Tätigkeit des Vermittlungsausschusses
- 64 - 14.12.2003 bro MP Christian Wulff (NI): Er kommt aus meiner Heimatstadt, und das Land Niedersachsen zahlt für ihn. Ich hatte in etwas breiterer Form vorgetragen - das ist nachts sicherlich nicht so angebracht -, dass im Ausland die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Konsulate, die Möglichkeit hat zu beobachten, zu vergeben, zu kontrollieren und gegebenenfalls zu kürzen. Die Länder haben darauf keinen Zugriff. Die Konsulate könnten auch Einfluss darauf nehmen, dass die Kosten nicht ins Unermessliche steigen. Es geht um ein Volumen von etwa 4 1/2 Millionen Euro im Jahr. In systematischer Hinsicht gehört Sozialhilfe im Ausland in das Konsulargesetz, nicht in das Sozialhilferecht. Wir haben den Wunsch, eine entsprechende Regelung zu treffen; sonst haben wir über Weihnachten wieder die "Bild"-Berichterstattung, dass "Florida- Rolf" dieses und jenes über Sozialhilfe bekommt. Sozialhilfe im Ausland ist ein Thema, auf das sich die Medien stürzen. Wenn es Zahlungen auf der Grundlage des Konsulargesetzes sind, ist das leichter zu vertreten. Dieser kluge Gedanke ist einheitlich vorgetragen worden; der Bundesrat hat mit breiter Mehrheit entsprechend beschlossen. Es wäre nicht schlecht, wenn hier nicht nur auf Vorlagen der Bundes- regierung eingegangen würde, sondern wenn die Bundestagsmehrheit auch einmal auf einen Bundesratsbeschluss einginge. Das wäre ein solcher Fall. (Abg. Wilhelm Schmidt (Salzgitter): Das tun wir seit zehn Stunden!) - Herr Schmidt, wenn Sie am Ende einen Strich ziehen, werden Sie sehen: Vieles von dem, was die Bundesregierung vorgeschlagen hat, ist hier durchgelaufen. Abg. Krista Sager: Herr Wulff, ich versuche, sachlich zu bleiben. Ich weiß nicht, warum Sie diesen "Zwiebelpunkt" um 4 Uhr morgens traktieren müssen. In der Sache ist Ihr Vorschlag nicht gerechtfertigt; denn die gesetzliche Grundlage hat sich verändert. Aktuell sind es etwas mehr als 900 Fälle, in Zukunft werden es deutlich weniger sein. Es handelt sich hauptsächlich um Menschen, die im Ausland z. B. in Haft geraten oder krank geworden sind und deswegen längere Zeit dort verbleiben müssen. Es wird vor allen Dingen darum gehen, deren Vermögensverhältnisse zu Hause ins Auge zu fassen. Das können nicht die Konsulate leisten, das kann nur zu Hause geschehen. Konsulatsmitarbeiter besuchen z. B. den Beschuldigten im Gefängnis und sorgen dafür, dass er einen Anwalt bekommt. Auf diese Art Nothilfe sind die Konsulate vorbereitet, nicht aber auf die Berechnung von Sozialhilfe.

- 65 - 14.12.2003 bro Herr Wulff, Sie würden einen riesigen Apparat in Gang setzen. Zusätzliche Beamte würden gebraucht, die, falls sie die Sachkunde nicht mitbrächten, erst geschult werden müssten. In zahlreichen Ländern hätten sie maximal einen Fall pro Jahr zu bearbeiten. Das wäre unverhältnismäßig. Deswegen ist die alte Regelung sachgerecht. Ich bitte Sie, das jetzt wirklich zu unterlassen. Vors. Bgm Dr. Henning Scherf (HB): Wie lösen wir das? Kann man nicht eine Formulierung zur Amtshilfe finden? Abg. Wilhelm Schmidt (Salzgitter): Herr Vorsitzender, die von Herrn Wulff vorgeschlagene Art des Vorgehens wäre Übermaß. Ich will solche Fälle nicht schützen; im Gegenteil, das regt einen ohne Ende auf. Ich meine aber, dass die Systematik der Sozialhilfe so angelegt ist, dass sie bei den Fachämtern bleiben muss. Wenn es sich um Fälle im Ausland handelt, gibt es die Möglichkeit des Amtshilfe- ersuchens. Dann werden die Konsulate in entsprechender Weise tätig. Es wäre nicht sachgerecht, wenn wir den kleinsten Konsulaten in den 199 Ländern dieser Welt auftragen würden, die Sozialhilfe für jemanden zu berechnen, der sich dorthin verkrümelt hat. Wir sollten es so belassen, allerdings unserer Erwartung Ausdruck geben - das kann auch zu Protokoll erklärt werden -, dass das Auswärtige Amt bzw. der Konsular- dienst Amtshilfeersuchen nachdrücklich unterstützt. Viel mehr wird uns nicht möglich sein. Ich bitte um Nachsicht. Es geht hier um 4 bis 5 Millionen Euro - das ist ärgerlich genug -, und in der "Bild"-Zeitung wirkt das wie 4 bis 5 Milliarden Euro. Dennoch brauchen wir nicht eine solche Reaktion zu zeigen. PStS Franz Thönnes (BMGS): Herr Wulff, ich will Ihrem Argument entgegen- treten, dass der Eindruck entstehen könnte, wir würden über die Feiertage "Florida- Rolf" wieder möglich machen. Wenn man das Gesetz genau liest, stellt man fest, dass ein derartiger Fall ausgeschlossen ist. In Zukunft soll es im Kern nur noch drei Fälle geben: Jemand befindet sich im Ausland in staatlicher Gewalt und benötigt Hilfe, weil es durchaus Länder gibt, in denen nicht für eine menschenwürdige Verpflegung gesorgt wird; jemand streitet sich um das Erziehungsrecht für die Kinder und muss sich deswegen im Ausland aufhalten; jemand ist nicht transportfähig. Die Prüfung übernehmen die Botschaften vor Ort.

- 66 - 14.12.2003 bro Die Botschaften zahlen zurzeit zwei Monate, bevor die zuständigen Sozialhilfe- ämter prüfen, ob es Rückgriffsrechte gibt. Diese Frage würde bei einer Übertragung in das Konsularrecht erneut aufgeworfen. Ich meine, wir haben eine gut funktionierende Regelung, die die Fälle eingrenzt. Sie sollte so belassen werden. Vors. Bgm Dr. Henning Scherf (HB): Es ist schwer, sich jetzt darüber zu einigen. Brauchen wir dazu die Arbeitsgruppe? - Das wollen Sie eigentlich nicht. Sollen wir eine saftige Formulierung über Amtshilfe vorlegen, damit das nicht ein Schwarzer-Peter-Spiel wird? - Ich spüre, dass irgendwo im Hinterkopf der schwarze Peter ist. Aber die beiden müssen eng zusammenarbeiten; sonst geht es nicht. Abg. Gudrun Schaich-Walch: Wir hatten ein Problem - da stimme ich Ihnen zu -, aber wir haben es gesetzlich geregelt. Jeder muss in die Bundesrepublik zurück- kommen. Ausgenommen sind lediglich die vom Staatssekretär genannten eng begrenzten Fälle, z. B. Krankheit oder Elternrechtsprozess. Im Prinzip ist das Problem "Florida-Rolf" erledigt. Eine Übertragung auf das Konsulargesetz ist nicht notwendig. (MP Christian Wulff (NI): Wenn die Regelung nicht jetzt kommt, dann spätestens 2006!) Vors. Bgm Dr. Henning Scherf (HB): Ist der Streit beendet? - Herr Wulff greift das Thema nach der nächsten Bundestagswahl wieder auf. PStS Franz Thönnes (BMGS): Ich habe gerade mit Frau Schaich-Walch gesprochen. Wir müssen zwei Punkte klären. Der erste Punkte betrifft die Abgrenzung von Personen und Leistungsrahmen zwischen SGB XII und Hartz IV. In § 8 Abs. 1 geht es um die Frage, wer erwerbsfähig ist und wer nicht. Der zweite Punkt betrifft § 16 SGB II, die Überführung von Kann-Leistungen in Muss- oder Soll-Leistungen. Das ist so abgesprochen, muss aber noch mit Hartz IV abgestimmt werden. Können wir festhalten, dass die beiden Punkte noch geklärt werden? Vors. Bgm Dr. Henning Scherf (HB): Soll das gleich geklärt werden? (Zurufe: In der Arbeitsgruppe!) - Dann geben wir es gleich in die Arbeitsgruppe. Ich bitte darum, dass wir die end- gültige Formulierung am Dienstagnachmittag erhalten.

- 67 - 14.12.2003 bro Wir kommen zu dem Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt. Notwendig ist eine Formulierungshilfe zum Arbeitszeitgesetz im Bericht. Haben wir uns darüber geeinigt? - Ist der Zeitpunkt noch offen? (Zuruf Abg. Klaus Brandner) - Roland Koch übernimmt die Formulierung von Klaus Brandner. Einverstanden? (MP Roland Koch (HE): Ausnahmsweise!) Wissen alle, worüber sie sich geeinigt haben? - Roland Koch, worauf haben Sie sich geeinigt? MP Roland Koch (HE): Zum einen ging es um die Länge der Übergangsfrist. Geplant war Ende Mai, wir haben uns auf den 31. Dezember 2005 geeinigt. Die zweite Frage betraf die Widerspruchsfrist. Nach langem heftigen Kampf haben wir uns auf sechs Monate verständigt. Vors. Bgm Dr. Henning Scherf (HB): Wir halten fest, dass auf dieser Basis Verständigung erzielt worden ist. - Keine Gegenstimmen. - Keine Stimmenthaltungen. Dann ist das so beschlossen. Die Beamten wissen, was sie formulieren müssen. Die letzten beiden Gesetze betreffen das SGB VI. Christian Wulff hat vorhin gesagt, beim Einspruchsgesetz bestehe keine Einigungschance. Er rät - so habe ich ihn verstanden -, hier dreimal Nichteinigung festzustellen und die Sache in den Bundesrat zurückzuverweisen. - Wir beschließen Nichteinigung, was das Einspruchsgesetz zur Änderung des SGB VI angeht. Er hat ferner vorgeschlagen zu überlegen, wie wir bis Dienstag, 17 Uhr noch die Zustimmung zum Zustimmungsgesetz erhalten könnten. So habe ich ihn verstanden. Was müssen wir tun, damit das möglich wird? (MP Roland Koch (HE): Überlegen!) - Wir überlegen. (Abg. Wilhelm Schmidt (Salzgitter): Ich beantrage, das Zweite Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze zu bestätigen!) Es ist beantragt worden, das Zweite Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze zu bestätigen. Wer diesem Antrag folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - 16 Stimmen. Gegenprobe! - 16 Stimmen.

- 68 - 14.12.2003 bro Ich stelle fest, dass eine Einigung nicht zu Stande gekommen ist. Damit ist der erste Einigungsversuch zu dem Gesetz gescheitert. Abg. Wilhelm Schmidt (Salzgitter): Ich bitte darum, dass wir unter Verzicht auf die Ladungsfrist unmittelbar im Anschluss die zweite Sitzung zu dem Gesetz durchführen. Abg. Volker Kauder: Wir verzichten auf die Ladungsfrist. Vors. Bgm. Dr. Henning Scherf (HB): Die zweite Sitzung zu dem Gesetz findet unmittelbar im Anschluss an diese Sitzung statt. Das Angebot, sich über das Zustimmungsgesetz zu verständigen, nutzen wir. Wir rufen es am Dienstag, 17 Uhr wieder auf. Bis dahin wird alles vorbereitet, damit es zumindest aus technischen Gründen nicht unmöglich ist, noch eine Einigung zu erzielen. Die Arbeitsgruppen werden aufgefordert, die Umsetzung dessen, was sich auf der Basis der großen Einigung ergibt, gleich im Anschluss anzupacken. Wir kommen dann nicht mehr heute, sondern erst am Dienstag um 17 Uhr wieder zu einer Plenarsitzung des Vermittlungsausschusses zusammen. Für das weitere Verfahren schlage ich dem Ausschuss Folgendes vor: Die betroffenen Ressorts werden gebeten, der Geschäftsstelle bis Montag, 15. Dezember, 19 Uhr, per E-Mail eine Umsetzung der beschlossenen Einigungsvorschläge in Gestalt ausformulierter Änderungsbefehle zu den jeweiligen Gesetzen vorzulegen. Diese werden dann Gegenstand der endgültigen Abstimmung über alle Vorlagen dieses Verfahrens am Dienstag sein. Soweit sich kein Widerspruch dagegen erhebt, ist das so beschlossen. - Alle sind einverstanden. Abg. Volker Kauder: Brauchen wir eine Vorbesprechung zur Sitzung des Vermittlungsausschusses am Dienstag? (Abg. Wilhelm Schmidt (Salzgitter): Eine Stunde reicht hin!) - 16 Uhr. Einverstanden. Vors. Bgm Dr. Henning Scherf (HB): Wir sind am Ende eines anstrengenden Tages angelangt. Ich bewundere Sie allesamt wegen Ihrer Kondition, Geduld und Disziplin. Ich hatte mir trotz meines Optimismus nicht vorstellen können, dass wir so gut durchkommen. Ich danke Ihnen allen.

- 69 - 14.12.2003 bro Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen, dass Sie mit dem restlichen Tag etwas Gutes anfangen können. (Schluss: Montag, 15. Dezember 2003, 4.07 Uhr)
