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Information

Aktenzeichen
C-491/15 P
ECLI
ECLI:EU:C:2017:5
Datum
11. Januar 2017
Gericht
Gerichtshof der Europäischen Union
Gesetz
Regulation (EC) No 1049/2001
Regulation (EC) No 1049/2001

Urteil: Gerichtshof der Europäischen Union am 11. Januar 2017

C-491/15 P

Als vorliegendes Dokument im Sinne der Transparenzverordnung sind alle Informationen einzuordnen, die aus einer elektronischen Datenbank im Rahmen ihrer üblichen Nutzung mit Hilfe vorprogrammierter Suchfunktionen extrahiert werden können, auch wenn diese Informationen noch nicht in dieser Form angezeigt wurden oder von den Bediensteten der Organe nie gesucht worden sind. Hingegen ist jede Information, deren Beschaffung eine Veränderung entweder der Organisation einer elektronischen Datenbank oder der derzeit für die Extrahierung von Informationen zur Verfügung stehenden Suchfunktionen erfordert, als neues Dokument einzustufen, dessen Erstellung nicht unter den Anwendungsbereich der Verordnung fällt. Der Europäische Gerichtshof bestätigt damit die Klageabweisung der Vorinstanz in Bezug auf einen Antrag, der sich auf eine "Tabelle" mit einer Reihe anonymisierter Daten aus einem Personalauswahlverfahren richtete. (Quelle: LDA Brandenburg)

Begriffsbestimmung

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CURIA - Dokumente                                                                       Seite 1 von 10 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer) 11. Januar 2017(*) „Rechtsmittel – Zugang zu Dokumenten der Organe – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Art. 3 – Begriff des Dokuments – Art. 2 Abs. 3 – Dokumente eines Organs – Qualifizierung der in einer Datenbank enthaltenen Informationen – Verpflichtung zur Erstellung eines nicht vorhandenen Dokuments – Fehlen – Vorhandene Dokumente, die aus einer Datenbank extrahiert werden können“ In der Rechtssache C-491/15 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. September 2015, Rainer Typke, wohnhaft in Hasbergen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: C. Cortese, avvocato, Rechtsmittelführer, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und B. Eggers als Bevollmächtigte, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Erste Kammer) unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev, C. G. Fernlund und S. Rodin, Generalanwalt: M. Bobek, Kanzler: A. Calot Escobar, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. September 2016 folgendes Urteil 1       Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Rainer Typke die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 2. Juli 2015, Typke/Kommission (T-214/13, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2015:448), soweit das Gericht mit diesem Urteil seine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission vom 5. Februar 2013, http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIn... 20.04.2017
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CURIA - Dokumente                                                                       Seite 2 von 10 mit dem sein erster Antrag auf Zugang zu Dokumenten betreffend die Vorauswahltests des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/230-231/12 abgelehnt wurde (im Folgenden: streitiger Beschluss), abgewiesen hat. Rechtlicher Rahmen 2       Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) sieht in Art. 1 Buchst. a vor: „Zweck dieser Verordnung ist es: a)     die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des in Artikel 255 des EG- Vertrags niedergelegten Rechts auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (nachstehend ‚Organe‘ genannt) so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet ist“. 3       Art. 2 („Zugangsberechtigte und Anwendungsbereich“) der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt: „(1) Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe. … (3) Diese Verordnung gilt für alle Dokumente eines Organs, das heißt Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden. (4)     Unbeschadet der Artikel 4 und 9 werden Dokumente der Öffentlichkeit entweder auf schriftlichen Antrag oder direkt in elektronischer Form oder über ein Register zugänglich gemacht. … …“ 4       Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 lautet: „Im Sinne dieser Verordnung bedeutet: a)     ‚Dokument‘: Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form, Ton-, Bild- oder audiovisuelles Material), die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs betreffen“. 5       Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt: „Wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, werden die übrigen Teile des Dokuments freigegeben.“ 6       In Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 heißt es: http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIn... 20.04.2017
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CURIA - Dokumente                                                                     Seite 5 von 10 21      Aufgrund dieser Erwägungen sieht der Gerichtshof               keine  Veranlassung,    die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens zu beschließen. Zum Rechtsmittel Zum ersten Rechtsmittelgrund –     Vorbringen der Parteien 22      Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, mehrere Rechtsfehler begangen zu haben, indem es entschieden habe, dass der Zugang zu den beantragten Informationen die Erstellung eines neuen Dokuments bedeute. 23      Erstens ergebe sich entgegen der Darstellung in den Rn. 54 und 58 des angefochtenen Urteils aus den Rn. 110, 112, 116 und 118 des Urteils vom 26. Oktober 2011, Dufour/EZB (T-436/09, EU:T:2011:634), dass eine normalisierte relationale Datenbank wie die, die die vom Rechtsmittelführer geforderten Informationen enthalte, als einheitliches Dokument anzusehen sei. Daher habe das Gericht einen Fehler begangen, als es die in einer Datenbank enthaltenen Informationen von Dokumenten unterschieden habe, die aus dieser extrahiert werden könnten. 24      Aus den Rn. 93, 94, 108 und 109 dieses Urteils gehe hervor, dass der Begriff des Dokuments im Sinne der Verordnung Nr. 1049/2001 auch jede individuelle Datei sowie jede Wiedergabe ihres Inhalts in einer Datenbank einschließe. Ebenso sei jede Kombination von Daten aus verschiedenen Dateien ein Dokument, da in einer normalisierten Datenbank jede Suchabfrage möglich sei. 25      Zweitens habe das Gericht in den Rn. 68 bis 70 des angefochtenen Urteils den Begriff des vorliegenden Dokuments im Sinne der Verordnung Nr. 1049/2001 fehlerhaft ausgelegt. Aus Rn. 150 des Urteils vom 26. Oktober 2011, Dufour/EZB (T-436/09, EU:T:2011:634), ergebe sich nämlich, dass sich jeder Antrag auf Zugang zu den in einer Datenbank enthaltenen Informationen auf ein vorliegendes Dokument im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 richte, unter der Voraussetzung, dass die erforderliche Suchabfrage mit Hilfe der für die betreffende Datenbank „verfügbaren Suchfunktionen“ durchgeführt werden könne. 26      Im Fall einer normalisierten relationalen Datenbank seien die verfügbaren Suchfunktionen die Verwaltungssysteme, die auf Abfragen in strukturierter Abfragesprache reagierten (Structured Query Language) (im Folgenden: SQL-Abfragen). Dies seien Suchanfragen, die ein Nutzer nach Belieben formulieren könne. Daher habe das Gericht zu Unrecht entschieden, dass die Formulierung einer SQL-Abfrage, die nicht bereits zur Verwaltung einer Datenbank verwendet werde, der Programmierung einer neuen Suchfunktion gleichkomme, die daher nicht „verfügbar“ im Sinne des Urteils vom 26. Oktober 2011, Dufour/EZB (T-436/09, EU:T:2011:634), sei. 27      Damit habe das Gericht zu Unrecht den Schluss gezogen, dass normale oder routinemäßige Suchabfragen im Sinne von Rn. 153 dieses Urteils solche seien, die unter Verwendung vorprogrammierter SQL-Abfragen durchgeführt würden. 28      Drittens schließlich könne die vom Gericht vorgenommene Auslegung des Begriffs des vorliegenden Dokuments der Verordnung Nr. 1049/2001 ihre praktische Wirksamkeit nehmen. So wäre der Zugang zu sämtlichen Informationen, für die es keine vorprogrammierte SQL-Abfrage gebe, ausgeschlossen. Dadurch könnten die Organe http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIn... 20.04.2017
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CURIA - Dokumente                                                                        Seite 9 von 10 55      Entgegen den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 62 und 63 des angefochtenen Urteils sei die fragliche Datenbank nämlich aus mehr als 500 normalisierten Tabellen aufgebaut und erlaube jede Suchabfrage, einschließlich der vom Rechtsmittelführer geforderten, ohne jeden komplexen Arbeitsvorgang. Im Übrigen sei jedes Feld der Tabellen einer normalisierten Datenbank mit einer jeweils einzigartigen Kennung verbunden. Daher könne jeder Parameter des Antrags des Rechtsmittelführers durch eine solche Kennung dargestellt werden, ohne dass es notwendig sei, den Inhalt des betreffenden Feldes offenzulegen. 56      Drittens schließlich trägt der Rechtsmittelführer vor, dass das Gericht in den Rn. 66 und 67 des angefochtenen Urteils die Beweise verfälscht habe. Zum einen habe es sich zu Unrecht auf eine Rechtmäßigkeitsvermutung gestützt, die der Erklärung der Kommission zukomme, wonach es die angeforderten Dokumente nicht gebe. Der Rechtsmittelführer habe diese Erklärung bestritten, die unmittelbar durch die Natur der fraglichen Datenbank widerlegt werde. Zum anderen gehe aus dem Zugangsantrag eindeutig hervor, dass diesem entsprochen werden könne, indem dem Rechtsmittelführer Zugang zu den maßgeblichen vorhandenen Dokumenten gewährt werde. 57      Die Kommission beantragt, den zweiten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. –     Würdigung durch den Gerichtshof 58      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt die vom Gericht vorgenommene Würdigung des Sachverhalts der bei ihm anhängigen Rechtssache keine Rechtsfrage dar, die der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt, es sei denn, dass die Feststellungen des Gerichts mit einem sachlichen Irrtum oder einer Verfälschung behaftet sind, der bzw. die sich in offensichtlicher Weise aus den Akten ergibt. 59      Das Vorbringen des Rechtsmittelführers hinsichtlich einer fehlerhaften Prüfung durch das Gericht in Bezug auf den Umfang seines Antrags auf Zugang zu Dokumenten, die Verfügbarkeit der erforderlichen Informationen, die Qualität und die Organisation der verfügbaren Informationen, die Leistungsfähigkeit der vorhandenen Rechercheinstrumente, womit seinem Antrag entsprochen werden könne, und den Umfang der Arbeitsvorgänge, die die Kommission hätte vornehmen müssen, um seinen Antrag positiv zu beantworten, richtet sich indessen gegen Tatsachenwürdigungen des Gerichts, ohne irgendeine Verfälschung der Akten darzutun. Daher ist dieses Vorbringen unzulässig. 60      Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. 61      Nach alledem ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen. Kosten 62      Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet dieser über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. 63      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 64      Da die Kommission die Verurteilung von Herrn Typke beantragt hat und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIn... 20.04.2017
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