02.11.19.PDS.VerfassteStudierendenschaft

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes zu den Themen Studium und Volksbegehren

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ABGEORDNETENHAUS VON BERLIN - WISSENSCHAFTLICHER PARLAMENTSDIENST -                      Berlin, 19. November 2002 Gutachten zu verschiedenen Fragen im Zusammenhang mit der Neufassung des § 41 Hochschulrahmengesetz (Verfasste Studierendenschaft) A. Auftrag Der Präsident des Abgeordnetenhauses hat auf Grund einer entsprechenden Bitte der Fraktion der PDS den Wissenschaftlichen Parlamentsdienst gebeten, im 1 Zusammenhang mit der Neufassung des § 41 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) verschiedene Fragen zur verfassten Studierendenschaft und deren Möglich- keiten zur Wahrnehmung eines so genannten allgemeinpolitischen Mandats zu beantworten. Die Fraktion der PDS hatte gebeten 1. darzustellen, welche Änderungsanträge bzw. Änderungen des § 18 des Ber- 2 liner Hochschulgesetzes (BerlHG), die sich auf den Sachverhalt des so ge- nannten allgemeinpolitischen Mandats beziehen seit der Beschlussfassung über das BerlHG seit 1989 im Abgeordnetenhaus von Berlin gestellt bzw. vorgenommen wurden und welche Zielrichtung sie beinhalteten; 2. zu prüfen, welche Schlussfolgerungen sich für den Berliner Landesgesetz- geber aus der Novellierung des § 41 HRG, insbesondere des Abs. 1 und hier der Ziffern 3 und 4 sowie des Satzes 3, bezogen auf eine Novelle des § 18 BerlHG (Studierendenschaften) aber auch des § 4 BerlHG (Aufgaben der Hochschulen) ergeben; 3. darzustellen, welche Schlussfolgerungen sich aus der im Zusammenhang mit Urteilen zum so genannten allgemeinpolitischen Mandat gebildeten „Brückenschlagstheorie“ für eine Novelle der §§ 4, 18 BerlHG ergeben; 1 I. d. F. d. Bekanntmachung v. 19. Januar 1999, BGBl. I S. 18, zul. geänd. durch Gesetz v. 8. August 2002 (6. HRGÄndG), BGBl. I S. 3138. 2 I. d. F. v. 17. November 1999, GVBl. S. 630, zul. geänd d. Gesetz v. 8. Oktober 2001, GVBl. S. 534.
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-2- 4. zu prüfen, wie eine Formulierung der einschlägigen Regelungen des § 18 BerlHG gestaltet sein müsste, unter Einbeziehung der „Brückenschlagstheo- rie“ die Möglichkeiten für gesellschaftspolitisches Engagement implemen- tiert. B. Stellungnahme I. Die Änderungen und Änderungsanträge zu § 18 BerlHG seit 1989 (Frage 1) Die gewünschte Zusammenstellung ist dem Gutachten als Anlage 1 beigefügt. Die jeweilige Zielrichtung der Änderungen bzw. der Änderungsanträge ergibt sich aus den beiliegenden Begründungen. II. Die Auswirkungen des § 41 HRG auf § 4 und § 18 BerlHG (Frage 2) Die im HRG getroffenen Regelungen haben als Rahmenrecht (Art. 75 Abs. 1 3 Nr. 1a GG ) grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung, sondern verpflichten den Landesgesetzgeber, entsprechende Gesetze zur erlassen (vgl. § 72 Abs. 1 HRG). Die Länder haben bei der Umsetzung des Rahmenrechts in Landesrecht in der Regel einen eigenen Entscheidungsspielraum; ausnahmsweise darf das Rahmengesetz aber auch in Einzelheiten gehende Regelungen treffen (vgl. Art. 75 Abs. 2 GG). Die Länder sind gem. Art. 75 Abs. 3 GG verpflichtet, innerhalb der rahmenrechtlich 4 bestimmten Frist die erforderlichen Landesgesetze zu erlassen. § 41 HRG ist in seiner aktuellen und hier in Rede stehende Fassung am 15. Au- 5 gust 2002 in Kraft getreten. Gem. § 72 Abs. 1 Satz 8 HRG ist das Land Berlin ver- pflichtet, § 41 HRG innerhalb von drei Jahren in Landesrecht umzusetzen. § 18 BerlHG entspricht bereits im Wesentlichen den rahmenrechtlichen Vorga- ben (vgl. dazu im Einzelnen die Anlage 2 des Gutachtens). Da § 41 HRG sehr de- 3 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, BGBl. Teil III, Gl.-Nr. 100-1, zul. geänd. durch Gesetz v. 26. Juli 2002, BGBl. I S. 2863. 4 Vgl. zum Ganzen Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundge- setz, 9. Aufl. 1999, Art. 75 Rn. 13 f., 20 ff. 5 Vgl. Art. 1 Nr. 5 und Art. 3 des 6. HRGÄndG (Fn. 1).
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-3- tailliert die Aufgaben der verfassten Studierendenschaft regelt, verbleiben dem Landesgesetzgeber bei der Umsetzung nur wenig Möglichkeiten, eigene Akzente oder Schwerpunkte zu setzen. Um spätere Unsicherheiten bei der Anwendung und Auslegung des § 18 BerlHG zu vermeiden, liegt es nahe, die rahmenrechtlichen Vorgaben wörtlich ins Landesrecht zu übernehmen. Für § 4 BerlHG (Aufgaben der Hochschulen) ergibt sich kein unmittelbarer Än- derungsbedarf. § 41 Abs. 1 Satz 3 HRG spricht zwar von der „gesellschaftlichen Aufgabenstellung der Hochschulen“. Doch lässt sich weder aus dieser Formulie- 6 rung noch aus der Begründung zum Gesetzentwurf eine rahmenrechtliche Ver- pflichtung zur Präzisierung der Aufgabenstellung der Hochschulen entnehmen. III. Die Auswirkungen verschiedener Urteile zum hochschulpolitischen Mandat der verfassten Studierendenschaft auf §§ 4 und 18 BerlHG (Fragen 3 und 4) 1. Allgemeine Vorbemerkungen Eine (zwangs-)verfasste Studierendenschaft darf nur im hochschulpolitischen Raum tätig werden. Ein Gesetz, unabhängig, ob Bundes- oder Landesrecht, das den Studierendenschaften ein allgemeinpolitisches Mandat mit der Befugnis ein- räumen würde, sich uneingeschränkt zu nicht hochschulbezogenen, beliebigen Themen der Politik zu äußern oder allgemeinpolitische Forderungen zu erheben, 7 wäre verfassungswidrig. Der Grund dafür liegt darin, dass eine verfasste Studierendenschaft kein frei- williger Zusammenschluss der Studierenden einer Hochschule ist, sondern auf Grund eines staatlichen Organisationsaktes (in der Regel in der Form eines Geset- zes) einen Zwangsverband bildet. Da der einzelne Student nicht darüber entschei- den kann, ob er Mitglied der verfassten Studierendenschaft werden möchte, greift ein solches Gesetz in seine verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte des Art. 2 Abs. 1 GG ein. Ein solcher Eingriff ist nur unter bestimmten Voraussetzun- gen zulässig: 6 Vgl. BT-Drs. 14/8361, S. 4 ff. 7 Vgl. dazu BVerwGE 59, 231, 238 f.
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-4- Das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG schützt den Einzelnen zum einen vor „unnötigen“ Zwangsverbänden. Öffentlich-rechtliche Verbände dürfen daher nur zur Wahrnehmung legitimer öffentlicher Aufgaben errichtet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsge- richts ist die zwangsweise Eingliederung des einzelnen Studenten durch die von 8 den Studierendenschaften wahrgenommenen Aufgaben gerechtfertigt. Der Eingriff in das allgemeine Freiheitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG muss sich ferner als verhältnismäßig erweisen. Dies bedeutet, dass der Eingriff geeignet und erforderlich sein muss, das gesetzgeberische Ziel zu erreichen. Darüber hinaus darf sich das Ziel nicht durch andere, den Einzelnen weniger belastende Maßnahmen verwirklichen lassen. Der Pflichtverband muss jedoch nicht nur mit seiner Gesamt- aufgabe, sondern mit jeder im Einzelnen übertragenen Aufgabe dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Für die Studierendenschaft folgt daraus, dass sie als Zusammenschluss von Studenten Umfang und Grenzen ihres möglichen 9 Wirkungskreises in der Wahrnehmung studentischer Interessen findet. Auch ein Gesetz, das die Aufgaben der verfassten Studierendenschaft festlegt, muss das Recht des Einzelnen zur freien Meinungs- und Willensbildung respektieren. Denn dürfte sich die Studierendenschaft als Organ zu Themen äußern, die einen allge- meinpolitischen Inhalt haben, würde diese Erklärung auch den Studenten zuge- rechnet, die einen abweichenden Standpunkt haben. Dies wäre ein unverhältnis- mäßiger Eingriff in die Freiheitsrechte des Art. 2 Abs. 1 GG. Anders ausgedrückt ist die Zwangsmitgliedschaft in einer Vereinigung wie der verfassten Studierenden- schaft nur dann gerechtfertigt (also verhältnismäßig und damit verfassungsge- mäß), wenn sich die Aufgaben des Zwangsverbandes auf ihren „legitimen Grün- 10 dungszweck“ beschränken. Dieser ist bei verfassten Studierendenschaften die Wahrnehmung der studentischen und hochschulpolitischen Belange. 2. Die sog. „Brückenschlagstheorie“ 8 Vgl. dazu m.w.N. BVerfG, NVwZ 2001, 190, 191; BVerwG, NVwZ 2000, 318, 319. 9 OVG NW, Beschluss v. 6. September 1994, NWVBl. 1995, 135, 136 m.w.N. 10 Ein allgemein politisches Mandat darf aus diesem Grund auch anderen Zwangskörper- schaften, wie z.B. berufständischen Kammern, nicht zuerkannt werden, vgl. Bethge, in: Sachs, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl. 1999, Art. 5 Rn. 41a; Degenhart, in: Bonner Kommentar, Stand Sept. 2002, Art. 5 Rn. 164.
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-5- Die sog. „Brückenschlagstheorie“ wurde in erster Linie im Zusammenhang mit der (werbenden) Äußerung einzelner Studierendenschaften zur Einführung des Semestertickets entwickelt. Nach dieser Rechtsprechung folgt aus der Kompetenz der verfassten Studierendenschaft, sich mit der Einführung eines Semestertickets zu befassen, die Befugnis, sich hierzu werbend zu äußern. Den Studierendenschaf- ten ist es in diesem Zusammenhang auch erlaubt, den ökologischen und verkehrs- politischen Nutzen des Semestertickets zu erläutern. Ihnen ist damit bei der Be- handlung hochschulpolitischer Themen ein „Brückenschlag“ zu allgemeinpoli- schen Fragestellungen erlaubt. Dies aber nur, solange und soweit der Zusammen- hang zu studien- und hochschulpolitischen Belangen deutlich erkennbar bleibt: So hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NW) bei- 11 spielsweise zu § 71 Abs. 2 und 3 des Universitätsgesetzes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: UniG NW) ausgeführt: „... Die vom Kläger beanstandeten Äußerungen im Zusammenhang mit dem Semesterticket sind von § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UniG NW gedeckt. ... Ist die beklagte Studentenschaft danach sachlich zuständig, Studentenschafts- beiträge von ihren Mitgliedern für die verbilligte Inanspruchnahme des öf- fentlichen Personennahverkehrs zu erheben, so überschreitet sie auch mit hierauf bezogenen Äußerungen, den ihr zugewiesenen Aufgabenbereich nicht. Solange der spezifische Bezug zu dem die Hochschule betreffenden Thema des Semestertickets erkennbar ist, darf sie sich insbesondere auch zu dessen all- gemeinen ökologischen Auswirkungen sowie zu dem verkehrspolitischen Nut- zen eines derartigen Modells äußern, die interne Willensbildung innerhalb der Studentenschaft durch entsprechende informierende Publikationen för- dern und schließlich auch für dessen Einführung im Kreis der Studierenden Werbung betreiben. ... Zur Auslegung auch des § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UniG NW ist ... das Postulat in § 71 Abs. 3 Satz 1 UniG NW (Förderung der politischen Bildung auf der Grundlage der verfassungsmäßigen Ordnung, des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewußtseins und der Bereitschaft zur ak- tiven Toleranz) als Leitmotiv heranzuziehen. Dies erlaubt bei der Behandlung hochschulpolitischer Themen auch einen „Brückenschlag“ zu allgemeinpoliti- schen Fragestellungen. Bei der Frage, ob in solchen Fällen Aktivitäten der 11 Gesetz über die Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen, i. d. F. d. B. v. 3. Au- gust 1993, Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Nordrhein-Westfalen (GVBl. NW) S. 532, vgl. Anlage 3.
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-6- Studentenschaft von der gesetzlichen Aufgabenstellung noch gedeckt sind, darf kein zu kleinlicher Maßstab angelegt werden, soll die Studentenschaft in der Gestaltung ihrer Äußerungen nicht im Übermaß eingeschränkt und den Verwaltungsgerichten nicht die Rolle eines Zensors zugespielt werden. Es liegt daher nicht immer schon dann ein Kompetenzverstoß vor, wenn bei der Bearbeitung eines Themas die allgemeinpolitische Aussage ein erhebliches Gewicht erhält, solange der Bezug zur Hochschule noch unverkennbar ist. 12 ...“ Das OVG NW hat diese Sicht aufrecht erhalten, auch nachdem der nordrhein- westfälische Gesetzgeber das Postulat des § 71 Abs. 3 Satz 1 UniG NW zu einer 13 Aufgabe der Studierendenschaften erhoben hat (vgl. Anlage 3). Nunmehr sei die Aufgabenzuweisung des § 72 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UniG NW als Leitmotiv heranzu- 14 ziehen. Es hat dazu ausgeführt: „... Nachdem der Gesetzgeber dieses Postulat sogar zur Aufgabenzuwei- sung erhoben hat, ist ein derartiger „Brückenschlag“ erst recht von der Kom- 15 petenzzuweisung gedeckt.“ Das Bundesverwaltungsgericht hat dies Rechtsprechung des OVG NW nicht beanstandet und folgendes ausgeführt: „ ... Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Studierendenschaft sei bei der Behandlung hochschulpolitischer Themen auch ein „Brückenschlag“ zu all- gemeinpolitischen Fragestellungen erlaubt, ist jedenfalls nicht zu beanstan- den, solange und soweit dabei der Zusammenhang zu studien- und hoch- schulpolitischen Belangen deutlich erkennbar bleibt. Die „Brückenschlagsthe- orie“ des Berufungsgerichts vermittelt also keinen Freibrief und steht insoweit nicht ... im Widerspruch zum Urteil des BVerwG vom 24. 9. 1981. ... Auch die nach Abschluss des Berufungsverfahrens erfolgte Änderung des nord- 12 OVG NW, Beschluss v. 24. Juli 1996 – 25 A 637/94 - 13 § 71 Abs. 3 UniG NW a.F. ist wortgleich mit § 72 Abs. 2 Satz Nr. 4 UniG NW, vgl. Gesetz v. 1. Juli 1997, GVBl. NW S. 213, Anlage 3. 14 § 72 Abs. 2 Satz Nr. 4 UniG NW ist nunmehr wortgleich mit § 72 Abs. 2 Nr. 4 des Ge- setzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz –HG) v. 14. März 2000, GVBl. NW S. 189, zul. geänd. durch Gesetz v. 27. November 2001, GVBl. NW S. 812, vgl. Anlage 3. 15 OVG NW, Beschluss v. 13. Juli 2000, NVwZ-RR 2001, 102 ff.
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-7- rhein-westfälischen Universitätsgesetzes vermag dem Unterlassungsbegehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. ... Denn abgesehen von den schon erwähnten Möglichkeiten einer verfassungskonformen Auslegung folgt die Befugnis, sich werbend zum Semesterticket und seinen Vorteilen zu äußeren, aus der der Studierendenschaft übertragenen Aufgabe der Wahrnehmung der sozialen Be- lange ihrer Mitglieder. Die Kompetenz hiefür ist von der Änderung nicht be- rührt. Sie findet sich vielmehr unverändert in der alten wie der neuen Fas- 16 sung des Universitätsgesetzes ... .“ Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Äußerungen der Studierenden- schaft zu den ökologischen und verkehrspolitischen Nutzen des Semestertickets nicht beanstandet und dazu ausgeführt: „... Darüber hinaus begegnet es aber auch verfassungsrechtlich keinen Be- denken, dass das BVerwG die Äußerungen der beklagte Studierendenschaft zum ökologischen und verkehrspolitischen Nutzen des Semestertickets nicht beanstandet hat. Äußerungen, die wie vorliegend diesen Nutzen nur als einen positiven Nebeneffekt der mit der Einführung des Tickets verfolgten Ziele her- ausstellen, wahren ersichtlich den Bezug zu Hochschul- und Studienbelan- 17 gen. ...“ Schließlich hat sich auch das OVG Berlin zur „Brückenschlagstheorie geäußert: „... Es kommt ungeachtet der so genannten „Brückenschlagstheorie“ auf die deutliche Erkennbarkeit studien- und hochschulpolitischer Zusammen- hänge an ... Daran fehlt es, wenn der objektive zentrale Aussagegehalt allge- meinpolitische Fragen betrifft ..., der rein formale Rückgriff auf Satzung und 18 Grundordnung genügt nicht. ...“ 3. Die Auswirkungen auf § 4 und § 18 BerlHG Die eben erläuterte Rechtssprechung hat auf eine Novelle des § 4 oder des § 18 BerlHG keinen Einfluss. Denn ein instanzgerichtliches Urteil entscheidet grund- 16 BVerwG, Urteil v. 12. Mai NVwZ 2000, 323, 325. 17 BVerfG; Beschluss v. 4. August 2000, NVwZ 2001, 192. 18 OVG Berlin, Beschluss v. 22. September 2000, NVwZ-RR 2001, 101, 102.
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-8- sätzlich nur einen konkreten Rechtstreit zwischen zwei Parteien und ist nur für diesen, sofern es abschließend und rechtkräftig ist, und auch nur für die betroffe- nen Parteien, verbindlich. Eine darüber hinausgehende Bindungswirkung tritt nicht ein, insbesondere ergeben sich für den Gesetzgeber aus einem Urteil in der 19 Regel keine rechtlichen Verpflichtungen. Vor allem lassen die genannten Ent- scheidungen keine andere Beurteilung der verfassungsrechtlichen Lage zu. Auch nach der „Brückenschlagstheorie“ wäre die Wahrnehmung eines allgemeinpoliti- schen Mandats oder ein allgemeines gesellschaftspolitisches Engagement der Stu- dierendenschaften verfassungswidrig. Dies schließt allerdings nicht aus, dass sich der Gesetzgeber die Argumentation der Gerichte zu eigen macht und in Gesetzesform gießt. Es bestehen keine rechtli- chen Einwände, eine entsprechende Formulierung in § 18 BerlHG aufzunehmen. Insbesondere ist darin allein kein Verstoß gegen die rahmenrechtlichen Vorgaben des § 41 HRG zu sehen. Auch wenn diese Vorschrift, wie bereits erläutert, sehr de- tailliert die Aufgaben der Studierendenschaft regelt, kann der Landesgesetzgeber die Aufgaben durchaus noch näher erläutern. So könnte zum Beispiel in § 18 Abs. 2 BerlHG etwa folgender Satz angefügt werden: „Bei der Behandlung studien- und hochschulpolitischer Themen ist auch ein Brückenschlag zu allgemeinpolitischen Fragestellungen erlaubt, solange und soweit dabei der Zusammenhang zu studien- und hochschulpolitischen Belangen deutlich erkennbar bleibt.“ Ob eine solche Regelung allerdings den Studierendenschaften Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bringen und die Anwendung des Gesetzes erleichtern würde, ist fraglich. Denn im konkreten Einzelfall wäre nach wie vor die Frage offen, ob denn der Zusammenhang zu studien- und hochschulpolitischen Belangen (noch) deutlich erkennbar ist. Die Klärung bliebe daher im Streitfall (weiterhin) den Ge- richten überlassen. 19 Zur Bindungswirkung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, vgl. § 31 BVerfGG und dazu das Gutachten des WPD v. 23. September 1998.
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-9- C. Ergebnis 1. Zu Frage 1: Die Zusammenstellung der Änderungen und Änderungsanträge zu § 18 BerlHG ist dem Gutachten als Anlage beigefügt (Anlage 1). 2. Zu Frage 2: Die im HRG getroffenen Regelungen haben als Rahmenrecht (Art. 75 Abs. 1 Nr. 1a GG) grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung, sondern verpflichten den Landesgesetzgeber, entsprechende Gesetze zur erlassen (vgl. § 72 Abs. 1 HRG). Gem. § 72 Abs. 1 Satz 8 HRG ist § 41 HRG innerhalb von drei Jahren in Landesrecht umzusetzen. Da § 41 HRG sehr detailliert die Aufgaben der ver- fassten Studierendenschaft regelt, liegt es nahe, die rahmenrechtlichen Vorga- ben wörtlich ins Landesrecht zu übernehmen. 3. Zu den Fragen 3 und 4: Ein Gesetz, das den Studierendenschaften ein allgemeinpolitisches Mandat mit der Befugnis einräumen würde, sich zu beliebigen Themen der Politik zu äu- ßern oder allgemeinpolitische Forderungen zu erheben, wäre verfassungswid- rig. Die sog. Brückenschlagstheorie besagt, dass den Studierendenschaften bei der Behandlung studien- und hochschulpolitischer Themen ein Brückenschlag zu allgemeinpolitischen Fragestellungen erlaubt ist, solange und soweit dabei der Zusammenhang zu studien- und hochschulpolitischen Belangen deutlich erkennbar bleibt. Der Landesgesetzgeber könnte – ohne dazu rechtlich ver- pflichtet zu sein - die Kernaussagen der sog. Brückenschlagstheorie in Gesetzes- form gießen. Die bestehende Rechtslage im Hinblick auf das allgemeinpolitische Mandat würde dadurch allerdings nicht verändert.
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