von Auskunfts- und Einsichtsansprüchen (z.B. nach IFG) bei der zuständigen Stelle des Bundes eingesehen werden können. Dennoch unternimmt insbesondere das Bundeskanzleramt keine Anstrengungen zur Wiederbeschaffung derartiger Unterlagen. Diese Missstände wurden bereits vom Bundesrechnungshof in einem Bericht vom September 2018 (Ausschnitt anbei als Anlage 2), der sich unter anderem mit der Aktenführung in den Büros ehemaliger Bundeskanzler beschäftigt, festgestellt. Danach befanden sich in den Büros der Bundeskanzler a. D. unterschiedlichste Arten von Unterlagen, deren Bandbreite von dienst- lichen Akten aus der aktiven Zeit als Bundeskanzler bzw. dienstlichen Akten aus vorangegan- genen Ämtern über Akten aus der Tätigkeit des jeweiligen Büros bis hin zu privaten Unterlagen reichte. Der Bundesrechnungshof führte dazu aus: "Es gab Büros, in denen Hundet1e von Aktenordnern oder Hundet1e Kartons mit Unterlagen in loser Schüttung unsot1iet1 aufbewah/1 wurden. Aktenpläne oder die Registratur von Ein- und Ausgängen wurden nur teilweise geführt. Daneben war ein Großteil von Akten offensichtlich in den privaten Verfügungsbereich am jeweiligen Wohnort verbracht worden. ln den Büros herrschte zum Teil die Auffassung, dass es sich insgesamt um privates Schrift- bzw. Archivgut der Bundeskanzler a. D. handle. Das Bundeskanzleramt überließ es den Mitarbeitern der Büros bzw. den Bundeskanzlern a.D. zu entscheiden, wie mit den Unterlagen verfahren wird." (.. .) )n einem Fall war der endgültige Verbleib der Akten bei einer nahestehenden politi- schen Stiftung vertraglich geregelt. ln einem anderen Fall wurde nach dem Tode des Bundeskanzlers a. D. die Herausgabe der am Wohnsitz befindlichen Akten verweigert. II Die Würdigung dieser Erkenntnisse nimmt der Bundesrechnungshof in folgender Weise vor: "Unterlagen dürfen nicht in den privaten Verfügungsbereich der Bundeskanzler a. D. überführt werden. Es ist weiter darauf zu achten, dass Schriftgut des Bundes und private Akten, für die das Personal nicht zuständig ist, voneinander abgegrenzt bzw. letztere aus den Büros entfernt werden. II
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4 (. .. ) "Das Bundesarchiv muss alle Unterlagen rechtzeitig sichten können. Eine unkontrollierte Verteilung an parteinahe oder private Stiftungen, Parteiarchive oder persönliche Privatar- chive ist zu vermeiden. Der Bundesrechnungshof sieht den Übergang von Archivgut in die Obhut von Stiftungen kritisch." Eine IFG Anfrage unseres Mandanten vom 04.10.2018 zur von mit der Konrad- Adenauer-Stiftung geführten Korrespondenz sowie zur Übersendung von Akten vom Kanzler- amt an die Konrad-Adenauer-Stiftung wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2019 (bei- gefügt als Anlage 3) beantwortet. Aus dem Widerspruchsbescheid wird ersichtlich, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung im Besitz von Akten war, die sich im Eigentum des Bundes befinden und die nach der Verschlusssachenanweisung als Verschlusssache eingestuft waren. Diese Unterlagen wurden zur Überprüfung der Schutzbedürftigkeit gem. § 18 Abs. I VSA an das Bundeskanzleramt übersandt. Dort wurde eine Herabstufung dieser Unterlagen vorgenommen und die Unterlagen wurden trotz der durch das Bundesverfassungsgericht angeordneten Wie- derbeschaffungspflicht an das Archiv der Konrad-Adenauer-Stiftung zurückgesandt. Hierdurch haben sich die verantwortlichen Mitarbeiter des Bundeskanzleramts des Verwahrungsbruchs gem. § 133 StGB sowie der Unterschlagung gem. § 246 StGB strafbar gemacht. 1. § 133 StGB Wie bereits ausgeführt handelt es sich bei den ehemals als Verschlusssachen eingestuften Un- terlagen nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.07.2017 um amtliche Unterlagen. Hierzu führt das BVerfG wie folgt aus: "Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Bund etwaiges Eigentum an den Dokumenten eingebüßt haben und die öffentlich-rechtliche Überformung der Akten zum Amtlichen Gebrauch entfallen sein könnten. Damit wären sie dem Staat weiterhin rechtlich zuge- ordnet und unterlägen - auch wenn der unmittelbare Zugriff auf sie erschwert ist - grundsätzlich seiner öffentlich -rechtlichen oder zivilrechtliehen Verfügung und Verant- wortung." Diese amtlichen Unterlagen befanden sich spätestens seit der Übersendung durch das Archiv der KAS an das Bundeskanzleramt wieder in dienstlicher Verwahrung. Indem und eventuell weitere verantwortliche Mitarbeiter des Bundeskanzleramts die Unterlagen an das
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5 Archiv der KAS übersandten, haben sie die Unterlagen der dienstlichen Verfügung entzogen. Dies geschah auch gegen den Willen des berechtigten Bundeskanzleramts, da das Bundes- kanzleramt an Recht und Gesetz gebunden ist und somit gem. des Beschlusses des BVerfG dazu verpflichtet ist, wiedererlangte amtliche Unterlagen zu verwahren. Es ist daher gem. Art. 20 Abs. 3 GG daran gehindert einen pflichtwidrigen Herausgabewillen zu fassen. 2. § 246 Unterschlagung Weiterhin erfüllt das Verhalten von und den weiteren verantwortlichen Mitarbeitern des Bundeskanzleramts den Tatbestand der Unterschlagung, § 246 StGB. ln der Übersendung der Unterlagen an das Archiv der KAS liegt eine Zueignungshandlung zu Gunsten eines Dritten vor. Es wird daher darum gebeten, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und uns über den aktuellen Stand des Verfahrens unterrichtet zu halten. Mit freundlichen Grüßen Thomas Rechtsanwalt
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