WD 3 - 134/17 Eilbedürftige Gesetzgebung

Verfassung, Verwaltung

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Wissenschaftliche Dienste Sachstand Eilbedürftige Gesetzgebung © 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 134/17
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Wissenschaftliche Dienste                 Sachstand                                                               Seite 2 WD 3 - 3000 - 134/17 Eilbedürftige Gesetzgebung Aktenzeichen:                        WD 3 - 3000 - 134/17 Abschluss der Arbeit:                12.07.2017 Fachbereich:                         WD 3: Verfassung und Verwaltung Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen.
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Wissenschaftliche Dienste               Sachstand                                             Seite 3 WD 3 - 3000 - 134/17 1.    Fragestellung Der Sachstand thematisiert verschiedene Aspekte zur Verfahrensweise bei „eilbedürftigen“ Gesetzen. Dabei soll insbesondere aufgezeigt werden, ob spezielle verfassungsrechtliche Vorgaben für einen solchen Fall existieren. 2.    Verfassungsrechtliche Grundlagen Insgesamt bestehen keine umfassenden verfassungsrechtlichen Vorgaben für den Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens innerhalb des Deutschen Bundestages. In den Art. 76 und 77 GG ist 1 lediglich ein grober Rahmen für den Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens enthalten. Ein besonderes Eilverfahren, das zu einer Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens führt, sieht das Grundgesetz nicht vor. Nach Art. 40 Abs. 1 S. 2 gibt sich der Deutsche Bundestag eine Geschäftsordnung (GO-BT). In dieser Geschäftsordnung regelt er weitgehend auch den Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens. Die verfahrensrechtlichen Einzelheiten ergeben sich daher über- wiegend aus den geschäftsordnungsrechtlichen Vorgaben. Möglichkeiten zur Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens lassen sich vor allem in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages finden. Auf der Ebene des Verfassungsrechts findet sich lediglich in Art. 76 Abs. 2 S. 4 GG der Begriff einer „eilbedürftigen Vorlage“. Die Regelung betrifft jedoch eine Sonderkonstellation für Gesetzes- vorlagen der Bundesregierung, die allgemein zunächst dem Bundesrat zur Stellungnahme zuzuleiten sind. Die Frist zur Stellungnahme des Bundesrates wird für solche Vorlagen verkürzt, sodass eine beschleunigte Weiterleitung an den Bundestag erfolgen kann. 3.    Geschäftsordnungsrechtliche Vorgaben Nach § 78 Abs. 1 GO-BT werden Gesetzentwürfe im Deutschen Bundestag grundsätzlich in drei Beratungen behandelt. Nach § 80 Abs. 1 GO-BT wird ein Gesetzentwurf zudem nach der ersten Beratung regulär in die Ausschüsse überwiesen. Das Verfahren in den Ausschüssen wird durch die Verteilung der Beschlussempfehlung und des Ausschussberichtes beendet. Erst zwei Tage nach der Verteilung von Beschlussempfehlung und Ausschussbericht kann nach § 81 Abs. 1 GO-BT die zweite Beratung im Plenum stattfinden. Werden in dieser Beratung keine Änderungen beschlos- sen, findet nach § 84 S. 1 lit. a GO-BT anschließend die dritte Beratung statt. Nach § 86 S. 2 GO-BT schließt sich hieran unmittelbar die Schlussabstimmung an, wenn der Gesetzentwurf in der zweiten Beratung unverändert geblieben ist. In den geschäftsordnungsrechtlichen Vorgaben sind Möglichkeiten enthalten, das Gesetzgebungs- verfahren zu beschleunigen. So kann nach § 80 Abs. 2 GO-BT auf eine Überweisung der Gesetzes- vorlage an einen Ausschuss verzichtet werden. Voraussetzung dafür ist ein Antrag einer Fraktion oder von fünf von Hundert der Mitglieder des Deutschen Bundestages und ein Beschluss mit einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten. Erfolgt ein solcher Beschluss, wird unmittelbar in die zweite Beratung eingetreten. Erfolgen in dieser wiederum keine Änderungen, 1     Das Grundgesetz ist abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_gg/.
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Wissenschaftliche Dienste          Sachstand                                                   Seite 4 WD 3 - 3000 - 134/17 kann mit den oben aufgezeigten Verfahrensschritten in die dritte Beratung und in die Schlussab- stimmung übergegangen werden. Über diese geschäftsordnungsrechtlichen Möglichkeiten ist es möglich, an einem Tag alle drei Beratungen einschließlich der Schlussabstimmung durchzuführen. Nach Art. 77 Abs. 1 S. 2 GG ist das beschlossene Gesetz vom Bundestagspräsidenten unverzüg- lich dem Bundesrat zuzuleiten. Denkbar ist es, dass dieser sich noch am selben oder am nächsten Tag damit befasst und einen entsprechenden Beschluss fasst. Im Anschluss an die Beschlussfassung des Bundesrates erfolgt gem. Art. 82 GG nach Gegenzeich- nung der Bundeskanzlerin sowie den sonst zu beteiligenden Mitgliedern der Bundesregierung die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und die Verkündung im Bundesgesetzblatt. Dem Bundespräsidenten steht hierbei ein Prüfungsrecht zu, das sich jedoch auf die Vereinbarkeit des Gesetzes mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben beschränkt. Der Umfang des Prüfungsrechts ist zudem in seinem Umfang rechtlich umstritten, und findet in der Rechtspraxis nur selten Anwen- dung. Anders als in anderen Verfassungsrechtsordnungen besteht das Prüfungsrecht für sämtliche Gesetze und unabhängig davon, welche Form des Gesetzgebungsverfahrens gewählt wurde. Verweigert der Bundespräsident unter Verweis auf verfassungsrechtliche Zweifel am Gesetz die Ausfertigung, kann dieses nicht in Kraft treten. 4.    Zeitliche Vorgaben für das Inkrafttreten von Gesetzen Nach Art. 82 Abs. 2 GG soll jedes Gesetz den Tag des Inkrafttretens bestimmen. Dem Gesetzgeber selbst obliegt es daher, ein zeitnahes Inkrafttreten sicherzustellen. Dem Bundespräsidenten kommt bei der Ausfertigung zudem die verfassungsrechtliche Pflicht zu, diese nicht unangemessen zu verzögern. Gleiches gilt für die Verkündung im Bundesgesetzblatt. Auch diese hat in einer angemessenen Frist zu erfolgen. Besondere verfassungsrechtliche Vorgaben, die das Inkrafttreten von eilbedürftigen Gesetzen regeln, existieren hingegen nicht. Soll ein Gesetz in beschleunigter Weise erlassen werden, obliegt es allen beteiligten Verfassungsorganen, im Rahmen ihrer verfassungs- und geschäftsordnungsrechtlichen Befugnisse, für einen schnellen Ablauf zu sorgen. ***
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