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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Lärmmedizinisches Gutachten Flughafen Hamburg“
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse 3.7 Empfindlichkeitszeitpunkte des zirkadianen Rhythmus Während eines 24-Stundenrhythmus verändert sich die Empfindlichkeit bzw. Reaktivität von Stunde zu Stunde, weil auch die zirkadiane Rhythmik in ihrem Verlauf zu jeder Zeit einen psychophysiologischen Zustand hervorbringt. Auf dieser Grundlage fand man sogenannte Empfindlichkeitszeitpunkte. Darunter werden Zeitpunkte erhöhter und herabgesetzter Reaktivität oder Empfindlichkeit gegenüber exogenen und endogenen Einflüssen verstanden [Haus 1964, Halberg 1960, 1962]. Die Empfindlichkeit bezieht sich auf Wahrnehmungen (z. B. Schmerz), auf Leistungen, auf Wirkungen, Medikamente, toxische Stoffe, physikalische Faktoren (Strahlen, Elektromagnetismus, Geräusche). Z.B. haben die Reaktionszeiten auf akustische Reize einen zirkadianen Verlauf (vgl. Abb. 3.8): Die längsten Reaktionszeiten liegen zwischen 23.00 und 9.00 Uhr ‚die kürzesten zwischen 9.00 und 22.00 Uhr vor. Bei der Beurteilung der Lärmwirkungen wurden bisher derartige Kriterien nicht berücksichtigt. Empfindlichkeitszeitpunkte des zirkadianen Rhythmus sind für Pharmaka, Hormone, Narkotika, toxische Stoffe und radioaktive Strahlungen (Röntgen) u.a. bekannt. [u.a. Halberg 1974, Lemmer 1984, Reinberg 1974] Im Tierexperiment wurde die letale Dosis (LD 50) als Maßstab verwendet. Nachtaktive Tiere, vor allem Laborratten zeigten bei gleicher Dosierung der Stoffe Äthanol, Acetylcholin, Librium, Barbiturate, Nikotin, Endotoxin, Strychnin, Amphetamin und Röntgenstrahlen erhebliche Unterschiede zu den verschiedenen anderen Tageszeiten. Zwischen Maxima und Minima der tagesrhythmischen Empfindlichkeit zeigten sich Wirkungsdifferenzen im Verhältnis 1:3 bis 1:10 [Halberg 1960, 1962, Haus 1974 u.a.] Reinberg [Reinberg 1974] führte als erster derartige Untersuchungen am Menschen durch. Zwischenzeitlich gibt es eine breite Palette an derartigen Tageszeitwirkungs-Beziehungen (siehe Aufstellung am Ende dieses Kapitels). Von Halberg [Halberg 1977] wurde ein Schema veröffentlicht, welches die Optimierung der Wirkung von Medikamenten zu bestimmten Tageszeitpunkten bzw. die Fehlwirkungen, wenn man diese nicht berücksichtigt, darstellt. 34 von 69
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse Rationale for chronotherapy rhythm determines cost of single drug administration* Single doses Applied at different times to different individuals (a.g. avary 4 hrs. for 24 hrs.) wh Drug 8 2 . @ 1 _ | ri Organism ö ! G N nen Death ___N is Drug 8 £ £ = Si Tv u u ON rganism en E H—-Period of rhytnm ———J le.g, 24 hrs.) r—— in ® To minimiza side effacts of therapy we can syatematically vary timing labove)as well as dose (below) Abb. 3.12: Modellschema zur Chronotherapie mit Pharmaka (Quelle: Halberg 1977) In diesem Schema ist veranschaulicht, daß die gleiche Dosis eines Wirkstoffs, zu unterschiedlichen Zeitpunkten verabreicht, in der Intensität ihrer Wirkung sehr unterschiedlich sein kann. Will man über den gesamten Tag-Nachtzyklus den gleichen therapeutischen Effekt erreichen, so muß man die Dosis des Wirkstoffes tageszeit-abhängig variieren. 3.8 Ontogenese der zirkadianen Rhythmik Die biologischen Rhythmen unterliegen ontogenetischen / epigenetischen Gesetzmäßigkeiten. Der zirkadiane Rhythmus entwickelt sich nach der Geburt und ist zunächst nur schwach oder gar nicht, dann in ultradianen Periodenlängen nachzuweisen, um schließlich in stabile Periodenlängen überzugehen. Die Entwicklung der zirkadianen Rhythmik im Kindesalter korreliert mit der individuellen körperlichen und psychischen Reife. "Zurückgebliebene" Kinder benötigen längere Zeit zur Entwicklung [Hellbrügge 1977]. Eine von Geburt an aufgezwungene Nachtpause der Nahrungsaufnahme eines Säuglings stört die Entwicklung der zirkadianen Rhythmik und des Säugling. [Morath 1977] Infektionskrankheiten verursachen einen Entwicklungsrückfall auch bezüglich der zirkadianen Rhythmik. Desweiteren hemmen Schlafstörungen des Kindes die Entwicklung der individuellen zirkadianen Rhythmen und die geistige Entwicklung des Kindes. Die "physiologische Leistungsbereitschaft" des Schulkindes wird durch den Entwicklungsstand der zirkadianen Rhythmik charakterisiert. [Hellbrügge 1977] 35 von 69
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse st N 100 7 I 2-3 Wochen 1 sr #7 1 = 95 Frühgeborene 6-10 Wachan 105 100 95 „‚Lebenswoche 100 95 2.+3. Lebenswoche 100 5 95 6-18 Wochen Uhrzeit Abb. 3.13: Entwicklung des Zirkadianen Rhythmus der Pulsfrequenz im Kindesalter (Quelle: Hellbrügge 1977) Die Empfindlichkeitszeitpunkte der Kinder unterscheiden sich zum Teil noch von denen der Erwachsenen. Halberg [Halberg 1984] vermochte anhand des zirkadianen Rhythmus des Blutdrucks von Säuglingen das Risiko für eine arterielle Hypertonie (Bluthochdruckkrankheit) zu prognostizieren. Ansonsten gibt es diesbezüglich noch große Erkenntnislücken und Nachholbedarf für die Forschung. Lärmwirkungen auf den kindlichen zirkadianen Rhythmus sind nach unseren Informationen nicht untersucht worden. Im Alter (über 60 Jahre) verändern sich die Profile der zirkadianen Verläufe von Körperfunktionen teilweise beträchtlich. Eine typische Erscheinung ist die Erniedrigung der Amplitude [Monk 1996] 36 von 69
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse Se Kapitel 5: Chronobiologische Erkenntnisse YOUNG CONTROLS, n=17 8 Global Vigor N So _ o Global Vigor Global Vigor ı 2m 1093606 8 a2 15 1 2 TIME OF DAY Abb. 3.14: Zirkadianer Rhythmus subjektiv beurteilten Verhaltens von Jungen und alten Menschen (Quelle: Monk 1996) 3.9 Individuelle Phasenlage des zirkadianen Rhythmus (Morgen- und Abendmenschen) Bei Angaben z. B. der Empfindlichkeitszeitpunkte wird stillschweigend vorausgesetzt, daß diese Daten auf den sogenannten Morgenmenschen zutreffen. Diese haben z.B. ihren generellen Leistungsgipfel in der ersten Tageshälfte. Nun gibt es aber auch Menschen, die ihren Leistungsgipfel in der zweiten Tageshälfte oder sogar nachts ausweisen. Man nennt sie Abend- oder Nachtmenschen.Sie haben gegenüber den Morgenmenschen eine erhebliche Phasen- Verschiebung des zirkadianen Rhythmus. Der Anteil der Abendmenschen an der erwachsenen Bevölkerung wird im Bereich von 8 - 20 % angegeben [Jäntsch 1988, Österberg 1977]. Die in die Frühschicht oder normale Einschichtarbeit eingegliederten Abendmenschen haben nicht selten mit Störungen der Zeitstruktur zu tun, wie es den Morgenmenschen analog in der Nachtschicht geht. en En 37 von 69
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse —— 000000000 „aprel 3. „hronoblologische Erkenntnisse 3.10 Schlafzyklen und zirkadianer Rhythmus Isolationsversuche [Aschoff 1960, Zulley 1993 u. a.] haben gezeigt, daß der Schlaf sich als ein eigenständiger Rhythmus abkoppeln kann. Gleichzeitig wurde in diesem Zusammenhang nachgewiesen, daß die im Nachtschlaf nachgewiesenen REM-Zyklen als sogenannter Ruhe- Aktivitätszyklus mit einer Periodendauer von ca. 90 Minuten und die Schlaftendenz (Schlafdruck) in Zyklen von 4 Stunden sich während der gesamten 24 Stunden beim gesunden Erwachsenen manifestiert sind. [Zulley 1993] Bei der Beurteilung der intakten oder des Verlustes der funktionellen Zeitstruktur, sind diese Zyklen mit zu beurteilen. Ebenfalls in diese Funktionsbeziehung sollte der Wochenrhythmus (zirkaseptane Rhythmus) des Schlafverhaltens, der die beste Schlafqualität in der Nacht von Freitag zum Samstag und die schlechteste von Sonntag zu Montag ausweist. Obgleich diese unterlagerten Rhythmen (90 Minuten und 4 Stunden) bekannt sind, wird andererseits der Wach-Schlaf-Zyklus in drei Kardianalzustände des Lebens [Koella 1988] - Wachsein - orthodoxer Schlaf (NONREM-Schlaf) - Traumschlaf (paradoxer Schlaf = REM-Schlaf) gegliedert, deren Ausgewogenheit für die Erhaltung und Förderung der Gesundheit wichtig ist. Unter physiologischem Aspekt ist die Dynamik des Schlafes und seine objektive Beurteilung nur durch die in diesem Zustand ablaufenden rhythmischen Funktionen, die im Rahmen einer Hierarchie die Homöostase aufrecht erhalten. Nachfolgend sollen noch einige Definitionen für zyklische Prozesse, die in der Beziehung Schlaf - Zirkadianer Rhythmus stehen, gegeben werden. - Schlafprofil: Wird als die zeitliche Beziehung zwischen Schlaf- und Wachsein verstanden. Das Schlafprofil wird durch Beginn und Ende des Schlafes bestimmt. Diese Zeitpunkte werden aus der Sicht des zirkadianen Rhythmus betrachtet. Es gehen daher solche Parameter wie Schlafdauer, Einschlafdauer, Zubettgehzeiten, Aufstehzeiten, Wachepisoden des Schlafes, Tag- und Nachtschlaf - Beziehungen in das Schlafprotokoll ein. - Schlafstruktur: Sie charakterisiert die Struktur des Schlafes aus der Sicht des elektrophysiologischen Schlafpolygrammes. Hierzu zählen Schlafstadien, Schlafstadienlatenzen, Wechsel von NONREM - und REM-Schlaf und Schlafzyklen. - Schlafzyklus: Wird durch die REM-Zyklen bestimmt. Während der Zyklus vom Einschlafen bis zum ersten Auftreten der REM-Symbole als REM -Latenz bezeichnet wird, werden die Intervalle von Beginn der zweiten bis zur dritten, der dritten bis zur vierten usw. als Schlaf-Zyklus bezeichnet. - Schlaftendenzen: (Schlaffenster, Schlaftore) sind rhythmisch auftretende Tageszeiten mit erhöhter Neigung zum Schlaf bzw. Schläfrigkeit. Die Schlaftendenzen verlaufen im Vierstunden-Rhythmus und sind im Mittel für 1.00, 5.00, 9.00, 13.00, 17.00, und 21.00 Uhr angegeben. - Ruhe-Aktivitätszyklus: ist ein in ca. 90 Minuten auftretender Zyklus, der sich im Schlaf als der REM-(Schlaf)-Zyklus präsentiert und am Tage durch Zyklen mit erhöhter Aktivität (Nahrungsaufnahme, Urinlassen, 38 von 69
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse Rauchen) und herabgesetzter Aktivität (Müdigkeit) zeigt. Im Zusammenhang mit den dem zirkadianen Rhythmus unterlagerten Zyklen werden häufig folgende Formen des Schlafes erwähnt, deren Definition der Vollständigkeit wegen mit angeführt werden soll. - Minischlaf: Ein kurzer meist willkürlich (möglichst unter Nutzung der Schlaffenster) am Tage eingelegter Schlaf von 10-15 min. Dauer. Der Minischlaf ist sehr erholsam, relaxiert und kann 2 - 4 Stunden Nachtschlaf ersetzen. Dauerhafte Anwendung des Minischlafes schützt vor Disstreb- Schäden und Herzinfarkt. - Mikroschlaf: Schlaf-Traum-Erscheinungen von wenigen Sekunden Dauer. Tritt bei Ermüdung bzw. beim Übergang von Wach - zum Schlaf - Zustand und umgekehrt auf. Oft erscheint der Mikroschlaf als Mikrotraumschlaf. Das ist für Autofahrer sehr gefährlich. 24 % aller Verkehrsunfälle sind auf Mikroschlaf zurückzuführen 3.11 Chronobiologische Aspekte der Lärmwirkung Wie aus Abb 3.8 hervorgeht, folgt die akustische Reaktionszeit einem zirkadianen Verlauf, Die schnellsten Reaktionen auf das akustische Signal werden zwischen 9.00 und 22.00 Uhr erreicht, also in der Zeit des Arbeitsbeginns bis zum Schlafengehen. Danach verlangsamen sich die Reaktionen auf akustische Stimuli. Die Untersuchungen wurden im Jahre 1968 durchgeführt. Zwischenzeitlich soll sich die Empfindlichkeit gegenüber Lärm erhöht haben, so daß es möglich ist heute andere Resultate zu erhalten. Diese liegen uns aber leider nicht vor. Untersuchungen von Neuberger und Schmidt [Neuberger 1962] zur Beziehung der Hörschwelle und Sympathikotonus in ihrer zyklischen Konkordanz und temporären Koinzidenz in 24 Stunden-Rhythmus ergaben, da der Hörverlust der sympathikotonen Reaktionslage, d.h. vom Morgen bis zum Abend zunehmen kann. Seibt [Seibt 1983, 1987] untersuchte den Einfluß der tageszeitlichen Einwirkung von arbeitsbedingtem Lärm auf die aurale Schadwirkung, indem er weibliche und männliche Einschichtarbeiter und Dreischichtarbeiter, von denen jeweils die Hälfte Morgentypen und Abendtypen waren, verglichen. Diese Versuchtspersonen waren in einer Spinnerei Lärm mit einem Leq von 92-100 dB(A) exponiert. Dabei zeigte sich, daß Hörverluste bei männlichen und weiblichen Personen (28-44 Jahre) gleich groß waren. Bei Dreischichtarbeitern/Morgentypen war der Hörverlust geringer als bei Einschichtarbeitern. Bei den Abendtypen waren dagegen die Hörverluste bei den Dreischichtarbeitern größer. Diese Ergebnisse wurden in der Weise interpretiert, daß der Morgentyp in der Nacht eine verringerte sympathische- und Stoffwechsel-Reaktivität zeigt als am Tage. Der Abendtyp hat zum Zeitpunkt der Nachtschicht eine höhere sympathische- und Stoffwechsel-Reaktivität und soll deswegen gegen Lärm empfindlicher sein als der Morgentyp. Die Empfindlichkeit gegenüber Lärmwirkungen zu verschiedenen Tageszeiten untersuchten jüngstens Felscher-Suhr et al. [Felscher-Suhr 1996] mit psychologischen Methoden. Per Telefon wurden 10 mal am Tage in der Zeit von 8.00 - 20.00 Uhr Versuchspersonen nach ihrer Gestörtheit durch Umweltlärm in 4 verschiedenen Wohngebieten gefragt. Es gab in den verschiedenen Wohngebieten unterschiedliche Tageslärmwirkungsprofile. Desweiteren wurde auch die Störung des Mittagsschlafes zwischen 13.00 und 14.00 Uhr untersucht und zu diesem Zeitpunkt die größte Gestörtheit gefunden. Diese Untersuchungen, die nach Ansicht der 39 von 69
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse Autoren der Methodenerprobung dienten, konnten zwar noch keine allgemeingültigen Aussagen treffen, sie zeigten aber, daß Tagesprofile der Lärmwirkungsempfindlichkeit notwendig sind, um die Gestörtheit durch Lärm differenzierter einschätzen zu können. Bei einem Vergleich von Lärmwirkungen von verschiedenen Militärflugplätzen (Ramstein, Pferdsfeld und Brüggen) mit denen des Flughafen München, haben Holzmann und Schluchter [Holzmann 1982] eine tageszeitliche Verteilung der Flugbewegungen an den untersuchten Objekten vorgenommen und den Tagesverlauf dargestellt. % der Flugbewegungen e7 0% sohn aa a 15 1 17 1 0 20 21 Tag Nacht Hilitärt lugplätze ———— “assennseren Verkahrsfluyliäafen sonen Uhrzeit Abb. 3.15: Tagesverteilung der Flugbewegungen des Münchener Verkehrsflughafens und von Militärflugplätzen (Quelle: Holzmann 1982) Daraus wird ersichtlich, daß die Flugbewegungen von Militärflugplätzen näherungsweise in der zeitlichen Verteilung den Verläufen physiologischer Parameter entsprechen. Die Flugbewegungen des zivilen Luftverkehrs des Flughafen München haben dagegen einen Überhang an Lärmwirkungen am Abend. Auffällig ist desweiteren ‚daß um die Mittagszeit im zivilen Luftverkehr eine Reduzierung der Flugbewegungen zu sehen ist. Einen tageszeitlichen Verlauf hat Gros [Gros 1985] anhand des Straßenverkehrsaufkommen (Kfz/h mit 20% LKW-Anteil) am Ruhrschnellweg im Stadtgebiet Essen an der östlichen Tunnel Ein- und Ausfahrt aufgestelt. Anzahl Kfz 322: bis 06:*° Uhr 8 E Kfz = 6.304 7000 r L,t nach VDI 2058)=71 dBIA) 6000 5000 4000 3000 2000 1000 N) 22 24 02 04 06 08 10 >06 "bis 22 °° Uhr L,tnach VD! 2058) =79 dBlA} 12 L am! Pkw + Liew ) noch DIN 18005 (bei 70 km/h} =2-0- 79 77 E Ktz = 72591 00 18 20 22 Uhrzeit 14.16 Abb. 3.16: Tagesverteilung des Straßenverkehrsaufkommens im Stadtgebiet Essen (Quelle: Gros 1985) 40 von 69
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse Beim Vergleich mit zirkadianen Verläufen physiologischer Parameter, ist ebenfalls ein phasenverschobener Überhang am Abend festzustellen. Von Holzmann und Schluchter [Holzmann 1982] wurden darüberhinaus tageszeitliche Verteilungen von Lärm und Ruhe in definierten Bereichen (Anwohner) der oben genannten Militärflughäfen nachgewiesen. Sie unterteilten in 6 Zeitbereiche: - Morgens - Vormittags - Mittags - Nachmittags - Abends - Nachts Die untersuchten Anwohner hatten für den jeweiligen Zeitbereich “Ruhe” oder “Lärm” in Fragebogen anzukreuzen. Die Analyse ergab, daß “ausgesprochen ruhige Tageszeiten” an allen untersuchten Flughäfen sehr ähnlich von den Anwohnern wahrgenommen wurden. Die Autoren interpretieren dieses Ergebnis, in dem sie postulieren, daß Ruhe kein spezifisches Ereignis ist, welches einprägsam wahrgenommen wird. Anders sieht es bei den Lärmereignissen aus, welche größtenteils merkbare Störungen und Beeinträchtigungen auslösen. Der militärische Flugbetrieb stellt sich in der Weise dar, daß im Verlaufe des Tages differente Belästigungsgrade nachgewiesen werden, die sich in der Mittagszeit und in der Nacht vermindern. Der zivile Flugbetrieb dagegen hat die Spitze der wahrgenommenen Lärmbelästigung in den Abendstunden. Die Störung von Militärflugzeugen wird durch das plötzliche Auftreten des Fluglärms, die von zivilen Flugzeugen durch die Dauer des Fluglärm charakterisiert. Die Lautstärke wird bezüglich Störung und Belästigung weniger militär- oder zivilspezifisch bewertet. Die Rolle des Zeitpunktes der Lärmexposition wird besonders von den Anwohnern des Flughafen München und des Militärflugplatzes Brüggen herausgestellt. Die größte Störung liegt in den Abendstunden sowie an Sonn- und Feiertagen vor. Offensichtlich bestehen nicht nur tageszeitliche sondern auch Wochentagsabhängige Empfindlichkeitsphasen. 41 von 69
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse 3.12 Funktions -Maxima und -Minima zirkadianrhythmischer Verläufe psychophysiologischer Prozesse des erwachsenen (Zusammenstellung aus der einschlägigen Literatur der letzten 30 Jahre) Menschen Funktion Maximum 3.12.1. Psycho-Physiologische Prozesse Temperatur Körperkerntemperatur bei Gesunden Blutkreislauf Pulsfrequenz Blutdruck Schlagvolumen Kapillarresistenz Atmung Atmungsfrequenz Blut Rote Blutkörperchen Eosinophile Thrombocyten Eiweiß Verdauungssystem Magensaft, Säurewert Glykogengehalt der Leber Gallesekretion Entgiftungsvermögen der Leber Niere Harnausscheidung (Menge) Calcium H-Ionen Kalium Natrium Phosphor 17.00 Uhr mittags 12.00 - 20.00 Uhr abends morgens nachmittags tags nachts nachts tags mittags nachts mittags nachts nachmittags tags nachts tags tags nachts Minimum 5.00 Uhr nachts 24.00 - 5.00 Uhr nachts um Mitternacht nachts nachts mittags mittags nachts nachts nachmittags nach Mitternacht nachmittags früher Morgen nachts morgens nachts nachts tags 42 von 69
Anhang A Kapitel 3: Chronobiologische Erkenntnisse — 0 Kapitel 5: hronobiologische Erkenntnisse Funktion Maximum Minimum - Nervensystem Patellarsehnenreflex (Knie) morgens abends Reaktionszeit nachts nachmittags Multiplikationsgenauigkeit/Kopfrechnen später Vormittag nachts Zeitschätzung ‚nachts: zu lang nachmittags: zu kurz Reaktionszeit auf akustische Reize 1.00 - 3.00 Uhr 15.00 - 17.00 Uhr Empfindlichkeit gegenüber kurzzeitigen 15.00 - 17.00 Uhr 3.00 - 3.00 Uhr akustischen Reizen Fehlerquote bei Schichtarbeitern 1.00 - 3.00 Uhr 7.00 - 11.00 Uhr Fähigkeit zur psychischen Entspannung morgens später Nachmittag Wachheit (Vigilanz) 11.00 - 13.00 Uhr 3.00 - 6.00 Uhr und früher Nachmittag Aufmerksamkeit 11.00 - 13.00 Uhr 3.00 - 6.00 Uhr und früher Nachmittag Konzentration 11.00 - 13.00 Uhr 3.00 - 6.00 Uhr und früher Nachmittag Kurzzeitgedächtnis vormittags Langzeitgedächtnis nachmittags Urteilsfähigkeit später Vormittag (10-13 Uhr) Kreativität später Vormittag Denkfähigkeit später Vormittag Monotones Arbeiten Ablegen, Sortieren, Kopieren nachmittags Fertigkeiten techn. Sportarten nachmittags Geschwindigkeit und Koordination der F inger nachmittags Geschwindigkeit der Augen-Hand-Koordination ca. 12.00 Uhr ca. 24.00 Uhr Stimmung 15.00 - 21. 00 Uhr 6.00 Uhr - Schlaf REM-Latenz bei Gesunden 18.00 Uhr 3.00 - 6.00 REM-Latenz bei Depressiven 21.00 Uhr 3.00 - 6.00 Einschlafen am Steuer (bei Berufsfahrern) 3.00 und 14.00 - 16.00 Uhr un uno und 16.00 - - Hormone / Transmitter ACTH im Plasm morgens abends Gonadotropine morgens nachmittags Wachstumshormon im Plasma 5.00 - 7.00 Uhr tags 17-Hydrocorticosteroide im Plasma nachts tags Adrenalin im Plasma tags nachts Insulin im Plasma morgens nachmittags ————————— [0707070707021 43 von 69