Lageberichte Chile Proteste 2019

Berichte der Botschaft in Chile an das Auswärtige Amt

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Lageberichte zu Chile

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Betreff: DKOR | SANTI | Krise In Chile | Zur Unterrichtung Botschaft Santiago de Chile 'Generationenwechsel: 5 der neuen Minister sind zw. 30 und 47°
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I.       Handlungsempfehlungen (GE II.      Im Einzelnen 1. Gestern von StP Pihera verkündete Absage des APEC-Gipfels und der COP25 kam zwar unerwartet, nachdem CHL Regierung in den vergangenen Tagen wiederholt erklärt hatte, man wolle beide Konferenzen trotz anhaltender Krise weiterhin ausrichten, wenngleich in abgespeckter Form (Reduzierung auf Kernprogramm bei APEC, Verzicht auf Green Zone und Veranstaltungen in der Provinz bei COP). Allerdings waren in den vergangenen Tagen Stimmen im Regierungslager {u.a. Vorsitzender des größten Koalitionspartners RN} laut geworden, die Absage beider Konferenzen for:                                                 ri konzentrieren müsse                    u 2. StP Pihera machte deutlich, dass ihm diese Entscheidung nicht leicht |
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ANHANG Registratur SANTIYZREG SANTI_2019-10-31_45129 Zur Unterrichtung
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505.22                                                                        _ er 2019 14:13 Betreff: DKOR | SANTI | Krise in Chile | Zur Unterrichtung Von:                             Botschaft Santiago de Chile Il.     Zusammenfassung und Wertung Gestern erneut gewalttätige Proteste in Santiago und Valparaiso/Vina del Mar.
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I.        Handlungsempfehlungen Kenntnisnahme, I.        Im Einzelnen 1. Nachdem das Wochenende - von friedlichen Demonstrationen in Santiago und anderen Städten und einzelnen Zwischenfällen abgesehen - relativ ruhig verlaufen war, flanımten gestern vor allem in Santiago und in der Region Vaiparaiso/Viha del Mar erneut gewalttätige Proteste auf. Das Zentrum Santiagos war gestern Abend teilweise abgeriegelt, es gab zahlreiche brennende Barrikaden und heftige Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizei. Erstmaliger Einsatz von Molotow-Cocktaiis direkt gegen Polizisten deutet auf Eskalation der von einer Kerngruppe von Protestierern ausgehenden Gewalt hin. Erneut auch Brandschatzungen und Plünderungen von Geschäften in der Innenstadt. 2. Soweit bekannt, weiterhin keine deutschen StA betroffen. Reiseverkehr im Land (Luft/Straßen) bis auf vereinzelte Barrikaden auf Überlandstraßen weitgehend normal. Personennahverkehr in Santiago aber weiter gestört, Ca. 35% der Metrostationen sind weiterhin und voraussichtlich für längere Zeit nicht in Betrieb, Busverbindungen teilweise überlastet, so dass - für Großteil der        j        Bevölkerung    wichtige —  . Verbindung in die Außenbezirke nach wie vor unzuverlässig is                                      | sich in den letzten Tagen zunehmend um          {alte} Forderung nach Einberufung eines verfassungsgebenden Konvents, ein Projekt, das Ex-StPin Bachelet gegen Ende ihrer Amtszeit begonnen hatte und inkonklusiv hatte abbrechen müssen. Befürworter begründen diese Forderung mit Notwendigkeit, aus der Pinochet-Ära (1980) stammende Verfassung, die u.a. Prinzip der Subsidiarität staatlicher Intervention auch im sozialen Bereich festschreibe und somit notwendigen Reformen im Wege stehe, abzulösen. Verfassungsausschuss der Abgeordnetenkammer des CHL Kongresses billigte gestern gegen Stimmen der Regierungskoalition Antrag, mit dem voraussetzungen für Abhaltung eines Verfassungskonvents geschaffen werden sollen (nächste Schritte: Plenum, dann Senat). Bisherige Debattenbeiträge bleiben, was konkrete Änderungsvorschläge betrifft, sehr vage, Eine wie auch immer geartete, gar konsensfähige Vision, was die Kernelemente der neuen Verfassung sein sollen, ist bislang nicht auszumachen. 4. Regierung plant, in ein bis zwei Wochen breit angelegten, landesweiten Bürgerdialog nach FRA Vorbild zu beginnen. Dialog soll 60 bis 90 Tage dauern und von Bürgermeistern dezentral geführt werden. Vorbereitende Gespräche mit CHL Gemeindeverband laufen unter Federführung des neu ernannten Ministers für Soziales und Familie, Sebastiän Sichel. Dialog soll von Steuerungskommittee begleitet werden, dem sowohl Regierungsmitglieder als auch Unabhängige angehören sollen. Themenkatalog soll Bereiche Bildung, Alterssicherung, Löhne, Gesundheit und öffentliche Dienstleistungen („servicios bäsicos") umfassen. Regierung schließt Aufnahme weiterer Themen einschließlich Verfassungsreform ausdrücklich nicht aus 5. Unabhängig von diesen Überlegungen- und von den Medien bisher kaum wahrgenommen - laufen bereits seit Tagen von einem Verbund zivilgesellschaftlicher Organisationen mit Unterstützung der (öffentlichen) Universidad de Chile organisierte Bürgerversammlungen, die einen ähnlichen Themenkatalog diskutieren. Es ist nicht auszuschließen, dass es den Organisatoren gelingt, Ergebnisse aus diesen Dialogen herauszudestillieren, bevor der von der Regierung geplante Bürgerdialog überhaupt begonnen hat. Regierungsvertreter planen jetzt schon, diese Ergebnisse ggf. in den Bürgerdialog mit einzubeziehen, 6. Aufarbeitung von Sicherheitskräften begangener MR-Verletzungen: Von Seiten Regierung und Führung der Sicherheitskräfte (Polizei und Streitkräfte) kommen deutliche Aussagen, dass gemeldete Fälle rückhaltlos 2
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aufgearbeitet werden. Staatsanwaltschaften einschließlich Spezialstaatsanwaltschaft für MR arbeiten nach Aussage leitender Vertreter intensiv und in Zusammenarbeit mit INDH {Instituto Nacional de Derechos Hurmanos, unabhängige staatliche Instanz) an Ermittlungen. Für teilweise polemische Reaktionen aus Oppositionskreisen sorgte Äußerung INDH-Chef vor MR-Ausschuss des Parlaments, es gebe keine Anhaltspunkte für systematische MR-Verletzungen. Diskussionstherna ist u.a. Zuständigkeitsabgrenzung ziviler und Militärgerichtsbarkeit. Berufungskammer des Strafgerichts in der Stadt Concepciön erklärte gestern Anordnung von U-Haft gegen einen Angehörigen der Streitkräfte durch einen (ordentlichen) Haftrichter für rechtens, >                  ER
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ANHANG Registratur AANTL*ZREG SANTI_2019-11-05_36739 laufende Berichterstattung Zur Unterrichtung
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505-22                   ED                        |          |                                             | ber 2019 21:42 Betreff: DKOR | SANTI | Krise in Chile | Zur Unterrichtung Von:                             Botschaft Santiago de Chile Betreff:          "               Krise in Chile I.       Zusammenfassung und Wertung Proteste halten weiter an, konzentrieren sich auf Innenstadt Santiagos und einzelne Provinzstädte (v.a. Valparaiso, Concepciön). Demo-Aufrufe unterschiedlichster Provenienz proliferieren in sozialen Medien, Regierung und Teile der Opposition haben im Schatten der Proteste grunds, Verständigung auf schnelle, punktuelle Renten- und Steuerreform erzielt {Anhebung niedriger Renten, Progression bei Grundsteuer, Einführung Kapitalerstragssteuer), Insoweit Bewegung in die richtige Richtung, nämlich: Dialog zw. Regierung und gesprächsbereiten Teilen der Opposition, konkrete, den Bürgern zugute kommende Reformschritte sowie Ansätze zur Schliessung   der "Gerechtigkeitslücke"! Im Übrigen dreht sich innenpolitische Debatte weiter um das Thema Verfassungsreform. Regierung zeigt sich often für Änderung der Verfassung im bestehenden, institutionellen Rahmen, Teile der Opposition fordern dagegen weiter Rücktritt des Präsidenten (und der Regierung), Neuwahlen und Abhaltung eines Verfassungskonvents mit dem Ziel einer umfassenden institutionellen Erneuerung EEE Mit dem Ziel, Druck aus der Protestbewegung zu nehmen und zugleich aus dem vielstimmigen, nach wie vor führungslosen Protestchor konkretere Reformprioritäten herauszudestillieren, treibt Regierung ihr Projekt eines landesweiten Bürgerdialogs voran; parallel laufen autonom von zivilgesellschaftlichen Kräften angestoßene Bürgerversammilungen weiter (zu beidern DKOR v. 05.11.2019).
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I.       Handlungsempfehlungen Il.      Im Einzelnen 1. Die Innenstadt Santiagos ist nachmittags und abends praktisch "no go area", Demonstranten versuchen, vom Zentrum in wohlhabendere Geschäfts- und Wohnviertel vorzudringen. Gestern wurden wieder Geschäfte und öffentliche Gebäude im Zentrum sowie die Zentralen von zwei Regierungsparteien (UDI und RN} angegriffen und teilweise zerstört. Im "Epizentrum" der Proteste an der "Plaza Italia” gelegene Parteizentralen der Kommunistischen und der SozialistischenPartei EEE (Beer                               unbehelligt. Diesen Parteien nahestehende Gewerkschaften rufen mit immer militanteren Parolen (" lasst uns das Land lähmen”) zum Streik auf. Beides Anzeichen dafür, dass es Teilen der Opposition gelingt, auf den Protestzug aufzuspringen? 2. Es gab aber auch wieder gewalttätige Zwischenfälle in den überwiegend armen, besonders stark von Zerstörungen betroffenen Außenbezirken, Protestierer griffen eine Polizeistation an und plünderten erneut Supermärkte, Auch Schulen sind von Angriffen betroffen oder werden bedroht, weshalb gerade in den benachteiligten Vierteln Schulen schliessen. Im Stadtzentrum haben zwei große öffentliche Schulen das - laufende Schuljahr einen Monat vor Ferienbeginn abgeschlossen. 3. Erste Reformschritte: Renten: Die Regierung strebt eine stärkere Subventionierung der weitgehend privaten Rentenversicherung mit dem Ziel an, Kleinrentner und Geringverdiener besser zu stellen. In der Diskussion: steuerfinanzierte, direkte Anhebung niedriger Renten, steuerfinanzierter Beitrag zur Rentenvorsorge von Geringverdienern, Beträge noch in Diskussion, Regierung öffnet sich zudem Überlegungen, ein gemischtes System einzuführen, in dem auch Arbeitgeber beitragen, wobei der Arbeitgeberanteil in einen Solidarfonds fliessen soll, damit v.a. Kleinrentner profitieren, Steuern: Geplant Anhebung der Grundsteuer auf Immobilien mit Wert über 250tsd Euro (Opposition: unzureichend), Wegfall ursprünglich geplante Anrechnung der Körperschaftssteuer auf die Einkommensteuer. 2                                  .           h
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