Begründung Beschwerde OVG BB

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- 11 - tungslos gewordenes Printprodukt mit dem Hintergedanken fortführen, darüber in den Ge- nuss des presserechtlichen Auskunftsanspruchs auch für seine weiteren Ausgaben und For- mate zu kommen. bb) Insbesondere einheitlicher Auskunftsanspruch Eine Unterscheidung zwischen Presse, Rundfunk und „Neuen Medien“ ist insbesondere in Bezug auf den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch nicht zulässig und kann auch nicht praktikabel vorgenommen werden. Denn in dem Zeitpunkt, in dem Auskunftsansprüche geltend gemacht werden, ist in aller Regel noch nicht klar, inwiefern die noch zu erteilenden Auskünfte Eingang in eine Veröffentlichung finden werden und um was für eine Art von Ver- öffentlichung es sich hierbei handeln wird. Hierbei ist der oben skizzierte Umbruch der Me- dienlandschaft von Relevanz. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass diverse Journa- list:innen nicht fest angestellt sind und eine Veröffentlichung der Ergebnisse ihrer Recher- chen dementsprechend in verschiedenen Medien in Betracht kommt. Zudem können Aus- kunftsansprüche in unterschiedlichen Stadien einer Recherche geltend gemacht werden und es kann sich etwa aus der erhaltenen Antwort ergeben, dass die Ergebnisse einer Recherche sich doch eher für eine große Printveröffentlichung eignen als „nur“ für eine Online-Veröf- fentlichung oder umgekehrt. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Tätigkeit des Antragstellers bei FragDenStaat. In dem Zeitpunkt, in dem dieser Auskunftsansprüche geltend macht, geschieht dies im Zusammen- hang mit einer konkreten Recherche und der Antragsteller beabsichtigt stets, die Ergebnisse seiner Recherche zu veröffentlichen. Ob dies ausschließlich auf FragDenStaat geschehen oder parallel eine Veröffentlichung in einer Zeitung erfolgen wird, ist dagegen oftmals noch nicht klar. Auch die oben unter A. dargestellten Kooperationen mit anderen Medienhäusern beginnen teilweise erst, nachdem bereits erste Rechercheergebnisse bzw. Antworten auf presserechtliche Auskunftsersuchen vorhanden sind. b. Relevanz des Presseausweises und der journalistischen Auszeichnungen des An- tragstellers Das Verwaltungsgericht durfte in diesem Zusammenhang insbesondere die Tatsache, dass der Antragsteller über einen Presseausweis verfügt, nicht als irrelevant abtun (vgl. S. 5 und S. 6 des angegriffenen Beschlusses). Der deutsche Journalistenverband, von dem der An- tragsteller seinen Ausweis erhalten hat, stellt Presseausweise (nur) für hauptamtlich tätige Journalisten aus und fordert diesbezüglich Belege von den antragstellenden Personen (vgl. https://www.djv-berlin.de/fileadmin/user_upload/Landesverbaende/jvbb/Da- teien_2021/Presseausweis/DJV_BERLIN_-_JVBB_Hinweise_Nichtmitglieder_Presseaus- weisantrag_2022.pdf). Dass die Wertung des Deutschen Journalistenverbands für die Feststellung, ob der Antrag- steller ein Journalist ist, der sich auf Auskunftsrecht berufen kann, gänzlich irrelevant sein soll, erscheint nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als nach der ständigen Rechtspre- chung des Bundesverwaltungsgerichts der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch ma- teriell-rechtlich nicht hinter den im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelungen der landes- rechtlichen Presseauskunftsansprüche zurückbleiben darf (BVerwG, Urteil vom 16. März 2016 – 6 C 66/14 –, juris 2. Leitsatz). Die landesrechtlichen Regelungen stellen jedoch zum Teil gerade auf den Presseausweis ab beziehungsweise machen den Auskunftsanspruch nicht davon abhängig, für welche Art von Medium Journalist:innen tätig sind. Dies gilt etwa 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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- 12 - für § 4 Abs. 1 PresseG Bln, der einen Auskunftsanspruch für Pressevertreter, die sich als solche ausweisen, vorsieht. Insofern hat das VG Berlin (2. Kammer) den Antragsteller in der Vergangenheit als Pressevertreter angesehen und ihm presserechtliche Auskunftsansprü- che zugesprochen (VG Berlin, Beschl. v. 14. September 2021, VG 2 L 216/21). Auch die Tatsache, dass der Antragsteller vom medium magazin von einer Jury in der Kategorie Politik unter die zehn Journalist:innen des Jahres 2021 gewählt wurde, konnte das VG Berlin in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt lassen. Es ist insofern darauf hinzuweisen, dass sich das hiesige Verfahren in dieser Hinsicht maß- geblich von dem Verfahren OVG 11 S 49.17 (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. September 2017 – OVG 11 S 49.17 –, juris), welches das VG zur Begründung seiner ableh- nenden Entscheidung heranzieht, unterscheidet. Denn im dortigen Verfahren war Antrag- steller ein gemeinnütziger Verein, der das Telemedium abgeordnetenwatch betreibt. Vorlie- gend ist Antragsteller hingegen ein Journalist, der seine Arbeit zwar unter anderem, aber nicht ausschließlich auf einem Telemedium veröffentlicht, über einen Presseausweis verfügt und für seine journalistischen Tätigkeiten ausgezeichnet worden ist. Insoweit wird im Übrigen erneut auf die bereits zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Auskunftsan- sprüchen eines Journalisten des Recherchezentrums Correctiv hingewiesen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 – 10 C 5/20 –, juris). Correctiv ist in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit FragDenStaat und Veröffentlichungen erfolgen – wie etwa die Publikation zu Schwanger- schaftsabbrüchen – teils in Kooperation. 2. Antragsteller ist Pressevertreter im herkömmlichen Sinne Davon unabhängig steht dem Antragsteller auch bei Zugrundelegung der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu. Denn der Antragsteller ist als Journalist (auch) für die Erstellung von Druckerzeug- nissen tätig. Der Antragsteller hat bereits in der Vergangenheit mehrfach in verschiedenen Printmedien publiziert (hierzu a)). Seit Juli 2022 erscheinen auf FragDenStaat publizierte Artikel zudem wiederkehrend in unregelmäßigen Zeitabständen auch als Printversion (hierzu b)). Eine Veröffentlichung im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Auskunftsan- sprüchen ist geplant, wobei die Darlegung der konkreten Art der Veröffentlichung jedoch nicht Voraussetzung für die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs sein darf (hierzu c)). a. Veröffentlichungen in Druckerzeugnissen Das Verwaltungsgericht lehnt einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch aus der in Artikel 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Pressefreiheit ab, weil sich der Antragsteller hierauf nicht berufen könne: „Nach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – wie diesem Verfahren – allein möglicher summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Antragsteller nicht Pressevertreter“ (angegriffener Beschluss, S. 5). Der Antragsteller habe nicht dargelegt, „dass er bezüglich der Publikation eines Druckerzeugnisses – welches? – tätig ist“ (angegriffener Beschluss, S. 6). 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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- 13 - Insoweit ist zwar richtig, dass der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren nicht dazu vorgetragen hat, dass und in welchen Druckerzeugnissen er in der Vergangenheit publiziert hat. Dies jedoch nur, da aus Sicht des Antragstellers kein Anlass dazu bestand. Dass sich der Antragsteller grundsätzlich auf den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch beru- fen kann, war zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitig war lediglich die konkrete Bericht- erstattungsabsicht. Der Antragsteller wurde zudem in der Vergangenheit vom VG Berlin und anderen Gerichten als Pressevertreter behandelt und als nach Presserecht auskunftsbe- rechtigt angesehen. Dass das Verwaltungsgericht es hier für entscheidungserheblich ansah, ob der Antragsteller für ein Printmedium tätig ist, konnte der Antragsteller nicht erahnen. Vielmehr ließ der Hinweis des Gerichts vom 25. April 2022 an die Antragsgegnerin, dass sie auch zur Auskunftspflicht des Büros von Gerhard Schröder vortragen möge, darauf schlie- ßen, dass auch die 27. Kammer die grundsätzliche Anspruchsberechtigung des Antragstel- lers nicht in Abrede stellen würde. Das Gericht hätte den Antragsteller insofern auf seine Rechtsauffassung hinweisen und ggf. zu ergänzendem Vortrag auffordern müssen. Selbst wenn im Antrag und den sonstigen Schriftsätzen ein hinreichender Vortrag zum Sachverhalt zu einer entscheidungserheblichen Frage fehlen sollte, darf das Gericht nicht allein deswe- gen den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnen (NK-VwGO/Adelheid Puttler, 5. Aufl. 2018, VwGO § 123 Rn. 91). Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet das Gericht, eigene Ermittlungen anzustellen. Im Rahmen dieser Ermittlungen sind die Beteiligten entsprechend § 86 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwGO heranzuziehen. Da ein entsprechender Hinweis im erstinstanzlichen Verfahren unterblieb, verweisen wir auf den nunmehr im Rahmen der Beschwerdebegründung ergänzten Sachverhaltsvortrag oben unter Abschnitt A. Die Pressetätigkeit des Antragstellers ergibt sich folglich u.a. aus seinen oben aufgeführten Veröffentlichungen in den Druckerzeugnissen taz, Frankfurter Allgemeine Zeitung, der Freitag, Atlas der Globalisierung oder dem Grundrechte-Report. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Pressetätigkeit des Antragstel- lers ist insoweit die Entscheidung über die Beschwerde. Für die Bewertung der Anspruchs- berechtigung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über die Be- schwerde maßgeblich. Die Beschwerde kann daher auch auf Umstände, Tatsachen und Ver- änderungen gestützt werden, die zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung noch nicht vorlagen, sondern nachträglich - auch noch während der Beschwerdebegründungsfrist - eingetreten sind oder bei der Entscheidung des VG nicht berücksichtigt wurden. Denn auch insoweit lässt sich die Ergebnisrichtigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses mit Erfolg an- zweifeln (Rudisile, in Schoch/Schneider, VwGO, 42. EL 2022, § 146, Rn. 13c). Das gilt selbst bezüglich vom Beschwerdeführenden nachträglich geschaffenen Tatsachen und bei ihm schon früher bekannten Gründen oder Beweismitteln (ibid.; OVG NW Beschl. v. 26.3.2004 – 21 B 2399/03; BayVGH Beschl. v. 30.1.2017 – 4 CE 16.2575 –; VGH BW Beschl. v. 2.6.2017 – NC 9 S 1244/17 –m. w Nachw.). b. FragDenStaat als Druckerzeugnis Schließlich ist das Portal FragDenStaat, für welches der Antragsteller tätig ist und bei dem er regelmäßig Artikel veröffentlicht, nunmehr auch selbst eindeutig als Druckerzeugnis im herkömmlichen Sinn anzusehen. Hierzu verweisen wir auf den ergänzenden Sachverhalts- vortrag unter A und die als Anlage ASt8 beigefügte Print-Ausgabe der FragDenStaat-DE. Durch den Druck in 2000-facher Auflage hat das journalistische-redaktionelle Telemedium 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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- 14 - FragDenStaat die vom VG Berlin als presserechtliches Niemandsland verstandene, nebu- löse Sphäre des Digitalen nunmehr verlassen. Als Zeitung stellt sie zweifelsohne ein Druck- erzeugnis dar, durch welches Informationen und Meinungen in verkörperter Form an einen unbegrenzten Personenkreis und damit die Öffentlichkeit verbreitet wird. Als solche dürfte sie auch nach dem tradierten Presseverständnis des Verwaltungsgerichts Berlin in den Schutzbereich von Artikel 5 GG fallen. Das FragDenStaat Druckerzeugnis dient auch der Erfüllung der verfassungsrechtlich (ge- währleisteten) Aufgaben der Presse. Maßgeblicher Zweck der Publikation ist eine meinungs- bildende Wirkung für die Allgemeinheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2019 – 7 C 26/17 –, juris Rn. 29). Dass den in der Zeitung enthaltenen Artikeln (wie im Übrigen auch den Arti- keln, die bisher ausschließlich auf der Internetseite veröffentlicht wurden), die erforderliche Informations- und Kommunikationsfunktion (vgl. BVerwG, aaO, Rn. 24) zukommt, dürfte au- ßer Frage stehen. Diese befassen sich sämtlich mit gesellschaftlich und politisch aktuellen Fragestellungen und liefern insofern (neue) Hintergrundinformationen und eigenständige Blickwinkel der Autor:innen. Nur ergänzend weisen wir in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die auf FragDenStaat (und entsprechend in der Zeitung) veröffentlichten Recher- chen in einer Vielzahl der Fälle in Kooperation mit anderen Medienhäusern erfolgt sind (s. oben A.). Folglich kann sich der für FragDenStaat tätige Antragsteller auch aus diesem Grunde auf die Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG berufen. c. Veröffentlichung hinsichtlich der konkreten Recherche Der Antragsteller plant, die Ergebnisse seiner Recherche zu Gerhard Schröder auf der Web- seite von FragDenStaat und in einer der nächsten Ausgaben des FragDenStaat-Drucker- zeugnisses zu veröffentlichen. Ob eine Veröffentlichung ggf. darüber hinaus in anderen Print- medien erfolgen wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgesehen werden. Dies hängt ent- scheidend vom weiteren Verlauf der Recherche und auch von der Beantwortung der Fragen des Antragstellers durch die Antragsgegnerin ab. Es kann jedoch ohnehin selbst bei Zugrundelegung des förmlichen Pressebegriffs nicht ver- langt werden, dass ein Nachweis über eine konkret zu der Recherche, in deren Zusammen- hang das Auskunftsersuchen erfolgt ist, geplante Veröffentlichung in einem Druckerzeugnis vorgelegt wird. Eine solche Handhabung ginge völlig an der Realität journalistischer Tätigkeit vorbei und würde die Anforderungen an den presserechtlichen Auskunftsanspruch über- spannen. Denn journalistische Auskunftsersuchen stehen oftmals am Anfang oder in der Mitte einer Recherche und ob und in welcher Form eine Recherche publiziert wird, kann beispielsweise auch davon abhängen, wie Presseanfragen beantwortet werden (s.o. unter II. 1.a) bb)). Darüber hinaus ist die freie Entscheidung über das „ob“ und „wie“ der Berichter- stattung gerade als Kernbereich der Pressefreiheit von Art. 5 GG geschützt. Nach dem Sinn und Zweck von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und der herausgehobenen verfas- sungsrechtlichen Stellung der „Presse“ kann es für den persönlichen Schutzbereich daher - wenn überhaupt - ohnehin nur darauf ankommen, dass die betreffende Person in der Ver- gangenheit in Druckerzeugnissen veröffentlicht hat oder anderweitig eine allgemeine Verbin- dung zu oder Zusammenarbeit mit Herausgeber:innen von Druckerzeugnissen besteht. Die 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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- 15 - Darlegung einer konkret geplanten Veröffentlichung in einem Druckerzeugnis kann hingegen keine Voraussetzung sein. Im Übrigen genügt die Darlegung einer konkreten Berichterstattungsabsicht, die der Antrag- steller erstinstanzlich bereits vorgetragen hat und die sich nun - überobligatorisch - jedenfalls auch auf eine Berichterstattung im FragDenStaat Druckerzeugnis erstreckt. 3. Auskunftsanspruch jedenfalls auch für journalistisch-redaktionelle Telemedien In jedem Fall aber ergibt sich ein Auskunftsanspruch des Antragstellers direkt aus der Rund- funkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, weil er journalistisch-redaktionell gestaltete Inhalte über das Telemedium FragDenStaat publiziert. Das VG Berlin führt insoweit aus: „Auch lässt sich nicht schon aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summari- schen rechtlichen Prüfung mit einer hohen, die – hier endgültige – Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Wahrscheinlichkeit annehmen, dass auch Anbietern von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten ein unmittelbar aus dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Grundrecht der Rundfunkfreiheit fol- gender Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden zusteht. Vielmehr erfordert die Beantwortung der betreffenden Frage eine eingehende rechtliche Würdigung, die dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist.“ (angegriffener Beschluss, S. 7) Einen Absatz vorher teilt das VG Berlin mit, es könne dahinstehen, ob FragDenStaat „ein Telemedium mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten ist und ob der Antragsteller, der besagte Plattform nicht betreibt, Anbieter dieses Telemediums ist.“ (angegriffener Beschluss, S. 7) Die dargelegten Auffassungen des VG können keinen Bestand haben. Denn die Frage, ob dem Antragsteller grundsätzlich ein solcher Anspruch zustehen kann, ist eine Rechtsfrage, die nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 4 GG in einem Eilverfahren zu beantworten ist (a.). Die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährt einen verfassungsunmittelbaren Aus- kunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden (b). Die journalistisch-redaktionell gestalteten Publikationen des Antragstellers auf der Plattform FragDenStaat fallen in den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit (c.), weshalb diesem folglich auch ein Auskunftsanspruch zusteht (d.). a. Klärung von Rechtsfragen im Eilverfahren Die Frage des persönlichen Anwendungsbereichs des Auskunftsanspruchs aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ist eine Rechtsfrage, die einer Beurteilung im Eilverfahren nach den Maßgaben von Art. 19 Abs. 4 GG zugänglich sein muss. Die Auffassung des VG überzeugt nicht und weckt Zweifel an der Vereinbarkeit mit Art. 19 Abs. 4 GG. Zwar ist der Natur des Eilverfahrens entsprechend im Rahmen eines Antrags nach § 123 VwGO grundsätzlich lediglich eine summarische Prüfung erforderlich. Nach über- zeugender Auffassung bezieht sich der damit verbundene reduzierte Prüfungsmaßstab aber lediglich auf eine summarische Sachverhaltsermittlung und -bewertung (vgl. dazu Schoch in Schneider/Schoch, VwGO, Stand 2021, Rn. 122a). Demgegenüber können Rechtsfragen 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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- 16 - auch in einem Eilverfahren abschließend geklärt werden. Eine „summarische Rechtsprü- fung“ kann es eigentlich nicht geben, weil dem Rechtsanwender auch in einem Hauptverfah- ren keine weiteren rechtlichen Erkenntnisse oder Offenbarungen zur Verfügung stehen dürf- ten, als im Eilverfahren (iura novit curia; s.a. Heinemann, NVwZ 2019, 517). Gleichwohl billigt das BVerfG auch die „summarische Rechtsprüfungen“ der Verwaltungsge- richte in Eilverfahren und eine Entscheidung auf Grundlage einer Folgenabwägung. Nur in Ausnahmefällen ergibt sich ein Anspruch auf eingehende Prüfung der Rechtslage aus Art. 19 Abs. 4 GG, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzu- mutbar Grundrechtsverletzungen drohen (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2018 – 1 BvR 733/18, Rn.3). Ob also Art. 19 Abs. 4 GG zu einer „Vollprüfung“ verpflichtet, oder ausgehend von einer summarischen Rechtsprüfung eine Folgenabwägung zulässig ist, beurteilt sich im Wesentli- chen nach einer Abwägung der drohenden Grundrechtsverletzungen mit der Komplexität der zu beantwortenden Fragen und der zur Verfügung stehenden Zeit. Nur wenn eine der dro- henden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilver- fahren nicht möglich ist – etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehen- den Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte – kann eine Entscheidung auf Grundlage einer Folgenabwägung getroffen werden (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2018 – 1 BvR 733/18; BVerfG, Beschl. v. 6.2.2013 – 1 BvR 2366/12). Nach diesen Maßstäben war die Entscheidung auf Grundlage einer Folgenabwägung vorlie- gend nicht zulässig. Im Gegensatz zu den der Entscheidung des BVerfG zur Genehmigung von „Nord Stream II“ zugrundeliegenden Rechtsfragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.6.2018 – 1 BvR 733/18) geht es vorliegend nicht um komplexe fachplanerische Rechtsfragen zu einem Planfeststellungsbescheid, sondern um die einfache Frage, ob sich der Antragsteller als aus- gewiesener Journalist auf Art. 5 Abs. 2 S. 1 GG berufen kann. Diese Frage kann anhand der Kommentierung und einschlägigen Rechtsprechung ohne erheblichen Zeitaufwand und ohne jedwede zusätzliche Sachverhaltsermittlung eindeutig beantwortet werden. Dabei steht mit einer möglichen Verletzung der Presse- und Rundfunkfreiheit die Verletzung eines be- sonders gewichtigen Verfassungsrechtsgutes im Raume, dem das BVerfG geradezu konsti- tutive Bedeutung für die demokratische Grundordnung zuspricht. Unter Berücksichtigung des Gewichts der betroffenen Belange sowie der Dauer von drei Monaten war daher eine eingehende Prüfung der Anspruchsberechtigung des Antragstellers nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten. Selbst wenn aber eine Folgenabwägung zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden durfte, so hätte das VG Berlin von der hohen Wahrscheinlichkeit einer Anspruchsberechti- gung ausgehen müssen, die eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigt. Denn wenn- gleich hinsichtlich der dogmatischen Verortung und inhaltlichen Reichweite des Auskunfts- anspruchs verschiedene Auslegungsmöglichkeiten (dazu die folgenden Ausführungen) be- stehen, so kann es im Ergebnis keinen Zweifel daran geben, dass sich ein ausgewiesener Pressevertreter, der regelmäßig Artikel zu aktuellen Themen veröffentlicht, gegenüber Bun- desbehörden auf den Auskunftsanspruch aus Art. 5 GG berufen kann. Ein anderes Ausle- gungsergebnis wäre mit Art. 5 GG und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kaum vereinbar. Der Verweis des VG Berlin auf die Entscheidung zu abgeordnetenwatch (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. September 2017 – OVG 11 S 49.17 –, juris) 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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- 17 - geht im Übrigen insofern fehl, als es dort um die “institutionelle Eigenständigkeit” von Tele- medien ging und Antragsteller - wie bereits dargelegt - keine natürliche Person und kein ausgewiesener Journalist war, sondern der gemeinnützige Verein, der die Plattform abge- ordnetenwatch betreibt. Zu der Frage, ob einzelne Journalist:innen, die auf abgeordneten- watch etwa Beiträge publizieren, einen Auskunftsanspruch haben, verhielt sich die Entschei- dung - anders als die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die einem Journalisten von Correctiv dem Grunde nach offensichtlich als auskunftsberechtigt ansieht (BVerwG, Ur- teil vom 28. Oktober 2021 – 10 C 5/20 –, juris) - nicht. b. Die Rundfunkfreiheit gewährt einen Auskunftsanspruch gegenüber Behörden Ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden ergibt sich auch aus der Rundfunkfreiheit. Ein Gleichlauf des unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 GG abgelei- teten Auskunftsanspruchs von Presse und Rundfunk ist unter Berücksichtigung der verfas- sungsrechtlichen Gleichstellung und des Sinn- und Zwecks der in Artikel 5 verbürgten Frei- heiten zwingend. Denn nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „gehört der Rundfunk ebenso wie die Presse zu den unentbehrlichen modernen Massenkommunikati- onsmitteln, durch die Einfluss auf die öffentliche Meinung genommen und diese öffentliche Meinung mitgebildet wird. Der Rundfunk ist mehr als nur ‚Medium‘ der öffentlichen Meinungs- bildung; er ist ein eminenter ‚Faktor‘ der öffentlichen Meinungsbildung.“ Der Rundfunk ist ein neben der Presse stehendes, „mindestens gleich bedeutsamen, unentbehrlichen modernen Massenkommunikationsmittel und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung“ weshalb die in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verbürgten Freiheiten für den Rundfunk „nicht weniger wichtig als für die Presse“ (BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 – 2 BvG 1/60, 2 BvG 2/60) sind. Wenn aber Bedeutung und Funktion von Presse und Rundfunk für die Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft die gleichen sind, dann muss der Auskunftsanspruch ge- genüber Bundesbehörden in gleichem Umfang bestehen. Denn der Auskunftsanspruch der Presse wurde vom BVerwG gerade aus der „besonderen verfassungsrechtlichen Bedeu- tung“ abgeleitet und als Voraussetzung für eine „funktionsgemäße Betätigung“ verfassungs- rechtlich verankert, der es der Presse ermöglichen soll, „ihre Kontroll- und Vermittlungsfunk- tionen zu erfüllen, die in der repräsentativen Demokratie unerlässlich sind“. (BVerwG, Urt. v. 20. 2. 2013 – 6 A 2/12 – Rn. 27). Nichts anderes kann daher für den Rundfunk gelten. Dementsprechend stellt das Bundesverfassungsgericht auch bezüglich anderer aus Art. 5 Abs. 1 S.2 GG abgeleiteten Freiheiten, wie z.B. dem Quellenschutz, einen Gleichlauf zwi- schen Presse und Rundfunk her (BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 - 1 BvR 538/06 unter B.I.1.a). Diese Auffassung findet auch im Wortlaut des Art. 5 Abs. 2 S. 1 GG eine eindeutige Stütze, der ausdrücklich von der Freiheit der Berichterstattung durch den Rundfunk spricht. Die Wahrnehmung dieser Berichterstattungsfunktion soll durch die Gewährung des Auskunfts- anspruchs ermöglicht werden. In diesem Sinne geht auch das OVG Berlin-Brandenburg in dem oben zitierten Beschluss v. 05.02.2020 (OVG 6 S 59.19) selbstverständlich davon aus, dass auch Journalist:innen, die für das Fernsehen oder Online-Medien tätig sind, der Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zusteht. 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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- 18 - Entsprechend der Ausführungen des BVerwG können die Träger:innen der Rundfunkfreiheit auch nicht ersatzweise auf das Informationsfreiheitsgesetz verwiesen werden, wie es das OVG Berlin-Brandenburg in dem vom VG Berlin zitierten Beschluss v. 8. September 2017 angedeutet hat. Denn das IFG reflektiert insofern nicht die besonderen Funktionsbedürfnisse von Presse und Rundfunk (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. 2. 2013 – 6 A 2/12 – Rn. 28). Die Rundfunkfreiheit umfasst daher zweifelsohne auch einen verfassungsunmittelbaren Aus- kunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden. c. Rundfunkrechtlicher Auskunftsanspruch auch für journalistische Telemedien Unabhängig von dem Umstand, dass der Antragsteller regelmäßig Artikel in gedruckten Zei- tungen publiziert und sich deshalb auch auf die Pressefreiheit berufen kann (s.o.), kann er sich auch bei einer beabsichtigten Publikation auf dem journalistisch-redaktionellen Angebot von FragDenStaat auf einen verfassungsunmittelbaren rundfunkrechtlichen Auskunftsan- spruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG berufen. Legt man die nach unserer Auffassung überholte Anknüpfung an den Übertragungsweg bei der Schutzbereichsbestimmung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zugrunde, so umfasst die Rund- funkfreiheit grundsätzlich jede Verbreitung von Information an einen unbestimmten Perso- nenkreis auf elektromagnetischem Wege und damit auch jede Form neuer Medien, die über das Internet verbreitet wird (Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage, Art. 5, Rn. 99). Wie beim klassischen Rundfunk fehle es auch hier an einer Verkörperung des Inhalts (Bethge in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl. 2014, Art. 5, Rn. 73a; 88; Brand, Rund- funk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 242 ff; s.a. Schemmer in BeckOK GG, Stand 2022, Art. 5 Rn. 43). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht schon frühzeitig klargestellt, dass der Rundfunkbegriff technologie- und entwicklungsoffen ist: „Soll die Rund- funkfreiheit in einer sich wandelnden Zukunft ihre normierende Wirkung bewahren, dann kann es nicht angehen, nur an eine ältere Technik anzuknüpfen, den Schutz des Grund- rechts auf diejenigen Sachverhalte zu beschränken, auf welche diese Technik bezogen ist, und auf diese Weise die Gewährleistung in Bereichen obsolet zu machen, in denen sie ihre Funktion auch angesichts der neuen technischen Möglichkeiten durchaus erfüllen könnte.“ (BVerfG, Beschl.v. 24.03.1987 - 1 BvR 147/86). Wie auch bei der Pressefreiheit, sind auch keine Voraussetzungen an die Qualität, die Reich- weite oder die genaue Ausgestaltung zu stellen. Auf inhaltliche Kriterien – etwa eine publi- zistische Relevanz, das Fehlen besonderer zeitlicher oder inhaltlicher Rezeptionsoptionen, die Abwesenheit von Interaktivität, die Periodizität oder die Universalität kommt es für den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff nicht an (Bethge in Sachs, Grundgesetz, Stand 2021, Art. 5, Rn. 90a). Selbst der Versender eines Email-Newsletters kann sich grundsätzlich auf die Rundfunkfreiheit berufen (OLG Köln, Urteil vom 09.09.2009 – 6 U 48/09). Demnach sind Online-Medienangebote jeglicher Art grundsätzlich als Rundfunk im verfas- sungsrechtlichen Sinn zu qualifizieren (vgl. Übersicht bei Bethge in Sachs, Grundgesetz, Stand 2021, Art. 5, Rn. 90b; Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage, Art. 5, Rn. 100). Fraglos fällt also auch die Plattform FragDenStaat, auf der diverse Texte zu aktuellen politischen Themen veröffentlicht und so einem unbestimmten Personenkreis zu- gänglich gemacht werden, in den sachlichen Anwendungsbereich der Rundfunkfreiheit. 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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- 19 - Vor diesem Hintergrund wirft nun das OVG Berlin-Brandenburg in vom VG Berlin zitierten Beschluss vom 8. September 2017 die Frage auf, inwiefern eine „institutionelle Eigenstän- digkeit“ der bei Schaffung des Grundgesetzes noch nicht existenten Telemedien durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützt werde. Es sei nicht zwingend, diese ganz oder teilweise dem Rundfunk zuzuordnen, dies gelte auch nicht für Telemedien mit journalistisch-redaktionellem Angebot. Es sei daher offen, ob und für welche Telemedien ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch bestehen könne. Die Fragestellung nach einer institutionellen Eigenstän- digkeit von Telemedien geht aber aus unserer Sicht an der Sache vorbei. Denn der Aus- kunftsanspruch leitet sich wie dargestellt aus der Bedeutung und Funktion der Presse- und Rundfunkfreiheit ab, nicht aus dem objektiv-institutionellen Gewährleistungsgehalt der Rund- funkfreiheit (dazu Grabenwarter in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Stand 2021, Art. 5 GG, Rn. 763 ff). Die Rundfunkfreiheit enthält aber neben der objektiv-institutio- nellen auch eine subjektiv-individuelle Gewährleistungen, zu denen auch der Auskunftsan- spruch zählt. Während hinsichtlich des objektiv-institutionellen Gehalts die Frage nach einer Einbeziehung der neuen Medien berechtigt sein mag, stellt sich diese bezüglich des Aus- kunftsanspruchs nicht. Dies hat auch das OVG selbst in seiner späteren Entscheidung (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.02.2020 – OVG 6 S 59.19) ausdrücklich anerkannt und entsprechend zwischen subjektiven Freiheiten und objektivem Gewährleistungsgehalt diffe- renziert (s. Zitat oben). Sofern das OVG Bedenken hinsichtlich der Reichweite eines solchen Auskunftsanspruchs für jegliche neuen Medien äußert und eine Ausweitung auf NGOs oder Einzelpersonen mit vergleichbarer Kontrollfunktion in Frage stellt, bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Abgrenzung, da jedenfalls Telemedien mit journalistisch-redaktionellen An- geboten eindeutig ein Auskunftsanspruch zusteht, soweit sie in ihrer Funktion und ihrem Bei- trag zur öffentlichen Meinungsbildung den herkömmlichen Druckerzeugnissen gleichstehen. Denn insoweit unterscheiden sich redaktionell bearbeitete Texte auf Internetplattformen, in denen allgemein zugänglich über aktuelle Geschehnisse berichtet wird, allein durch die Ver- körperung von gedruckten Zeitschriften. Sie leisten aber einen mindestens gleichwertigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen wir diesbezüglich auf die obigen Ausführungen. FragDenStaat stellt ein solches journalistisch-redaktionelles Telemedium dar. Auf der Platt- form werden Artikel zu aktuellen Themen wie Netzpolitik, Informationsfreiheitsrechte, Trans- parenz öffentlicher Stellen, Rechtsextremismus, Bundestagswahlen oder Migration veröf- fentlicht, die auf journalistischen Recherchen beruhen und redaktionell aufgearbeitet sind. Es steht folglich in seiner Funktion den „klassischen“ Presseerzeugnissen gleich. Die Einbeziehung solcher journalistisch-redaktionell gestalteten Telemedien in den Schutz- bereichs der Rundfunkfreiheit wird auch von der Regelung in den Landesgesetzen gestützt, welche die Rundfunkfreiheit als normgeprägtes Grundrecht einfachgesetzlich ausgestalten. Anbietern von journalistisch-redaktionellen Telemedien steht gem. §§ 18 Abs. 4 i.V.m. § 5 MStV ein Auskunftsanspruch gegen Behörden zu. Derartige Telemedien werden also in den Landesgesetzen dem Rundfunk gleichgestellt. Ebenso wenig, wie die Landespressegesetze Auskunftsansprüche gegen Bundesbehörden tragen, bestehen allerdings über §§ 18 Abs. 4 i.V.m. § 5 MStV rundfunkrechtliche Auskunftsansprüche gegen Bundesbehörden. Vielmehr bedarf auf Bundesebene des, von Rechtsprechung des BVerwG mit Blick auf die Printpresse 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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- 20 - gegen Bundesbehörden entwickelten, auf Art. 5 Abs. Abs. 1 S. 2 GG gestützten verfassungs- unmittelbaren Auskunftsanspruches (BVerwG NVwZ 2015, 1388). Dieser Anspruch darf aber materiell-rechtlich nicht hinter den im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelungen der landes- rechtlichen, auf eine Abwägung zielenden Presseauskunftsansprüche zurückbleiben (BVerfG NVwZ 2016, 50). Diese Rechtsprechung ist auf den Rundfunk, sowie auf die elekt- ronische Presse übertragbar. Wenngleich der Gewährleistungsgehalt von Art. 5 GG nicht durch einfaches Gesetz erweitert oder beschränkt werden kann, so legt die Bezugnahme des BVerfG auf die landesrechtlichen Pressegesetze doch nahe, dass der verfassungsrechtliche Auskunftsanspruch ebenfalls journalistisch-redaktionelle Telemedien erfasst. Der Auskunftsanspruch nach § § 18 Abs. 4 iVm § 5 MStV ist den Auskunftsansprüchen der Landespressegesetze nachgebildet ist und steht in der Rechtsquellenhierarchie auf gleicher Ebene. Dabei gelten für Printpresse und elektronische Presse die gleichen medienverfassungsrechtlichen Schutzmaßstäbe (Alexan- der ZUM 2015, 614; Zielinski AfP 2013, 284; s. auch Altenhain in DJT 2016, Bd. I, Gutachten Teil C, 2016, C 12 f., C 42 f.). Schließlich bedarf es auch an dieser Stelle für die Einbeziehung journalistisch-redaktioneller Telemedien in den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit keiner Verfassungsänderung, wie sie das OVG Berlin-Brandenburg in Betracht gezogen hat. Ein entsprechender Auskunftsan- spruch lässt sich unter Anwendung der herkömmlichen Auslegungsmethoden, insbesondere unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Presse- und Rundfunkfreiheit wie dargestellt ohne weiteres aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- gerichts ableiten. Dem Antragsteller steht damit ein Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu. 4. Übrigen Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs und Anordnungsgrundes er- füllt Die übrigen Voraussetzungen des Anordnunganspruchs und des Anordnungsgrundes liegen vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen wir auf unseren gesamten Vortrag vor dem VG Berlin. Dies betrifft insbesondere den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anord- nung vom 16.03.2022, sowie unsere Schriftsätze vom 22.04.2022 und 24.05.2022. C. Fazit Die Entscheidung des VG Berlin vom 21.06.2022 Az: VG 27 L 68/22 ist rechtsfehlerhaft er- gangen. Das Gericht hat verkannt, dass dem Antragsteller als Journalist ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch gegen die Antragsgegnerin aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zusteht – und zwar ungeachtet der Tatsache, dass der Antragsteller auch regelmäßig in gedruckten Zeitungen Artikel publiziert. Auch die Recherche für eine beabsichtigte Veröffentlichung auf dem jour- nalistisch-redaktionellen Angebot von FragDenStaat ist durch einen verfassungsunmittelba- ren Auskunftsanspruch von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gedeckt. Sofern man die Rechtsprechung des BVerwG zum verfassungsunmittelbaren presserechtlichen Auskunftsanspruch nicht oh- nehin als verfassungsunmittelbaren journalistischen Medienauskunftsanspruch interpretiert, wäre sie auf den Rundfunk und auf journalistisch-redaktionelle Telemedien übertragbar. Es 20.07.22.21 BKP-KANZLEI
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