Vermerk: Lol Sena/SIGNA-Gruppe/ GALERIA Kaufhof Karstadt mit Datum 03.08.2020 Zulässigkeit der Inhalts / der Ziffer 3c) zum Herrmannplatz

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Gutachten zum LOI zu Signa

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Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg 11.08.2020
Abteilung Bauen, Planen und Facility Management

Stadtentwicklungsamt

BauJur

Vermerk

Lol Sena/SIGNA-Gruppe/ GALERIA Kaufhof Karstadt mit Datum 03.08.2020
Zulässigkeit der Inhalts / der Ziffer 3c) zum Herrmannplatz

l. Ergebnis

Bei einer Gesamtbetrachtung des Lol liegt nahe, die Zusagen der SIGNA/GALERIA in Ziffer
1) und 2) zu bestimmten Warenhaus-Standorten als Gegenleistung zu verstehen für die
Zusagen des Landes Berlin in Ziffer 3), Bebauungsplanverfahren an anderen Warenhaus-
Standorten zu betreiben bzw. Abweichungen von einem Bebauungsplan zu verfolgen. Diese
Verknüpfung wird (ggf. bewusst) nicht ausdrücklich geäußert. Es liegt jedoch auf der Hand,
dass sie von den Parteien gewollt ist, da wesentliche anderweitige Leistungen des Landes
Berlins nicht erkennbar sind. Sofern man von einer Verknüpfung ausgeht, stehen die
Leistungen in keinerlei Sachzusammenhang. Eine Verknüpfung verstößt gegen die
rechtlichen Anforderungen des BauGB.

Hinsichtlich der Regelung in Ziffer 3 c) zum Hermannplatz ist beabsichtigt, ein Verfahren für
einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan einzuleiten. Insoweit ist nicht ausgeschlossen, in
einem Durchführungsvertrag als Teil des Vorhabens auch einen Betrieb des Warenhauses
über einen Zeitraum festzuschreiben. Insbesondere bei Vereinbarung einer Vertragsstrafe ist
jedoch die wirtschaftliche Angemessenheit zu prüfen sowie die. Verhältnismäßigkeit in Bezug
auf die städtebaulichen Ziele des Bebauungsplians. Eine „harte“ Betriebspflicht (ohne
vorzeitige Beendigung bei einem negativen Betriebsergebnis) kann angesichts hoher
möglicher Verluste unangemessen sein. Insgesamt ist zweifelhaft, ob eine Betriebspflicht
ohne Vertragsstrafe, aber auch mit Vertragsstrafe im Ergebnis durchgesetzt werden kann.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betrieb defizitär ist.

Die Bindungswirkung des Lol ist allerdings nicht eindeutig und auslegungsbedürftig. Versteht
man den Lol als verbindliche Vereinbarung, spricht Vieles dafür, dass die Betriebspflicht
bestimmten Warenhaus-Standorten als Gegenleistung für die Schaffung von Baurecht
rechtswidrig ist. Naheliegend ist jedoch die Auslegung als reine Absichtserklärung. Hinzu
kommt, dass keine Durchsetzungsmechanismen vereinbart wurden. Die Rechtsfolge der
rechtswidrigen Verknüpfung wäre die Unwirksamkeit der Vereinbarung. Eine reine
Absichtserklärung begründet jedoch ebenfalls keine einklagbaren Primäransprüche.

Zu beachten ist jedoch, dass sich das Land Berlin nach Abschluss eines Lol
schadensersatzpflichtig machen kann, wenn weitere Verhandlungen grundlos abgebrochen
werden. Bedeutend ist insoweit auch die Zusage in Ziffer 3 c), während des
Bebauungsplanverfahrens das Warenhaus zu betreiben. Wird das Projekt im
Bebauungsplanverfahren geändert oder das Verfahren abgebrochen, wird zu prüfen sein, ob
dies eine Schadensersatzpflicht auslösen kann.

In dem Lol wird eine zeitlich begrenzte, in der Bindungswirkung nicht eindeutige und nicht
erkennbar durchsetzbare bzw. ggf. unwirksame Vereinbarung von _ Betriebspflichten der
Bereitschaft des Landes Berlins zur dauerhaften, unbedingten Schaffung von Baurecht
gegenübergestellt. Deshalb ist anzuraten, neues Baurecht nur in einem Umfang zu schaffen,
der unabhängig von etwaigen Betriebspflichten städtebaulich für sinnvoll erachtet wird.
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Il. Ergänzende Ausführungen

1) Bindungswirkung des Lol nicht eindeutig

Es ist nicht eindeutig, welche Verbindlichkeit der Lol haben soll. Einerseits wird das
Dokument „Vereinbarung“ genannt, andererseits „Letter of Intent“, d.h. Absichtserklärung.
Einerseits wurde zum Beispiel konkret formuliert ‚wird der langfristige Betrieb für mindestens
zehn Jahre zugesichert“. Andererseits sind keinerlei Durchsetzungsmechanismen
(Vertragsstrafen, Einklagkbarkeit) formuliert.

Üblicherweise wird in einem Lol die Absicht erklärt, einen weiteren Vertrag abzuschließen.
Die Formulierungen des Lol legen jedoch die Vermutung nahe, dass der Lol (ohne
eindeutige Durchsetzungsmechanismen) das abschließende Dokument sein soll. Es bleibt
offen, ob ein weiterer, verbindlicher Vertrag abgeschlossen werden soll.

Es ist ferner nicht eindeutig, ob die Leistungen in einem Zusammenhang stehen und als
Gegenleistungen zu verstehen sind.

Schließlich bleibt offen, welche Gesellschaften jeweils die Warenhäuser betreiben, welche
Gesellschaften Eigentümer der jeweiligen Grundstücke sind und ob diese Gesellschaften am
Lol beteiligt sind. Es bleibt offen, welche Konsequenzen folgen, falls die Gesellschaften nicht
beteiligt sind.

2) Inhalt Betriebspflicht und Durchsetzung

Es ist fraglich, ob die Inhalte des Lol tatsächlich geeignet sind, den Zweck zu erreichen, dass
die \WVarenhäuser weiter betrieben werden. In dem Lol sind eindeutige
Durchsetzungsmechanismen nicht erkennbar vorhanden.

Eine zeitlich begrenzte, in der Bindungswirkung nicht eindeutige und nicht erkennbar
durchsetzbare Betriebspflicht wird in dem Lo! der Bereitschaft zur dauerhaften, unbedingten
Schaffung von Baurecht gegenübergestellt.

Selbst dann, wenn eine Betriebspflicht in einem weiteren Vertrag verbindlich vereinbart wird,
ist offen, ob der Zweck erreicht wird. Eine Betriebspflicht kann unterschiedlich formuliert
werden. Es ist nicht seiten, ein vorzeitiges Ende für den Fall zu vereinbaren, dass der Betrieb
ein negatives Betriebsergebnis erzielt. Eine „harte“ Betriebspflicht ungeachtet des
Betriebsergebnisses ist eine hohe Belastung für den Eigentümer. Insbesondere die
wirtschaftliche Angemessenheit ist fraglich. Die Durchsetzung von Betriebspflichten wird
üblicherweise mit Vertragstrafen gesichert. Ist eine Eigentümergesellschaft/
Betreibergesellschaft bereits finanziell in der Krise, stellt sich allerdings die Frage, ob es dem
Zweck dient, ihr weitere finanzielle Belastungen aufzuerlegen.

Zu beachten ist insbesondere bei einer „harten“ Betriebspflicht, dass eine Gemeinde
verpflichtet ist, ihre Rechte so auszuüben, dass für die Vertragspartner*in keine unzumutbare
Härte entsteht (Burmeister, Praxishandbuch Städtebauliche Verträge, 3. Aufl. 2013 Rn. 94).
Es ist nicht vorhersehbar, inwieweit dieser Grundsatz die Durchsetzung einer Betriebspflicht
künftig einschränken kann.
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