urteil-glyphosat

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Dokumente zu Glyphosat und Urheberrecht

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12.11.2020-10:57            0221 477 3333                Landgericht Koeln                        s. 11114 11 Gründe entgegenstehen, das Werk weiterhin in seiner Geheimsphäre zu belassen. Diese Annahme wird auch nochmals durch die am 23.04.2019 (und damit wenige Monate nach dem Bescheid) erlassene Allgemeinverfügung, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 03.05.2019, bestätigt. Denn das mit der Allgemeinverfügung des Klägers installierte Verfahren ermöglicht jedermann in einem automatisierten Verfahren den Zugang zu der Zusammenfassung. Es belegt, dass es dem Kläger nicht auf eine Beschränkung des Empfängerkreises ankam. Aus der damit im Ergebnis voraussetzungslosen Zugangsgewährung folgt auch die Zustimmung zur Veröffentlichung des Berechtigten. Daran ändert auch nichts der Zusatz in dem Bescheid, dass Veröffentlichungen der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Klägers bedürfen. Denn dieser Zusatz läuft den gesetzgeberischen Zielen des IFG zuwider. Die Beschränkung auf den persönlichen Gebrauch dergestalt, dass der Beklagte die Informationen bzw. die Zusammenfassung lediglich für sich gebrauchen darf, steht im Widerspruch zur gesetzlichen Zielsetzung des IFG, nach der die Beteiligungsrechte der Bürger verbessert werden sollen, indem eine kritische  Auseinandersetzung      mit  behördlichen   Entscheidungen     gewährleistet werden soll. Letzteres setzt aber zwingend die Weitergabe der Informationen an Dritte und damit auch die öffentliche Zugänglichmachung voraus, um einen Diskurs mit anderen über behördliche Entscheidungen überhaupt erst zu ermöglichen. Ein solcher darf nicht pauschal von der (nochmaligen) Erteilung einer behördlichen Genehmigung zur Veröffentlichung abhängig gemacht werden. (2) Dieser Wertung stehen auch nicht die Regelungen des IWG entgegen. Es kann dahinstehen, ob der Kläger als Forschungseinrichtung im Sinne des § 1 IWG zu sehen ist. Denn die Zulässigkeit der Verwendung der Zusammenfassung richtet sich nicht nach dem IWG. Die Begründung des Bescheides vom 08. 12.2018 hinsichtlich des ablehnenden Teils verdeutlicht, dass aus Sicht des Klägers der unbeschränkten Zugänglichmachung der Zusammenfassung an den Beklagten gerade keine Gründe, auch    nicht  solche    des    IWG,   entgegenstanden.    Bei   dem     Zusatz,  dass Veröffentlichungen der vorherigen Zustimmung des Klägers bedürfen, handelt es sich schon der Überschrift nach lediglich um einen generellen Hinweis, der die Auseinandersetzung mit etwaig aus dem IWG resultierenden Gründen vermissen lässt.    Hiermit    wurden    gerade    keine    auf   den    Einzelfall   bezogenen Nutzungsbeschränkungen ausgesprochen. bb) Gemäß § 51          UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zwecke des Zitats zulässig, sofern
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12 .11.2020-10 :57           0221 477 3333                La ndger icht Koe 1n                    s. 12/14 12 die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Art. 5 III Buchst. d der RL 2001 /29 ist zudem dahin auszulegen, dass der Begriff „Zitate" in dieser Bestimmung die Verlinkung auf eine selbstständig abrufbare Datei umfasst. (EuGH, Urt. v. 29.7.2019 - C-516/17, Reformistischer Aufbruch). Das Wesen des Zitats ist dadurch gekennzeichnet, dass dem eigenen Werk erkennbar fremde Werke oder Werkteile hinzugefügt werden. Das Zitat darf demgegenüber nicht die Hauptsache des aufnehmenden Werkes darstellen. Auch darf die Hinzufügung nicht allein zum Ziel haben, dem Endbenutzer das übernommene Werk leichter zugänglich zu machen (vgl. OLG München, AfP 2012, 395 - Mein Kampf; KG, GRUR 1970, 616 (618) - Eintänzer, Urteil der Kammer vom 02. 10.2014, 14 0 333/13, Afghanistan Papiere, zitiert nach juris Rn. 67 m.w.N.). Hinsichtlich der mit dem Antrag zu Ziffer 1a angegriffenen Zurverfügungstellung der Zusammenfassung handelt es sich um ein Zitat im Sinne des § 51 UrhG. Wie sich aus der Anlage K 2 ergibt, hat der Kläger die Zusammenfassung in einen Beitrag über das „Zensururheberrecht" auf seiner Website zur Verfügung gestellt. In dem Beitrag thematisiert der Beklagte das vermeintliche Geheimhaltungsinteresse des Klägers sowie dessen          - seiner Auffassung nach - zweifelhafte Rolle im Zulassungsverfahren. Der Beitrag greift offensichtlich die streitgegenständliche Zusammenfassung auf und will mit der Zugänglichmachung Transparenz zur vermeintlich zweifelhaften Rolle des Klägers im Zulassungsverfahren schaffen. Die erforderliche geistige Auseinandersetzung mit dem Werk des Klägers findet statt, sodass ein Zitat vorliegt. Der Beklagte hat dabei die Zusammenfassung zur Untermauerung seiner eigenen Wertung zitiert. Unter Berücksichtigung der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH ist es nicht erforderlich, dass das Zitat des Werkes untrennbar in den Text/Gegenstand eingebunden ist. So hat der EuGH entschieden, dass der Begriff des Zitats auch die Verlinkung auf eine selbstständig abrufbare Datei umfasst. Nichts anderes kann für das Einkopieren einer wie auch immer erstellten Kopie gelten. Hinsichtlich der mit dem Antrag zu 1b angegriffenen Verletzungshandlung kann es dahinstehen, ob es sich um ein Zitat handelt. Spätestens durch Erlass der im Bundesanzeiger      am     03.05.2019   veröffentlichten    Allgemeinverfügung  vom 23.04.2019 war die Zusammenfassung als amtliches Werk im Sinne des § 5 Abs. 2 UrhG zu qualifizieren. Denn das mit der Allgemeinverfügung des Klägers installierte Verfahren ermöglicht jedermann in einem automatisierten Verfahren den Zugang zu der Zusammenfassung, unabhängig davon, ob der Antragsteilende überhaupt einen Antrag nach IFG stellen kann. Die Zugriffsmöglichkeit über das Internet auf die
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12.11.2020-10:57             0221 477 3333               Landgericht Koeln                     s. 13114 13 Zusammenfassung ist schlicht unbeschränkt. Hiermit hat der Kläger spätestens zu diesem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht, dass er die Zusammenfassung an Jedermann in Erfüllung seiner gesetzlichen und damit amtlichen Verpflichtungen freigeben will. (4) Dieses Verständnis wird im Übrigen auch durch die Gesetzesbegründung zum IFG gestützt. Ausweislich der Gesetzesbegründung wird zu § 6 IFG, welcher das Verhältnis des Rechts des geistigen Eigentums zu dem IFG regelt, Folgendes ausgeführt (BT-Drs. 15/4493, 14 f.): .,[. . .] Zum geistigen Eigentum gehören insbesondere Urheber-, Marken-, Patent-, Gebrauchs-         und    Geschmacksmusterrechte.    Durch     den    Anspruch   auf Informationszugang, insbesondere das Recht auf Fertigung von Kopien, werden vor allem das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG und das Verbreitungsrecht nach § 17 UrhG berührt. Der Schutz auch geistigen Eigentums ist verfassungsrechtlich durch Artikel 14 Abs. 1 GG garantiert und wird daher in Satz 1 bekräftigt. Wo einfachrechtlich vorgesehen, kann sich auch eine Behörde auf geistiges Eigentum berufen. So kann eine Behörde beispielsweise Inhaber einer Marke sein (siehe § 7 Nr. 2 MarkenG). Amtliche Werke genießen andererseits gemäß § 5 UrhG keinen Urheberrechtsschutz. Dies betrifft Rechtsschutz erst,       wenn sie im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind (§ 5 Abs. 2 UrhG). [.„]" Aus der Zusammenschau der Gesetzesbegründung zu § 6 UrhG ergibt sich, dass der        Gesetzgeber   zwar   grundsätzlich  die  Möglichkeit    entgegenstehender Urheberrechte erkannt hat. Allerdings folgt nach Auffassung der Kammer aus der Formulierung „Amtliche Werke genießen andererseits gemäß § 5 UrhG keinen Urheberrechtsschutz.",      dass   auch    der  Gesetzgeber   mit   Gewährung    des Informationsanspruches nach dem IFG von einer Qualifizierung als amtliches Werk im Sinne des§ 5 UrhG ausgegangen ist. 3. Der Kläger hat aus den o.g. Gründen auch keinen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäߧ 97a Abs. 3 UrhG für die Abmahnung vom 07.03.2019. Die Kostenentscheidung und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus§§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1 ZPO. Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
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12.11.2020-10:57      0221 477 3333         Landgericht Koeln       s. 14114 14 Dr. Koepsel               Heck                      Biehl
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