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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Gutachten zur Vereinbarkeit des Pkw-Maut-Gesetzes mit europäischem Recht

Die Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes

Diese Anfrage wurde als Teil der Kampagne „Frag den Bundestag“ gestellt.

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Deutscher Bundestag

 

Ausarbeitung

 

Vereinbarkeit der Gesetze zur Einführung einer Infrastrukturabgabe
für die Benutzung von Bundesfernstraßen und zur Änderung des
Kraftfahrzeugsteuergesetzes mit dem Unionsrecht

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© 2015 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 68/15
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Vereinbarkeit der Gesetze zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von
Bundesfernstraßen und zur Anderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes mit dem Unionsrecht

Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 68/15
Abschluss der Arbeit: 9. Juli 2015
Fachbereich:

PE 6: Fachbereich Europa

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Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen
Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der

fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag

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der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin.
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Inhaltsverzeichnis

1. Fragestellung

2. Hintergründe

2.1 Gesetz über die Erhebung einer zeitbezogenen Infrastrukturabgabe
für die Benutzung von Bundesfernstraßen - InffAG

2.2. Änderung des KfzStG

2.3. Rechtliche Einordnung der Infrastrukturabgabe und des
Steuerentlastungsbetrags

2.3.1. Infrastrukturabgabe

2.3.2. Steuerentlastungsbetrag

2.3.2.1.  Kiz-steuerliche Behandlung inländischer Fahrzeuge

2.3.2.2.  Kiz-steuerliche Behandlung ausländischer Fahrzeuge

2.3.2.3. Wirkung des Steuerentlastungsbetrages

3. Unionsrechtliche Vorgaben

3.1. Zur Einführung von Straßenbenutzungsgebühren

3.1.1. Sekundärrecht

3.1.2. Stellungnahmen der Kommission

3.1.2.1. Weibbücher und Mitteilungen

3.1.2.2. Zusammenfassung

3.2. Zur Ausgestaltung der nationalen Kfz-Steuersysteme

4. Vereinbarkeit der Vorschläge zur Einführung einer
Infrastrukturabgabe und zur Reform des KfzStG mit dem
Unionsrecht

4.1. Unionsrechtliche Diskriminierungs- und
Schlechterstellungsverbote

4.1.1. Art. 932 AEUV

4.1.1.1. Tatbestand des Art. 92 AEUV

4.1.1.2.  Gebotene weite Auslegung des Art. 92 AEUV

4.1.2. Grundfreiheiten

4.1.3. Allgemeines Diskriminierungsverbot, Art. 18 AEUV

4.2. Bestehen einer mittelbaren Diskriminierung ausländischer
Infrastrukturnutzer

4.2.1. Allgemeine Maßstäbe

4.2.2. Diskriminierende Wirkung der Vermeidung einer Doppelbelastung

4.2.2.1. Überwiegend negative Betroffenheit von EU-Ausländern

4.2.2.1.1. Isolierte Betrachtung von InfrAG und KfzStG

4.2.2.1.2. Gesamtbetrachtung von InfrAG und KfzStG

4.2.2.1.3. Folgerungen für das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung

4.2.2.2. Bestehen einer objektiv vergleichbaren Situation

4.2.2.2.1. Objektiv vergleichbare Situation i im Rahmen des InfrAG und
KfzStG

4.2.2.2.2. Auswirkung der Kfz-Steuerbefreiung für ausländische Kfz-Halter

4.2.2.3. Saldierung der Belastungen

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4.2.2.3.1. Maßstäbe 28
4.2.2.3.2. Charakter der Kfz-Steuer als Grundlage des

Steuerentlastungsbetrags 29
4.2.2.3.3. Charakter der Infrastrukturabgabe 30
4.2.2.3.4. Folgerungen für die Vermeidung einer Doppelbelastung durch

einen Steuerentlastungsbetrag 31
4.2.2,3,5. Zusammenfassung 33
4.2.2.4. Ergebnis 34
4.2.3, Möglichkeit einer diskriminierenden Wirkung des

Vignettenerwerbs 35
4.2.3.1. Maßstäbe 35
4.2.3.2. Ausgestaltung der Vignettenpreise 37
4.2.3.3. Folgerungen 37.
4.2.4. Benachteiligung von Verkehrsunternehmern 38.
4.3. Rechtfertigung 39
4.3.1. Rechtfertigung einer Kompensation der Infrastrukturabgabe im

Rahmen der Kfz-Steuer 40
4.3.1.1. Die Grundsätze von Kohärenz und Lastenausgleich als

Rechtsfertigungsgrund 40
4.3.1.2.  Kohärenz zwischen Kfz-Steuer und Infrastrukturabgabe 41
4.3.1.3. Ergebnis 42
4.3.2. Rechtfertigung einer ıittelbaren Diskriminierung durch den

Systemwechsel von einer steuerfinanzierten zu einer vorwiegend

nutzerfinanzierten Infrastruktur 43
4.3.3. Rechtfertigung durch die „Belastungsgleichheit“ von

ausländischen und inländischen Kfz-Haltern 45
4,3.4. Rechtfertigung der Benachteiligung von Verkehrsunternehmern 46
5. Zusammenfassung 46

6. Ausblick oo. 46
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1. Fragestellung

Die Ausarbeitung geht der Frage nach, ob das vom Deutschen Bundestag in Art. 1 des Gesetzes
zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen beschlos-
sene Gesetz über die Erhebung einer zeitbezogenen Infrastrukturabgabe für die Benutzung von
Bundesfernstraßen (Infrastrukturabgabengesetz, InfrAG)'! sowie die hierauf bezogenen Elemente
der in Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes und des Versi-
cherungssteuergesetzes (Zweites Verkehrsteueränderungsgesetz - 2.VerkehrStÄndG) vom Deut-
schen Bundestag beschlossenen Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KfzStG)? mit dem
Unionsrecht vereinbar sind.

Von der Fragestellung ausgenommen sind datenschutzrechtliche sowie beihilfenrechtliche As-
pekte des InfrAG.

2. Hintergründe

‚2.1. Gesetz über die Erhebung einer zeitbezogenen Infrastrüukturabgabe für die Benutzung von
Bundesfernstraßen - InfrAG

Das InfrAG sieht vor, dass eine Infrastrukturabgabe eingeführt werden soll, die von Haltern von
im Inland und im Ausland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen gleichermaßen für die Nutzung
von Bundesautobahnen und Bundesstraßen zu entrichten ist. Halter von nicht in der Bundesre-
publik Deutschland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen sind zunächst nur auf Bundesautobah-
nen abgabepflichtig.

Die Bundesregierung geht in ihrem Gesetzentwurf für ein InfrAG? davon aus, dass aufgrund des
sehr dichten Bundesfernstraßennetzes in der Bundesrepublik Deutschland nahezu alle abgabe-
pflichtigen Halter von im Inland zugelassenen Fahrzeugen das Bundesfernstraßennetz im Jahres-
verlauf nutzen. Dementsprechend sieht das InfrAG vor, dass die Infrastrukturabgabe von allen
Haltern von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen grundsätz-
lich jeweils für ein Jahr an das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als Infrastrukturabgabenbehörde ent-
richtet werden (8$ 1 bis 4, 6 InfrAG) muss. Die Höhe der Infrastrukturabgabe bzw. Kosten für eine
Jahresvignette bestimmen sich nach dem Hubraum und den Umwelteigenschaften des Pkw bzw.
bei Wohnmobilen nach dem Gewicht (88 5 Abs. 1 S. 2, 8 InfrAG i.V.m. Anlage zu $ 8 InfrAG).
Die Infrastrukturabgabe wird für in der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge
von der Infrastrukturabgabebehörde durch Bescheid festgesetzt.

Die Verpflichtung zur Entrichtung der Infrastrukturabgabe für ein Kraftfahrzeug, das nicht in der
Bundesrepublik Deutschland zugelassen ist, entsteht mit der ersten Benutzung einer abgabe-
pflichtigen Straße im Sinne des $ 1 Abs. 1 und 2, $ 2 Abs. 3 InfrAG nach einem Grenzübertritt.
Schuldner der Infrastrukturabgabe für Kfz, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelas-
sen sind, können zur Entrichtung der Infrastrukturabgabe zwischen einer sich ebenfalls an den

' Gesetz vom 8, Juni 2015, BGBl. 12015 Nr. 22 vom 11. Juni 2015, 5.904.
2 Gesetz vom 8, Juni 2015, BGBl. I 2015 Nr. 22 vom 11. Juni 2015, 5.901.

® BT-Drs. 18/3990.
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spezifischen Fahrzeugeigenschaften bemessenden Jahresvignette oder einer Kurzzeitvignette zum
Pauschalpreis von 15 Euro (10 Tage) oder 30 Euro (2 Monate) wählen ($$ 5 Abs. 18. 2, 7 Abs. 2,
8 InfrAG i.V,m. Abs. 15. 3 der Anlage zu $ 8 InfrAG). Für im Ausland zugelassene Kraftfahr-
zeuge gilt die bei Erwerb der Vignette ausgegebene Buchungsbestätigung als Bescheid ($ 5 Abs. 1
S. 4 InfrAG). Der Vignettenerwerb soll entsprechend der Begründung des Gesetzentwurfs der
Bundesregierung? entweder im Internet oder an Einbuchungsstellen beispielsweise an Tankstel-
len erfolgen können. Für die Einzelheiten zur Mitwirkung der Infrastrukturabgabeschuldner bei
der Erhebung der Infrastrukturabgabe nach $ 5 Abs. 5 S. 2 InfrAG wird das Bundesministerium
für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMV]) in $ 5 Abs. 5 S. 3 InfrAG ermächtigt, durch Rechts-
verordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten zu regeln.

Zeitgleich mit Erlass des InfrAG wurde durch die Neufassung des $ 9 Kraftfahrzeugsteuergesetz
(KfzStG°) für inländische Kfz eine ermäßigte Jahressteuer (Steuerentlastungsbetrag) beschlossen.
Die Aufnahme von Steuerentlastungsbeträgen in das KfzStG begründet die Bundesregierung da-

mit, dass die Halter von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw oder Wohnmobi-

len bereits über die Zahlung der Kraftfahrzeugsteuer zur Finanzierung des Bundesfernstraßennet-

zes beitragen und mit den Steuerentlastungsbeträgen sichergestellt werden soll, dass den Haltern

von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw oder Wohnmobilen keine zusätzli-

chen Belastungen auferlegt werden” bzw. damit eine doppelte Belastung durch die gleichzeitige
Kraftfahrzeugsteuer- und Infrastrukturabgabenpflicht vermieden wird.®

Die Infrastrukturabgabe soll als elektronische Vignette (E-Vignette) erhoben werden ($ 5 Abs. 1
S. 1InfrAG). Die Fahrtberechtigung ist mit dem amtlichen Kraftfahrzeugkennzeichen verknüpft,
das nach Entrichtung der Infrastrukturabgabe im System freigeschaltet wird.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf das InfrAG°® sowie ergänzend hierzu auf den diesbezügli-
chen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11. Februar 2015°° und die Beratungen des Deut-
schen Bundestages, insbesondere die Beschlussempfehlung und den Bericht des federführenden
Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur (15. Ausschuss) vom 25. März 2015," verwie-

sen. En
a BT-Drs. 18/3990, 5. 20.

’ Kraftfahrzeugsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. IS. 3818).

G BGBl. 12015, 5. 901.

BT-Drs. 18/3990, S. 18.

ö BT-Drs. 18/3991, S. 10.

® BGBl. 12015, 5. 904.

1 B'T-Drs. 18/3990.

1 BT-Drs. 18/4455.
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2.2. Änderung des KfzStG

Der Übergang von der vorwiegend steuerfinanzierten Infrastruktur im Bereich der Bundesfern-
straßen zur überwiegend nutzerfinanzierten Infrastruktur soll bei den Kraftfahrzeugsteuerpflichti-
gen nicht zu einer finanziellen Doppelbelastung bei der Einführung einer Infrastrukturabgabe
führen.'? Eine solche Doppelbelastung bestünde bei der Einführung einer Infrastrukturabgabe mit
dem Ziel eines Übergangs von der steuerfinanzierten zur nutzerfinanzierten Infrastruktur im Be-
reich der Bundesfernstraßen bei Haltern von inländischen und ausländischen Fahrzeugen, die
der Kfz-Steuerpflicht unterliegen. Um eine solche Doppelbelastung beim Übergang von einer
steuerfinanzierten zu einer nutzerfinanzierten Infrastruktur im Bereich der Bundesternstraben zu
vermeiden, wird im KfzStG ein Steuerentlastungsbetrag für Kraftfahrzeuge, die in den Anwen-
dungsbereich der Infrastrukturabgabe fallen, berücksichtigt. Konkret wurden mit dem 2. Verkehr-
StÄndG insbesondere die folgenden Änderungen des KfzStG vorgenommen:

Gemäß Art. 1Nr. 2. VerkehrStÄndG wird $ 1 Abs. 1 Nr. 2 KfzStG wie folgt gefasst:

„2. das Halten von ausländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Strafen, solange
die Fahrzeuge sich im Inland befinden. Ausgenommen hiervon sind ausschließlich für den
Güterkraftverkehr bestimmte und verwendete Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit
einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3 500 Kilogramm, die nach
Artikel 5 der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni
1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch
schwere Nutzfahrzeuge (ABl. L 187 vom 20.7.1999, S. 42), die zuletzt durch die Richtlinie
2013/22/EU (ABl. L 158, 5. 356) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung In ei-
nem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zugelassen sind;

Gemäß Art. 1 Nr. 7 2. VerkehrStÄAndG wird $ 9 KfzStG wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 3 Satz 1 wird der Satzteil vor Nummer 1 wie folgt gefasst:

„Für ausländische Fahrzeuge beträgt die Steuer für jeden ganz oder teilweise im Inland zu-
gebrachten Kalendertag“.

b} Folgende Absätze 6 bis 8 werden angefügt:

„[6) Für inländische Kraftfahrzeuge ermäßigt sich die Jahressteuer (Steuerentlastungsbe-
trag} bei "

1. Personenkraftwagen je 100 Kubikzentimeter Hubraum oder einem Teil davon,
a) wenn sie mindestens die verbindlichen Grenzwerte nach Zeile B Fahrzeugklasse M

der Tabellen in Nummer 5.3.1.4 des Anhangs I der Richtlinie 70/220/EWG In der bis
1. Januar 2013 geltenden Fassung einhalten und angetrieben werden

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Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des 2. VerkehrStÄndG, BT-Drs. 18/3991, 5. 10.
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aa) durch Fremdzündungsmotoren um 2 Euro,
bb) durch Selbstzündungsmotoren um 5 Euro,

b} wenn sie die Anforderungen nach Buchstabe a nicht erfüllen und angetrieben wer-
den

aa) durch Fremdzündungsmotoren um 6,50 Euro,
bb) durch Selbstzündungsmotoren um 9,50 Euro,
insgesamt jedoch um nicht mehr als 130 Euro;

2. Wohnmobilen je 200 Kilogramm verkehrsrechtlich zulässigem Gesamtgewicht oder ei-
nem Teil davon um 16 Euro, insgesamt jedoch um nicht mehr als 130 Euro;

3. Personenkraftwagen und Wohnmobilen mit

a} zugeteiltem Oldtimer-Kennzeichen um 130 Euro,

b) zugeteiltem Saisonkennzeichen für jeden Tag der Gültigkeitsdauer um den aufihn
entfallenden Bruchteil des Jahresbetrags nach den Nummern 1 bis 3 Buchstabe a.

(7} Für ausländische Personenkraftwagen und Wohnmobile ermäßigt sich die Steuer nach
Absatz 3 Nummer 1 und 2 um einen Steuerentlastungsbetrag von jeweils 0,35 Euro für Je-
den ganz .oder teilweise im Inland zugebrachten Kalendertag.

(8) Vom Steuerentlastungsbetrag nach den Absätzen 6 und 7 ausgenommen sind Personen-
kraftwagen und Wohnmobile

1. mit roten Kennzeichen im Sinne des $ 1 Absatz 1 Nummer 4,
2, von Fahrzeughaltern im Sinne des $ 3a Absatz 2,
3. als Elektrofahrzeuge im Sinne des Absatzes 2.“
Gemäß Art. 1Nr. 12 lit. f} 2. VerkehrStAndG wird $ 18 KfzStG folgender Absatz 13 angefügt:

„[13} Steuerentlastungsbeträge nach $ 9 Absatz 6 und 7ist $ 18 Absatz 1 Satz 2 nicht anzu-
wenden“
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Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das 2. VerkehrStÄndG"? sowie ergänzend hierzu auf den
diesbezüglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11. Februar 2015’ und die Beratungen
des Deutschen Bundestages, insbesondere die Beschlussempfehlung und der Bericht des feder-
führenden Finanzausschusses (7, Ausschuss) vom 25. März 2015,'° verwiesen.

- 2.3. Rechtliche Einordnung der Infrastrukturabgabe und des Steuerentlastungsbetrags
2.3.1. Infrastrukturabgabe

Das InfrAG zielt ab auf die Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr in Form einer Infrastruk-
turabgabe. Bei Straßenbenutzungsgebühren ist zunächst begrifflich zwischen zeitabhängigen Ge-
bühren (Vignette) und entfernungsabhängigen Gebühren (Maut) zu unterscheiden." Das InfrAG
sieht eine zeitabhängige Zahlungspflicht und damit die Einführung eines Vignettensystems für
bestimmte Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 t vor.

Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer
Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheit-
liche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung de-
ren Kosten ganz oder teilweise zu decken.’ Das gilt entsprechend für Beiträge, die im Unter-
schied zu Gebühren schon für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung
oder Leistung erhoben werden.”® Durch Beiträge sollen die Personen, die aus einer öffentlichen
Einrichtung einen besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, an den Kos-
ten ihrer Errichtung und Unterhaltung beteiligt werden. '®

Die Infrastrukturabgabe soll für die Nutzung der Bundesfernstraßen?® bzw. bei einer Nutzung
durch nicht in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen gemäß $ 1 Abs. 2 InfrAG nur für die Nut-
zung von Bundesautobahnen entrichtet werden. Entsprechend ihrem materiellen Gehalt ent-
spricht sie einer nichtsteuerlichen Abgabe mit Gegenleistungscharakter im Sinne des Ausgleichs

1 BGBl. 12015, S. 901.

1. BT-Drs, 18/3991.

” BT-Drs. 18/4448.

16 Vgl. Beck, Autobahnmaut und Europarecht, NZV 2014, S. 289, 289; Hering, Die Pkw-Maut in der Europäischen
Union, SVR 2012, 5. 329, 329 ff. sowie zum Begriff der Maut Art. 2 lit. b und lit. c der Richtlinie 1999/62/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung
bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. 1999 L 187/42, idF ABl. 2011 L 269/1.

17 Vgl. BVerfGE 50, 217 (226); 92, 91 (115); 110, 370 (388); 132, 334 (349),

iR Vgl. BVerfGE 9, 291 (297 £.}; 92, 91 (115);110, 370 (388); 113, 128 (148).

ıs BVerfG, Beschluss vom 25, Juni 2014, - 1 BvR 668/10 - u.a., Rn. 52 mit Verweis auf BVerfGE 14, 312 (317).

20 Vgl.$1 Abs. 1 Bundesfernstraßengesetz vom 6. August 1953 (BGBl. IS. 903), zuletzt geändert durch Artikel 7
des Gesetzes vom 31. Mai 2013 (BGBl. 18. 1388).
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eines spezifischen Sondervorteils.”' In einem früheren Entwurf des BMVI für ein InfrAG wurde
sie definiert als eine Gebühr im Sinne der Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG, „weil
sie als Zeitgebühr zur jederzeitigen Nutzung der Bundesfernstraßßen während eines bestimmten
Zeitraums unmittelbar berechtigt, insoweit also mit einem tatsächlich eingeräumten Vorteil kor-
respondiert, der im Recht zur Straßennutzung besteht. |...] Die Abgabe knüpft summarisch an die
tatsächliche Nutzung an.“”” Gemäß der Darlegung in dem BMVI-Entwurf für ein InfrAG könne
offen bleiben, „inwieweit die Straßen vom einzelnen Abgabepflichtigen - je nach seinem privaten
Entschluss - später wirklich befahren werden oder die tatsächliche Nutzung des ihm eingeräum-
ten Rechts in seinem persönlichen Fall potenziell bleibt. Die Gebühr wird hierdurch noch nicht
im abgaberechtlichen Sinn zu einem Beitrag. Selbst wenn man aber insoweit einen Beitrag unter-
stellen würde, hätte der Bund aufgrund seiner Annexkompetenz für den Bau und die Unterhal-
tung von Landstraßen für den Fernverkehr grundsätzlich auch die Gesetzgebungskompetenz für
die Einführung eines Beitrages.“

2.3.2. Steuerentlastungsbetrag
2.3.2.1. _ Kfz-steuerliche Behandlung inländischer Fahrzeuge

Gegenstand der Kfz-Steuerpflicht ist einerseits das Halten von inländischen Fahrzeugen zum
Verkehr auf öffentlichen Straßen ($ 1 Abs. 1 Nr. 1 KfzStG). Ein Fahrzeug ist dann ein inländi-
sches, wenn es unter die im Inland maßgebenden Vorschriften über das Zulassungsverfahren,
d.h. die Regelungen der StVZO fällt (5 2 Abs. 3 KfzStG). Steuerschuldner ist bei inländischen
Fahrzeugen die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist ($ 7 Nr. 1 KizStG). Be-
messungsgrundlage der Kfz-Steuer sind in der Regel die Schadstoff- und Kohlendioxidemissio-
nen bzw. die Kohlendioxidemissionen und der Hubraum des jeweiligen Fahrzeugs (8 8 KizStG),
auf die ein spezifischer Steuersatz Anwendung findet ($ 9 KfzStG). Die Steuer wird, wenn der
Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht nicht feststeht, unbefristet, in allen anderen Fällen
für einen bestimmten Zeitraum oder tageweise festgesetzt ($ 13 KizStG).

Inländische Kfz sind in den Fällen der $3 Nr. 1 bis 10 KfzStG wegen der besonderen Zweckbe-

Er

”

stimmung des Fahrzeugs sowie in den Fällen der $$ 3a bis 3d KfzStG wegen der besonderen Um- -

weltfreundlichkeit des Fahrzeugs von der Steuer befreit; $ 4 KfzStG begründet eine Erstattung der
Steuer bei Beförderungen von Fahrzeugen mit der Eisenbahn. Sofern die Voraussetzungen für
eine Steuerbefreiung nicht (mehr) vorliegen, dauert die Kfz-Steuerpflicht bei einem inländischen
Fahrzeug grundsätzlich solange, wie das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist (5 5 Abs. 1Nr. 1
KfzStG).

2.3.2.2.  Kfz-steuerliche Behandlung ausländischer Fahrzeuge

Gegenstand der Kfz-Steuerpflicht ist zudem das Halten von ausländischen Fahrzeugen zum Ver-
kehr auf öffentlichen Straßen, solange die Fahrzeuge sich im Inland befinden und nicht aus-

2 Vgl. BVerfGE 108, 1 (13); 108, 186 (212); 110, 370 (384); 113, 128 (145 f.); 124, 348 (364).

22 BMVI, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstra-
Ben.
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