Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Finanzministerium Lobbykontakte

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RAe Beiler Karl Platzbecker & Partner, Palmaille 96, 22767 Hamburg
                                                                                                                       Rechtsanwalt
                                                                                                                   Sebastian Sudrow
Per beA                                                                                                                 Palmaille 96
                                                                                                                     22767 Hamburg
Verwaltungsgericht Berlin                                                                            Telefon +49 (0)40 18 18 98 0 -0
Kirchstraße 7                                                                                        Telefax +49 (0)40 18 18 98 099
                                                                                                       E-Mail sudrow@bkp-kanzlei.de
10557 Berlin
                                                                                                                   www.bkp-kanzlei.de



                                                                                                                                 HAMBURG
                                                                                                                           1
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                                                                                                                               Jan Clasen
                                                                                                                            2
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EILT! BITTE SOFORT VORLEGEN!                                                                                            Arne Platzbecker
                                                                                                                         3
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                                                                                                                    45
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                                                                                                                                   BERLIN
                                                                                                                                Jan Simon
                                                                                                                               Heiko Wiese

                                                                                                                                  WISMAR
Hamburg, 12.07.2023
                                                                                                                           Hendrik Prahl
Unser Zeichen: 22-23-0680                                                                                                  5
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        Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO

des Herrn Arne Semsrott, c/o Open Knowledge Foundation Deutschland e.V., Singerstraße
109, 10179 Berlin

                                                                                                          - Antragsteller -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Beiler Karl Platzbecker & Partner,
                        Palmaille 96, 22767 Hamburg

gegen

die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen, Wil-
helmstraße 97, 10117 Berlin

                                                                                                     - Antragsgegnerin -

wegen presserechtlicher Auskunft
Streitwert: 5.000,- Euro

Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir der Dringlichkeit wegen ohne
Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Erlass der folgenden einstweiligen Anord-
nung:



                    Bankverbindung: DKB | IBAN DE79 1203 0000 1005 0836 11 | SWIFT BIC: BYLADEM1001
                                          Partnerschaftsgesellschaft | AG Hamburg | PR 596
        Standorte: Palmaille 96, 22767 Hamburg | Kantstraße 150, 10623 Berlin | Schweriner Straße 5, 23970 Wismar
Fachanwalt für: 1 Arbeitsrecht | 2 Urheber- und Medienrecht | 3 gewerblichen Rechtsschutz | 4 IT-Recht | 5 angestellter Rechtsanwalt
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                 Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin verpflichtet, dem
                 Antragsteller Auskunft auf die folgende Frage zu erteilen:

                 Wann, mit wem und zu welchem konkreten Thema hat das Bundesministerium der
                 Finanzen (BMF) in den Jahren 2022 und 2023 Treffen mit Interessenvertretern in
                 Bezug auf die Zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die 65-%-Erneu-
                 erbare-Energien-Vorgabe für den Einbau neuer Heizungen sowie in Bezug auf das
                 Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung durchgeführt? Aus der Antwort sollen das
                 Datum, die Teilnehmer auf Seiten des Ministeriums und die Interessenvertreter
                 (Nennung des Verbandes oder Unternehmens genügt) sowie das Thema des Tref-
                 fens hervorgehen.

              Begründung
              Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin presserechtliche Auskunft in Bezug auf Ter-
              mine, die das Bundesministerium der Finanzen mit Interessenvertretern in den Jahren 2022-
              2023 in Bezug auf die Zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die 65-%-Erneuer-
              bare-Energien-Vorgabe für den Einbau neuer Heizungen sowie in Bezug auf das Gesetz zur
              kommunalen Wärmeplanung durchgeführt hat.

              A. Sachverhalt

              I.
              1. Person des Antragstellers
              Der Antragsteller ist als freier Journalist und Projektleiter der von der Open Knowledge Foun-
              dation Deutschland e.V. betriebenen Transparenz- und Investigativ-Plattform fragdenstaat.de
              tätig. Im Rahmen dieser Aktivitäten setzt sich der Antragsteller für Transparenz bei öffentlichen
              Stellen ein, um eine öffentliche Debatte über gesellschaftspolitische Fragestellungen und die
              zivilgesellschaftliche Kontrolle staatlicher Stellen zu ermöglichen und zu fördern. Das von ihm
              verantwortete Portal hilft und unterstützt nicht nur Bürger:innen bei der Stellung von Anträgen
              auf Informationszugang nach den verschiedenen Informationsfreiheitsgesetzen. FragDenStaat
              ist ebenso ein journalistisches Medium, das insbesondere aufwändige Investigativ-Recherchen
              vornimmt und publiziert.

              In der Anlage ASt1 überreichen wir eine Kopie des Presseausweises des Antragstellers (Pres-
              seausweis des Antragstellers, Anlage ASt1).

              Der Antragsteller veröffentlicht sowohl regelmäßig journalistische Artikel auf FragDenStaat als
              auch unregelmäßig in anderen Online- und Printmedien. Dies umfasst unter anderem die fol-
              genden Veröffentlichungen:

                 •   Le Monde Diplomatique: https://taz.de/Aus-Le-Monde-diplomatique/!5454209/
                 •   Frankfuter Allgemeine Zeitung: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/aus-dem-maschinenraum/daten-
                     kapitalismus-gemeinden-sollen-buergerdaten-verkaufen-15543381.html
                 •   der Freitag: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ueberwachung-grassiert
                 •   fluter: https://www.fluter.de/suche?author=Arne%20Semsrott
                 •   taz & Correctiv: https://correctiv.org/in-eigener-sache/2015/09/16/diener-zweier-herren/
                 •   netzpolitik.org: https://netzpolitik.org/author/arne/
                 •   c‘t: https://www.heise.de/select/ct/2019/2/1546861022043526
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                 •   Correctiv: https://correctiv.org/top-stories/2019/08/04/frontex-transparenz/
                 •   Buzzfeed News: https://www.buzzfeed.com/de/arnesemsrott
                 •   Übermedien: https://uebermedien.de/48016/veroeffentlicht-die-dokumente/
                 •   Atlas der Globalisierung: https://monde-diplomatique.de/media/pdf/Inhalt_12437.pdf
                 •   Grundrechtereport 2020: http://www.grundrechte-report.de/2020/inhalt/
                 •   Otto-Brenner-Stiftung: https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-
                     zu-studien/politische-bildung-von-rechtsaussen/


              Vom medium magazin ist der Antragsteller von einer Jury aufgrund seiner journalistischen Ar-
              beit in der Kategorie „Chefredaktion national“ im Jahr 2022 auf Platz 2 gewählt worden sowie in
              der Kategorie „Politik“ unter die zehn Journalist:innen des Jahres 2021 gewählt worden. 2023
              erhielt er den Grimme Online Award in der Kategorie „Information“, in den Jahren 2015 und
              2016 den „Otto Brenner Preis für kritische Medienpublizistik“. Im Jahr 2018 war er Empfänger
              des Kartographen – Mercator Stipendienprogramm für JournalistInnen“ (Preise und Auszeich-
              nungen, Anlagenkonvolut ASt2).

              2. Die journalistische Arbeit von FragDenStaat
              Bei dem Projekt FragDenStaat sind neben dem Antragsteller als Chefredakteur mit Frau Vera
              Deleja-Hotko und Herrn Aiko Kempen auch weitere Investigativ-Journalist:innen beschäftigt, die
              als Recherchekollektiv mittels IFG- und Presseauskunftsersuchen eigene Recherchen vorneh-
              men und deren Ergebnisse auf FragDenStaat unter https://fragdenstaat.de/blog/ veröffentli-
              chen. Es handelt sich dabei um ein journalistisch-redaktionell betriebenes Telemedienangebot.

              Beispielhaft verweisen wir auf die nachfolgende Auswahl aktueller Texte des Rechercheteams:
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2023/06/30/alois-brunner-gehlen-akten-verfassungsschutz/
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2023/06/22/fuer-diese-firmen-arbeiten-strafgefangene/
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2023/06/26/wie-die-stiftung-des-reichsten-deutschen-und-baden-wurt-
                     temberg-zusammenarbeiten/ (Podcast)
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2022/12/18/der-vater-aller-probleme/
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2022/09/28/so-gefahrlich-ist-teslas-autopilot/
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2022/05/05/kenfo-divest-oel-gas-russland-investitionen/
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2022/03/10/vg-berlin-gesetzentwurf-europawahl/
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2022/03/03/schwangerschaftsabbruche-versorgung-daten/
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2022/02/24/erasmus-stiftung-eu-kommission-markenrecht/
                 •   https://fragdenstaat.de/blog/2021/11/15/afghanistan-lagebericht-2021/
                 •   https://fragdenstaat.de/dossier/desiderius-erasmus-stiftung/

              Darüber hinaus erfolgen journalistische Recherchen und Veröffentlichungen von FragDenStaat
              oft in Kooperation mit anderen etablierten Medienunternehmen, wie den Printhäusern taz, Die
              Zeit, Süddeutsche Zeitung und Der Spiegel, den Fernsehformaten ZDF Magazin Royale, ARD
              Kontraste, WDR, sowie den Internetmedien Buzzfeed News und Correctiv. Die Kooperationen
              laufen in der Regel so ab, dass gemeinsam beziehungsweise zunächst über FragDenStaat re-
              cherchiert wird und die Ergebnisse der Recherchen dann gemeinsam ausgewertet und zeit-
              gleich sowohl auf FragDenStaat als auch beim jeweiligen Kooperationspartner veröffentlicht
              werden. Beispielhaft sei hier auf folgende kooperative Veröffentlichungen aus den vergangenen
              Jahren hingewiesen:
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              •   Artikel vom 19. Mai 2023: International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) Die Migra-
                  tions-Manager, Kooperation mit ZDF Magazin Royal, von Vera Deleja-Hotko, Mitarbeit: Nidzara Ah-
                  metašević, Zach Campbell, Lorenzo D’Agostino,
              •   Artikel vom 03. Mai 2023: Umgang mit psychischen Krisen Tödliche Polizeieinsätze, Kooperation mit
                  dem ZDF. Film „Die Spur“, von Aiko Kempen
              •   Artikel vom 15. Februar 2023: Dozent mit rechter Vergangenheit Verfassungsschutz überprüft Poli-
                  zeiprofessor. Kooperation mit Tagesschau.de, von Aiko Kempen, Marcus Engert
              •   Artikel vom 3. August 2022: Ein vorbestrafter Investor für Seehofers Vermächtnis, Kooperation mit
                  dem ARD-Politmagazin Kontraste und rbb24 von Vera Deleja-Hotko
              •   Artikel vom 01. Dezember 2022: EU-Agrarsubventionen Die Großen profitieren, die Kleinen sterben,
                  In Kooperation mit WDR, NDR, Süddeutsche Zeitung, Correctiv, Der Standard, IrpiMedia, Repor-
                  ter.lu, Reporters United, Expresso, Follow the Money und Gazeta Wyborcza von Vera Deleja-Hotko
              •   Artikel vom 28. Oktober 2022: „NSU-Akten“ Wir veröffentlichen, was der Verfassungsschutz 120
                  Jahre geheim halten wollte, in Kooperation mit ZDF Magazin Royal, von Aiko Kempen, Arne Sems-
                  rott
              •   Artikel vom 24. Oktober 2022: Gnaden-Erlasse der Landesjustizministerien Zu Weihnachten kommt
                  man früher aus dem Gefängnis, zu Ostern nicht, Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung, von
                  Arne Semsrott
              •   Artikel vom 13. Oktober 2022: Vertuschung von Menschenrechtsverletzungen Der OLAF-Bericht
                  über Frontex, Kooperation mit Der Spiegel and Lighthouse Reports, von Luisa Izuzquiza, Vera De-
                  leja-Hotko, Arne Semsrott
              •   Artikel vom 03. August 2022: Abschiebezentrum am Flughafen BER Ein vorbestrafter Investor für
                  Seehofers Vermächtnis, Kooperation mit ARD-Kontraste und rbb24, von Vera Deleja-Hotko
              •   Artikel vom 21. Juni 2022: Wie unkritisch die Bundespolizei die rechte Vergangenheit eines Polizei-
                  professors, Kooperation mit Ippen Investigativ von Aiko Kempen
              •   Artikel vom 16. Mai 2022: So viele Rechtsextreme werden in den Bundesländern gesucht, Koopera-
                  tion mit Süddeutsche Zeitung von Aiko Kempen
              •   Artikel vom 12. Mai 2022: Cum-Ex-Skandal: Schützenhilfe für die Warburg-Bank? Kooperation mit
                  WDR/Tagesschau.de von Arne Semsrott
              •   Artikel vom 11. Mai 2022: Deutsche Welle verweigert Herausgabe von brisanten Dokumenten, Ko-
                  operation mit VICE von Aiko Kempen
              •   Artikel vom 10. Mai 2022: Statistik zur Politisch motivierten Kriminalität, Kooperation mit Der Freitag
                  von Aiko Kempen
              •   Artikel vom 20. April 2022: Nord Stream 2 und die Politik: „Entsprechender Kabinettsbeschluss wün-
                  schenswert“, Kooperation mit Die Zeit von Vera Deleja-Hotko
              •   Artikel vom 23. März 2022: Umweltstiftung MV: Woher und wofür das Geld , Kooperation mit T-On-
                  line von Vera Deleja-Hotko
              •   Artikel vom 22. März 2022: AfD-nahe Stiftung: Jetzt muss das Verfassungsgericht wieder ran, Ko-
                  operation mit taz, Die Tageszeitung von Aiko Kempen
              •   Artikel vom 3. März 2022: Fehlende Versorgung für Schwangerschaftsabbrüche bundesweit, Koope-
                  ration mit Correctiv und diversen Correctiv-Lokalredaktionen von Arne Semsrott
              •   Artikel vom 24. Februar 2022: Rechte im Rechtsstreit: Wem gehört die Marke Erasmus? Kooperation
                  mit taz, Die Tageszeitung von Aiko Kempen
              •   Artikel vom 11. Februar 2022: Transfeindlichkeit im Bewerbungsverfahren der Bundeswehr, Koope-
                  ration mit Taz von Vera Deleja-Hotko
              •   Artikel vom 3. Dezember 2021: Fahren von Fahrschein: Wie der Staat Menschen ohne Geld ein-
                  sperrt, Kooperation mit ZDF Magazin Royale von Vera Deleja-Hotko
              •   Artikel vom 22. Oktober 2021: Flüchtende hinter Stacheldraht: Wie die EU den Bau von Lagern un-
                  terstützt, Kooperation mit ZDF Magazin Royale von Vera Deleja-Hotko
              •   Artikel vom 14. Oktober 2021: „Berliner Erpressung“: Die Visa Strategie des Auswärtigen Amts, Ko-
                  operation mit Buzzfeed und RBB Kontraste von Vera Deleja-Hotko und Stefan Wehrmeyer
              •   Artikel vom 8. Oktober 2021: Desiderius Erasmus Stiftung: politische Bildung von Rechtsaußen, Ko-
                  operation mit ZDF Magazin Royale von Arne Semsrott
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                 •    Artikel vom 19. Juli 2021: Anschlag von Halle: interner Polzeibericht zeigt fehlende Opferbetreung,
                      Kooperation mit Taz, Die Tageszeitung von Vera Deleja-Hotko
                 •    Artikel vom 16. Juli 2021: Bloß nicht „Nazi“ sagen: Mecklenburg-Vorpommern erfand „Deutschfeind-
                      lichkeit“, Kooperation mit Nordkurier von Vera Deleja-Hotko
                 •    Artikel vom 15. Juni 2021: Bundeszentrale für politische Bildung: Demontage in 6 Schritten, Koopera-
                      tion mit Taz, Die Tageszeitung von Arne Semsrott


              3. FragDenStaat-Druckerzeugnis
              Einige der auf FragDenStaat zunächst online veröffentlichten journalistischen Artikel erscheinen
              seit Juli 2022 in unregelmäßigen Abständen auch als Druckerzeugnis (1. Ausgabe, Anlage
              ASt3). Die zweite Ausgabe des Druckerzeugnisses „fragdenstaat DE“ ist derzeit in Planung.

              4. Beabsichtigte Veröffentlichung
              Der Antragsteller beabsichtigt seine Recherchen zu den Lobbyterminen, die das Bundesminis-
              terium der Finanzen mit Interessenvertretern in den Jahren 2022-2023 in Bezug auf die Zweite
              Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die 65-%-Erneuerbare-Energien-Vorgabe für
              den Einbau neuer Heizungen sowie in Bezug auf das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung,
              für die die verfahrensgegenständlichen Auskünfte benötigt werden, journalistisch aufbereitet auf
              FragDenStaat zu publizieren. Parallel zu dieser Internetveröffentlichung seines bzw. seiner
              Textbeiträge ist eine Publikation in einer der folgenden Zeitungsausgaben des Druckerzeugnis-
              ses „fragdenstaat DE“ vorgesehen. Darüber hinaus behält sich der Antragsteller vor, seine Re-
              chercheergebnisse zu dem hiesigen Thema auch in Kooperation mit bzw. zusätzlich in einem
              anderen Medium zu veröffentlichen, insbesondere einer Zeitung oder einem anderen Angebot
              der Online-Presse.

              II.
              Inhaltich zielt das Auskunftsverlangen auf die Klima- und Umweltpolitik der Bundesregierung.
              Diese wird von der Bevölkerung aufmerksam verfolgt und einzelne Maßnahmen kritisch bewer-
              tet. Dies gilt insbesondere für die geplanten Regelungen zu Heizungsmodernisierungen und zur
              kommunalen Wärmeplanung.

              Medien und Umweltverbände bemängeln, dass die Pläne der Bundesregierung umweltpolitisch
              ausgehöhlt worden und ein angestrebter Ausstieg aus fossilen Energien so nicht gelingen wird.
              Häufig formuliert wird der Verdacht auf Einflussversuche von Gas-Lobbyist:innen auf die Politik,
              siehe etwa:
                 „Wärmewende Kemfert: Heizungsgesetz ist ein Erfolg für die Gaslobby, https://www.mdr.de/nachrich-
                 ten/deutschland/politik/kemfert-heizungsgesetz-kritik-100.html; Wie die Gaslobby das Heizungsgesetz
                 entkernt hat“, https://www.lobbycontrol.de/lobbyismus-und-klima/wie-die-gaslobby-das-heizungsge-
                 setz-entkernt-hat-109931/; „Energieexperte über Heizungstausch ‚Die Gas-Lobby sitzt mit am Kabi-
                 nettstisch‘“, https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Die-Gas-Lobby-sitzt-mit-am-Kabinettstisch-
                 article24065922.html


              III.
              Der Antragsteller wandte sich per E-Mail am 03.06.2023 an die Pressestelle des Bundesminis-
              teriums der Finanzen und bat um Beantwortung seines Anliegens bis zum 15.06.2023:
                 „im Rahmen einer Recherche zu engergiepolitischen Vorhaben bitte ich Sie, mir bis zum 15.6. Folgendes
                 zuzusenden:
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                 Eine Auflistung aller Treffen, die das BMF in den Jahren 2022 und 2023 mit Interessenvertretern in
                 Bezug auf die Zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die 65-%-Erneuerbare-Energien-
                 Vorgabe für den Einbau neuer Heizungen sowie in Bezug auf das Gesetz zur kommunalen Wärmepla-
                 nung durchgeführt hat. Aus der Liste soll neben dem Datum hervorgehen, welche Teilnehmer es auf
                 Seiten des Ministeriums und der Interessenvertreter gab und was das Thema war.

                 Sollte eine Recherche alleine mit diesen Parametern nicht möglich sein, bitte ich um die Auflistung der
                 Treffen mit dem BM Christian Lindner, StS Saebisch sowie Abteilungsleiter Dr. Reuter.“


              (E-Mail des Antragstellers vom 03.06.2023, Anlagenkonvolut ASt4)

              Am 22.06.2023 erinnerte der Antragsteller an die Erledigung seiner presserechtlichen Anfrage
              unter Fristsetzung bis zum 28.06.2023. Mit E-Mail vom 06.07.2023 erfolgte eine letztmalige Er-
              innerung mit der Ankündigung, dass der Antragsteller den Rechtsweg beschreiten werde, wenn
              bis zum 10.07.2023 keine Antwort vorläge (E-Mails des Antragstellers vom 22.06.2023 und
              06.07.2023, Anlagenkonvolut ASt4).

              Die Antragsgegnerin antwortete schließlich am 07.07.2023 und lehnte eine presserechtliche
              Auskunft wie folgt ab:
                 „Auf Basis Ihrer Anfrage mit Bezug auf das Presserecht sehen wir keine Grundlage, Ihre Fragen zu
                 beantworten. Es ist rechtlich nicht eindeutig geklärt, dass die Plattform FragDenStaat als Presse zu be-
                 handeln ist.“

              (E-Mail der Antragsgegnerin vom 07.07.2023, Anlagenkonvolut ASt4)

              Zur dringenden Aufklärung von Art und Ausmaß von Lobbytätigkeiten und dessen Einfluss-
              nahme auf die Klima- und Energiepolitik ist nun das Ersuchen um einstweiligen Rechtsschutz
              geboten.

              B. Rechtliche Würdigung

              Der zulässige Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung ist begründet.

              Gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung
              eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Re-
              gelung nötig erscheint, etwa um wesentliche Nachteile abzuwenden. Dabei sind nach § 123
              Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und
              das Bestehen des zu sichernden Rechtes (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen. Vorlie-
              gend ist sowohl ein Anordnungsanspruch (I.) als auch ein Anordnungsgrund (II.) gegeben. Der
              Grundsatz der Vorwegnahme der Hauptsache steht nicht entgegen (III.).

              I. Anordnungsanspruch gem. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO
              1. Verfassungsunmittelbarer presserechtlicher Auskunftsanspruch
              Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch des Antragstellers aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
              ist glaubhaft gemacht.

              Aufgrund dieses Anspruchs können Presseangehörige auf hinreichend bestimmte Fragen zu
              einem konkreten Tatsachenkomplex behördliche Auskünfte verlangen, soweit die Informationen
              bei der Behörde vorhanden sind und berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffent-
              licher Stellen an der Vertraulichkeit nicht entgegenstehen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss
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              vom 16.08.2022 – OVG 6 S 37/22); BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 –10 C 3/20 – juris
              Rn. 25; Senatsurteil vom 8. Juni 2022 – OVG 6 B 1/21 – juris Rn. 34 f.).

              Das Grundrecht der Pressefreiheit verleiht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Aus-
              kunft gegenüber Bundesbehörden in Ermangelung einer einfachgesetzlichen Regelung des
              Bundesgesetzgebers und wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz der Länder (OVG Berlin
              Brandenburg, Beschluss vom 30.12.2016 – OVG 6 S 29.16; VG Berlin, Urteil vom 13.11.2020
              – 27 K 34.17; BVerwG, Urteil vom 25.10.2018 - 7 C 6.17; BVerwG, Urteil vom 16. März 2016 -
              6 C 65.14 - BVerwGE 154, 222 Rn. 13 m.w.N.).

              Der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs wird maßgeblich durch die Funktion be-
              stimmt, die die Presse in der freiheitlichen Demokratie erfüllt. Ihr kommt neben einer Informa-
              tions- insbesondere eine Kontrollfunktion zu. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Infor-
              mationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende
              Funktion als sog. „vierte Gewalt“ wirksam wahrzunehmen. Sinn und Zweck der daraus prinzipiell
              folgenden Auskunftspflichten ist es, der Presse zu ermöglichen, umfassend und wahrheitsge-
              treu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse im staatlichen Bereich zu er-
              halten und dadurch in die Lage versetzt zu werden, die Öffentlichkeit entsprechend zu unter-
              richten. Auf diese Weise können die Bürgerinnen und Bürger zutreffende und umfassende In-
              formationen über tatsächliche Vorgänge und Verhältnisse, Missstände, Meinungen und Gefah-
              ren erhalten, die ihnen sonst verborgen bleiben würden, und die Bedeutung für eine abgewo-
              gene Beurteilung der für die Meinungsbildung in essentiellen Angelegenheiten haben könnten
              (BVerfG NVwZ 2016,50 [51]).

              Die effektive funktionsgemäße Betätigung der Presse setzt demnach voraus, dass ihre Vertreter
              in hinreichendem Maße von staatlichen Stellen Auskunft über Angelegenheiten erhalten, die
              nach ihrem Dafürhalten von öffentlichem Interesse sind. Der verfassungsunmittelbare Aus-
              kunftsanspruch der Presse hat diesen Funktionen Rechnung zu tragen. Dies ist gewährleistet,
              wenn er in einem materiellrechtlichen Gehalt nicht hinter dem Inhalt der presserechtlichen Aus-
              kunftsansprüche zurückbleibt, die in den Landespressegesetzen enthalten sind, den Anforde-
              rungen des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG genügen und auf eine Abwägung zielen. (BVerwG NVwZ
              2016, 1020 [1021]; Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 7. Aufl. 2021, S. 158).

              Aufgrund dieses verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs können Presseangehörige auf
              hinreichend bestimmte Fragen behördliche Auskünfte verlangen, soweit die Auskunftspflichtig-
              keit der Sache nach gegeben ist, die entsprechenden Informationen bei der Behörde vorhanden
              sind und schutzwürdige Interessen öffentlicher Stellen oder Privater an der Vertraulichkeit nicht
              entgegenstehen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Antragsteller ist antrags-
              berechtigt (a.). Das Bundesministerium der Finanzen ist für die streitgegenständlichen Informa-
              tionen auskunftsverpflichtet. (b.). Es handelt sich auch um eine hinreichend bestimmte Frage
              (c.) Die vom Antragsteller begehrten Informationen sind bei der Antragsgegnerin vorhanden
              (d.). Entgegenstehende schutzwürdige Interessen des Bundesministeriums der Finanzen sind
              nicht erkennbar (e.).

              a. Anspruchsberechtigung des Antragstellers
              Der Antragsteller ist als Presseangehöriger antragsberechtigt. Die von der Antragsgegnerin ge-
              äußerte Rechtsansicht, wonach rechtlich nicht eindeutig geklärt sei, dass die Plattform Frag-
              DenStaat als Presse zu behandeln ist, ist nicht haltbar.
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              So hat das OVG Berlin-Brandenburg einen presserechtlichen Auskunftsanspruch des Antrag-
              stellers ausdrücklich bejaht:
                „Die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob sich ausschließlich online publizierende Medi-
                enangehörige für das Bestehen von Auskunftsansprüchen gegenüber Bundesbehörden auf die Presse-
                freiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG oder auf ein aus der Verfassung herzuleitendes einheitliches Medi-
                engrundrecht berufen können (vgl. zum Meinungsstand: Wölfe, Verfassungsrechtliche Determination
                von Informations- und Auskunftsansprüchen der Medien in der Informationsgesellschaft, S. 156 ff.),
                muss im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden. Denn der Antragsteller hat im Beschwerdeverfah-
                ren vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass das Online-Portal „FragDenStaat“ nunmehr auch als
                Druckausgabe veröffentlicht wird. Diese neue Sachlage, die der Antragsteller innerhalb der Be-
                schwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO geltend gemacht hat, ist im Beschwerdever-
                fahren zu berücksichtigen (vgl. Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 82 f.).
                Als Presseangehöriger kann sich der Antragsteller auf den - in Ermangelung einer bundesgesetz-
                lichen Regelung - unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG herzuleitenden presserechtlichen Aus-
                kunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden berufen. (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom
                16.08.2022 – OVG 6 S 37/22)

              Auch das OLG München (6 St 3/22) hat den Antragsteller in einem presserechtlichen Auskunfts-
              verfahren zu Unterlagen aus einem Strafvollstreckungsverfahren ebenfalls als antragsberech-
              tigt angesehen. In dem Beschluss vom 23.05.2023 heißt es:
                „Die Rechtsfrage, ob ausschließlich online publizierenden Medienangehörigen ein presserechtlicher
                Auskunftsanspruch gegenüber Behörden zusteht, ist streitig (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss
                vom 16. August 2022 - OVG 6 S 37/22 -, juris m. w. N.). Unter teleologischen Gesichtspunkten erscheint
                es jedoch naheliegend und überzeugend, bei der Abgrenzung der Pressefreiheit im Bereich neuer Me-
                dien nicht (nur) auf das gedruckte Wort (und Bild), sondern auch und vor allem auf den Rezeptionsvor-
                gang des Lesens von Texten abzustellen und die Massenkommunikation über neue Medien insoweit der
                Pressefreiheit zuzuordnen. Deshalb können auch Online-Angebote grundsätzlich unter den Begriff der
                Presse nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG subsumiert werden, wenn sie funktional den traditionellen Presseer-
                zeugnissen vergleichbar sind (Grabenwarter in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, 99. EL
                September 2022, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2, Rn. 252, 266).

                Die Internet-Plattform „FragDenStaat" unterstützt Nutzer nicht nur bei Anfragen an Behörden,
                sondern betreibt auch Recherchen zu verschiedenen Themen. Nach Angaben des Antragstellers
                dient die Überlassung einer Entscheidungsabschrift der „Presseberichterstattung im Hintergrund". Somit
                hat er als Pressevertreter gegenüber Behörden grundsätzlich ein Recht auf Auskunft.“ (OLG Mün-
                chen, Beschluss vom 23.05.2023 – 6 St 3/22)

              Nach Auffassung des Antragstellers spielt es ohnehin keine Rolle, ob man auf seine Arbeit als
              schreibender Journalist (u.a. für Printmedien), als Chefredakteur des Online-Mediums FragDen-
              Staat oder als Chefredakteur des Druckerzeugnisses „fragdenstaat DE“ abstellt. Unter allen
              denkbaren Aspekten ist seine Antragsberechtigung gegeben.

              b. Antragsgegnerin auskunftspflichtige Stelle
              Die Antragsgegnerin in Gestalt des Bundesministeriums der Finanzen ist als Bundesbehörde
              eine auskunftspflichtige Stelle im Rahmen des verfassungsunmittelbaren presserechtlichen
              Auskunftsanspruchs gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG (so auch VG Berlin, Beschluss vom
              26.06.2023 - 27 L 28/23).

              c. Bestimmtheit der Frage
              Das Anliegen des Antragstellers umfasst eine hinreichend bestimmte Frage. Diese enthält die
              Bestimmung des Gegenstands (Treffen zwischen Interessenvertretern und dem Bundesminis-
              terium der Finanzen), eine zeitliche Begrenzung (2022-2023), sowie eine inhaltliche
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              Bestimmung (in Bezug auf die Zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die 65-%-
              Erneuerbare-Energien-Vorgabe für den Einbau neuer Heizungen sowie in Bezug auf das Ge-
              setz zur kommunalen Wärmeplanung). Erläuternd und klarstellend hat der Antragsteller der An-
              tragsgegnerin noch mitgeteilt, dass aus der Antwort das Datum, die Teilnehmer auf Seiten des
              Ministeriums und der Interessenvertreter (Nennung des Verbandes oder Unternehmens genügt)
              und Thema des Treffens hervorgehen soll.

              d. Vorhandensein der Informationen
              Die Antragsgegnerin verfügt über die verfahrensgegenständlichen Informationen, insbesondere
              in Terminkalendern und Akten. Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass der Auskunftspflicht
              auch nicht entgegengehalten werden könnte, dass die begehrten Informationen unter Umstän-
              den noch aus dem vorhandenen Datenbestand herausgefiltert und zusammengestellt werden
              müssen.

              Weiter weisen wir vorsorglich darauf hin, dass sich die Antragsgegnerin hier auch nicht auf ei-
              nen unverhältnismäßigen Aufwand berufen könnte. Für den Fall, dass eine Recherche alleine
              mit diesen Parametern im Haus der Antragsgegnerin nicht möglich sein sollte, hat der Antrag-
              steller die Zusammenstellung auf eine Auflistung der Termine zu beschränken, bei denen sich
              Interessenvertreter zu den vorgenannten Themen auf Seiten der Antragsgegnerin mit dem Bun-
              desfinanzminister Christian Lindner, Staatssekretär Saebisch und/oder Abteilungsleiter Dr.
              Reuter getroffen haben.

              Informationen können im Übrigen im rechtlichen Sinne auch dann vorliegen, wenn sie nicht
              aktenkundig geworden sind (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.9.2018 - 15 A 2752/15, juris
              Rn. 100; Bay VGH, Urt. v. 13.5.2019 - 4 B 18.1515, juris Rn. 38; OVG Bremen Urt. v. 30.10.2019
              – 1 LB 118/19, BeckRS 2019, 31408 Rn. 70). Zwar ist der verfassungsunmittelbare Auskunfts-
              anspruch der Presse auf die bei der informationspflichtigen Stelle tatsächlich vorhandenen In-
              formationen beschränkt. Das sind diejenigen Informationen, die zum Zeitpunkt des begehrten
              Informationszugangs tatsächlich vorliegen. Hierzu gehören jedoch nicht nur die Informationen,
              über die die besagte Stelle zu jenem Zeitpunkt in Form von (z. B. papiernen oder elektronischen)
              Aufzeichnungen verfügt, sondern auch solche, über die das Personal der Stelle verfügt, soweit
              die betreffenden Personen (z.B. Amtsträger) verpflichtet sind, ihre Informationen der Stelle zu
              offenbaren (VG Berlin Beschl. v. 23.3.2018 – 27 L 587/17, BeckRS 2018, 9906 Rn. 37 unter
              Verweis auf Beschluss vom 27. März 2017 - VG 27 L 9.17 -, juris Rn. 63 m. w. N.).

              e. Keine entgegenstehenden berechtigte schutzwürdige Interessen
              Der Auskunft entgegenstehende berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher
              Stellen an der Vertraulichkeit sind nicht erkennbar.

              Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse gegenüber den Bundesbehörden
              darf dabei nicht hinter dem Gehalt der – untereinander im Wesentlichen inhaltsgleichen, auf
              eine Abwägung zielenden – Auskunftsansprüche der Landespressegesetze zurückbleiben (vgl.
              BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 1 BvR 1452/13 - juris Rn. 12). Er fordert eine Abwägung
              des Informationsinteresses der Presse mit den gegenläufigen schutzwürdigen Interessen im
              Einzelfall. Dabei kommt eine Bewertung des Informationsinteresses der Presse grundsätzlich
              nicht in Betracht. Entscheidend ist, dass dem Informationsinteresse der Presse keine schutz-
              würdigen Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, die den Anspruch auf Auskunft
              ausschließen.
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              Insbesondere könnte sich das Bundesministerium der Finanzen nicht auf das Recht auf infor-
              mationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG zum Zwecke des Schutzes perso-
              nenbezogener Daten berufen.

              Auf Seiten der Interessenvertreter:innen lässt der Antragsteller der Antragsgegnerin nach, in
              ihrer Antwort lediglich die Verbände bzw. Unternehmen anzugeben, denen die Teilnehmer der
              angefragten Treffen angehören. Ein Personenbezug und damit ein schutzwürdiges privates In-
              teresse wäre dadurch beseitigt. Davon abgesehen ist im Rahmen der Abwägung die Schutzbe-
              dürftigkeit von Interessenvertreter:innen vor dem Hintergrund des Gesetzes zur Einführung ei-
              nes Lobbyregisters für die Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag und ge-
              genüber der Bundesregierung (LobbyRG) ohnehin als niedrig zu bewerten. Gesetzgeberisch
              gewünscht und notwendig ist eine Transparenz im Hinblick auf Lobbytätigkeiten. Deswegen
              würde das Informationsinteresse der Presse selbst bei einer Offenbarung der Namen von Inte-
              ressenvertreter:innen deutlich überwiegen

              Da es sich auf Seiten der Mitarbeiter:innen der Antragsgegnerin um Leitungskräfte des Bundes-
              ministerium der Finanzen handelt und die Auskunft sich in der Nennung der Namen und der
              Funktionsbezeichnung erschöpft, ist auch hier ein Entgegenstehen schutzwürdiger Interessen
              zu verneinen. Die begehrte Auskunft ist durch die Antragsgegnerin zu erteilen.

              2. Anspruch auf Informationszugang, Art. 10 EMRK
              Der Anspruch des Antragstellers ergibt sich ferner aus Art. 10 EMRK. Insofern wird auf die
              Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verwiesen, wonach sich
              aus Art. 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 EMRK ein Recht auf Informationszugang ergeben kann (vgl.
              EGMR, Urteil der Großen Kammer Nr. 18030/11 vom 8. November 2016; auszugsweise in dt.
              Übersetzung in NLMR 2016, 536 Rn. 155 f., 158 ff.). Das von dem Antragsteller in seiner Rolle
              als Journalist und somit in seiner Funktion als „public watchdog“ geltend gemachte Auskunfts-
              begehren ist von der Garantie des Art. 10 Abs. 1 EMRK erfasst.

              II. Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 3 VwGO iVm § 920 Abs. 2 ZPO liegt vor
              Auch der gemäß § 123 Abs. 3 VwGO iVm § 920 Abs. 2 ZPO erforderliche Anordnungsgrund ist
              gegeben.

              An das Vorliegen eines Anordnungsgrundes dürfen in presserechtlichen Auskunftsverfahren mit
              Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sowie das von Art. 5 Abs.
              1 Satz 2 GG umfasste Selbstbestimmungsrecht der Presse hinsichtlich der Themenauswahl
              und der Entscheidung, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll, keine überzogenen An-
              forderungen gestellt werden.

              Erforderlich und zugleich ausreichend ist es, wenn ein gesteigertes öffentliches Interesse und
              ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen. Dies kann nicht deshalb verneint
              werden, weil die Berichterstattung nicht auf unaufschiebbare Berichte, wie etwa die Aufdeckung
              von schweren Rechtsbrüchen zielt und sie auch später möglich bleibt. Denn dies ist angesichts
              der Fähigkeit der Presse, selbst Themen zu setzen, immer denkbar. Die Presse kann ihre Kon-
              troll- und Vermittlungsfunktion vielmehr nur wahrnehmen, wenn an den Eilrechtsschutz in Aus-
              kunftsverfahren auch hinsichtlich der Aktualität einer Berichterstattung keine überhöhten Anfor-
              derungen gestellt werden (BVerfG, Beschluss vom 08.09.2014 –1 BvR 23/14 –m juris Rn. 30;
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