Unsere Klage gegen das BMI

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JBB

JBB Rechtsanwälte, Christinenstraße 18/19, 10119 Berlin

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17

10179 Berlin

Berlin, 8. Mai 2014

Unser Zeichen: 14-1142

Klage

des Open Knowledge Foundation Deutschland e.V., vertreten durch die
Vorstandsmitglieder Stefan Wehrmeyer und Marcus Dapp, Schlesi-

sche Straße 6, 10997 Berlin,
- Klägers -
Prozessbevollmächtigte: JBB Rechtsanwälte,
Jaschinski Biere Brexl Partnerschaft,
Christinenstraße 18/19, 10119 Berlin,

gegen

die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministeri-

um des Innern, Alt Moabit 101D, 10559 Berlin,

- Beklagte -
wegen: Urheberrecht

Streitwert: € 10.887,03

JBB Rechtsanwälte
Jaschinski Biere Brexl Partnerschaft

Dr. Martin Jaschinski '
Sebastian Biere '

Oliver Brexl '

Thorsten Feldmann, LL.M. ?
Dr. Till Jaeger ?

Thomas Nuthmann '
Julian Höppner, LLM. ?
Julia Gebert, LL.B.

Carsten Kiefer '

Robert Weist

Dr. Tim Engelhardt, ıLM. *
Marie Lenz, LL.M.

Dr. Ansgar Koreng

Martin Michel

Dr. Miriam Ballhausen
Dominik Kirschner

Maria Leutloff

Dr. Lina Böcker

1 Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

2 Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

3 Fachanwalt für Informationstechnologierecht
4 Attorney at Law (New York)

Christinenstraße 18/19
10119 Berlin

Tel. +49 30 443 765 0
Fax +4930 443 765 22

Mail rae@jbb.de
Web www.jbb.de

Sitz der Partnerschaftsgesellschaft: Berlin
Registergericht: AG Charlottenburg, PR 609 B

Berliner Volksbank
BLZ 100 900 00
Kto 520 522 20 08

IBAN DE96 1009 0000 5205 2220 08
Swift-Code BEVODEBBXXX
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Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage mit dem Antrag,

1. festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, es zu unter-
lassen, die interne Stellungnahme des Bundesministeriums des
Innern vom 16. November 2011, übermittelt an Herrn Stefan
Wehrmeyer mit Bescheid vom 19.Dezember 2013, ohne Zu-
stimmung der Beklagten zu verbreiten oder öffentlich zugäng-

lich zu machen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 887,03 nebst Zinsen
hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen

Basiszinssatz seit dem 18. Februar 2014 zu zahlen.

Für den Fall, dass das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet und die
Beklagte nicht innerhalb der hierzu gesetzten Frist ihre Verteidigungsbereit-

schaft anzeigt, beantragen wir,

gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil ohne mündliche Ver-

handlung zu erlassen.

Begründung:

Der Klage liegt zugrunde, dass die Beklagten den Kläger wegen der angeb-
lich unberechtigten Veröffentlichung eines internen Vermerks der Beklagten

auf urheberrechtlicher Basis außergerichtlich abgemahnt hat.

Der Sachverhalt, den wir dem Gericht hiermit zur rechtlichen Beurteilung
unterbreiten, steht paradigmatisch für eine bedenkliche Entwicklung, die die
urheberrechtliche Praxis in jüngerer Zeit eingeschlagen hat: Das Urheber-
recht, das im Grunde einmal dazu geschaffen wurde, dem Urheber die Früch-
te seiner schöpferischen Tätigkeit zu sichern, wird mehr und mehr zweckent-
fremdet, um damit Ziele zu verfolgen, die außerhalb dessen liegen, wozu es

einst geschaffen wurde.

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Konkret geht es gerade in diesem beispielhaften Fall darum, das Urheber-
recht einzusetzen, um eine missliebige Publikation zu unterbinden, gegen
die anderweitig keine Handhabe besteht. Letztlich geht es auch darum, das
vom Gesetzgeber bei der Schaffung des Informationsfreiheitsgesetzes ver-
folgte Ziel zu konterkarieren, die Bundesbehörden zu mehr Offenheit und

Transparenz zu verpflichten.

A) Sachverhalt

Am 9. November 2011 entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE
129, 300 ff.), dass die 5-Prozent-Klausel für die Europawahl mit dem Grund-
gesetz unvereinbar sei. Das Bundesministerium des Innern ließ daraufhin
hausintern prüfen, ob nach dem Richterspruch eine niedrigere als die 5-
Prozent-Klausel - konkret: eine 2,5-Prozent-Hürde - verfassungskonform sein
könnte. Zwei Mitarbeiter des Ministeriums verfassten daraufhin den hier
streitgegenständlichen, hausinternen Vermerk vom 16. November 2011. In
diesem äußerten sie die Rechtsauffassung, dass nach dem Urteil gar keine

Sperrklausel verfassungskonform umsetzbar sei.

Beweis: Interner Vermerk des Bundesministeriums des Innern
vom 16. November 2011

Anlage K1

Gleichwohl verabschiedete der Deutsche Bundestag am 13. Juni 2013 eine
Novellierung des Europawahlgesetzes, die nunmehr eine Sperrklausel von
3% vorsah. Das Gesetz wurde am 9. Oktober 2013 im Bundesgesetzblatt

(BGBl. I, 3749) verkündet.

In seiner Ausgabe vom 14. Oktober 2013 (Nr. 42/2013) erwähnte das Nach-
richtenmagazin „DER SPIEGEL” diesen Vermerk. Unter der Überschrift „Hürde
um Hürde” zeigte das Magazin auf Seite 34 den Widerspruch zwischen der
Expertise des Innenministeriums und dem Handeln des Bundestags deutlich,
der ungeachtet der internen Stellungnahme des Ministeriums eine Drei-

Prozent-Klausel verabschiedete.

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Da der Vermerk im SPIEGEL zwar Erwähnung fand, sein näherer Inhalt der
Öffentlichkeit aber unbekannt blieb, beantragte Herr Stefan Wehrmeyer, der
auch Vorstandsmitglied des Klägers ist, mit Email vom 17. November 2013
beim Bundesinnenministerium die Übersendung des Vermerks. Grundlage
für diesen Antrag war $ 1 Abs. 1 Satz 1 des Informationsfreiheitsgesetzes des
Bundes („IFG“). Diesem Antrag kam das Innenministerium mit Schreiben vom
19. Dezember 2013 nach und übersandte Herrn Wehrmeyer den internen

Vermerk.

Beweis: Schreiben des Bundesministeriums des Innern an Ste-
fan Wehrmeyer vom 19. Dezember 2013

Anlagen K2

Weil Herr Wehrmeyer der Auffassung war, dass der Vermerk ob seiner politi-
schen Brisanz für eine breite Öffentlichkeit von erheblichem Interesse war,
veröffentlichte er den Vermerk auf der von dem Kläger betriebenen Website
„fragdenstaat.de”. Das öffentliche Interesse war zur damaligen Zeit insbe-
sondere deshalb so enorm, weil damals zwar schon das bereits eingangs
erwähnte Urteil zur Fünf-Prozent-Sperrklausel gesprochen war, das Verfah-
ren gegen die Drei-Prozent-Klausel aber noch lief. Zugleich kündigte sich
bereits der Wahlkampf zur nächsten Europawahl an, die nun in wenigen Ta-
gen (nämlich am 25. Mai 2014) stattfinden wird. Damit verband sich die Fra-
ge danach, ob bzw. nach welchem Recht in Deutschland die Wahl für das

Europaparlament stattfinden werde.

Am 7. Januar 2014 entschloss sich das Bundesministerium des Innern im
Rahmen einer internen Entscheidungsfindung, Herrn Wehrmeyer sowie den
Kläger durch eine Rechtsanwaltskanzlei auf urheberrechtlicher Basis abmah-
nen zu lassen. Der entsprechende Vermerk wurde auch von der Staatssekre-

tärin Rogall-Grothe abgezeichnet. In dem Vermerk heißt es wörtlich:

„Bei Abmahnung durch einen Rechtsanwalt entstehen Kosten in Hö-

he von 1.000-2.000 Euro, die als Schadensersatz vom Inanspruchge-

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nommenen zu ersetzen sind. Die Rechtsdurchsetzung erfolgt ggf. (wenn
sich der Adressat widersetzt) im Wege einer gerichtlichen einstweiligen
Verfügung binnen weniger Tage. Eine erneute Abmahnung durch
das BMI ohne Rechtsanwalt und Kosten wäre möglich, wäre je-
doch angesichts des bewusst und vorsätzlich _begangenen

Rechtsverstoßes von ‚Frag-den-Staat.de’ nicht zweckmäßig.”

 

Beweis: Interner Vermerk des Bundesministeriums des Innern
vom 7. Januar 2014, Hervorhebungen nicht im Origi-
nal

Anlage K3

Um die Kernaussage des Vermerks noch einmal deutlich zusammenzufassen:
Das Ministerium meint, es könne die Abmahnung auch selbst verfassen, will
dies aber lieber einer Anwaltskanzlei überlassen, um erhebliche Kosten zu
erzeugen, die disziplinierend auf den Kläger und Herrn Wehrmeyer wirken
sollen! Ein solches Verhalten gilt schon im unternehmerischen Verkehr als
rechtsmissbräuchlich. Für eine an die Grundrechte und das Rechtsstaatsge-

bot gebundene Behörde ist das indes ein umso bemerkenswerterer Vorgang.

Am 17. Januar 2014 erreichte den Kläger eine Abmahnung der Kanzlei Rede-
ker Sellner Dahs, die den Kläger sowie Herrn Wehrmeyer persönlich im Auf-
trag der Beklagten aufforderte, die weitere Veröffentlichung des Vermerks zu
unterlassen und eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklä-
rung abzugeben. Die Beklagte berief sich dabei explizit auf die ihr angeblich

zustehenden Rechte aus 8 17 UrhG und 8 19a UrhG.

Der Abmahnung war eine vorgefertigte Unterlassungs- und Verpflichtungs-
erklärung beigefügt. Darin hieß es wörtlich, der Kläger und Herr Wehrmeyer
(dort als „Unterlassungsschuldner” bezeichnet) sollten sich gegenüber der

Beklagten (dort als „Unterlassungsgläubigerin“ bezeichnet) verpflichten,

„zur Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung von der Un-

terlassungsgläubigerin nach billigem Ermessen festzusetzenden und im

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Streitfallvom zuständigen Gericht zu überprüfenden angemessenen Ver-
tragsstrafe es zu unterlassen, die interne Stellungnahme der Unterlas-
sungsgläubigerin vom 16. November 2011, übermittelt an den Unterlas-
sungsschuldner mit Bescheid vom 19. Dezember 2013, ohne Zustim-
mung der Unterlassungsgläubigerin zu verbreiten oder öffentlich zu-

gänglich zu machen“.

Beweis: Abmahnung der Kanzlei Redeker Sellner Dahs vom
17. Januar 2014
Anlage KA

Nachdem der Kläger die Abmahnung erhalten hatte, suchte er anwaltlichen
Rat bei seinen hiesigen Prozessbevollmächtigten. Diese fertigten im Auftrag
des Klägers ein Abwehrschreiben, das sie am 21. Januar 2014 an die Rechts-
anwälte der Beklagten absandten und mit dem sie die Abgabe der geforder-

ten Unterlassungserklärung verweigerten.

Beweis: Anwaltliches Antwortschreiben des Klägers an die
Beklagte vom 21. Januar 2014
Anlage K5

Am 31. Januar 2014 rechneten die hiesigen Prozessbevollmächtigten des
Klägers diesem gegenüber ihre Leistungen im Zusammenhang mit dem
Schreiben vom 21. Januar 2014 in Höhe von insgesamt € 887,03 (brutto) ab.

Für die nähere Berechnung verweisen wir auf die Rechnung.

Beweis: Rechnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers
an den Kläger vom 31. Januar 2014

Anlage K6

Mit weiterem Schreiben vom 3. Februar 2014 ließ der Kläger die Beklagte
dazu auffordern, die für die Verteidigung gegen die Abmahnung entstande-

nen Abmahnkosten bis zum 17. Februar 2014 zu erstatten.

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Beweis: Anwaltliches Schreiben des Klägers an die Beklagte
vom 3. Februar 2014
Anlage K7

Die geforderte Zahlung ging bis heute nicht ein.

Mit Urteil vom 26. Februar 2014 (NVwZ 2014, 439) entschied das Bundesver-
fassungsgericht schließlich, dass auch die Drei-Prozent-Hürde für die Euro-
pawahl verfassungswidrig ist und bestätigte letztlich die aus dem hier streit-
gegenständlichen Vermerk ersichtliche Expertise des Bundesministeriums

des Innern.

Da es Kern der von dem Kläger im Internet unter der Bezeichnung „Frag den
Staat” angebotenen Dienstleistung ist, dem Bürger den Zugang zu staatli-
chen Informationen zu erleichtern und herausgegebene staatliche Informa-
tionen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, möchte der Kläger nun im
Rahmen dieser negativen Feststellungsklage eine Klärung der Rechtmäßig-
keit dieses Verhaltens erreichen. Dem Kläger geht es um die Schaffung von

Rechtssicherheit im allgemeinen Interesse.

B) Rechtliche Würdigung

Die Klage ist zulässig und begründet.

l. Zulässigkeit

Die Klage ist zulässig. Insbesondere hat der Kläger hinsichtlich Ziff. 1 des
Klageantrags auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass er nicht
in dem von der Beklagten behaupteten Umfang zur Unterlassung verpflich-

tet ist.

Gemäß $ 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Nichtbestehens eines

Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches

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Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entschei-

dung alsbald festgestellt werde. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

1. Feststellungsfähiges Rechtsverhältnis

Bei der Frage, ob der Beklagten gegenüber dem Kläger der in der Abmah-
nung vom 17. Januar 2014 behauptete Unterlassungsanspruch zusteht, han-
delt es sich um ein „Rechtsverhältnis” im Sinne der vorgenannten Vorschrift.
In diesem Sinn ist ein Rechtsverhältnis jede Beziehung einer Person zu einer
anderen Person, die ein subjektives Recht enthält (Zöller/Greger, 8 256, Rn. 3).
Das betrifft insbesondere auch die Berechtigung einer Abmahnung und das
Bestehen oder Nichtbestehen eines Unterlassungsanspruchs einer Partei

gegen die andere (Zöller/Greger, 8 256, Rn. 4 m.w.N.).

2. Berechtigtes Interesse an der Feststellung

Des Weiteren hat der Kläger auch ein berechtigtes Interesse an der Feststel-
lung, dass der in der Abmahnung vom 17. Januar 2014 behauptete Unterlas-

sungsanspruch nicht besteht.

Ein solches Feststellungsinteresse besteht, wenn dem Kläger eine gegenwär-
tige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte sich eines
Rechts gegen den Kläger berühmt und wenn das erstrebte Urteil infolge
seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (Zöller/Greger,
8 256, Rn. 7 m.w.N.). Ein Feststellungsinteresse ist insbesondere dann gege-
ben, wenn der Beklagte sich außerprozessual eines Rechts gegen den Kläger

berühmt (Zöller/Greger, 8 256, Rn. 7).

Eine Gegenabmahnung ist nach der ständigen und einhelligen Rechtspre-
chung vor Erhebung der negativen Feststellungsklage nicht erforderlich, und
zwar weder zur Begründung des Feststellungsinteresses, noch zur Vermei-
dung einer negativen Kostenfolge im Fall eines sofortigen Anerkenntnisses
(vgl. statt aller BGH GRUR 2012, 1273, 1273 - „Stadtwerke Wolfsburg”; OLG
Stuttgart MMR 2011, 833, 833).

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Nachdem die Beklagte sich des hier streitgegenständlichen Unterlassungs-
anspruchs ausdrücklich berühmt hat und diesen Unterlassungsanspruch
auch auf die Antwort des Klägers hin nicht hat fallen lassen, besteht ein be-
rechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung, dass der Unterlassungs-

anspruch nicht besteht.

Il. Begründetheit

Die Klage ist auch begründet.

1. Feststellungsantrag

Der Kläger ist nicht verpflichtet, es zu unterlassen, die interne Stellungnahme
des Bundesinnenministeriums vom 16. November 2011, übermittelt an Herrn
Wehrmeyer mit Bescheid vom 19. Dezember 2013, ohne Zustimmung der

Beklagten zu verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen.

a) Vermerk urheberrechtlich nicht schutzfähig

Der Vermerk ist von vornherein urheberrechtlich nicht schutzfähig. Bei dem
Vermerk könnte es sich allenfalls um ein Sprachwerk im Sinne von 8 2 Abs. 1
Nr. 1 UrhG handeln. Als solches wäre der Vermerk aber nur dann urheber-
rechtlich geschützt, wenn er auch die Voraussetzungen einer „persönlichen
geistigen Schöpfung“ im Sinne von 8 2 Abs. 2 UrhG erfüllen würde. Insbe-
sondere im Fall von behördlichen Arbeitsergebnissen ist davon nur auszu-

gehen, wenn sie

„etwas Neues und Eigentümliches darstellen und eine das Durchschnitt-

liche deutlich überragende individuelle Eigenart aufweisen”

(Partsch, in: Berger/Partsch/Roth/Scheel, Informationsfreiheitsgesetz, 2. Aufl.
2013, 8 6,Rn.7).

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Das ist hier nicht der Fall. Der Vermerk besteht überwiegend aus Versatzstü-
cken aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 2011
(Az. 2 BvC 4/10; 2 BvC 6/10; 2 BvC 8/10) zur Fünf-Prozent-Sperrklausel oder
paraphrasiert dieses. Die schöpferische Eigenleistung des Vermerks ist mini-

mal.

Anhand eines Scans des hier streitgegenständlichen Vermerks, den wir zur
Illustration als Anlage K8 beigefügt haben, haben wir ermittelt, dass der
Textteil des eingescannten Vermerks einschließlich Leerzeichen insgesamt

8.339 Zeichen hat.

Schon die wörtlichen Übernahmen aus dem Urteil des Bundesverfassungs-
gerichts (in der Anlage K8 grün gekennzeichnet) belaufen sich einschließlich
Leerzeichen auf 3.799 Zeichen. Damit liegt alleine schon der Anteil wörtli-
cher Übernahmen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bei

45,56%.

Das berücksichtigt noch nicht den erheblichen Anteil indirekter Zitate, reiner
Füllwörter und schlichter Tatsachenschilderungen. Nimmt man die reinen
Füllwörter (in der Anlage K8 ockerfarben gekennzeichnet) noch hinzu, so ist
der Anteil an urheberrechtlich zweifelsfrei nicht schutzfähigen Passagen

noch höher und liegt bei 59,59% (nämlich 4.969 von 8.339 Zeichen).

Rechnet man zudem noch die indirekten Zitate und reinen Tatsachenschil-
derungen (in der Anlage K8 blau gekennzeichnet) hinein, so gelangt man
schließlich zu einem Anteil an urheberrechtlich nicht schutzfähigen Über-
nahmen von 71,84%, das heißt umgekehrt, dass weniger als 30% des Ver-

merks überhaupt auf eine Eigenleistung der Autoren zurückzuführen sind.

Die verbleibenden, originär von den Autoren des Vermerks stammenden
und in der Anlage K8 schwarz gedruckten Passagen weisen ihrerseits keine
ausreichende Schöpfungshöhe für einen urheberrechtlichen Schutz auf. Sie
erschöpfen sich darin, den Inhalt des verfassungsgerichtlichen Urteils rein

beschreibend zusammenzufassen. An einer schöpferischen Eigenleistung

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