Weisung SenINN vom 15. Dezember 2015 zu Direktabschiebungen und Verbringen der Betroffenen aus ihrer Wohnung zwecks Durchführung der Abschiebung

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Aktuelle Weisungslage zu Direktabschiebungen aus Wohnheimen seit Inkrafttreten des Geordnete-Rückkehr-Gesetzes

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Senatsverwaltung für Inneres und Sport Abteilungsleiter III — Öffentliche Sicherheit und Ordnung lmBerlin Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Klosterstr. 47 10179 Berlin Geschäftszeichen (bitte angeben) Per E-Mail Bearbeiter/in: DerPolizeipräsident in Berlin Ill B 13-0301-1 Dienstgebäude Berlin-Mitte Klosterstraße 47, 10179 Berlin Zimmer 3201 Telefon (030) 20223 Vermittlung (030) intern PC-Fax E-Mail 90223-0 9223 —- 2094 (030) 9028 — 4398 seninnsport.berlin.de E-Mail nicht für Dokumente mit elektroni- scher Signatur verwenden. Internet www.berlin.de/sen/inneres 21.12.2015 zent and or rund“ ar Im Direktabschiebung; Verbringen der Betroffenen aus ihrer Wohnung zwecks Durchfüh- rung der Abschiebung Besprechung zur Nachbereitung von Sammelchartermaßnahmen am 26.11.2015; Schreiben PPr St 1211-05153 vom 01.12.2015 Sehr geehrter Herr Kandt, anlässlich der erneuten Diskussion über Rechtsfragen im Zusammenhang mit den genannten Maßnahmen möchte ich Folgendesklarstellen: T. Zur Abgrenzung zwischen Betreten und Durchsuchung einer Wohnung Das bloße Betreten und Besichtigen einer Wohnung zwecks Abschiebung eines Auslän- ders stellt keine Durchsuchung dar und unterliegt daher nicht dem Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG. Eine Durchsuchungist ein im Vergleich zum Betretentiefer gehenderEingriff, der es er- laubt, innerhalb der Wohnung mithilfe von Suchhandlungen (Öffnen von Schranktüren und Schubladen etc.) ziel- und zweckgerichtet nach Personen oder Sachen zu suchen. Eine derartige Suche in der Wohnungist im Regelfall nicht erforderlich, wenn es ledig- lich darum geht, eine Person der Abschiebung zuzuführen, die sich in der Wohnung auf- hält. Es ist nicht notwendig, dass unmittelbar nach dem Betreten der Wohnung Sichtkontakt zu dem Betroffenen besteht (anders FN PPr St 6 vom 22.03.2013). Im RahmendesBe-
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tretens ist auch eine Umschauin der Wohnung bzw. eine Besichtigung der Räumlichkei- ten zulässig, solange keine weiter gehenden Suchhandlungenstattfinden. Sollte im Einzelfall eine Wohnungsdurchsuchungerforderlich werden, weil der Betroffe- ne sich innerhalb der Wohnungversteckt hält, ist die Maßnahme gegebenenfalls abzu- brechen oderkurzfristig ein Durchsuchungsbeschluss zu erwirken. Zur rechtlichen Begründung verweise ich auf den beigefügten Vermerk - III B 1 Fr- vom 17.12.2015. . Zur Anwendung unmittelbaren Zwangs beim Öffnen der Wohnungstür Die Anwendung unmittelbaren Zwangs beim Öffnen der Wohnungstür ist zulässig, wenn dies zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung objektiv geeignet und erforderlich er- scheint und die Maßnahme im engeren Sinne verhältnismäßigist. a) Die Maßnahme ist geeignet, wenn es in derkonkreten Situation hinreichend wahr- scheinlich erscheint, dass sich der Betroffene in der Wohnung aufhält. Davon ist bei der Meldeanschrift des Ausreisepflichtigen regelmäßig auszugehen, so- lange keine gegenteiligen konkreten Anhaltspunkte vorliegen, beispielsweise weil die Wohnung von außeneinsehbar und offensichtlich leer ist. Nicht erforderlich ist dagegen, dass eindeutige Anzeichen wie Geräusche oderLicht auf die Anwesenheit des Betroffenen schließen lassen oder gar dass der Betroffene bereits vor dem Betreten der Wohnung zweifelsfrei vor Ort festgestellt werden kann (anders Schreiben PPr St 1211 v. 01.12.2015). Rechtlich lässt sich eine derartige Beschränkung der Befugnisse nicht begründen. Die Auffassung würde bei konsequenter Umsetzung im Übrigen zu dem Ergebnis führen, dass Wohnungsöffnungen zur Durchsetzung der Aus- reiseverpflichtung nur noch in Ausnahmefällen zulässig wären. Vor dem Betreten der Wohnung wird es in der Regel nicht möglich sein, zweifelsfrei festzustellen, ob sich der Ausreisepflichtige tatsächlich in Wohnung befindet. Dass sich der Betroffene, der seiner Ausreisepflicht bislang trotz Androhung der Abschiebung nicht nachgekommenist, auf das Klopfen und Klingeln der Polizei durch die Tür hindurch bewusst bemerkbar macht oder sogar eindeutig zu erkennengibt, ist eher unwahrscheinlich. b) Die Wohnungsöffnungist auch erforderlich, solange der Betroffene die verschlossene Tür nichtfreiwillig öffnet. In diesem Fall bleibt der Polizei zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung keine ande- re Möglichkeit, als die Tür selbst zu öffnen oder öffnen zu lassen. Dies ist unabhängig davon, ob der Betroffene aktiv Widerstand leistet oder seiner Verpflichtung durch Untä- tigkeit nicht nachkommt. Die Anwendung unmittelbaren Zwangssetzt keinen Widerstand des Betroffenen voraus, der gemäß $ 15 Absatz 2 Satz 1 VwVG gebrochen werden könnte (anders Schreiben PPr St 1211 vom 11.08.2015). $ 15 Absatz 2 Satz 1VwVG stellt lediglich fest, dass ein Zwangsmittel auch gegen den aktiven Widerstand des Be- troffenen mit Gewalt durchgesetzt werdenkann. c) Die geeignete und erforderliche Maßnahme ist im Regelfall auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die anordnungsbefugte Dienstkraft hat vor Ort zu prüfen, ob sich im Einzelfall unter Be- rücksichtigung der konkreten Umstände eine Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme ergibt. Dies kann in Ausnahmefällen anzunehmensein, z. B. wenn für den Fall der Wohnungsöffnung mit ernsthaften gesundheitlichen Gefahren für den Betroffenen zu Seite 2 von 3
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rechnen ist, z.B. beiglaubhaft geäußertenSuizidabsichten, und dieGefahren nichtan- dersabgewehrtwerden können. Ichbitte Siedurchgeeignete Maßnahmensicherzustellen, dassdieeingesetzten Vollzugskräfte vor Ort künftig entsprechend verfahren. Mitfreundlichen Grüßen ██ ███ Seite3von 3
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