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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Beratungen zur Leuna- und Buna-Privatisierung zwischen 1990 und 1997

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Gruppenleiter 44 44 - Tr 003 - NA 5 1. Herrn Abteilungsleiter 4 Betr.: Baukosten Raffinerie Leuna hier: Ihr morgiges Gespräch mit Herrn Wiczorek I. Gesprächsvorschlag - Hinweis, daß das Soloman-Gutachten nicht einen Mißstand aufdeckt, sondern gerade deshalb angefordert wurde, um die öffentliche Hand vor einer eventuellen Obervorteilung zu schUtzen. - Derzeit noch keine Aussage möglich, ob die von Elf veranschlagten Bau- kosten Oberhöht sind. BVS befindet sich hierOber im Gespräch mit Elf. Gezahlt wird jedenfalls erst, wenn die Diskrepanz zwischen der Berech- nung von Elf und dem Gutachten geklärt ist. II. Sachverhalt (stark vereinfacht) Nachdem Thyssen, der ursprUngliehe Partner von Elf, beim Bau der Raffinerie von seiner vertraglichen Option, das Konsortium zu verlassen, Gebrauch gemacht hatte, war die Realisierung des Projekts akut gefährdet. Unter dem Druck von Elf hatte sich THA im April 1994 verpflichtet, den Thyssen-Anteil (33%) zu Ubernehmen. Es wurde vereinbart, daß der Anteil zum branchenUblichen Wert (abzUglich öffentlicher Hilfen) von BVS gekauft wird. Zu diesem Zweck hat BVS das Gutachten bei der renommierten Consulting-firma Solomon Associates 1n Auftrag gegeben.
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- 2 - Solomon kam zum Ergebnis, daß die von Elf fUr die reine Raffinerie mit 3,5 Mrd. DM veranschlagten Kosten nach branchenüblichen Maßstäben nur 2 Mrd. DM betragen dUrften. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden Elf am 11. Juli 1995 mitgeteilt. Elf hat die Soloman-Aussagen bestritten. Konkrete Gespräche BVS/Elf sollen jetzt aufgenommen werden. I II. Bewertung 1. Ein Schaden hinsichtlich des Anteilserwerbs Thyssen kann der BVS nicht entstehen, da ein Kaufpreis erst entrichtet wird, wenn die Diskrepanz zwischen den Rechnungen von Elf und Solomon geklärt ist. V Dafür, daß Elf in der Tat überhöhte Kosten veranschlagt hat, spricht immerhin die Tatsache, daß das für Leuna vorgesehene Tanklager mit 750 M1o. DM veranschlagt ist, während ein vergleichbares Elf-Tanklager in Dresden dem Vernehmen nach 200 Mio. DM kostet. Ein großes Problem könnte sich m.E. aber 1m Bereich der Förderung er- geben. Bei den Privatisierungsverhandlungen war die öffentliche Hand von einem förderfähigen Investitionsvolumen in Höhe von 4,5 Mrd. DM (Raffinerie plus Zusatzanlagen/Infrastruktur) ausgegangen. HierfOr waren Hilfen bis zu 1,4 Mrd. DM zugesagt worden (knapp 1 Mrd. DM Investitionszuschüsse, davon rd. 600 Mio. DM GA; rd. 400 Mio. DM I-Zulage). Nach Kenntnis von BMF/BVS wurde der Bau der Raffinerie zum Festpreis von 3,1 Mrd. DM an ein Konsortium, bestehend aus der französischen Technip sowie Lurgi und Thyssen vergeben (die Differenz zu 3,5 Mrd. DM erklärt sich möglicherweise aus Eigenleistungen von Elf). Mehrheits- eigentümer von Technip 1st Elf. Sachsen-Anhalt, das sowohl die GA-Zuschüsse als auch die I-Zulagen zu bewilligen hat, ist von BMWi/BMF über die Ergebnisse des Gutachtens bislang nicht informiert worden. Ein Teil der Hilfen soll - wohl auch \.1
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- 3 - vorab - bereits gezahlt worden sein. Soweit es zu Überzahlungen aufgrund überhöhter Rechnungen der Elf-Generalunternehmer käme, würde Elf hiervon - Ober Technip - neben Lurg1 und Thyssen profitieren. Unterstellt man auch beim Bau der Raffinerie einen F6rdersatz von 1/3, so wäre - legt man das Solomon-Gutachten als richtig zugrunde - eine Überf6rderung von 500 Mio. DM denkbar. 3. Handlungsbedarf: Gespräche zwischen BVS/Elf müssen - dies habe ich auch gegenOber GMF/BVS verdeutlicht - rasch gefUhrt werden. Sobald sich einigermaßen belastbar abzeichnet, daß Elf die Raffineriekosten deutlich zu hoch angesetzt hat, mUßte die Bundesregierung Uber Konsequenzen beraten. Meines Erachtens sollten wir politische Ebene im Wirtschafts- und Finanzministerium Sachsen Anhalt bereits jetzt Uber das Gutachten unter- richten. Vielleicht könnten Sie das Thema nochmals am Rande der Ludewig-Runde mit StS Ludewig/Overhaus aufnehmen. Kindler , o . .-
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i!fY:~IR9li1Tfns Referat 441 441 - Tr 003 - NA 5 17. Oktober 1995 Hausruf: 2484 1. VERMERK: Betr.: Baukosten Raffinerie Leuna hier: Unterrichtung der Landesregierung Sachsen-Anhalt auf politischer Ebene Bezug: Telefonat mit Herrn Or. Röhling, L-0, BMWi Telefonat mit Herrn Röhling ergab, daß BMWi das Land Sachsen-Anhalt in allgemeiner Form auf Arbeitsebene über die Existenz des Solomon-Gutachtens unterrichtet habe. Auch BMF habe lediglich auf Arbeitsebene durch seine Steuerabteilung das Finanzministerium Sachsen-Anhalt über mögliche Probleme betr. die I-Zulage informiert. Ich habe darauf hingewiesen, daß gemäß der Absprache in der St-Runde Neue Bundesländer die politische Ebene sowohl des Finanz- als auch des Wirtschaftsministeriums in Sachsen-Anhalt durch BMWi bzw. BMF unterrichtet werden sollte. Hiervon solle nur abgesehen werden, wenn die Ergebnisse der Gespräche ELF/Soloman bereits jetzt alle Befürchtungen zerstreut hätten. Letzeres ist nach Auskunft Röhling jedoch nicht der Fall. Unser Petitum war BMWi bereits bekannt. H.Röhling wird jetzt bei Sts Ludewig ein Gespräch mit Minister Schucht 2. AL4, GL 44 z.K. 3. Wv (Dr.Muttelsee-Schön i.V.)
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·Referat 441 441 - 594 00 - Tr 3/Na 5 Bann, den 17. Januar 1996(;;\ Hausruf: 2484 \.'2::?./ 4A ~· Ober Herrn Gruppenleiter 44 Herrn Abteilungsleiter 4 1} Herrn Chef des Bundeskanzleramtes Betr.: - Zur Information - Bundesbürgschaft in Höhe von 2,8 Mrd. DM für ELF-Raffinerie in Leuna Sachverhalt: Gerade hat uns BMF über eine informelle Absprache zwischen BMF, BMWi und dem Land Sachsen-Anhalt informiert. Danach soll die von ELF tragte Bürgschaft für die Errichtung der Raffinerie in Leuna in Höhe von 2 8 d. DM von der Bundesregierung bewilligt werden (60% Bund, 40% Land; BMWi/BMF noch nicht erfolgt). Dies setzt allerdings die Zustimmung des Haushaltsausschusses des Bundestages voraus (nicht vor Ende Februar/Anfang März). Mnl!f#l:'iltl'!ll ELF hatte dem Bürgschaftsantrag eine Gesamtinvestitionshöhe von 5,2 Mrd. DM zugrundegelegt. Dabei ist folgende Finanzierung vorgesehen: 1 Mrd. DM Eigenkapital, 1,4 Mrd. DM Landesfördermittel, 2,8 Mrd. DM Bankkredite mit Absicherung durch Bundesbürgschaft. Von der Bürgschaftsgewährung formal unabhängig gibt es noch eine Auseinander- setzung mit ELF über die Höhe der angemessenen Investitionskosten für die Raffinerie. Dieses Problem ist relevant für den von der THA Anfang 1994 verein- barten Kauf von 33% der Raffinerie {früherer Thyssen-Anteil} durch die BVS und auch für die Förderung (z.B. Investitionszulage). Im Streit ist noch eine Summe von 800 bis 900 Mio DM, für die ELF bislang noch keine plausible Erklärung geliefert hat. ELF hat bisher diese Differenz pauschal mit der Erfüllung hoher Umweltstandards und Qualitätskriterien erklärt, dies jedoch noch nicht belegt.
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- 2 - Es fehlt damit an jeglicher Transparenz bei den Einzelpositionen. ELF verhält sich in dieser Angelegenheit insgesamt wenig kooperativ und verschanzt sich hinter die mit ihrem Generalunternehmer, an dem ELF selbst wieder beteiligt ist, getroffene Festpreisvereinbarung (Sie hatten über diesen Komplex am 7. November 1995 ein Gespräch mit Herrn RA Partsch geführt). Mit der Bürgschaftserteilung soll sichergestellt werden, daß die Investition weiter voranschreiten ka~n. Nach Auffassung von BMF und BMWi wird hierdurch für weitere Verhandlungen mit ELF über die Angemessenheit der Investitionshöhe kein Präjudiz geschaffen. Diese Frage soll lt. BMWi/BMF (Beamtenebene) zwischen BVS und ELF separat und zu einem späteren Zeitpunkt geklärt werden. Da der Bund zu einem späteren Zeitpunkt verpflichtet ist, 33 % der Anteile an der Raffinerie von ELF zu übernehmen, wird spätestens bei den diesbezüglichen Kaufverhandlungen die Angemessenheit verbindlich beurteilt werden müssen. Bewertung: U.E. kann die Bürgschaft nicht dem Haushaltsausschuß vorgelegt werden, ohne daf wir hiermit die zumindest in einem politischen Zusammenhang zu sehende Frage nach der Höhe der Investitionskosten plausibel beantworten können. Wir beabsichtigen deshalb, zunächst zur weiteren Klärung die frage der Bürg- schaftserteilung in einer politischen Runde mit BMWi und BMF (StS Ludewig, StS Overhaus) oder in der StS-Runde "Neue Bundesländer" zu erörtern. fJ/'- tddk_ (i.V. Dr. Muttelsee-Schön) I~ V
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Referat 441 441 - 594 00 Tr 3/NA 5 5. Februar 1996 Hausruf: 2484 Ober ~ Herrn Gruppenleiter 44 ~ s-. 1 ® · Herrn Abteilungsleiter 4 Betr.: Bundesbürgschaft für ELF-Raffinerie in Leuna hier: Ihr Gespräch mit Sts Ludewig, Sts Overhaus im Anschluß an die St-Runde am 06.Februar 1996 Votum: Oie BürgschaftserteilunQ sollte nach Abwägung aller Umstände und unter der Voraussetzung, daß nur eine Freigabe in Höhe von 1,9 Mrd DM erfolgt, befür- wortet werden. Sie könnten darüber hinaus BMF und BMWi nach dem Eigenrisiko der ELF kritisch fragen. I. Sachstand: ·f"'\ 1. StS Ludewig möchte folgende Entscheidung mit Ihnen und StS Overhaus absti•en: - Die Bundesbürgschaft wird für Kredite bis zu 2,8 Mrd. DM grundsätzlich bewilligt, aber nur in Höhe von 1,9 Mrd. DM freigegeben. Eine Freigabe des zusätzlichen Betrages in Höhe von 900 Mio DM erfolgt erst, wenn die zwischen BVS und ELF aufgrund des Solomon-Gutachtens streitige Frage der Höhe der Investitionskosten geklärt ist. 2. i -.;;:"•:; . . __ ..,... - ELF hatte dem Bürgschaftsantrag eine Gesamtinvestitionshöhe von 5,2 Mrd. DM zugrundegelegt. Dabei ist folgende Finanzierung vorgesehen: 1 Mrd DM Eigenkapital (ELF?), 1,4 Mrd DM Landesfördermittel, 2,8 Mrd DM Bankkredite mit Absicherung durch Bundesbürgschaft. ~ "~
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- 2 - Die Bürgsehaftserteilung setzt die Zustimmung des Haushaltsausschusses des BT voraus. Formal - aber nicht politisch - unabhängig von der Bürgschaftsgewährung ist die Auseinandersetzung mit ELF über die Höhe der angemessenen Investitions- kosten. h1 Streit ist eine Summe von 800 - 900 Mio DM. Bislang ist eine zufriedenstellende Erklärung dieser Differenz durch ELF nicht erfolgt. ELF verhält sich in dieser Angelegenheit wenig kooperativ, drängt aber in bezug auf die Bürgschaftserteilung. Nachdem BMF und BMWi (Beamtenebene) zunächst für die BürgschaftserteilunQ in voller Höhe (2,8 Mrd DM) unter Verweis auf die formale Unabhängigkeit von der Frage der Investitionskosten eintraten, wurde auf unsere Intervention hin die oben aufgeführte Lösung entwickelt. BMF und BMWi vertraten dann zunächst die Auffassung, die Bürgschaft solle in Höhe von 2 Mrd DM frei- gegeben werden. Wir haben auf einer Gewährung in Höhe von 1,9 Mrd DM bestanden, um zum einen den Verhandlungsdruck auf ELF in der gesamten Höhe des streitigen Betrages aufrecht zu erhalten und zum anderen gegenüber dem Haushaltsausschu~ bestehen zu können. BMF und BMWi sind mittlerweile auf diese Linie eingeschwenkt. Leitung BMWi hat - unter dem Vorbehalt der Abstimmung mit Ihnen und BMF am morgigen Tage - diese Lösung zwischenzeit- lich gebilligt. V II. Bewertung V 1. Zur Sicherste 11 ung des Investments kann aus unserer Sicht nch Abwägung a11 er Umstände die BürgschaftserteilunQ in Höhe von 1,9 Mrd DM befürwortet werden. Gesehen werden muß allerdings die übergeordnete politische Komponente der Entscheidung {u.a. "Leuchttzurmfunktion" der Raffinerie etc.). Oie in der Branche geäußerten erheblichen Zweifel an der Rentabilität der Raffinerie sind ernst zu nehmen. Vorrang muß aber die Beurteilung des Investors ~aben, der das Risiko trägt, es sei denn, es sprechen Oberzeugende Argumente dagegen. C &L Treuarbeit trägt die Bürgschaft - gerade noch - mit.
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