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Information
- Aktenzeichen
- 3 Bs 202/16
- Datum
- 7. Juli 2017
- Gericht
- Oberverwaltungsgericht Hamburg
- Gesetz
- Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)
Beschluss: Oberverwaltungsgericht Hamburg am 7. Juli 2017
3 Bs 202/16
Das Oberverwaltungsgericht gibt einer Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Eilentscheidung der Vorinstanz statt und entscheidet für die Offenlegung der strittigen Anlagen zu einem Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und einem Unternehmen. Grund hierfür sind vor allem durchgreifende Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die Annahmen des Verwaltungsgerichts, bei den fraglichen Informationen könne es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handeln. (Quelle: LDA Brandenburg)
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 3 Bs 202/16 17 E 5272/16 Beschluss In der Verwaltungsrechtssache - Antragstellerin - Prozessbevollmächtigte(r): gegen - Antragsgegnerin - Beigeladen: hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, am 7. Juni 2017 durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Sternal, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Lambiris, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Delfs beschlossen:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2016 teilweise geändert. Der Antrag der Antragstellerin wird auch insoweit abgelehnt, als sie begehrt, der Antrags- gegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluss des Hauptsachever- fahrens zu untersagen, dem Beigeladenen den gerichtlichen Vergleichsvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin (A. ) und der Antragsgegnerin vom 17. September 2010 zugänglich zu machen. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Antragstellerin weitere 3/4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin mit Ausnahme der außerge- richtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt. Gründe Die Antragstellerin ist die durch Ausgliederung entstandene partielle Gesamtrechtsnach- folgerin der A.( )und betreibt das Steinkohlekraftwerk M. Nach Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis im Jahre 2008 stritten die A. und die Antragsgegnerin in ei- nem Klageverfahren vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, zu dem der X. für e.V. beigeladen war, über die Rechtmäßigkeit verschiedener Inhalts- und Nebenbestimmungen dieser Erlaubnis. Nachdem die A. und die Antragsgegnerin Ver- gleichsverhandlungen aufgenommen hatten, verpflichteten sie sich in einer Vertraulich- keitsvereinbarung vom 10./11. März 2010 (mit Änderungen vom 1./4. Oktober 2010) dazu, jedwede Informationen, die sie im Rahmen der Vergleichsverhandlungen oder im inhaltli- chen Zusammenhang mit diesen erlangten, vertraulich zu behandeln und es insbesonde- re zu unterlassen, derartige Informationen an jedwede Dritte weiterzugeben. Am 17. September 2010 schlossen die A. und die Antragsgegnerin vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht in nichtöffentlicher Sitzung einen Vergleich. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 änderte die Antragsgegnerin die wasserrechtliche Erlaubnis aus dem Jahre 2008 unter Berücksichtigung des Vergleichsvertrages ab. Mit Bescheid vom
21. Januar 2011 wurde die Erlaubnis ein weiteres Mal im Hinblick auf einen zwischenzeit- lich immissionsschutzrechtlich zugelassenen Hybridkühlturm geändert. Am 12. August 2016 bat der Beigeladene die Antragsgegnerin mit einer über das Inter- netportal „FragDenStaat“ versandten E-Mail darum, ihm den „Vergleich im Rechtsstreit mit Verse über Umweltauflagen beim Bau des Kohlekraftwerks Hamburg-M. * zu übermit- teln. Die Antragsgegnerin gab der Antragstellerin daraufhin Gelegenheit zur Stellungnah- me und wies zugleich darauf hin, dass aus ihrer Sicht keine der Offenlegung entgegen- stehenden Ausschlussgründe erkennbar seien. Dem widersprach die Antragstellerin mit einem Schreiben vom 30. August 2016, in dem sie sich darauf berief, dass es sich zum einen um einen Altvertrag handele und zum anderen sämtliche Regelungen des Ver- gleichsvertrages Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellten. Nach weiterem Schrift- wechsel teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 22. September 2016 mit, dass sie dem Beigeladenen den Vergleich in der 40. Kalenderwoche zugänglich machen werde. Am 28. September 2016 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht um den Erlass einer einstweiligen Anordnung nachgesucht und beantragt, der Antragsgegnerin bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu untersagen, dem Beigeladenen den gerichtli- chen Vergleichsvertrag zwischen der A. und der Antragsgegnerin vom 17. September 2010, die zwischen der A. und der Antragsgegnerin geschlossene Vertraulichkeitsverein- barung vom 10./11. März 2010 in der Fassung vom 1./4. Oktober 2010 sowie ihr - der Antragstellerin - Schreiben an die Antragsgegnerin vom 30. August 2016 zugänglich zu machen. Das Verwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 24. Oktober 2016 im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, bis zur Bestandskraft der von ihr zu treffen- den Entscheidung über den Antrag des Beigeladenen auf Informationszugang dem Beige- ladenen den am 17. September 2010 zwischen der A. und der Antragsgegnerin ge- schlossenen Vergleichsvertrag zugänglich zu machen, und den Antrag im Übrigen abge- lehnt. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin - soweit unterlegen - mit ihrer Beschwerde.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und führt auch in der Sache zum Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist (teilweise) zu ändern und der Antrag der Antragstellerin auch insoweit abzulehnen, als sie begehrt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu untersagen, dem Beigeladenen den gerichtlichen Vergleichsvertrag zwischen der Rechts- vorgängerin der Antragstellerin und der Antragsgegnerin vom 17. September 2010 zu- gänglich zu machen. 1. Die Antragsgegnerin hat mit ihren Darlegungen, die das Beschwerdegericht zunächst nur zu prüfen hat (8 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), die entscheidungstragenden Erwä- gungen des Verwaltungsgerichts in wesentlichen Teilen erschüttert. a) Das Verwaltungsgericht ist in seinem angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, die Antragstellerin habe hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Vergleichsvertrag Be- triebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalte, die nach 8 7 Abs. 2 HmbTG nicht der Infor- mationspflicht unterlägen (BA S. 7 ff.). Diese Auffassung hat es zunächst damit begrün- det, dass die Antragstellerin in ihrem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 30. September 2016 (richtig: 30. August 2016) auf zwei Seiten, die dem Gericht allerdings nur geschwärzt vorlägen, angeführt habe, aus welchen Gründen sie das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bejahe. Bereits der Umstand dieser (geschwärz- ten) Ausführungen spreche dafür, dass die Behauptung der Antragstellerin „nicht aus der Luft gegriffen“ sei. Auch der Gegenstand des Vergleichsvertrags, der den - milllardenschweren und politisch hoch umstrittenen - Bau und Betrieb des Kohlekraft- werks M. betreffe, streite für die Annahme, dass der Vergleichsvertrag Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten könnte. Schließlich spreche der Umstand, dass die An- tragsgegnerin die Antragstellerin gemäß 8 7 Abs. 4 HmbTG um Stellungnahme gebeten habe, ebenfalls dafür, dass der Vergleichsvertrag Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten könnte. Denn die Einräumung dieser Möglichkeit zur Stellungnahme wäre nicht zu erklären, wenn die Antragsgegnerin - ungeachtet der Frage, ob sie selbst von dem Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ausgehe - überhaupt keine Anhalts- punkte für das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gesehen hätte.
b) Zutreffend wendet die Antragsgegnerin hiergegen ein, dass sich das Verwaltungsge- richt insoweit auf eine Reihe spekulativer Annahmen gestützt habe, die nicht geeignet seien glaubhaft zu machen, dass der streitgegenständliche Vergleichsvertrag Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten könnte. aa) Nach der auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 14.3.2006, 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03, BVerfGE 115, 205, juris Rn. 87) beruhenden Legaldefinition des 8 7 Abs. 1 Satz 1 HmbTG sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht of- fenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnis- se betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditio- nen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentan- meldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können (BVerfG, Beschl. v. 14.3.2006, a.a.O.). Das von 8 7 Abs. 1 Satz 1 HmbTG vorausgesetzte berechtigte Interesse wird seinerseits in 8 7 Abs. 1 Satz 2 HmbTG definiert. Danach liegt ein berechtigtes Interesse vor, wenn das Bekanntwerden einer Tatsache geeignet ist, die Wettbewerbssituation eines Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Be- triebs im Wettbewerb zu schmälern oder wenn es geeignet ist, dem Geheimnisträger wirt- schaftlichen Schaden zuzufügen. Auch diese Begriffsbestimmung geht auf die höchstrich- terliche Rechtsprechung zurück, nach der ein berechtigtes Interesse (nur dann) besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kauf- männisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbe- werbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 19.01.2009, 20 F 23/07, NVwZ 2009, 1114, juris Rn. 11 und Beschl. v. 28.5.2009, 7C 18/08, NVwZ 2009, 1113, juris Rn. 13). Der Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheim- nisses umfasst damit also nicht etwa sämtliche unternehmensbezogene Informationen, die ein Beteiligter gerne geheim halten würde, sondern ist unter Anlegung eines objekti- ven Maßstabs zu bestimmen. Sein Schutz darf nicht als das Äquivalent zum Datenschutz natürlicher Personen missverstanden werden, der jedes personenbezogene Datum schützt (vgl. Maatsch/Schnabel, Das Hamburgische Transparenzgesetz, 2015, $ 7 Rn. 4; vgl. ferner zu Allem die Begründung zu dem Gesetzentwurf für ein Hamburgisches Trans- parenzgesetz, Bü-Drucks. 20/4466 S. 19).
bb) Gemessen hieran ist es zunächst ohne Bedeutung, dass die Antragstellerin in der im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Kopie ihres Schreibens an die Antragsgegnerin vom 30. August 2016 selbst zwei Seiten durch Schwärzungen unkenntlich gemacht hat. Zutreffend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass weder die Schwärzungen als sol- che noch deren Umfang ein geeignetes Indiz für ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis darstellen. Denn es besteht nicht die geringste Gewähr, dass die Schwärzungen dem Schutz von im obigen Sinne relevanten Informationen dienen und nicht nur Ausdruck ei- ner möglicherweise vorschnellen und falsch verstandenen Berufung auf ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis sind. cc) Ebenso teilt das Beschwerdegericht die Auffassung der Antragsgegnerin, dass der Gegenstand des Vergleichsvertrages, den das Verwaltungsgericht mit dem „milliarden- schweren und politisch hoch umstrittenen Bau und Betrieb des Kohlekraftwerks M. “ umschrieben hat, nichts über ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis besage. Weder die finanziellen Dimensionen eines Vorhabens noch der Grad seiner politischen Akzeptanz erlauben für sich genommen Rückschlüsse auf die nach $ 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbTG maßgeblichen Kriterien. dd) Schließlich weist auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu der beabsichtigen Offenlegung der vom Beigeladenen gewünschten Information angehört hat, nicht darauf hin, dass der Vergleichsvertrag Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin enthalten könnte. Dabei kann dahinstehen, ob sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerdebegründung zu Recht auf ihre Pflicht zur Anhörung nach 8 13 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. 8 28 Abs. 1 HmbVwVfG berufen hat. Grundlage der Anhörung dürfte eher die spezielle Vorschrift des 8 7 Abs. 4 HmbTG sein, welche die auskunftspflichtige Stelle ver- pflichtet, der oder dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn auf Antrag Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewährt werden soll, und auf die sich auch die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben an die Antragstellerin vom 22. September 2016 selbst bezogen hat. Dies ändert aber nichts daran, dass das Be- schwerdevorbringen der Antragsgegnerin bei verständiger Würdigung dahin zu verstehen ist, dass die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht zur Anhörung ergebnisoffen sei, und die- sem gedanklichen Ansatz beizupflichten ist. Entgegen dem möglicherweise missverständ- lichen Wortlaut des $ 7 Abs. 4 HmbTG dient die dort normierte Pflicht, der oder dem Be- troffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, nicht nur der Beschaffung des für eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und einem Geheimhaltungsinteresse
nach 8 7 Abs. 2 HmbTG erforderlichen Materials, sondern auch der Klärung der Frage, ob überhaupt ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis i.S.d. 8 7 Abs. 1 HmbTG in Rede steht. Wie in der Begründung des Gesetzentwurfs (Bü-Drucks. 20/4466 S. 20) zum Ausdruck kommt, soll zunächst allgemein geklärt werden, ob Einwände gegen die Herausgabe der Information bestehen. Dementsprechend erscheint es jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, allein schon die bloße Tatsache der Anhörung als Anzeichen für ein Betriebs- oder Ge- schäftsgeheimnis zu bewerten, wenn die Behörde - wie hier - bereits im Zuge der Anhö- rung deutlich zu verstehen gegeben hat, dass ihres Erachtens keine Betriebs- oder Ge- schäftsgeheimnisse betroffen seien. 2. Hat die Antragsgegnerin damit die entscheidungstragenden Erwägungen des Verwal- tungsgerichts erschüttert, so ist das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet, das Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ohne Bindung an die mit der Be- schwerde dargelegten Gründe einer umfassenden Prüfung zu unterziehen. Diese Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen für den Erlass der von der Antragstellerin begehrten einstweiligen Anordnung nach $ 123 Abs. 1 VwGO nicht gegeben sind. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch darauf, dass der Antragsgegnerin bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt wird, dem Beigeladenen den gerichtlichen Vergleichs- vertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin und der Antragsgegnerin vom 17. September 2010 zugänglich zu machen, nicht glaubhaft gemacht (8 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. 8 920 Abs. 2 ZPO). a) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich ein Anspruch auf vorläufige Unterlassung der Informationsgewährung nicht schon aus 8 17 Abs. 2 HmbTG, der den Umgang mit Altverträgen im Auskunftsverfahren nach den 88 11 bis 13 HmbTG regelt. Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift sieht für den Fall, dass ein Antrag auf Information hinsicht- lich eines Altvertrages gestellt wird und der Gewährung von Informationen Bestimmungen des Vertrages entgegenstehen, vor, dass die vertragschließende Behörde den Vertrags- partner zu Nachverhandlungen mit dem Ziel aufzufordern hat, die Informationen freizuge- ben. Kann innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten keine Einigung erzielt werden, so werden nach Absatz 2 Satz 2 die Informationen gewährt, soweit das Informationsinte- resse das Geheimhaltungsinteresse erheblich überwiegt. Bei dem streitgegenständlichen Vergleichsvertrag vom 17. September 2010 handelt es sich zwar um einen Altvertrag, da unter diesen Begriff nach der Legaldefinition des 8 17 Abs. 1 HmbTG alle Verträge zu subsumieren sind, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes
abgeschlossen worden sind. Erfasst werden somit Verträge aus der Zeit vor dem 6. Oktober 2012, da das Hamburgische Transparenzgesetz gemäß seinem $ 18 Abs. 3 Satz 1 drei Monate nach seiner Verkündung im Hamburgischen Gesetz- und Verord- nungsblatt vom 6. Juli 2012 (S. 271) in Kraft getreten ist. Die Antragstellerin hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass Bestimmungen des Vertrages der Gewährung von Informa- tionen entgegenstehen. Die Antragstellerin räumt selbst ein, dass der streitgegenständliche gerichtliche Vergleich keine Vereinbarungen enthält, welche die Offenlegung des Vergleichs oder von Teilen desselben verbieten, sondern beruft sich auf die zwischen ihrer Rechtsvorgängerin und der Antragsgegnerin im Zuge der Vergleichsverhandlungen geschlossene Vertraulich- keitsvereinbarung vom 10./11. März 2010 mit Änderungen vom 1./4. Oktober 2010. Ob der Anwendungsbereich des $ 7 Abs. 2 HmbTG schon deshalb nicht eröffnet ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls rechtfertigt der von der Antragstellerin mitgeteilte Inhalt der Vertraulichkeitsvereinbarung nicht die Annahme, dass diese sich auch auf den Inhalt des Vergleichsvertrages erstreckt. Nach den Bekundungen der Antragstellerin beinhaltet die Vertraulichkeitsvereinbarung die Verpflichtung der Parteien, „jedwede Informationen, die sie im Rahmen der Vergleichsverhandlungen oder im inhaltlichen Zusammenhang mit diesen erlangt haben, vertraulich zu behandeln und es insbesondere zu unterlassen, der- artige Informationen an jedwede Dritte weiterzugeben“. Von dem Verhandlungsergebnis in Gestalt des seinerzeit angestrebten und später geschlossenen Vergleichs ist nicht die Rede, obwohl seine ausdrückliche Einbeziehung in die Verschwiegenheitspflicht bei ent- sprechendem Willen der Parteien nahe gelegen hätte. Ebenso wenig haben die Rechts- vorgängerin der Antragstellerin und die Antragsgegnerin die Modifizierung anderer Rege- lungen der Vertraulichkeitsvereinbarung unter dem 1./4. Oktober 2010 zum Anlass ge- nommen, die Verschwiegenheitspflicht jedenfalls nunmehr ausdrücklich auch auf den erst kurz zuvor am 17. September 2010 geschlossenen Vergleich zu erstrecken. Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass die Vertraulichkeit, die für die im Rahmen der Ver- gleichsverhandlungen oder im inhaltlichen Zusammenhang mit diesen erlangten Informa- tionen vereinbart worden sei, erst recht für den Vergleichsvertrag gelten müsse, leuchtet dies nicht ohne weiteres ein. Es erscheint ebenso gut möglich, dass die hier maßgebli- chen Passagen der Vertraulichkeitsvereinbarung in dem Bestreben formuliert worden sind, den Erfolg der Vergleichsverhandlungen nicht durch die vorschnelle Offenlegung erlangter Informationen zu gefährden, und sich ihr Sinn und Zweck eben hierin erschöpft. Das gilt umso mehr, als den Parteien bewusst sein musste, dass der Inhalt des ange- strebten gerichtlichen Vergleichs jedenfalls dem zum Klageverfahren vor dem Hamburgi-
schen Oberverwaltungsgericht beigeladenen X. bekannt werden würde. Zudem hat sich auch die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin gegenüber dem Informationsantrag eines Rechtsprofessors aus Erlangen im Oktober 2011 nicht auf die Vertraulichkeitsver- einbarung berufen und der damaligen Offenlegung des Vergleichsvertrages nicht wider- sprochen. Es sind daher keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Vertraulichkeitsabrede über ihre - von der Antragstellerin mitgeteilten - ausdrücklichen Regelungen hinaus dahin auszulegen ist, dass sie sich auch auf den Inhalt des später geschlossenen Vergleichs erstreckt. b) Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf vorläufige Unterlassung der Informations- gewährung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer drohenden Verletzung sonstiger Verfahrensrechte oder materieller Rechte glaubhaft gemacht. aa) Die Antragstellerin beruft sich auf die Notwendigkeit der Sicherung ihrer verfahrens- rechtlichen Position, die sie daraus herleiten will, dass trotz Fehlens entsprechender Re- gelungen im Hamburgischen Transparenzgesetz aus verfassungsrechtlichen Gründen, namentlich im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, ein Verfahren einzuhalten sei, das den Re- gelungen des $ 8 IFG entspricht. Nach 8 8 Abs. 2 IFG hat die Entscheidung über den An- trag auf Informationszugang schriftlich zu ergehen und ist auch dem Dritten bekannt zu geben. Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem Dritten gegenüber bestandskräftig ist oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist und seit der Bekanntgabe der Anordnung an den Dritten zwei Wochen verstrichen sind. Dem- entsprechend macht die Antragstellerin geltend, dass ihr als betroffene Dritte, die der In- formationsgewährung nicht zugestimmt habe, das durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu sichernde Recht zustehe, mittels eines - bislang nicht ergangenen - Be- scheides über das Bestehen eines Informationsanspruches unterrichtet zu werden, und so die Gelegenheit zu erhalten, mit einem Rechtsbehelf gegen die Informationsgewäh- rung vorzugehen. Zur Begründung ihrer Stellung als betroffene Dritte sieht sie es dabei unter Hinweis auf Rechtsprechung zu 8 8 IFG (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 1.10.2008, 6 B 1133/08, NVwZ 2009, 60, juris Rn. 17 ff.) als ausreichend an, dass die konkrete Möglich- keit einer Beeinträchtigung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch die Informa- tionsgewährung bestehe. bb) Ob diese rechtlichen Ansätze auf die Rechtslage nach dem Hamburgischen Transpa- renzgesetz zu übertragen sind (vgl. hierzu auch Maatsch/Schnabel, a.a.O., $ 7 Rn. 55), kann offen bleiben. Denn selbst wenn man vorliegend eine Sicherung von Verfahrens-
-10 - rechten in Rechnung stellt und es insoweit genügen lässt, dass die bloße, wenn auch konkrete Möglichkeit der Beeinträchtigung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses besteht, wird jedenfalls das Vorbringen der Antragstellerin diesem Maßstab nicht gerecht. Auch unter Berücksichtigung eines solchermaßen abgesenkten Maßstabs ist für den Er- lass der erstrebten einstweiligen Anordnung jedenfalls ein Mindestmaß an substantiierter Darlegung von Tatsachen zu verlangen, die es dem Gericht ermöglicht, die Behauptung, es seien Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse betroffen, schlüssig nachzuvollziehen. Anderenfalls könnte die Informationsgewährung allein auf eine nicht näher begründete Behauptung eines Dritten hin für einen beträchtlichen Zeitraum verzögert werden, obwohl 8 1 Abs. 2 HmbTG einen Anspruch auf „unverzüglichen Zugang“ zu allen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen normiert und dieser Anspruch durch die in 8 13 Abs. 1 und 2 HmbTG für die Informationsgewährung gesetzten Fristen von längstens einem bzw. zwei Monaten unterstrichen wird. Die Antragstellerin hat nicht - wie es danach geboten wäre - substantiiert Tatsachen dar- gelegt, aufgrund derer sich nachvollziehbar die konkrete Möglichkeit einer Beeinträchti- gung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch die Informationsgewährung er- schließt. Über den Inhalt des streitgegenständlichen Vergleichsvertrages ist dem Be- schwerdegericht mangels sachdienlicher Angaben so gut wie nichts bekannt. Während die Antragsgegnerin vorgetragen hat, dass der Vertrag lediglich Verfahrensvereinbarun- gen hinsichtlich der später erlassenen wasserrechtlichen Erlaubnis für das Kraftwerk M.... enthalte, hat die Antragsgegnerin dem widersprochen und geltend gemacht, es treffe nicht zu, dass sich der Vergleichsvertrag auf den Erlass einer geänderten wasserrechtlichen Erlaubnis beschränke und nur auf reine Verfahrensregelungen beziehe. Sollte dieses Vorbringen dahin zu verstehen sein, dass der Vergleichsvertrag jedenfalls auch Verfah- rensvereinbarungen hinsichtlich der geänderten wasserrechtlichen Erlaubnis enthält, so ist jedenfalls nicht ersichtlich, inwiefern damit ein exklusives und wettbewerbsrelevantes technisches oder kaufmännisches Wissen der Antragstellerin angesprochen sein könnte, zumal sowohl die ursprüngliche wasserrechtliche Erlaubnis aus dem Jahre 2008 als auch die geänderten wasserrechtlichen Erlaubnisse vom 4. Oktober 2010 und 21. Januar 2011 frei im Internet (siehe http://www.hamburg.de/kraftwerk-moorburg/2577306/we-erlaubnis/) zugänglich sind. Im Übrigen erschöpft sich das Vorbringen der Antragstellerin in dem Be- merken, der Vergleichsvertrag regle umfassend die Beziehungen zwischen ihr und der Antragsgegnerin hinsichtlich diverser Zulassungen für das Kraftwerk M......, seinen Ein- satz am Energiemarkt und materiell-rechtlich im Sinne von Rechten und Pflichten ihre Marktposition und -ausrichtung, deren Bekanntwerden ihre Wettbewerbsposition beein-
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