Lagebericht Côte d'Ivoire 2019

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6 VS Nur für den Dienstgebrauch ~ !~:,:~'~.:~~;~-,-~~~:~t:rs VS eingestuft vertreten Religionen (Muslime, Christen und traditionelle Religionen, alle in etwa gleicher Stärke) statt. Staatliche Repressionen oder Diskriminierung von Ang~hörigen bestimmter Religionsgruppen sind nicht zu befürchten. Verbote von Mitgliedschaften in bestimmten Gruppen, religiösen Ritualen, Kulthandlungen oder Ähnlichem gibt es nur, sofern sie gegen Menschenrechte verstoßen. So ist die Beschneidung von Frauen, die überwiegend im muslimischen Teil der Bevölkerung vorkommt, gesetzlich verboten und mit Freiheitsstrafe bedroht. Sofern Fälle von Beschneidung bekannt werden, werden diese gerichtlich verfolgt ' und bestraft (s. auch Ziff. II. 1.8.1 ). Wiederholt wird auch über Kindesentftihrungen bzw. Opferrituale auf der Grundlage von naturreligiösen Vorstellungen oder Aberglauben berichtet. Rein religiös motivierte Konflikte sind in Cöte d'Ivoire bislang weitgehend unbekannt. Es ist jedoch ein langsames Vordringen des politischen Islams auch in den weitgehend nichtmuslimischen Süden zu verzeichnen. Die Regierung beobachtet die Situation mit Sorge vor einer Radikalisierung. Trotz verschiedener Versuche gelang es der Regierung bislang nicht, die zunehmende Zahl der Koranschulen auf die Einhaltung des staatlichen Lehrplans zu verpflichten. ' ' Im März 2016 wurde am Strand der ehemaligen Kolonialhauptstadt Grand Bassam durch Terroristen überwiegend malischer Herkunft ein Attentat verübt bei dem mehrere Menschen, darunter auch eine Deutsche, getötet wurden. Zu dem Anschlag hat sich die islamistische Gruppe al-Qaida im Islamischen Maghreb bekannt. Weitere Anschläge o<Jer Übergriffe dieser Gruppe hat es seither nicht gegeben. 1.5 Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis Die Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis ist weitestgehend . einheitlich und una\>hängig von Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Sowohl in der Presse als auch durch nationale und internationale NROs werden allerdings Haftdauer und Haftbedingungen, sowie die lange Wartezeit auf einen Prozess immer wieder kritisiert (s. hierzu Ziff. III. 4.). Sippenhaft wird nicht praktiziert. Während Homosexualität in Cöte d 'Ivoire nicht strafbar ist, werden im Rahmen des Straftatbestandes.zur Erregung öffentlichen Ärgernisses (Art. 360 Code Penal) homosexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit bestraft (s. auch ~iff. II 1.8.2). Mitte Juni 2019 wurde im Parlament ein Gesetzesentwurf eines überarbeiteten Code Penal zur Debatte vorgelegt, in welchem besagter Art. 360 sowohl im Hinblick auf den Straftatbestand als auch auf die Rechtsfolge gänzlich neu gefasst ist: Bei entwurfsgemäßem Beschluss der Vorschrift w~e eine gesetzliche Diskriminierung homosexueller Handlungen abgeschafft. 1.6 Militärdienst Auf dem Papier existiert zwar eine Wehrpflicht, diese wird jedoch seit 1995 nicht mehr umgesetzt. Der Eintritt in den Militärdienst erfolgt freiwillig. Die Heranziehung zum © Auswärtiges Amt 2019- Nicht zur VerfiffentUchung bestimmt- Nachdruck verboten
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7 VS No• fü1 den Biensf:gehl'llueh Militärdienst ist heute nicht mehr an Merkmale wie Rasse, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Überzeugung gebunden. Fur unterschiedliche Gruppen von Deserteuren gibt es unterschiedlich harte Strafen, welche im militärischen Strafgesetzbuch geregelt sind. Hier wird einerseits eine Unterscheidung zwischen Desertion in Friedens- bzw. Kriegszeiten getroffen sowie zwischen Desertion im Inland oder ins Ausland, bewaffileter Fahnenflucht oder Fahnenflucht und Übertritt zum Feind. Je nach Straftatbestand beläuft sich das Strafmaß auf ein Jahr bis hin zu zwanzig Jahren Haft. Die Entlassung aus dem Militär kann ebenfalls erfolgen. 1.7 Handlungen gegen Kinder .Kinderarbeit spielt traditionell im informellen Sektor, allen voran in der Landwirtschaft (Kakao), eine Rolle. Andere Sektoren sind der Bergbau, das Baugewerbe· oder die Gastronomie. Die Grenzen und das Ausmaß des Phänomens sind fließend. Sie reichen von der üblichen Mithilfe auch kleinster Kinder innerhalb des familiären Produktionsprozesses bis zum· "gewerbsmäßigen Verkauf'' von Kindem mittelloser Eltern. Nachdem NROs und internationale Medien vor allem im Kakaobereich in den vergangenen Jahren aufdas Problem der KiJ?,derarbeit aufmerksam gemacht haben, scheint in Cöte d'lvoire langsam eine Sensibilisierung einzutreten. Nach Schätzungen der International Labor Organization (Stand 01.08.2015) sind aber immer noch mehr. als 1,4 Mio. Kinder im Alter zwischen 5 und 17 Jahren Opfer der Kinderarbeit, davon 64,3 % im familiären Umfeld als Haushaltshilfe oder in Kleinstuntemehmen. 37,8 % der Kinder in Arbeit üben eine gefährliche Tätigkeit aus. Die NRO Cacao Initiative (ICI) schätzt die Zahl der. Kinder im Kakaoanbau auf 891.000 im Jahr 2017. ; laut UNICEF sind es eine Million Kinder während der Emtezeit. Viele davon stammen aus den Nachbarländern der Cöte d'lvoire. Das Problem der Kinderarbeit ist nach Au:(Tassung der ICI und des zur Bekämpfung der Kinderarbeit geschaffenen "Comite interministeriel de Iutte contre Ia traite, l'exploitation et le travail des enfants" allerdings rückläufig. Die effektive Bekäinpfung der Kinderarbeit über das Justizsystem ist aufgrund Ressourcen und Personal begrenzt: 2017 gab es nur 42 Verfahren gegen Kinderarbeit mit vier Verurteilurigen. Gewalt gegen Kinder und deren Missbrauch sind verbreitet, besonders in Schulen. Die körperliche Züchtigung von Kindem in Bildungseinrichtungen ist an der Tagesordnung und gesetzlich weder verboten noch eingeschränkt. Kinderehen sind zumindest öffentlich-rechtlich nicht möglich, werden aber durch traditionelle Hochzeiten weiterhin praktiziert. Das Mindestalter zum Eingehen einer Ehe beträgt 21 Jahre. Mit Zustinimung der Sorgeberechtigten können Frauen auch bereits mit 18 Jahren heiraten. Die Voraussetzungen sind von dem jeweiligen Standesbeamten vor ,Eheschließung zu prüfen. Im Rahmen einer umfangreichen Gesetzesänderung wurde jedoch die Volljährigkeit auf 18 Jahre herabgesetzt (s. Kapitel V Nr. 4) und das Gesetz über die Ehe (loi no. 64-375 du 07.10.1964 relatif au mariage) entsprechend angepasst. Demnach können beide Eheleute zukünftig ab Vollendung des 18. Lebensjahres ohne Einwilligungserfordernisse die Ehe © Auswärtiges Amt 2019- Nicht zur Veröffentlichung bestimmt- Nachdruck verboten
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i;--;: r/. ~G~ i':}~~rzfer' 8 VS Nur fiir den Diens~ehraueh F~:::3s~·~ ..-jG ~··~~c~1~ als ".JS c:n~:.:!cstuft ... eingehen. Eine Eheschließung vor dem 18. Lebensjahr ist nicht möglich. Das Gesetz ist mangels Veröffentlichung bislang noch nicht in Kraft getreten. Kindersoldaten haben auch während der Krisenjahre keine nennenswerte Rolle gespiel!. Wichtige Fortschritte ~rden fiir den Schutz von Kindem und Jugendlichen in Strafverfahren g~macht. ~ei den Gerichten erster Instanz in Abidjan sowie in Man (Nordwesten) und Bouake (Mitte des Landes) wurden "Services de Ia Protection Judiciaire de l'Enfance et de la Jeunesse" geschaffen, die die Richter beraten und unterstützen. 1.8 Ges<:hlechtsspezifJS<:he Verfolgung Frauen sind rechtlich gleichgestellt. Es werden sowohl von staatlicher als auch von Nicht- Regierungsseite Anstrengungen unternommen, Institutionen zum Schutz von Frauen zu schaffen. Das traditionelle Bild der Frau als Mutter und Hausfrau ist in der Gesellschaft noch fest verankert. Die neue Verfassung vom November 2016 enthält in Art. 36 und 37 zwei Bestimmungen· zum Schutz und zur Förderung der Rechte der Frauen sowie zur Gleichstellung. Das Familienrecht ist in diesem Sinne weiter modernisiert worden. Die "väterliche Gewalt" in seiner Rolle als Haushaltsvorstand wurde gesetzlich in "elterliche Gewalt" umgewandelt. Gleichg-estellt wurden die Geschlechter auch beim Erwerb der ivorischen Staatsangehörigkeit durch einen Ausländer bei Heirat mit einem ivorischen Staatsangehörigen. · In der Politik sind Frauen noch unterrepräsentiert; es sind aber Fortschritte zu verzeichnen. Nach der Bildung des neuen Kabinetts Anfang Januar 2017 sind sechs Regierungsmitglieder weiblich (16,6 % bei 36 Ministerien). Im Parlament sind nur ca. 11,15 % von 25_5 Parlamentsabgeordneten Frauen. Im Senat. sind derzeit 19% der 99 Mitglieder Frauen. Die Frauenquote auf regionaler und kommunaler Ebene ist noch geringer. Am 06.03.19 hat das Kabinett einen Gesetzesentwurf gebilligt, der eine Frauenquote von mindestens 30% auf Wahllisten vorschreibt und Parteien finanzielle Anreize bietet, wenn deren .Listen eine Frauenquote von mindestens 50% enthalten. · Gewalt aller Art gegen Frauen. stellt nach wie vor ein Problem dar. Häusliche Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe stellen nach aktueller Gesetzeslage keinen Straftatbestand dar. Stellte die Mission der VN in Cöte d'lvoire noch im Dezember 2014 180 Fälle von sexuellen Übergriffen auf Frauen und Mädchen fest, so belief sich die Fallzahl laut VN 2016 auf 34. Die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher sein. Gemäß des State of World Population der UNFPA 2019 treffen nur 25% der Frauen in Cöte d'lvoire ihre eigenen Entscheidungen bezüglich sexueller Interaktion mit dem Partner, Nutzung von Verhütungsmitteln und Gesundheit. Der im Juni 2019 ins Parlament eingebrachte Gesetzesentwurf sieht jedoch in seinen Art. 403 ff eine Freiheitsstrafe von fiinf bis zwanzig Jahren, in bestimmten Fällen auch lebenslängliche Freiheitsstrafe ftir Vergewaltigungen, unabhängig von einer bestehenden Ehe, vor. © Auswlrtiges Amt 2019- Nicht zur Veröffentlichung bestimmt- Nachdruck verboten
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9 VS Nut füt den Dienstgebt auch Die im Staatenüberprüfungsverfahren des Menschenrechtsrats 2009 gegebene Empfehlung, sichere Zufluchtsstätten ftir misshandelte Frauen zu schaffen, ist bisher nur ansatzweise umgesetzt worden. Bislang gibt es landesweit nur ein Frauenhaus. Abtreibungen, sowie der Versuch der Abtreibung, sind in Cöte d'Ivoire strafbar. Die Frim, die eine Abtreibung an sich selbst durchfUhrt, wird mit Freiheitsstrafe von ·zwei Monaten bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe von 30.000 FCFA (ca; 45 €) bis zu 300.000 FCFA (ca. 450 €) bestraft. Wird die Abtreibung von einer anderen Person als der Frau selbst, egal ob mit oder ohne Einwilligung der Frau, durchgeftihrt, wird derjenige mit Freiheitsstrafe von einem Jaru bis zu ftinf Jahren sowie mit Geldstrafe von 150.000 FCFA (ca. 225 €) bis zu 1.500.000 FCFA (ca. 2.225 €) bestraft. In beiden Fällen ist auch der Versuch strafbar. Ausgenommen von der Strafbarkeit sind solche Handlungen, die dem Überleben der Mutter dienen. Die Regierung hat am 05.09~2014 eine Strategie zur Bekämpfung sexuell motivierter Straftaten verabschiedet, mit der die Verfolgung und Aburteilung dieser Taten verbessert werden soll. Seit Mai 2013 gibt es in sechs größeren Städten von der Gebergemeinschaft finanzierte Anlaufstellen {"Cliniques Juridiques"), in denen Opfer sexueller Gewalt kostenlos Rechtsberatung erhalten können. Die Armee der Cöte d'Ivoire wurde im Mai 2017 von der Liste der UN-Sonderbeauftragten ftir sexuelle Gewalt in Konflikten ("Liste de Ia honte") gestrichen, auf der sie seit 2012 stand. Das Schwurgericht hat ~eit 2017 zwar einige Verurteilungen wegen Vergewaltigungen ermöglicht, jedoch werden die meisten sexuellen Übergriffe als Bagatelldelikte angesehen und außergerichtlich geklärt. Der neue GesetzesentwUrf des Code Penal fUhrt ftir Vergewaltigungen nunmehr eine Legaldefini~ion ein, es bleibt abzuwarten, ob die Umsetzung in der Praxis zu einer strengeren gerichtlichen Handhabung führt. Frauen, die als Prostituierte arbeiten, sind besonders gefiihrdet, Opfer von Gewalt zu werden. Häufig werden sie von ihren Freiem misshandelt. Es kann aber auch zu Misshandlungen durch die Polizei oder aber die eigene Familie kommen. Zu Fällen von Zwangsprostitution kommt es eher selten. Die Frauen, die dieser Art der Tätigkeit nachgehen, tun dies meist aus einer fmanziellen Notlage heraus aus eigenem Entschluss, da sie ftir sich keinen anderen Ausweg sehen. Es gibt einige nationale und internationale NROs die sich um die Belange von Frauen, die als Prostituierte arbeiten, kümmern. Durch sie wurde auch ein Netzwerk von Ansprechpartnem in diversen Polizeidienststellen geschaffen, an welche sich betroffene Frauen bei Problemen wenden können. Es ist darauf hi~weisen, dass es auch eine Gruppe von männlichen Sexarbeitern gibt, die ihre Dienste meist in der LGBTTI Gemeinschaft anbieten und ähnli~hen Problemen wie die weiblichen Prostituierten ausgesetzt sind. 1.8.1 Genitalverstümmlung Weibliche Genitalverstümmelung (FGM), obwohl unter Strafe stehend, ist ein weitverbreitetes Phänomen und kommt so gut wie ausschließlich in der muslimischen Bevölkerung vor. Hier wiederum stechen der Norden und Nordwesten des Landes negativ ©Auswärtiges Amt 2019- Nicht zur Veröffentlichung bestimmt- Nachdruck verboten
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VS 10 Nur fiir de& Die&stgebraueh hervor. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass in Cöte d'Ivoire 36,7% der Frauen im Alter zwischen 15 und 45 Jahren beschnitten sind (UNICEF geht von 45 %aus). Im Norden und Nordwesten des Landes sollen es 70% sein, im Westen 57%, im Zentrum 50%, im Nordosten 20 %. Bei den 15 bis 19 Jährigen waren im Jahr 2017 gemäß UNFPA 27% der Mädchen beschnitten. Zahlreiche, teilweise vom Ausland finanzierte NROen haben es sich zur Aufgabe gemacht, hier einen Bewusstseinswandel mit dem Ziel der Ächtung der FGM zu bewirken. Im November 2017 wurde der Nationale Aktionsplan zur Bekämpfung schädlicher Praktiken wie vorzeitiger Heirat und weiblicher Genitalverstümmelung bis 2020 beschlossen. Außerdem startete UN Women die Kampagne "HeForShe". Die Botschaft hat in .den letzten Jahren wiederholt Projekte zur Sensibilisierung gegen weibliche Genitalverstümmelung gefordert. 2018 erhielt die ivorische Menschenrechtsaktivistin Aminata Traor't! für ihren Einsatz gegen weibliche Genitalverstümmelung den deutsch-französischen Menschenrechtspreis. 1.8.2 Situation mr Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender: und Intersexuelle (LGBTTI) Cöte d'Ivoire gilt in der Region von Westafrika als vergleichsweise sicherer Hafen für Homosexuelle. Einschränkungen hinsichtlich der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gibt es fllr Homosexuelle dennoch, da Homosexualität gesellschaftlich nicht akzeptiert, sondern allenfalls geduldet ist. Andere Arten der Sexualität haben noch einen etwas schlechteren Stand oder sind in der Gesellschaft gar nicht bekannt. In der Gesellschaft wird Homosexualität oft als Sünde oder Verbrechen angesehen, allgemeine Menschenrechtsorganisationen meiden in der Regel das Thema, auch seitens des Staates gibt es keine Anzeichen, an dieser Situation in naher Zukunft etwas zu ändern. Wie bereits beim :Zweiten Zyklus des Universal Periodic Reviews (UPR) in 2014, wird Cöte d'Ivoire voraussichtlich sämtliche Empfehlungen zur Stärkung der LGBTTI-Rechte im diesjährigen UPR ablehnen. Die ivorische Vertreterin erklärte ausdrücklic~ dass die Position der Regierung unverändert geblieben und es daher nicht beabsichtigt sei, Maßnahmen zur Förderung der öffentlichen Akzeptanz von LOBTTI-Personen zu ergreifen. In Abidjan, der größten Stadt des Landes, gibt es ein gutes Netzwerk von LGBTTI Organisationen, innerhalb welchem man sowohl drei nationale als auch mehrere internationale Organisationen findet, die Angehörige dieser Gruppe unterstützen und stärken. eine international agierende NRO, arbeitet mit zusammen und ist vorsichtig optimistisch, dass man dort tatsächlich gewillt ist, zur Verbesserung der Situation der LGBTTI Gemeinschaft beizutragen. Ferner gibt es ein Netzwerk von speziellen Ansprechpartnern in Polizeirevieren im ganzen Land, wo Opfer von Übergriffen sich melden können. © Auswärtiges Amt 2019- Nicht zur Veröffentlichung bestimmt- Nachdruck verboten
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11 'lS N111 für den Dieastgebrauc:b Im Juni 2016 kam es zu Übergriffen aufhomosexuelle Männer, nachdem ein Foto von ihnen veröffentlicht wurde, auf welchem sie dabei zu sehen sind, wie sie sich in ein Kondolenzbuch in der Botschaft der USA anlässtich der Schießereiin einem Nachtclub für Homosexuelle in Orland/Florida (USA) eintragen. Im März 2018 erregte der Mord an einem bekannten Visagisten große Aufmerksamkeit. Die unter Aufklä.ruß.gsdruck stehende Polizei machte vorschnell seinen homosexuellen Lebensgefährten öffentlich für den Mord verantwortlich. Wenige Stunden später wurden alle Vorwürfe gegen den Lebensgefährten fallen gelassen, jedoch ist seine sexuelle Orientierung durch diesen Vorfall landesweit bekannt geworden. Dies in Verbindung mit den Mordverdächtigungen brachte dem Betroffenen öffentliche Ächtung sowie Morddrohungen ein. Seither hält sich der Betroffene versteckt. Homosexualität selbst steht in Cöte d'Ivoire nicht unter Strafe. Es gibt jedoch kein Gesetz in Cöte d'Ivoire, welches Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität oder Intersexualität verbietet. Vielmehr gibt es derzeit eine im Gesetz verankerte Diskriminierung im Rahmen d~s Straftatbestandes zur Erregung öffentlichen Ärgernisses (Art. 360 Code Penal). Dieser sieht ein höheres Strafmaß für die Erregung öffentlichen Ärgernisses durch unanständige oder homosexuelle Handlungen vor als für die Erregung öffentlichen Ärgernisses durch andere Handlungen. Im Oktober 2016 kam es unter diesem Gesetz zu einer Verhaftung eines offen homosexuellen Paares in der Gegend um S~ssandra, nachdem ein Verwandte~ einer der beiden Männer das Paar angezeigt hatte. Ihnen · wurde öffentliche Indiskretion vorgeworfen. Die beiden Angeklagten wurden schließlich unter falscher. Auslegung des Straftatbestandes durch den Richter zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt. Er begrUndete seine Entscheidung damit, dass aus dem Straftatbestand der öffentlichen Indiskretion ein grundsätzliches Verbot von Homosexualität abzuleiten sei. Bei der laufenden Strafrechtsreform könnte diese Diskriminierung abgeschaffi: werden. Weitere Arten der Diskriminierung erfolgen durch schlechteren Zugang zum Gesundheitswesen, insbesondere zu HIV-Behandlungen, zu rechtlichem Beistand (Anwälte sind häufig zurückhaltend, Fälle von Mitgliedern der LGBITI Gemeinschaft anzunehmen) oder zu polizeilichem Schutz. Betroffe~e berichten, dass häufig Polizisten diejenigen sind, die sie angreifen. Die Botschaft förderte zu diesen Themen 2017ein Menschenrechtsprojekt in Abidjan. 1.9 Exilpolitische Aktivitäten Exilgruppen im engeren Sinne gibt es nicht. Während der Krisenjahre GeflUchtete sind inzwischen weitestgeh~nd (zu ca. 90%) zurückgekehrt und reintegriert. Exilpolitische Aktivitäten im Ausland finden daher nicht statt. © Auswärtiges Amt 2019- Nicht zur Veröffentlichung bestimmt- Nachdruck verboten
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12 · VS Nur fiir dea DieastgehFaueh Cöte d'Ivoire verfUgt mit über einer Mio. Auslandsivorern über eine große Diaspora, welche mit Rückflüssen von 346 Mio. USD im Jahr 2016 nicht unerheblich zur Wirtschaft in Cöte d'Ivoire beiträgt. Erfolgreiche, freiwillige Rückkehrer werden entsprechend hoch angesehen. Ihr im Ausland erworbener Erfahrungsreichtum wird geschätzt. Die Reintegration nach einem erfolgreichen Auslandsaufenthalt verläuft meist problemlos. Wer als "gescheiterter Migrant" zurückkehrt, muss hingegen mit sozialer Stigmatisierung rechnen (vgl. IV.2). 2. Repressionen Dritter Repressionen von Personen oder Personengruppen wegen ihrer (zugeschriebenen) Rasse, Religion, Nationalität, ihrer politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten . sozialen Gruppe, die über die in Kapitel 1.8 beschriebenen Problematiken hinausgehen, gibt es spätestens seit Ende der letzten Krise in 2011 nicht mehr. Organisierte Gruppierungen, die in den Krisenjahren Repressionen gegen Dritte ausgeübt haben, sind inzwischen weitestgehend aufgelöst. Zu Spannungen zwischen diesen Gruppen kommt es daher nicht mehr. Im Januar und Mai 2017 kam es in mehreren Städten zu Meutereien und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen SiCherheitskräften und demobilisierten Soldaten. Hierbei kam mindestens ein Mensch ums Leben und mindestens weitere 16 wurden verletzt. Bei den Soldaten handelte es sich um 8.400 ehemalige Rebellen der Forces Nouvelles, die Präsident Ouattara bei der Amtsübernahme unterstützt hatten und anschließend in die Armee eingegliedert wurden. Den Forderungen der Soldaten wurde jedoch seitens der Regierung weitestgehend nachgekommen. Zu weiteren Ausschreitungen kam es nicht mehr. 3. Ausweichmöglichkeiten Gravierende regionale Unterschiede im Hinblick auf die unter Ziffer 1 und 2 genannten Problematiken gibt es nicht. Das Verhalten gegenüber LGBTII Personen ist in Abidjan etwas aufgeschlossener als in ländlicheren Regionen.des Landes. Unterschiede bzgl. bestimmter Gruppen sind, wie bereits unter Ziffer 1.8.1 erwähnt, bei FGM zu verzeichnen. Diese kommt hauptsächlich im muslimischen Teil der Bevölkerung vor. Die. frühere Spaltung des Landes in unterschiedliche politische Lager ist . weitestgehend überwunden. Ausweichmöglichkeite~ sind nunmehr vorhanden. Zivile Verwaltungsstrukturen gibt es über das ganze Land verteilt. Rückfiihrungen nach Cöte d'Ivoire sind grundsätzlich möglich, sofern ein gültiges, anerkanntes Reisedokument (aus Europa kommend ein ivorischer ReisepaSs oder ein ivorisches Laissez-Passer) mitgefiihrt w~d. Andere Hindernisse bestehen nicht. © Auswlrtiges Amt 2019- Nicht zur Veröffentlichung bestimmt- Nachdruck verboten
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13 · YS Nur für dea PiHstAebraucb L ~ : i •· ·· ~- ~-; ':'<~ r7~0r r~~:~' :. ~.I.~ ~·'.~C'~tr ais \J ~_,: : _ ~~ .:·j~~'lt~ft m. Menschenrechtslage 1. Schutz der Menschenrechte in der Verfassung Die neue Staatsverfassung vom November 2016 beinhaltet in ihrem ersten Kapitel einen Grundrechtskatalog, welcher die Menschenrechte schützt. Cöte d'Ivoire.hat folgende Menschenrechtsabkommen ratifiziert: Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (18.12.1995) Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (26.03.1992) Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (05.03.1997) · Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (18: 12.1995) Fakultativprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (20.01.2012) Internationales . Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (04.0 1.1973) Internationaler Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (26.03.1992) Übereinkommen über die Rechte des Kindes (04.02.1991) Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindem an bewaffueten Konflikten (12.03.2012) F~tativprotokoll zum Übereihkommen über die Rechte·des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie (19.09.2011) Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (10.01.2014) Jedoch wurden die Konvention zum Schutz vor gewaltsamem Verschwindenlassen von Personen, sowie das Fakultativprotokoll zur Folterkonvention und das Zweite Fakultativprotokoll zu. dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur ratifiziert. Im universellen. Abschaffung der Todesstrafe bisher nicht Staatenüberprüfungsverfahren (UPR) des VN-Menschenrechtsrats im Mai 2019 gab Cöte d'Ivoire an, dass der Prozess für die Ratifizierung weiterer. internationaler Abkommen, inklusive des Z~eiten Fakultativprotokolls zu dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe, begonnen habe. Kritisiert wird Cöte d'lvoire wegen mangelhafter Erfilllung/Nichterfilllung ihrer Berichtspflichten unter folgenden Instrumenten: dem internationalen Wirtschafts- und Sozialpakt, Eliminierung von Rassendiskriminierung, Anti-Folterkonvention und Behindertenrechtskonvention. ©Auswärtiges Amt 2019- Nicht zur Veröffentlichung bestimmt- Nachdruck verboten
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VS 14 Nur Air de& Dieast~ehraaeh 2. Folter Folter wird nach Erkenntnis des Auswärtigen Amts in Cöte d'lvoire nicht praktiziert. Cöte d'lvoire ist der VN-Konvention gegen Folter beigetreten. Eine widerstreitende Meinung vertritt die NRO Federation internationale de l'Action des chretiens (FIACAT), welche in den Zuständen der Gefangnisse sowie in der teilweise langwierigen Verfahrensdauer eine Form der Misshandlung der Häftlinge und damit der Folter sieht. Auch Am~esty International ruft die Regierung dazu auf, besser gegen Folter während Haftaufenthalten zu ermitteln. 3. Todesstrafe Seit der Unabhängigkeit Cöte d'Ivoires 1960 wurde die Todesstrafe kein einziges Mal vollstreckt. Das ivorische Parlament hat 2015 die in·der Verfassung aus dem Jahre 2000 (Art. 2 Abs.2) · geregelte Verbot von Strafen, die den Entzug des Lebens nach sich ziehen, durch Änderung des materiellen Strafrechts umgesetzt. Durch ein Änderungsgesetz vom 2.3.2015 zum Strafgesetzbuch wurde die Strafandrohung der. Todesstrafe für Mord aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Die neue Verfassung von 2016 erhebt in Art. 3 Abs. 3 die Abschaffung der Todesstrafe nun auch explizit aufVerfassungsrang. I 4. Sonstige menschenrechtswidrige Handlungen In der Zeit der Präsidentschaftswahl von 2010, in welcher das Land in eine Krise stürzte, kam es zu extralegalen Tötungen, Folter und Verschwindenlassen von Angehörigen der widerstreitenden politischen Lager. Heute, ~cht Jahre nach Beendigung der Krise, finden derartige Formen der Selbstjustiz nicht mehr statt. Unmenschliche oder erniedrigende Strafen werden nicht praktiziert. Ein unverhältnismäßig . hohes Strafmaß wird bei keiner Straftat angedroht. Im Nachgang des Machtwechsels von 2010/2011 wurden in den darauffolgenden Jahren ca. 146 Partisanen des ehemaligen Präsidenten Gbagbo verhaftet.Von Menschenrechtsorganisationen kritisiert wurde insbesondere die Haftdauer bis zur Eröftbung des Strafverfahrens, die die Anhänger Gbagbos betriffi. Verbrechen auf Seiten der Anhänger Ouattaras wurden bislang zwar untersucht, Anklagen wurden aber nicht erhoben. Mit der Verkündung einer Amnestie für 800 Personen, darunter die Frau von Ex-StP Laurent Gbagbo, Sirnone Gbagbo, hat StP Ouattara am 6.8.2018 (Nationalfeiertag) ein wichtiges Zeichen für den Versöhnungsprozess gesetzt. Während Menschenrechtsorganisation gegen die Amnestie Klage eingelegt haben, da sie eine vollständige Aufarbeiten der im Zuge der Nachwahlkrise 2011 geschehenen Verbrechen verhindere, kritisieren andere, dass sie durch den Ausschluss von Militärs nicht weit genug gehe. In der Praxis hat die Amnestie die Rückkehr ehemaliger Gbagbo-Anhänger v .a. aus Liberia und Ghana beschleunigt. © Auswlrtiges Amt 2019- Nicht zur Veröffentlichung bestimmt- Nachdruck verboten
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·vs 15 Nur fih den BienstgebP&aell Die Situation in ivorischen . Gefängnissen ist schwierig. Sie überschreiten ihre Kapazitätsgrenzen oft um ein Vielfaches und befinden sich in entsprechend unhygienischem Zustand. So kamen im Juni 2018 auf 8.000 vorgesehenen Plätze 16.000 ·Inhaftierte. Außerdem wird die staatlich vorgeschriebene Zeit der Untersuchungshaft von maximal vier Monaten oft überschritten. Dank eines EU-Projekts ist der Anteil der Personen in Untersuchungshaft unter allen Häftlingen jedoch von 44% auf ca. 35% gesunken. · Korruption unter den Gefangniswärtem sorgt fiir eine bessere Behandlung derer, die es sich leisten können, während diejenigen Gefangenen mit wenig oder gar keinen finanziellen Mitteln in schmutzigen Zellen zusammengepfercht werden. Auch das Besuchsrecht von Familienmitgliedern hängt häufig von Bezahlung ab. Gewalt unter den Insassen wird mit Gewalt durch Gefangniswärter beantwortet. In Abidjans größtem Gefangnis kam es aufgrund der schlechten Situation in den Gefängniss~n im Februar 2016 zu einem Aufstand der · Insassen bei dem neun Gefangene und e~n Gefängniswärter ums Leben kamen. Cöte d'Ivoire ist ein Herkunfts-, Transit- und Zielland fiir Menschenhandel von Frauen und Kinder in. Zwangs- und Sexarbeit, sowie Herkunftsland fiir Zwangsarbeit von Männem. Die meisten Fälle betreffen Minderjährige, wobei die Jungen vor allem in der Landwirtschaft (Kakao, Kaffee, Ananas) und Mädchen in der Gastronomie oder Prostitution ausgebeutet werden. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen oder körperlichen Ausbeutung wird durch ein neues Gesetz vom Dezember 2016 mit 5-10 Jahren bei Erwachsenen und 20-30 Jahren bei Kindem bestraft. Trotz der Einrichtung eines Ausschusses zur Bekämpfung von Menschenhandel und zahlrei~hen Bemühungen der Regierung, werden nach einer Einschätzung des Trafficking in Persons Report der US Regierung Mindeststandards zur Beseitigung des Menschenhandels von Cöte d~ Ivoire nicht eingehalten. Bei Strafverfolgung und Verurteilung von Menschenhandel fehlt es oft an finanzieller, personeller und materieller Ressourcen. S. Lage ausländischer Flüchtlinge In Cöte d'Ivoire ankommende Personen, auch solche, die aus Kriegsgebieten kommend Schutz suchen, erhalten einen regulären Aufenthaltstitel mit welchem sie dann in der Lage sind, sich eine Wohnurig und Arbeit zu suchen. Damit sind sie einem Ivorer im· Hinblick auf Wohnungs- und Arbeitsmarktzugang gleichgestellt. Je nach Erfolg der Wohnungs- und Arbeitssuche gestaltet sich auch die wirtschaftliche und soziale Lage dieser ·Personen im Land. Abschiebungen von Ausländern in ihre Heimatländer erfolgen nicht. Am 31. März 2019 waren laut UNHCR 1.822 Flüchtlinge und 217 Asylsuchende in Cöte d'Ivoire registriert. © Auswirtiges Amt 2019- Nicht zur Veröffentlichung bestimmt- Nachdruck verboten
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