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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Interne Kommunikation zu "Rechtliche Einschätzung Mietendeckel"

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Berlin, den 25, Juni 2019 BMI Hausruf: 16252 Refl.: Ref.: MinRn. Sabine Bohndick RD`n pia Burger 1) Herrn Minister Abdruck(e): über keine Frau Stn Bohle Frau ALn SW FrauuALnswll Re26/6 Das Referat V 1 1 hat mitgezeichnet. Betr. : Gesetzgebungskompetenz der Länder für Miethöhebegrenzungen für den freifinanzierien Wohnungsbau B§z!±g; Gesetzgebungsvorhaben des Landes Berlin zum „Mietendeckel" Votum Es wird um Kenntnisnahme und Billigung der verfassungsrechtlichen Bewer- tung zur Gesetzgebungskompetenz der Länder bezüglich der Miethöhebegren- zung für den freifinanzierten Wohnungsbau gebeten. Sachverhalt Der Senat von Berlin plant derzeit ein Gesetz zur Einführung einer landesrecht- lichen Mietpreisregulierung für den freifinanzierten Wohnungsbau. Details zu dem Gesetz sind dem Eckpunktepapier der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zu entnehmen
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-2- (httDs://stadtentwickluna.berlin.de/wohnen/wohnraum/mietendeckel/download/S enatsbeschluss Eckpunkte Mietenaesetz.Ddf). Danach dürfen Mieten in beste- henden Mietverhältnissen für fünf Jahre nicht erhöht werden. Auf Antrag wird bei einer Überschreftung einer noch zu c{efinierenden Mietpreisobergrenze die Miete auf die zulässige Miete reduziert. Bei Neuvermietung dari höchstens die zuletzt vereinbarte zulässige Miete veriangt werden. Eine Ausnahme besteht für noch nicht vemieteten Wohnungsneubau. Modemisierungsumlagen sind künf- tig anzeige-und genehmigungspflichtig. Soweit die Bruttowammiete (Miete plus Betriebskosten) nach einer Modemisierung um nicht mehr als 0,50 9m2 monatlich erhöht wird, besteht lediglich eine Anzeigepflicht. Bei winschaftlichen Härien von Vemietern können Ausnahmen von den Regelungen zum Miet- preisdeckel zugelassen werden. Verstöße gegen den Mietpreisdeckel erfüllen den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit und werden mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 € geahndet. Das Gesetz soll am 11. Januar 2019 in Kraft treten. Der Berliner Senat geht davon aus, dass diese Regelung€m auf den Kompe- tenztitel für das Wohnungswesen gestützt werden können. Für das Wohnungs- wesen ist im Zuge der Föderalismusreform 2006 die zuvor besteliende konkur- rierende Gesetzgebungskompetenz naci Art. 741 Nr.18 GG a.F. auf die Län- der übergegangen (vgl. Art. 70 1 GG). Stellungnahme Es spricht viel dafür, dass eine Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Erlass von Regelungen zur Begrenzuni.g der Miethöhe für den freifinanzierten Wohnungsbau und insbesondere für den geplanten Mietendeckel nicht gege- ben ist. Denn eine solche Regelung isl: Gegenstand der konkurrierenden Ge- setzgebung und der Bund hat abschlie3end von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht. Die Länder haben gemäß Art. 70 1 GG das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. lm Be- reich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder nach Ar{. 72 1 GG die Befugnis zur Gesetzgebung, solang€! und soweit der [3und von seiner in Art.
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-3- 74 GG benannten Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Ob das geplante Gesetz über einen „Mietpreisdeckel" auf eine Gesetzgebungs- kompetenz der Länder gestützt werden kann, wird derzeit kontrovers diskutiert (für eine Kompetenz der Länder etwa Weber, JZ 2018,1022 ff.; Putzer, NVwZ 2019, 283 <286>; Mayer/Arzt, Öffentlich-rechtljche und privatrechtliche Aspekte eines „Mietendeckels" für das Land Berlin, Gutachten 2019, S. 36; a.A. Liesen- feld/Bickeri/Dittmann, Der geplante Mie'tendeckel in Berlin ist nichtig!, Gutach- ten 2019) und ist verfassungsgerichtlich noch nicht entschieden. Es lassen sich hierbei durchaus Argumente vorbringen, dass unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des Mietendeckels, die Materie dem Gebiet des bürgerlichen Rechts und damit nach Art. 741 Nr. 1 GG der konkurrierenden Ge- setzgebung zuzuordnen ist. Das Gesetz soll die Vehragsfreiheit von Mietern und Vermietern insoweit einschränken, dass die Vereinbarung einer bestimm- ten Miethöhe unzulässig ist. Damit soll das Gesetz in privatrechtliche lndividual- rechtsverhältnisse eingreifen. Die Ordriung der lndividualrechtsverhältnisse ist aber der originäre und traditionelle Regelungsgegenstand des bürgerlichen Rechts (vgl. BverfGE 142, 268 <282 f. Rn. 54>). Dies gilt insbesondere auch für den Bereich des sozialen Mietrechts das auch durch Elemente sozialer Re- gulierung von wirischaftlichen Vorgängen geprägt ist (vgl. BverfGE 142, 268 <283 Rn. 55>). Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Regelung nach derzeitiger Planung als Öffentlich-rechtliche Regelung ausgestaltet werden soll. Denn das bürgerliche Recht versteht sich nicht als Gegensatz zum Öffentlichen Recht, sondern stellt sich als Zusammenfassung aller Normen dar, die herkömmli- cherweise dem Zivilrecht zugeordnet werden. lnsoweit jst auch eine öffentlich- rechtliche Norm dem bürgerlichen Recht zuzuordnen, wenn sie Regelungen trifft, die herkömmlicherweise dem bürgerlichen Recht zuzuordnen sind (Bver- fGE 11,192 (08.06.1960 -1 BVR 580/53). Soweit man davon ausginge, dass Miethöhebegrenzungen in einer öffentlich- rechtlichen Ausgestaltung nicht mehr dem bürgerlichen Recht zuzuordnen sind,
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-4- könnten sie Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 74 I Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft) sein, wobei das Grundgesetz keine ausdrück- lich Regelung für das Preisrecht und die Preisverwaltung enthält (vgl. Weber, JZ 2018,1022 <1025>), sodass in der Literatur zum Teil vertreten wird, dass Vorschriften zur Preisbildung und Preisüberwachung dem Öffentlichen Mietrecht als Ländermaterie unterfallen. Durch die Streichung des Kompetenztitels für das Wohnungswesen aus dem Katalog des Art. 74 1 Nr. 18 GG geht die Kompetenz nach der Struktur der grundgesetzlichen Kompetenzverieilung nur insoweit an die Länder über, als die zu regelnde Materie nicht von einem anderen Kompetenztitel des Ari. 74 GG erfasst wird. Nichts anderes ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zum ,,Gesetz zur Än- derung des Grundgesetzes" (BT-Drs.16/813), mit dem der Kompetenztitel des Wohnungswesens gestrichen wurde. Dort wird ausgeführt, dass mit der Über- tragung das Wohnungswesen nicht voll;ständig in die Zuständigkeit der Länder übergegangen sei, sondern nur „das Recht der sozialen Wohnraumförderung, der Abbau von Fehlsubventionierung im Wohnungswesen, das Wohnungsbin- dungsrecht, das Zweckentfremdungsrecht im Wohnungswesen sowie das Wohnungsgenossenschaftsvermögensrecht". Zu diesen Teilbereichen gehöri die Miethöhebegrenzung für den freifinanzierten Wohnungsbau gerade nicht. Des Weiteren ließe sich anführen, dass der Bund von seiner Kompetenz bezüg- lich der Mietenbegrenzung für den frei finanzierten Wohnungsbau auch Ge- brauch gemacht hat, so dass im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung kein Raum mehr für ergänzende Regelungen der Länder bleibt. Für bestehende Verträge hat er in einem Unterkapitel „Regelungen zur Miethöhe" Vorschriften zur Staffelmiete, lndexmiete, Mieterhöhmg bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete und Modernisierungsmieterhöhung (vgl. §§ 570 ff. BGB) erlassen. Gleiches gilt auch für neue Wohnraummietveriräge durch Regelungen zur Mietpreisbremse, die in dem Unterkapitel „Vereinbarungen über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten" geregelt sind. Eine daneben- stehende öffentlich-rechtliche Regelung der Länder hätte hierneben keinen ei-
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-5- genständigen Anwendungsbereich mehr. Damit würde eine Sperrwirkung für landesrechtliche Regelungen mit der gleichen Zielrichtung eintreten. Dies gilt auch, soweit diese auf das Recht der Wirtschaft gestützt wird. Denn für den Eintrift der Sperrwirkung des Art. 721 GG ist es nicht notwendig, dass die entsprechende Bundesregelung auf die gleiche Gesetzgebungskompetenz ge- stützt wird. Vielmehr kommt es darauf an, dass der Bundesgesetzgeber mittels wirksamem Gesetz für die betreffende Materie eine ,,erschöpfende" und damit abschließende Regelung trifft (Maunz/Dürig/Maunz GG Aii. 72 Rn. 82). Eine Stellungnahme zur materiellen Rechtmäßigkeit des Vorhabens ist derzeit nicht möglich. 4. Kommunikation keine ln Vertretung Pia Burger
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