210309_IFG_BK_Anhänge_Sept.2020

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Präsident Carl Martin Welcker VDMA · Postfach 710864 • 80498 Frankfurt am Main • Germany Herrn Bundesminister Prof. Dr. Helge Braun MdB 8-üro Che, BK Bundeskanzleramt                       · ") 3K'in    1           3      4 Willy-Brandt-Sir. 1                                                                                         5     .7 10557 Berlin. 28. SEP. 2020 2 9. SEP. 2020            B'z.K ____ Ü"' 0 Vorum _ _ _ _                          1 _:.:.c.r::-n. -Jt - - - 0 Ste/Jungn~crne ÜAE              ~ !2.,:ermn < a Üoop,e "",-,'----              ~• D1-"l81 j                                      t&'o       .'3, Eckpunkte Sorgfaltspflichtengesetz, z.K. Schreiben an BM Müller und BM Heil Sehr geehrter Bundesminister und Chef des Bundeskanzleramts, Sehr geehrter Herr Prof. Braun,                              _ mit wachsender Sorge verfolge ich die Diskussion der Eckpunkte fü~in 1:--i-fh. ~ ~ ~ ~ ( J,11 if! 1 • ,.     . gesetz. Das jüngste Interview von Bundesminister Müller {,Die Firmen sind weiter als ihre                                          . Verbände", Handelsblatt vom 23.09.20) bestärken mich darin, mich auch im Namen meiner                                         78/:3 über 3.300 Unternehmerkollegen an Sie zu wenden.                                                                             •      · In den angefügten Schreiben an Ihre Ministerkollegen Müller und Heil habe ich die prakti-                                   l/ ~ft sehen Probleme eines Miltelständlers der Investitionsgüterindustrie dargelegt Unsere ~rodukte sind hochkomplex und in globale Lieferketten ein9.ebunden. Die bislang bekannten                                   ;[/J / Uberlegungen zum Sorgfaltspflichtengesetz sind für uns vollkommen unpraktikabel.                                           ~      e{ c;_ Wir benötigen mind_e_stens ein eu~op~weites_,,Level~Playing-Fie_ld", statt nationaler A~lein- t., '' .:i-. fr ·Ci'/,             lt gänge und wir benot1gen klare Kr1tenen sowie Beeinflussbarkeit und Handhabbarkeit der l!/ocf.. a...u, Prozesse, statt dem ,Damokles-Schwert" der zivilrechtlichen Haftung und überbordenden                                        ,,A,,CclC   ;· Dokumentationspflichten. Als grundlegend wichtig erachten wir, dass dem Gesetzesentwurf eine fundierte Auswertung des Monitorings vorausgeht. Ich bitte Sie, meine detaillierten inhaltlichen Ausführungen zur Umsetzbarkeit des Sorgfalts- pflichtengesetzes, den angefügten und bislang unbeantworteten Briefen zu entnehmen. Für Rückfragen oder eine offene Diskussion stehe itl r ltirien jederzeit zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen VDMAe.V.                                                                                    Hauptgeschäftsführer: Lyoner Str. 18                                                                              Thilo Broatmann 60528 Frankfurt am Main, Germany Telefon    +419 69 6603-1462 E-Mail     hgf@vdma.org Internet   www.'tl'dma.org Vereinsregister AG Frankfurt/Main, Nr. VR-4278
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Präsident Carl Manin Welcker                                                   ~VDMA jJ VOMA · Postfach 710864 • ~0498 Frankf1.1rt am Main• Germany Herrn Bundesminister Hubertus Heil MdB Bundesministerium für Arbeit und soziales Wilhelmstraße 49 10117 Berlin 20. August 2020 Nationaler Aktionsplan Menschenrechte Sehr geehrter Herr ·Bundesminister, sehr geehrter Herr Heil, ich wende mich im Namen des mittelständisch geprägten Maschinenbaus an Sie, um Ihnen zum Thema Nationaler Aktionsplan Menschenrechte einen Blick aus der unternehmerischen Praxis zu geben. Ich bin überzeugt davon, dass_ aüch gut gemeinte Gesetze die Wirklichkeit nur dann positiv beeinflussen, wenn sie umsetzbar sind. Ich setze darauf, dass wir gemeinsam darum bemüht sind, praxisnahe Regelungen und damit reale Verbesserungen vor Ort zu schaffen. In Deutschland gibt es beinahe 3,3 Millionen Unternehmen, nicht wenige davon haben Tochterfirmen im Ausland. Dort werden die Menschenrechte geachtet. Verstößt im Einzelfall ein Unternehmen im Ausland gegen die Menschenrechte nach UN-Klassifizierung, werden sie dafür erstens rechtlich belangt und zweitens richtigerweise öffentlich auf allen Kanälen gebrandmarkt - mit entsprechenden Folgen für Umsatz und Ertrag. Vor diesem Hintergrund ist die mediale Darstellung mit Überschriften wie „Wirtschaft käm-pft gegen Menschenrechte" oder ,;Starke Lobby für Kinderarbeit" allenfalls ein trauriges und populistisches Zerrbild der Realität, das mich als VDMA-Präsident und Unternehmer betroffen macht Mit der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Menschenrechte und dem daraus ent- stehenden Sorgfaltspflichtengesetz will man vor allem ausländische Unternehmen erreichen, die sich nicht im Eigentum deutscher Muttergesellschaften befinden und tief in der Lieferkette deutscher Firmen stecken. Dabei 1st die Anzahl der Produktionsstufen bis zum in Deutsch- land benötigten Vorprodukt höchst unterschiedlich und abhängig davon, ob es sich um einfachere Produkte wie Kaffee und Bekleidung oder um komplexere Produkte wie ,\utos, Flugzeuge oder eben Maschinen handelt.                                      ·          ·       · VDMAe.v.                                                                Hauptgesc:haftsruttrer: Lyoner Str. 18                                                          Thilo Brodtmann 80528 Frankfurt am Main. Gennany Telefan     +49 69 6603-1'462 E-Mail      hgf@vdma.org Internet    www.vdma.org Vereinsregister AG Frankrwt/Main. Nr. VR4278
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Einige Beispiele: Schon die Zulieferkette für eine einfache Gesichtsmaske aus Baumwolle und Vliesstoffen kann mehrere Dutzend Lieferanten, Unterlieferanten und Unter- Unterlleferanten beinhalten, je nachdem, wo die Baumwolle gepflOckt, wo sie verarbeitet, wie sie transportiert und wo sie vernäht wird, nicht einbezogen die einzelnen Groli.handels- und Handelsstufen. Bei komplexeren Produkten wie Maschinen reden wir von Ober Hunderten bis Tausenden Direktlieferanten. Mein Unternehmen verarbeitet mit 580 Mitarbeiterinnen zum Stichtag 31.12.2019 ca. 480.000 Artikel - wovon ca. 40.000 jährlich benötigt werden. Hinter jedem dieser Artikel stehen oft mehrstufige Verarbeitun_gsprozesse mit entsprechenden Lieferantenstrukturen. Es ist völlig realitätsfem anzunehmen, wir könnten diese Strukturen vollständig durchleuchten - selbst dann nicht, wenn wir nichts anderes mehr täten. Trotzdem sehen die Eckpunkte des Gesetzesentwurfs vor, dass in Deutschland ansässige Firmen mit mehr als 500 Mitarbeiterinnen Ihre Lieferketten zu durchsuchen haben und für die Einhaltung der Menschenrechte in diesen oft ausländischen Firmen vor deutschen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden können. Dabei sind die Formulierungen, wofür Unter- nehmerinnen und Unternehmen haften sollen - vorgeblich auf Wunsch der Wirtschafts- vertreter - derart weich formuliert, dass viel Spielraum für Interpretation bleibt. Dies führt letztlich dazu, dass erst nachlaufend durch gerichtliche Entscheidungen definiert wird, was oder was nicht von den Unternehmen zu leisten ist. Rechtssicherheit wird .damit nicht hergestellt. Entgegen des Eindrucks aus der öffentlichen Diskussion möchte ich festhalten: ore Wirtschaft und die in Ihr tätigen Unternehmen lehnen nicht die Menschenrechte ab. Was . wir ablehnen Ist, in eine Kontrollfunktion hineingedrängt zu werden, die uns in den Ländern, in denen unsere Lieferanten sitzen, organisatorisch und oft auch gesetzlich nicht möglich ist. Was zur.Folge hat, dass Unternehmen für Dinge haften werden, die sie nicht kontrollieren können .. Wenn wir mit einem Gesetz im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Menschenrechte Erfolg haben wollen, so muss dieses. Gesetz klar festlegen, wer was mit welchen Methoden über- wachen soll und wer den Unternehmen welche Autorität hierzu erteilt. Ein solches Gesetz muss folgenden Kriterien genügen: a) · Beeinflussbarkeit Mensche.nrechte teilen sich bekanntlich in dtei Dimensionen: Erstens bürgerliche und politische Rechte wie Recht auf Leben, Schutz vor Folter, faire Gerichtsverfahren, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Wahlrecht usw. zweitens kulturelle und soziale sowie wirtschaftliche Rechte wie soziale Absicherung, Nahrung, Wohnung, Bildung, Gesundheitsvorsorge etc. und drittens Kollektivrechte wie Frieden, gesunde Umwelt, sauberes Wasser; Minderheiten- schutzrechte u. a. Im Rahmen des Sorgfc!ltspf!ichtengesetzes sollte sehr genau definiert werde·n, für was und für was nicht Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden sollen. Beispielsweise hat · in Deutschland die Bildung von Gewerkschaften Verfassungsrang. In einigen US-amerika- •    ••                          • &      &   ,• -2-
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nischen Staaten ist die Bildung von Gewerkschaften untersagt. Welche Konsequenzen hat das für unsere Unternehmen? b) Klare Kriterien Kernproblem des Gesetzesentwurfs aind universelle Ansprüche und nicht eindeutige Begrifflichkeiten. Hier inuss beim Gesetz deutlich nachgebessert werden, da ansonsten die unklaren Definitionen retrograd vor deutschen Gerichten interpretiert werden müssen. c) Handhabbarkeit· Wenn wir die Menschenrechte sichern wollen, dann ist die Größenordnung •eines Unter- nehmens das falsche Kriterium. Schließlich .werden in Unkenntnis der tatsächlichen Unternehmensgröße sämtliche Unte.mehmen von ihren Abnehmern aufgefordert werden, Berichte zur Menschenrechtseinhaltung in ihren Unternehmen zu verfassen. Da ein einfaches Verfassen von formlosen Berichten im Zweifelsfall zur Exkulpation vor deutschen Gerichten nicht ausreichen wird, müssen die Bestätigungsschreiben von Unternehmen welcher Art und Größenordnung auch immer und wo auch immer, durch unabhängige Dritte geprüft werden. Hier sehen wir eine enorme Bürokratiewelle auf die deutschen Unterne.hmen zuro.llen. Es entsteht eine Zertifizierungs- und Überwachungs- industrie, die entweder im Ausland mit polizeilichen Methoden tatsächlich Menschenrechts- delikte aufklärt, die vorher von den staatlichen Instanzen nicht aufgeklärt wurden, oder, sofern die·se Zertifizierungsindustrie nicht selber recherchiert, ohne weitere eigene Erkenntnisse Zertifizierungen gegen teures Geld ausstellt. Lelztlich führt die fehlende Handhabbarkeit bezüglich·dergesetzlichen Ansprüche zu einer Art Ablasshandel zum Wohle von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Zertiflzierern. Den Menschenrechten in . Entwicklungsländern ist damit wenig gedient und wohlstandssteigernd ist eine solche Bürokratie auch nicht. ·d) Vermeidung nationaler Alleingänge Die deutsche Industrie agiert weltweit in Wertschöpfungsketten; Erfolgreiche Arbeitsteilung und Wertschöpfungsketten dürfen nicht gefährdet werden. Eine Sorgfaltspflicht für nach- gelagerte Wertschöpfungsketten nur für deutsche Unternehmen käme einer starken Wettbewerbsverzerrung gleich, aus der insbesondere die Konkurrenz aus Fernost Kapital schlagen würde, ohne dass Betroffenen vor Ort geholfen wäre. Insofern brauchen wir auch bezüglich der Menschenrechtsvereinbarungen. ein internationales level playing field. e) Staatliche Verantwortung Last but not least sehen die UN~Leitprinzfpien zu Recht die Staaten in der Pflicht, die Menschenrechte zu schützen. Unternehmen ·sind keine verlängerte Exekutive und haben auch keine gerichtlichen oder polizeilichen Rechte. Daran sei insbesondere erinnert, werin von Unternehmen gefordert wird, faire Entlohnung, Umwelt- oder Sicherheitsauflagen oder das Alter von Beschäftigten zu überwachen. In Deutschland wäre kein Lieferant zur Herausgabe dieser Daten verpflichtet, häufig wären sie sogar gesetzlich daran gehindert. Diesen Datenschutz sollten wir auch im Ausland respektieren. An dieser Stelle sei angemerkt, dass das Argument, ·dass es ja auch gelänge, Qualität in Lieferketten zu überprüfen, zu kurz greift. Produktqualität kann in Deutschland an dem· l:lelieferten Produkt ._ 3-
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überprüft werden - anders als menschenrechtlich relevante Gegebenheiten vor Ort. Letztlich muss sichergestellt werden, dass die Lieferanten und Unterlieferanten für ihr wirtschaftliches Handeln und die Einhaltung der nationalen Gesetze in den jeweiligen Ländern Verantwortung tragen und nicht das belieferte deutsche Unternehmen. Sehr geehrter Herr Bundesminister, als Industrie sind wir uneingeschränkt für die weltweite Einhaltung von Menschenrechten. Aber bevor wir die deutsche Industrie mit einer überbordenden Bürokratie für Zertifizie- rungen, Rechtsgutachten und Wirtschaftsprüfberichte überziehen, möchten wir ohne Zeitdruck im Dialog mit der Politik nach pragmatischen Wegen zur Durchsetzung vo!') mehr Menschenrechten suchen. Im engen Zusammenspiel sollte es möglich sein, Ansätze zu definieren, die mittelstandsfreundlich umgesetzt werden können, also klare Kriterien beinhalten sowie auf Beeinflussbarkeit und Handhabbarkeit der Prozesse anstatt auf Berichtspflichten abzielen. Genauso klar sollten wir aber auch niederschreiben, wofür Unternehmen nicht verantwortlich gemacht werden können. Die Unternehmen benötigen die Unterstützung des Staates und sehen dabei insbesondere das Auswärtige Amt gefordert, etwa in Form von Risikostudien. Zu begrüßen wäre auch eine Positivliste aus der Politik. Denkbar wäre, sämtliche Zulieferungen aus Europa nicht prüfen zu müssen und im Umkehrschluss klare Kriterien für Materialien, Rohstoffe oder Herkunftsregionen, die zu überprüfen sind. Hilfreich wäre in diesem Kontext eine Stelle im Auswärtigen Amt, die im Zweifelsfall den Unternehmen schnell und rechtsverbindlich Auskunft geben kann. Gemeinsam muss es uns gelingen, den Rückzug unserer Unternehmen - nur weil sie sich nicht angreifbar machen wollen - aus den Entwicklungsländern zu verhindern. Nur die weitere Zusammenarbeit steigert die Sicherheit, führt zu einer Verbesserung der Menschen- rechtssituation, der Lebensverhältnisse vor Ort und des allgemeinen Wohlstands in diesen Ländern. Für Rückfragen oder eine offene Di_skussion zu deiTI Thema, gerne auch mit weiteren Unternehmern aus dem Maschinen- und Anlagenbau, stehe ich Ihnen persönlich auch über den von Ihnen avisierten Branchendialog hinaus jederzeit zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen -4-
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BGA I Am Weidendamm 1A 110117 Berlin Bundesverband Chef des Bundeskanzleramtes                                                                                             Großhandel, Außenhandel, und Bundesminister für besondere Aufatr:;,~r:---r-=Bii~..:..:M:lr.-::.::C,..:h~e~f;--=B'...'.K;..._._,,__j              DiensUeistungen e.V. H~rrn Prof. Dr. Helge Braun             z; r:3_K'...,in.._-..J._2__,_,~C}__t-4:......L....:S:....J._.:::.6.J_.:_?__j    lnes Kitzing 1. Vizepräsidenun Willy-Brandt-Straße 1                             · 1 10557 Berlin                              i---------L.::..'·'::.:·I..:.._:----...J                                     Am Weidendamm 1A 10117Berlin 2 1. Sf P, 2020 z.K _ _ __ 2 Z. SEP, 2020       0 0 Volum Stellung-na.,.hm_e_ _ OAE Für mehr unternehmerische Realität in der Diskussion um ein Lieferkettengesetz                                                                                                   17. September 2020 Hl/fr J//(1::,"l·t . Sehr geehrter Herr Bundesminister, mit Blick auf die aktuelle Diskussion um ein Lieferkettengesetz möchte ich zunächst festhal- t1f ten, dass Menschenrechte keineswegs verhandelbar sind und jederzeit und überall geachtet werden müssen! Wir können nachvollziehen, dass sich Bundeskanzlerin Merkel dem Koalitionsvertrag ver- pflichtet fühlt und diesen nun nach dem abgeschlossenen NAP-Monitoring umsetzt. Wir be- zweifeln aber, dass ein Lieferkettengesetz das richtige Mittel zur weltweiten Durchsetzung der Menschenrechte ist. Außerdem vermissen wir in der Diskussion gänzlich die unterneh- merische Realität, :,or allem die der kleinen und mittleren Unternehmen. So soll der Anwendungsbereich des Gesetzes durch die Anzahl von Mitarbeitern eines Un- ternehmens eingegrenzt werden. Wie aber soll verhindert werden, dass Sorgfaltspflichten auf Unternehmen, die weniger Mitarbeiter beschäftigen, übertragen werden? Egal, welche Mitarbeiteranzahl das Gesetz als Eingrenzung für den Anwendungsbereich vorsehen wird, in der Realität werden große Geschäftspartner ihre Markt- und Verhandlungsmacht in der Lie- ferkette nutzen, um Dokumentations- und Kontrollpflichten auf ihre kleineren Geschäfts- partner abzuwälzen. Diese Unternehmen haben oft nicht die Möglichkeit, sich einen anderen Partner zu suchen und müssen Mehraufwand in Kauf nehmen, um den gesetzlichen Anfor- derungen gerecht zu werden. Im Handel mit Obst und Gemüse steigen so z.B. die Produkti- onskosten, die die Unternehmen aber durch die Verkaufspreise nic.ht wieder ausgleichen können. Im Kaffeehandel könnte dies beispielsweise dazu führen, dass man sich aus afrika- nischen Ländern zurückzieht und stattdessen Richtung Brasilien oder Vietnam orientiert, weil dort durch einen industriellen Kaffeeanbau die Transparenz und Rückverfolgbarkeit beim Einkauf einfacher möglich ist. Die Lebensgrundlage von mehr als vier Millionen Kaffeebauern in.Ländern wie Äthiopien und Uganda wäre dadurch gefährdet. Dass sich aber deutsche Unternehmen aufgrund der Anforderungen durch das Lieferkettengesetz aus diesen Ländern zurückziehen, kann bestimmt nicht Ziel des Gesetzes sein.
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•~ BGA    Partner im Wettbewerb. Unsere Unternehmer benötigen Rechtssicherheit. Das gilt für den viel diskutierten „Grund- satz Befähigung vor Rückzug" genauso wie für das „Prinzip der Angemessenheit''. Die ge- setzlichen Erwartungen an ein Risikomanagement, das „verhältnismäßig und zumutbar aus- gestaltet'' sein soll, müssen wie die weiteren Anforderungen des Gesetzes auch klar formu- liert sein, damit die Unternehmen rechtskonform handeln können Darüber hinaus besorgt uns, dass mit dem Ansatz, die gesamte Wertschöpfungskette zu beregeln, nach Aussagen des BMAS auch Finanz- und Versicherungsdienstleistungen von einem Lieferkettengesetz betroffen wären. Sollten auch Unternehmen dieser Branche ihre Sorgfaltspflichten nachweisen müssen, würden diese entsprechend hohe Anforderungen an ihre Kunden stellen. Unzweifelhaft werden sich dadurch die Finanzierungsmöglichkeiten für Geschäfte in Ländern und Märkten mit einem hohen Risiko weiter massiv verschlechtern. Schon jetzt erleben wir, dass sich für Finanzdienstleister kleinvolumiges Geschäft nicht mehr lohnt, da die bereits bestehenden Anforderungen zu hohe Kosten nach sich ziehen. Mit Blick auf eine Regelung auf EU-Ebene möchte ich noch auf das Vergaberecht im Zu- sammenhang mit dem.Lieferkettengesetz eingehen. Bauprojekte einer bestimmten Größe müssen auf EU-Ebene ausgeschrieben werden. Ausschlaggebend für die Vergabe ist jedoch maßgeblich der Preis. Hier werden deutsche Unternehmen aber nicht mehr wettbewerbsfä- hig sein, wenn sie die gestiegenen Preise, die aus den Anforderungen des Lieferkettenge- setzes resultieren, weitergeben (müssen). So wird ein Unternehmen aus dem Ausland den Zuschlag erhalten, das aufgrund mangelnder Durchsetzung von Menschenrechten im eige- nen Land, seine Leistungen zu einem günstigeren Preis anbieten kann. Hier kann also von einer gerechteren Form der Globalisierung, wie es sie die SPD mit dem Gesetz erreichen möchte, nicht die Rede sein. Um ein Level Playing Field zumindest in der EU zu schaffen, ist eine europäische Regelung absolut wünschenswert. Im diesem Zusammenhang unterstütze ich ausdrücklich den Vorschlag einer Sunset Clause. Die nationale Regelung sollte außer Kraft gesetzt werden, sobald aÜf EU-Ebene eine LösUng gefunden ist. Auch hier sollte gemäß der „One in, one out-Regel", die sich die Bundesregie- rung auf die Fahne geschrieben hat, gehandelt werden, um KMU nicht unnötig mit bürokrati- schem Mehraufwand zu belasten. Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie darum, sich dafür einzusetzen, dass die von Ihren Kabi- nettskollegen angekündigte Angemessenheit und Handhabbarkeit des Gesetzes auch tat- sächlich realisiert wird. Der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrecht soll ja schließlich sicherstellen, ,,dass die deutsche Wirtschaft zukunfts- und wettbewerbsfähig bleibt.• Angesichts der großen wirtschaftlichen Last, die unsere Unternehmen in der jetzigen Corona-Krise zu schultern haben, stellt dieses Gesetzesvorhaben eine zusätzliche Belastung dar. Diese sollte daher so gering wie möglich ausfallen. Für einen tieferen Austausch und Rückfragen stehen meine Kollegen und ich jederzeit gern zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen 4/4-l,.- lnes Kitzing      1 2
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Büsken, Melanie Von:                                      Eggelmann, Susanne Gesendet:                                 Donnerstag, 24. September 2020 10:07 ~n:                                       Braun, Helge Ce:                                       Schiweck, Sebastian Betreff:                                  Sorgfaltspflichtengesetz Anlagen:                                  2020_09-24_BM Braun_Sorgfaltspflichtengesetz.pdf Sehr geehrter Herr Bundesminister, als Anlage erhalten Sie ein Schreiben unseres Präsidenten Roland Leder und unserer Hauptgeschäftsführerin Franziska Erdle zum Thema Sorgfaltspflichtengesetz mit der Bitte um Beachtung. Freundliche Grüße Kind regards Susanne Eggelmann Assistenz Hauptgeschäftsführung Assistant ta Directar General WirtschaftsVereinigung Metallee.V. 2 4. SEP. 2020 Wallstraße 58/59 10179 Berlin Facebook Twitter Flickr youtube D!.1nd,:s\;,.r,:' icramt p,-                :'L3 2 9. SEP. 2020
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DER PRASIDENT WVMET/\LLE WVMetalle • Wallstraße 58/S9 · 10179 Berlin                                            Ansprechp,vtr,er Roland Leder Herrn                                                                                           Teiefon Prof. Dr. Helge Braun                                                                            E-Mail ·Bundesminister für besondere Aufgaben                                                           Dawm 24.09.2020 und Chef des Bundeskanzleramtes Bundeskanzleramt 11012 Berlin Sorgfaltspflichtengesetz Sehr geehrter Herr Bundesminister, wir schreiben Ihnen hinsichUich des Sorgfaltspflichtengesetzes, das zurzeit in der Bundesregierung .diskutiert wird. Die deutsche Nichteisen (NE)-M etallindustrie ist sich ihrer verantwortlichen Stellung in der Rohstofflieferkette bewusst und engagiert sich schon lange in Initiativen wie der Aluminium ·stewardship Initiative, der Responsible Minerals Initiative oder der Metals Alliance for Responsible Sourcing (MARS). Die aus diesem Engagement resultierenden praktischen Erfahrungen mit der Thematik möchten wir gerne in die Diskussion um das Sorgfaltspflichtengesetz einfließen lassen. Unsere .Unternehmen stehen am Anfang der Wertschöpfungskette und tragen damit die Hauptlast des beabsichtigten Gesetzes. Gleichzeitig verfügen unsere Firmen über eine geringe Marktmacht am internationalen Rohstoffmarkt, was die Durchsetzungsfähigkeit nationaler_ Regeln erschwert. Aus den genannten Gründen begrüßen wir die vom BMWi vorgeschlagene Begrenzung auf den direkten Zulieferer. Gleichzeitig sollte das Gesetz die Frage berücksichtigen, ob die Anforderungen überhaupt auf den Zulieferer übertragen werden können (Einwirkungsmöglichkeit). Letztlich konnte eine Wesentlichkeitsanalyse einen Kompromiss darstellen. Dabei prüfen Unternehmen nur diejenigen Zulieferer, die einen wesentlichen Einfluss auf die Rohstoffbeschaffung des Unternehmens haben. Diese Vereinfachung würde den bürokratischen Mehraufwand für unsere mittelständisch geprägte Branche erheblich reduzieren. Die Fokussierung auf die Menschenrechte begrüßen wir ausdrücklich. Eine Ausweitung auf andere Bereiche würde von dem Ziel der Regelung ablenken, konkrete Verbesserung vor Ort zu erzielen. Die Größenschwelle sollte sich im Hinblick auf ein level playing field an den europäischen Nachbarstaaten WirtschaftsVereinlgung Metalle e. V.         Büro Brüssel                                    Steuernummer 27/620/59568 Wallstraße 58}69 • D-10179 B~lin             House of German Business                         Ust-10: DE119355753 Telefon +49 30 726 207 -100                  Rue Marie de Bourgogne 58 • B-1000 Brüssel       IBAN: DE44 1004 0000 0300 3894 00 info@wVmetalle.de • www.wVmetalle.de         Telefon +32 2 5021988                            BIC: COBA0EFFXXX
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2/2 WVMETALLE orientieren. Diesbezüglich empfehlen wir, die Schwellen des französische Loi de vigilance zu verwenden. Diese liegen bei national 5.000 und international 10.000 Mitarbeitern. Der ri_sikobasierte Ansatz ist das beste Verfahren, das es bei der Einhaltung von Sorgfaltspflichten gibt. Jedoch passen dazu keine harten Haftungsregeln. Auch bei einer vorbildlichen Umsetzung der Sorgfaltspflicht kann kein Unternehmen für die gesamte Lieferkette seiner Produktion eine Garantie abgeben. Daher könrite eine Haftung für etwaiges Fehlverhalten von Unternehmen, zu denen unsere Firmen zum Teil gar keine Geschäftsbeziehungen haben, diese vor große Schwierigkeiten stellen. Bereits bestehende branchenbezogene Initiativen sollten genauso berücksichtigt werden wie die Besonderheiten der verschiedenen Branchen. Die Produktion und Verarbeitung von NE-Metallen zeichnet sich durch einen besonders hohen Recycling-Anteil aus. Allerdings ist es metallurgisch nicht mehr möglich, den Ursprung zu bestimmen, wenn ein Metallerz einmal eingeschmolzen wurde. Um das Recycling nicht zu behindern, sollte es bei Sekundärrohstoffen besondere Regeln geben. Die EU- Konfliktrohstoffverordnung gibt hier ein gutes Beispiel. Sollten Sie weitere Beispiele aus unserer Industrie oder Anmerkungen zu Kompromisslösungen benötigen, zögern Sie bitte nicht, uns zu kontaktieren. Freundliche Grüße Roland Leder                                             Franziska Erdle Präsident WVMetalle                                      Hauptgeschäftsführerin
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