202009181028
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Gutachten zum LOI zu Signa“
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg 11.08.2020 Abteilung Bauen, Planen und Facility Management Stadtentwicklungsamt BauJur Vermerk Lol Sena/SIGNA-Gruppe/ GALERIA Kaufhof Karstadt mit Datum 03.08.2020 Zulässigkeit der Inhalts / der Ziffer 3c) zum Herrmannplatz l. Ergebnis Bei einer Gesamtbetrachtung des Lol liegt nahe, die Zusagen der SIGNA/GALERIA in Ziffer 1) und 2) zu bestimmten Warenhaus-Standorten als Gegenleistung zu verstehen für die Zusagen des Landes Berlin in Ziffer 3), Bebauungsplanverfahren an anderen Warenhaus- Standorten zu betreiben bzw. Abweichungen von einem Bebauungsplan zu verfolgen. Diese Verknüpfung wird (ggf. bewusst) nicht ausdrücklich geäußert. Es liegt jedoch auf der Hand, dass sie von den Parteien gewollt ist, da wesentliche anderweitige Leistungen des Landes Berlins nicht erkennbar sind. Sofern man von einer Verknüpfung ausgeht, stehen die Leistungen in keinerlei Sachzusammenhang. Eine Verknüpfung verstößt gegen die rechtlichen Anforderungen des BauGB. Hinsichtlich der Regelung in Ziffer 3 c) zum Hermannplatz ist beabsichtigt, ein Verfahren für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan einzuleiten. Insoweit ist nicht ausgeschlossen, in einem Durchführungsvertrag als Teil des Vorhabens auch einen Betrieb des Warenhauses über einen Zeitraum festzuschreiben. Insbesondere bei Vereinbarung einer Vertragsstrafe ist jedoch die wirtschaftliche Angemessenheit zu prüfen sowie die. Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die städtebaulichen Ziele des Bebauungsplians. Eine „harte“ Betriebspflicht (ohne vorzeitige Beendigung bei einem negativen Betriebsergebnis) kann angesichts hoher möglicher Verluste unangemessen sein. Insgesamt ist zweifelhaft, ob eine Betriebspflicht ohne Vertragsstrafe, aber auch mit Vertragsstrafe im Ergebnis durchgesetzt werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betrieb defizitär ist. Die Bindungswirkung des Lol ist allerdings nicht eindeutig und auslegungsbedürftig. Versteht man den Lol als verbindliche Vereinbarung, spricht Vieles dafür, dass die Betriebspflicht bestimmten Warenhaus-Standorten als Gegenleistung für die Schaffung von Baurecht rechtswidrig ist. Naheliegend ist jedoch die Auslegung als reine Absichtserklärung. Hinzu kommt, dass keine Durchsetzungsmechanismen vereinbart wurden. Die Rechtsfolge der rechtswidrigen Verknüpfung wäre die Unwirksamkeit der Vereinbarung. Eine reine Absichtserklärung begründet jedoch ebenfalls keine einklagbaren Primäransprüche. Zu beachten ist jedoch, dass sich das Land Berlin nach Abschluss eines Lol schadensersatzpflichtig machen kann, wenn weitere Verhandlungen grundlos abgebrochen werden. Bedeutend ist insoweit auch die Zusage in Ziffer 3 c), während des Bebauungsplanverfahrens das Warenhaus zu betreiben. Wird das Projekt im Bebauungsplanverfahren geändert oder das Verfahren abgebrochen, wird zu prüfen sein, ob dies eine Schadensersatzpflicht auslösen kann. In dem Lol wird eine zeitlich begrenzte, in der Bindungswirkung nicht eindeutige und nicht erkennbar durchsetzbare bzw. ggf. unwirksame Vereinbarung von _ Betriebspflichten der Bereitschaft des Landes Berlins zur dauerhaften, unbedingten Schaffung von Baurecht gegenübergestellt. Deshalb ist anzuraten, neues Baurecht nur in einem Umfang zu schaffen, der unabhängig von etwaigen Betriebspflichten städtebaulich für sinnvoll erachtet wird.

Il. Ergänzende Ausführungen 1) Bindungswirkung des Lol nicht eindeutig Es ist nicht eindeutig, welche Verbindlichkeit der Lol haben soll. Einerseits wird das Dokument „Vereinbarung“ genannt, andererseits „Letter of Intent“, d.h. Absichtserklärung. Einerseits wurde zum Beispiel konkret formuliert ‚wird der langfristige Betrieb für mindestens zehn Jahre zugesichert“. Andererseits sind keinerlei Durchsetzungsmechanismen (Vertragsstrafen, Einklagkbarkeit) formuliert. Üblicherweise wird in einem Lol die Absicht erklärt, einen weiteren Vertrag abzuschließen. Die Formulierungen des Lol legen jedoch die Vermutung nahe, dass der Lol (ohne eindeutige Durchsetzungsmechanismen) das abschließende Dokument sein soll. Es bleibt offen, ob ein weiterer, verbindlicher Vertrag abgeschlossen werden soll. Es ist ferner nicht eindeutig, ob die Leistungen in einem Zusammenhang stehen und als Gegenleistungen zu verstehen sind. Schließlich bleibt offen, welche Gesellschaften jeweils die Warenhäuser betreiben, welche Gesellschaften Eigentümer der jeweiligen Grundstücke sind und ob diese Gesellschaften am Lol beteiligt sind. Es bleibt offen, welche Konsequenzen folgen, falls die Gesellschaften nicht beteiligt sind. 2) Inhalt Betriebspflicht und Durchsetzung Es ist fraglich, ob die Inhalte des Lol tatsächlich geeignet sind, den Zweck zu erreichen, dass die \WVarenhäuser weiter betrieben werden. In dem Lol sind eindeutige Durchsetzungsmechanismen nicht erkennbar vorhanden. Eine zeitlich begrenzte, in der Bindungswirkung nicht eindeutige und nicht erkennbar durchsetzbare Betriebspflicht wird in dem Lo! der Bereitschaft zur dauerhaften, unbedingten Schaffung von Baurecht gegenübergestellt. Selbst dann, wenn eine Betriebspflicht in einem weiteren Vertrag verbindlich vereinbart wird, ist offen, ob der Zweck erreicht wird. Eine Betriebspflicht kann unterschiedlich formuliert werden. Es ist nicht seiten, ein vorzeitiges Ende für den Fall zu vereinbaren, dass der Betrieb ein negatives Betriebsergebnis erzielt. Eine „harte“ Betriebspflicht ungeachtet des Betriebsergebnisses ist eine hohe Belastung für den Eigentümer. Insbesondere die wirtschaftliche Angemessenheit ist fraglich. Die Durchsetzung von Betriebspflichten wird üblicherweise mit Vertragstrafen gesichert. Ist eine Eigentümergesellschaft/ Betreibergesellschaft bereits finanziell in der Krise, stellt sich allerdings die Frage, ob es dem Zweck dient, ihr weitere finanzielle Belastungen aufzuerlegen. Zu beachten ist insbesondere bei einer „harten“ Betriebspflicht, dass eine Gemeinde verpflichtet ist, ihre Rechte so auszuüben, dass für die Vertragspartner*in keine unzumutbare Härte entsteht (Burmeister, Praxishandbuch Städtebauliche Verträge, 3. Aufl. 2013 Rn. 94). Es ist nicht vorhersehbar, inwieweit dieser Grundsatz die Durchsetzung einer Betriebspflicht künftig einschränken kann.
